Konzert:

DANZIG, STONED JESUS - Wiesbaden, Schlachthof

Konzert vom 19.08.2018

Frontmann Glenn Danzig, lange bekannt durch die amerikanische Punkband THE MISFITS, gründete 1987 seine dritte Band, die nun im Jahr 2017 ihren 30. Geburtstag feiern konnte. 

In diesen 30 Jahren gab es immer wieder, insbesondere an der Gitarre, Besetzungsänderungen, wobei das aktuelle Line-up nun schon so seit 2008 eingeschworen ist, und so sind Tommy Victor an der Gitarre, Steve Zing am Bass und Johnny Kelly am Schlagzeug auf großer Jubiläumstour unterwegs, die am 09.08.2018 im Wiesbadener Schlachthof Station machen sollte. 

Wie viele Bands der 90er genießen auch Danzig nun großen Zuspruch und manches Konzert wird heute ausverkauft, was früher gar nicht möglich war. Dabei wird der Kultstatus um den Frontmann Glenn Danzig eher noch größer, da die heutige Musikszene solche Typen mit Ecken, Kanten und Marotten nicht mehr so häufig antrifft.

Einzigartig und markant ist dabei auch die Stimme von Glenn Danzig, der als „Evil Elvis“ mit Bodybuilderfigur selbst noch mit 63 Jahren auf der Bühne eine imposante Figur abgibt. 

Mit im Gepäck hatte man die ukrainische Stoner Metal Band STONED JESUS, die kurz nach 20 Uhr den Abend eröffnete. Die Band kommt aus Kiev und gelten als einer der ambitioniersten Bands in der osteuropäischen Stoner/Psychedelic/Doom-Szene.

Zum Glück war die große Hitzewelle über Deutschland gerade vorbei, so dass angenehme Temperaturen am Abend herrschten, was jedoch einen Großteil der Zuschauer dazu verleitete, noch während der Vorband vor der ausverkauften Halle zu warten, so dass es sich vor der Bühne noch nicht so recht füllte. Dennoch legte die Bernd engagiert los und kann immerhin vier Alben und zwei EPs vorweisen, aus denen man sich entsprechend bediente. Zu Beginn hatte die Band die Aufmerksamkeit der sich in der Halle befindenden Zuschauer rasch erspielt, da die Stücke ins Ohr gingen und Frontmann Ihor Sydorenko an seiner Gitarre und mit seinem Gesang zu überzeugen musste. 

STONED JESUS bestehen nur aus einer Gitarre mit Gesang, Bass und Schlagzeug. Ausgefallene Basslines, druckvolle, düstere, oft sehr repetetive Riffs, die dann aber auch in verspielte Parts urplötzlich abdriften und ein immer wieder hämmerndes Schlagzeug, das sich aber auch schnell wieder in einen simplen Rhythmus zurückfallen lassen kann, sind typisch für die Musik der Ukrainer und für ihren Abend in Wiesbaden. Für den 07. September 2018 hat man ein neues Album namens „Pilgrims“ angekündigt, so dass man wohl auf der Tour das Interesse an der Band wecken wollte. 

Erst im zweiten Teil ihres Sets hatte ich das Gefühl, dass die Songs nicht mehr so überzeugten und ich endlich DANZIG sehen will. Trotzdem sollte man die Band im Auge behalten oder einmal anchecken, falls man noch nie von ihr hörte. 

Übrigens: Vom Auto zur Halle bin ich an dem Abend zweimal gelaufen, einmal mit Fotoausrüstung und einmal ohne. Aufgrund verschiedener Internetberichte hatte ich es schon geahnt. DANZIG verbieten jegliche Fotos und Videos bei ihren Konzerten und so war es auch hier. Handzettel mit NO PHOTOS AND VIDEOS waren überall aufgehängt, na herzlichen Dank. Das hat nun nichts mit der DSGVO zu tun, vielmehr mit dem Ego von Glenn Danzig und seiner Starallüren, „Du sollst Dir kein Bildnis“ machen und so. Also alles wieder zurück ins Auto gebracht und darüber sinniert, ob sowas überhaupt Sinn macht, wenn man über die Band nur in Texten berichten kann. Gut, das Konzert war ausverkauft, so dass es vielleicht auch solche Marotten sind, die hier den Starkult fördern und für Gesprächsstoff neben der Musik sorgen.

Ich fragte mich auch, ob das Verbot überhaupt durchgesetzt werden kann. Klar, dass die Pressefotografen im Fotograben vor der Bühne ausgeschlossen werden, ist nicht mit großem Aufwand zu erreichen, aber was macht man mit den vielen Zuschauern, von denen ja jeder ein Handy dabei hat und es sicher zücken wird, wenn die Band loslegt?

Nach ca. einer Stunde waren STONED JESUS fertig und die Pause bis DANZIG auf die Bühne kamen, war lang. Man kennt es ja von der Band, dass diese sich in kein Zeitschema pressen lässt und dann auf die Bühne kommt, wenn sie selbst denkt, dass es Zeit dafür sei. Also warteten wir fast eine weitere Stunde bis plötzlich das Licht ausging. Dann ging es los mit „SkinCarver“, „Eyes Ripping Fire“ und „Devil on Hwy 9“. Glenn Danzig war ganz offenkundig hervorragend drauf und hatte Lust auf das Konzert. Trotz Alters, das den baldigen Eintritt ins gesetzliche Rentenalter verspricht, stürmte das kleine Muskelpaket, bei dem ich mich frage, wieviel und ob er da neben dem Training noch anderweitig nachgeholfen hat, über die Bühne. Fit und körperlich auf dem Niveau der 90er. Beneidenswert, sitze ich doch zu lange am Schreibtisch und denke über Rückenfitness nach, während andere das Hemd kaum noch zukriegen vor Muskeln.

