Konzert:
Brückentanz Festival 2010 - Bonn, Brückenforum

Kurz nach Einlass in die geheiligten Hallen begann das Programm um kurz nach 20 Uhr mit GALAHAD, die, unter anderem auch mit einer Querflöte bewehrt, das Publikum mit Klängen, die mal mehr Richtung Mittelalter, mal mehr Richtung Folk tendierten, ein wenig in der Zeit zurücktransportierten. Der Wechsel zwischen männlichen und weiblichen Gesangsparts sorgte für ein abwechslungsreiches Set, das, wie die Band bedauernd mitteilte, aus organisatorischen Gründen für das Festival leider um etwa die Hälfte der sonst üblichen Zeit habe gekürzt werden müssen. Mit einer Adaption eines irischen Weihnachtsliedes in epischer Länge verabschiedeten sich GALAHAD schließlich.
Nach kurzer Umbaupause wurde die Bühne von den Bonner Lokalmatadoren (oder sollte man im Anbetracht der größtenteils weiblichen Besetzung vielleicht besser sagen: „Lokalmatadorinnen“?) DIE IRRLICHTER geentert. Die boten ruhigeres Material, bestehend aus Adaptionen mittelalterlicher Weisen und eigenen Songs, und bezirzten dabei insbesondere das männliche Publikum so sehr, dass es mehr oder minder mit sich machen ließ, was immer ihm die Damen auf der Bühne auch zu tun auftrugen: inklusive kollektiven, durch Handzeichen dirigierten, rhythmischen Mähens wie eine Herde von Schafen. Alle Achtung, da hat jemand sein Publikum wirklich in der Hand, und spaßig für die weiblichen Umstehenden war´s obendrein. Da fürchtete auch niemand mehr die vage Drohung der angekündeten Tarantelle, die ihren Namen mutmaßlich daher bezog, dass es hieß, man müsse ihr entweder so lange zuhören, bis entweder das aus einem entsprechenden Biss resultierende Tarantelgift aus dem Körper verschwunden oder man tot sei.
Nachdem nach einer Spielzeit von etwa 60 Minuten die Bühne erneut umgebaut worden war, begann Nebel um die Instrumente zu wabern und ein verheißungsvolles Intro erscholl, wenig später gefolgt von den Herrschaften von SALTATIO MORTIS, ihres Zeichens Headliner des Abends. Und die machten keine Gefangenen: während eines Sets von satten 135 Minuten: entfesselte die mittlerweile auch beim breiteren Publikum ziemlich erfolgreiche Mittelalter-Rock-Kombo ein akustisches Fegefeuer, bei dem kaum einer der Anwesenden noch stillstehen konnte- die im Bereich direkt vor der Bühne schon gar nicht. Das Set beinhaltete älteres wie neues Material und wurde begleitet von einer Vielzahl amüsanter Anekdoten, dargeboten teils von Alea, teils von Lasterbalg, die zur Überleitung zwischen den einzelnen Songs dienten und deutlich auf die langjährige Spielmannserfahrung auf Mittelaltermärkten überall im Land verwies. Der seiner eigenen Aussage nach explizit nicht selbsternannte, sondern eher widerwillige Märchenerzähler Lasterbalg machte seine Sache ausnehmend gut und verteilte liebevolle Spitzen gegen seine Bandkollegen: „Und wie das ein guter Märchenerzähler nun mal so macht, beschloss auch ich, mich dazu am Besten mit meinen Lieben aus meinen unmittelbaren Umfeld zu befassen. Es war einmal ein armer, hässlicher Gitarrist mit einem Klumpfuß, von dem kein Weib etwas wissen wollte...“. Der arme Mann ward nun glücklicherweise geheilt, und weiter ging´s im Programm. „Sieben Raben“, „Dunkler Engel“, „Koma“ , „Falsche Freunde“, „Tritt Ein“, oder „Freiheit“- egal, was die Band spielte, das Publikum tobte, verlangte zwei Zugaben, und bekam sie auch noch. Es war kurz vor 1 Uhr nachts als die Spielmänner schließlich unter großem Applaus die Bühne verließen und ein ebenso euphorisches wie verausgabtes Publikum zurückließen. Der Ausflug ins Mittelalter hat sich also definitiv gelohnt.





