Konzert:

Corvus Corax - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 07.12.2001Mittelaltermusik interessiert mich an sich schon länger. Vor Jahren besuchte ich ein Konzert des Veljanov-Ablegers Qntal. Der Auftritt verband mittelalterlichen Gesang mit modernen Rhythmen, ich sah merkwürdige Instrumente und zeigte mich vor allem von der Stimmung überrascht. Nur das absolute Rauchverbot und das Gemecker meiner mir unbekannten Nachbarin über eine ihrer Meinung nach zu laute Unterhaltung meinerseits verstörten mich. Qntal verkündeten ihren Weisen quasi im Opernhaus.

CORVUS CORAX dagegen spielten sozusagen mitten auf dem Marktplatz, wenn auch die "Könige der Spielleute", ihre Wirkungsstätte in der kalten Jahreszeit alljährlich in die Halle verlegen. Zum Gastspiel "Mille Anni Passi Sunt" spielen die Herren mit den baren Oberkörpern und den strammen Waden in einer gemütlich gefüllten Großen Freiheit, Die Freunde des Minnegesangs kamen zwar nicht in Scharen, aber das Volk zeigte sich dennoch treu und ergaben.
Im Mittelpunkt gaukelte - genau wie bei Tanzwut - der Teufel. Schade nur, dass man seine mittelalterlichen Sprüche zwischen den Oden (und von Zeit zu Zeit auch während) lediglich in vorderster Reihe verstehen konnte. Und da, wie sollte es anders sein, ereiferte sich das weibliche Geschlecht angesichts soviel animalischer Schönheit (und das nicht nur beim Diabolus)...
Stimmig die Atmosphäre des mittelalterlichen Spectaculums: Gar garstiges Gehabe, historisch angepeppte Beinkleider (oder besser -röcke) und feinsinnig-flotte Musik bildeten eine prima Performance für den toleranten Musik-Fan. Trommeln, Pauken, Sackpfeifen und vielerlei Rhythmusinstrumente verquickten in akustischer Art und Weise zu einem Marsch, wie er wohl einst in Burgen und Schlössern zu vernehmen war von den Narren... oder zur Warnung beim Einmarsch der Pestkranken in die Städte.
"Live-Klassiker" wie "In Taberna" oder "Platterspiel" fehlten nicht und das freiheitliche Gefolge ging mit, klatschte, wenn es die Spielleute herausforderten. Kurzum, ein gelungener Abend. Nur: Die Pause nach dem ersten Akt, andernorts genutzt von heißen Tänzerinnen und Gauklern zu einem Traumspektakel, wurde in Hamburg lediglich von leiser Hintergrundmusik untermalt. Im zweiten Akt gab´s noch mal ein Pauken-Stündchen. Wobei wir beim Problemchen wären: Zählt er sich nicht zum Hundertprozent-Fan, dann fängt er doch trotz anfänglich fröhlichen Gesichts an, zu gähnen. Will sagen: Nach einer Zeit gleicht eine Weise der anderen, es wird langweilig... Und die schönen Körper stellen sich bei der sanften Abhängerei nach dem Konzert in angezogenem Zustand schon gar nicht mehr als so knusprig dar, wie vermutet (sagt zumindest oben angesprochenes weibliches Geschlecht). Alles in allem kann sich der Musik-Fan Corvus Corax mal angucken, einmal reicht aber auch.