Danko Jones, Brant Bjork, The Chocolate Rockets - Zürich, X-Tra

Traditionellerweise gab es gleich zwei Vorbands, und den Anfang machten die Berner THE CHOCOLATE ROCKETS. Der erste Eindruck war ein ziemlich negativer, der aber vor allem auf das miserable Styling des Fünfers zurückzuführen war. Der uniformierte Look mit den schwarzen Rollkragen-Pullovern und den nicht wirklich gekonnten Seitenscheiteln sollte wohl in Richtung Britpop bzw. The-Bands gehen, sah aber mehr wie eine billige KRAFTWERK-Kopie aus. Dazu spielten noch beide Gitarristen und der Bassist identische Explorer-Modelle, die aber nach kurzer Zeit gegen einen anderen Gitarren-Satz ausgetauscht wurden. Erstaunlich, dass ein Support-Act für solche Spirenzchen Zeit und Geld hat. In der Schweiz scheinen auch Underground-Bands über ein üppiges Budget zu verfügen. Hatte man sich an dieses Kasperle-Theater gewöhnt, stellte man aber fest, dass die Band musikalisch einiges auf dem Kasten hat. Die gradlinigen Rock-/Poppunk-Songs wurden gekonnt und auf den Punkt gespielt ins Publikum abgefeuert, auf längere Ansagen wurde verzichtet, und man bekam irgendwann wirklich das Gefühl, dass hier ein paar junge Musiker am Werke sind, die ihre Chance nutzen wollen. Natürlich stellte sich wieder das übliche Vorband-Problem in Form eines wenig drückenden Sounds ein: Dass die Band mit zwei Gitarren spielte, war nicht zu hören, es hätte genauso gut auch nur eine sein können. Insgesamt waren die CHOCOLATE ROCKETS aber ein guter Opener - und wenn sie ihre affigen Outfits sein lassen würden, würde man sie sogar ernst nehmen.
Als nächstes enterte kein geringerer als Ex-KYUSS- und Ex-FU MANCHU-Drummer Brant Bjork mit seinen Brothers die Bühne. Leider habe ich von dem Auftritt nicht viel mitbekommen, da schon frühzeitig zum Foto-Termin im Pressegraben gerufen wurde, aber was ich gesehen und gehört habe, machte einen äußerst soliden Eindruck. Die Musik des Quintetts lässt sich wohl am ehesten als extrem zurückgenommer und atmosphärischer Wüstenrock beschreiben. Man lässt sich viel Zeit, so dass auch mal ein paar Minuten zwischen der Ansage und dem eigentlichen Beginn des Songs vergehen können. Die Songs groovten ganz gut vor sich hin, zum richtigen Abgehen taugt die Musik aber nicht, denn dazu ist sie schlichtweg zu langsam. Zum Teil hätte man sich auch ein wenig mehr Extrovertiertheit gewünscht, so stand etwa der Bassist während des gesamten Gigs mit dem Rücken zum Publikum auf der Bühne. Trotz des immer noch schwachen Sounds kam die Musik in der mittlerweile schon recht vollen Halle aber gut an. Und auch wenn die eigentliche Party noch nicht begonnen hatte, schuf der Vierer mit seinem ruhigen Sound einen schönen Gegenpol zu den Energie-Ausbrüchen, die noch folgen sollten.
Dafür war an diesem Abend natürlich Meister Danko zuständig. Und in Sachen Party ist auf ihn 100%ig Verlass: Von der ersten Sekunde an bewegte er sich absolut präsent auf der Bühne, verausgabte sich wie ein Hochleistungssportler und hatte schon in kürzester Zeit sein schickes, schwarzes Hemd komplett durchgeschitzt. Hier wurde alles gegeben, Reserven wurden nicht aufgespart. Der Schwerpunkt des Sets lag auf dem letzten Album, von dem fast alle Songs gespielt wurden, u. a. Kracher wie "Sticky Situation", "She´s Drugs", "Baby Hates Me" und der brachiale Titel-Track "Sleep Is The Enemy". Dazwischen wurden einige Stücke von den vorhergehenden Alben eingebaut, z. B. "Forget My Name", "Love Is Unkind" "Lovercall" oder "Mango Kid". Leider fehlte aber "Dance" - und wurde zumindest von mir schmerzlich vermisst. Schade war auch, dass der Sound nicht optimal war: Die Drums ballerten zu sehr, Dankos Gitarre klang zu verwaschen und vom Bass hörte man mehr Wummern als Töne. Dadurch gingen dann die Parts, bei denen Rhythmus oder/und Melodie im Vorgergund stehen, fast gänzlich unter. Wenig überzeugend kam auch der neue Drummer Dan Cornelius rüber. Hatte Damon Richardson den DANKO-typischen Sound deutlich mitgeprägt und dadurch auch immer wieder deutlich gemacht, dass es sich hier um eine echte Band und nicht um einen Frontmann mit Begleitband handelt, machte sich der Neuzugang zum reinen Hintergrund-Drummer. Natürlich hat er gut und präzise gespielt, aber die Energie und die Dynamik von Damon besitzt er nicht einmal ansatzweise. Dafür hat aber Bassist John Calabrese ordentlich aufgedreht: Ständig war er in Bewegung, schüttelte immer wieder ekstatisch seinen Wuschelkopf und hatte offenbar ohne Ende Spaß. Und es gelang ihm sogar immer wieder, aus dem Schatten Dankos hervorzutreten. Das viele Touren hat ihm anscheinend eine gute Portion Selbstvertrauen vermittelt. Die gut gefüllte Halle ging auch gut mit, allerdings spielte sich der Hauptteil des Geschehens lediglich direkt vor der Bühne ab, wo getanzt und gepogt wurde und immer wieder Leute über die Menge getragen wurden. Dahinter war es äußerst ruhig, die meisten Konzertbesucher schienen sich das Konzert einfach nur anzusehen, und nur vereinzelt wurde sich mal ein wenig im Takt bewegt. Eine wirklich schöne Geste in Sachen Lokalkolorit brachte Danko dann noch, als er den Song "Invisible" der legendären Zürcher Black Metal-Band CELTIC FROST widmete. Beim Publikum stieß dies allerdings eher auf irrititiert verhaltenen Jubel. Vermutlich hatte so gut wie niemand der Anwesenden auch nur die geringste Ahnung, von wem er sprach.
Trotz des während des gesamten Abends mehr oder weniger undifferenzierten Sounds war das aber ein tolles Konzert, mit zwei guten Bands und einer wirklich genialen, und einem Danko, der wie eh und je in Topform war und wieder mal eine vor Energie nur so strotzende, mitreißende Rock ´n Roll-Show abgeliefert hat. Ich hoffe sehr, dass seine Tour-Sucht nicht so schnell nachlässt - sonst bekomme ich nämlich Entzugserscheinungen.