So fidel er körperlich auch ist, stimmlich hat er schon abgebaut. Teilweise liegt es auch daran, dass er nicht so genau singt oder das Mikro nicht optimal hält. Keine Frage, es ist immer noch Glenn Danzig, aber die Jahre sind an seinem Stimmband nicht zeitlos vorübergeschritten. Und der Rest der Band? Auch zum Spielen aufgelegt. Tommy Victor und Steve Zing waren ständig auf der Bühne unterwegs und schüttelten motiviert ihr Haar für uns.   

Wenn ich mich recht erinnere, war die Setlist an dem Abend wie folgt:


SkinCarver
Eyes Ripping Fire
Devil on Hwy 9
Twist of Cain
Not of This World
Am I Demon
Her Black Wings
Tired of Being Alive
How The Gods Kill
Left Hand Black
Dirty Black Summer
Do You Wear the Mark
Bringer of Death
Mother

Zugabe:

She Rides
Snakes of Christ
Long Way Back From Hell


Ich hatte mich auf einen verschwitzten Abend eingestellt und schon am Nachmittag meinen Flüssigkeitsspiegel aufgefüllt, aber  in der Halle war es noch sehr gut erträglich, nicht zuletzt Dank der Lüftungsanlage im Schlachthof, die nach kurzer Zeit das Klima im Griff hatte. Überhaupt darf man dem Veranstaltungsort sein Lob aussprechen. Direkt beim Schlachthof gibt es einen großen Parkplatz, ein Lokal, in dem man vorher noch abchillen kann und in der Konzerthalle insg. 3 Getränkestände, verteilt an jeder Seite der Halle. Aufmerksames Wachpersonal und saubere Toiletten, was will man mehr? Auch die 1,50 € für Wasser bei der Hitze sind absolut fair. 

Zum Fotografieren zurück: Ich kann die Anzahl meiner Konzerte nicht mehr zählen, dieses hier wird mir aber sicherlich immer wieder wegen dem Fotoverbot in Erinnerung bleiben. Wie schon geschrieben, fotografieren im Fotograben war nicht möglich. Jeder Zuschauer zudem, der sein Handy rausnahm, wurde von der Security mit einer Taschenlampe angestrahlt, bis er das Teil wieder runternahm. Gerade zu Beginn zeigte sich daher ein etwas groteskes Szenario, bei dem die Band mit ihrer Lichtanlage die ersten Songs runterspielte und die Security gezielt Lichtkegel in die Zuschauer setzte, um Filme und Fotos zu unterbinden. Wer übrigens hiervon nicht beeindruckt war, bekam persönlich Besuch von der Security, die sich „unters Volk“ mischte und jeden unbelehrbaren Handynutzer eine kleine persönliche Ansprache zuteil werden ließ oder einfach mal die Hand auf die Schulter legte. Alles nett und freundlich, aber bestimmt. Dieses Prozedere bestand übrigens während des gesamten Konzertes. Immer wieder traute sich jemand sein Handy zu ziehen und nicht lange Zeit später reagierte die Security. 

Ich gebe zu, meine Handy habe ich allgemein zu oft in der Hand. Die Zeiten, als wir sowas noch nicht hatten und damals höchstens Feuerzeuge in die Luft gehalten wurden (ich hatte auch eins dabei, rauchte aber nicht), sind lange vorbei und manchmal sehnt man sich an diese zurück. An dem Abend empfand ich es insgesamt als sehr angenehm, nicht ständig in die  Handybildschirme meiner Vorderleute zu blicken, die ein Video von der Band aufnehmen oder fürs Familienalbum einen Schnappschuss fokussieren wollten. Von daher begrüße ich es. Dennoch wären ein paar Bilder aus dem Fotograben nicht schlecht gewesen. 

Die Band hat 30 Jahre im Gepäck und so sind 17 Songs auch nur eine kleine Auswahl, bei der notgedrungen immer etwas fehlt. „Devil´s Planthing“ hätte ich gerne gehört oder „Anything“, aber die Auswahl war schon nicht schlecht. 

Zu meckern habe ich, denn nicht nur gesanglich, sondern auch der übrige Sound hätte etwas besser sein können. Manchmal etwas übersteuert, aber oft auch nicht klar und zu oft schrubbelig und scheppernd kam die Combo für mich rüber. Das lag teilweise sicher daran, dass man nicht ganz sauber spielte und der Sound nicht perfekt abgemischt war. Ich hatte aber das Gefühl, dass es vom Sound einfach hätte besser sein können. 

Wie dem auch sei, es war ein schöner Abend, der die 90er Jahre wieder aufleben ließ. DANZIG haben seit vielen Jahren den Fans die Treue gehalten, ständig Alben produziert und blicken nun auf 30 Jahre Bandgeschichte zurück. Glenn Danzig gehört immer noch zu den schillernden Rockstars, von denen es immer weniger gibt, so dass zu hoffen bleibt, dass die Band noch ein paar Jahre drauflegen kann und nicht die gesetzliche Rente beantragt. Bei weiteren Auftritten lasse ich auch gerne mein Handy im Auto. 

 

 



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