Konzert:

Bretthart Festival 2005 - Samstag

Konzert vom 18.06.2005Derweil der Opener SPEEDBALL leider dem Nachholbedarf in Sachen Schlaf und Entspannung zum Opfer fiel waren dann LEGACY ein recht würdiger Wachmacher. Was zuerst auffiel - im Gegensatz zum Vortag war bereits zu mittäglicher Stunde eine erheblich größere Meute vor der Bühne anzutreffen. LEGACY boten dann auch ein Riffgewitter aus Death und Thrash, einen melodischen Unterton und vor allem starke Growls. Die Band schien augenscheinlich Spaß zu haben. Selbst einen an sich recht katastrophalen Aussetzer in der Miete des Sets konterte man gekonnt - "wir haben’s vergeigt" - sympathisch. Mit dem Klassesong "Mental Suicide" wurde unter großem Beifall ein gelungener Set beendet. Was hier noch niemand wusste, Part 2 sollte noch folgen.


SILENT OVERDRIVE eröffneten ihr Set mit "We Need Hope" alles andere als "silent". Sehr routiniert pfefferten die Metalcoreler die Songs ihres ersten Outputs ins Publikum - das sich aber nach LEGACY wohl wegen der großen Hitze zum Teil zu den Bierständen zurückzog. Man merkt ihnen die zunehmende Erfahrung deutlich an, konnten sie ihre Livequalitäten doch schon auf einer Mini-tour mit ILLDISPOSED unter Beweis stellen. Songs wie "Babylon Nation", das Titelstück der aktuellen CD wurde von den Fans der Band begeistert abgefeiert. Auch die älteren Stücke kamen gut an. Störend wirkten die langen Umstimmpausen, da die neuen Songs wohl in einem anderen Tuning sind. Schade fand ich ebenfalls, dass SILENT OVERDRIVE keine neuen Songs spielten, sondern am Ende ihres Sets auf Wiederholungen setzten.


Danach war erst mal Ratlosigkeit angesagt, weil die Busse von VADER und DIE APOKALYPTISCHEN REITER auf verschiedenen Autobahnen im Stau steckten (u.a. Vollsperrung der A7 - Glückwunsch). Deswegen wollten die Veranstalter erst einmal eine einstündige Pause einlegen. Jedoch wurde die Pause doch nicht so lange, denn LEGACY, die in Limbach ein Heimspiel hatten erklärten sich spontan dazu bereit noch mal für eine halbe Stunde lang Krach zu machen. Als Ersatz für LOST SOUL, die mit VADER im Stau festsaßen prügelten die Jungs dem begeisterten Publikum noch mal ihren nicht wirklich spektakulären Death/Grind um die Ohren - im Unterschied zum ersten Set aber auch mit ein paar Soundproblemen. Dennoch kommen die Songs der Jungs, die kurzerhand eine neue Setlist zusammenstellten, gut beim Publikum an und so kam es, dass auch "Pain For The Masses", "Kinderfleisch", "Eisenkopf", sowie ein brandneues, bisher noch nie live gespieltes Stück namens "Dead End Street" durch die Speaker gejagt wurde.


Nach einer kultigen Ansage "ich glaube wir müssen Zeit einholen, die Nation steht im Stau" legten DEW SCENTED los mit "Never To Return" von ihrem neuen Album "Issue IV" und brachten es trotz der sengenden Hitze fertig, die Meute auf ihre Seite zu ziehen. "Destination Hell" ließ den Energiestrom nicht abreißen - der Sound der Anlage war auch wieder stimmig, so dass man den Auftritt bei sengender Hitze bangend genießen konnte. Der superheftige Thrash Metal der sympathischen Nordlichter war zu diesem Zeitpunkt genau das richtige um von der Tatsache abzulenken, dass die ausbleibenden Busse immer noch nicht eingetroffen waren. Trotz der hohen Temperatur schufteten die Jungs um Sänger Leif wie die Schweine. "Soul Poison" und "Bitter Conflict" boten einen Blick in die Vergangenheit, bevor mit "Processing Life" erneut ein Kracher vom neuen Album die Köpfe zum schütteln brachte. "Cities Of Dead" und "Acts Of Rage" vom "Impact"- Album rundete einen gelungenen Gig ab. Mittlerweile waren auch die Busse eingetrudelt und man konnte aufatmen.


Es war bestimmt kein Zuckerschlecken für DIE APOKALYPTISCHEN REITER, zuerst stundenlang im Stau stehen zu müssen und dann auch noch wegen der ganzen Verzögerungen in der Spielzeit beschnitten zu werden. Angesichts der Publikumsreaktionen, die bei kaum einer Band an diesem Tag noch einmal so euphorisch waren, waren die REITER an dieser Stelle des Billings etwas deplaziert, da sie doch der heimliche Headliner waren (was man auch an den vielen Fans in REITER-Shirts sehen konnte). Schon in der Umbaupause wurde man mit alten deutschen Schlagern auf die Show der Thüringer vorbereitet, bis dann endlich der Peitsche schwingende, Ledermaskenbewehrte Dr. Pest über die Bühne fegte und einen spitzen Gig einläutete. "Seid gegrüßt Ihr Helden!" heißt Sänger Fuchs die Reitermaniacs Willkommen und ab geht’s mit "Silence Of Sorrow" vom aktuellen Album "Samurai" - wobei sich der erste wirkliche Mosh-Pit des Tages bildete - und dank der Hitze staubte es wie bei einer Stampede. Dass die durchgeknallten REITER aus der Szene nicht mehr wegzudenken sind wird auch denen klar, die sich nicht so mit dem Sound der Band anfreunden können. Zumindest polarisieren sie nicht so stark, als dass man im wilden Stilmix nicht auch was für sich entdecken könnte. "Warum?", "Unter Der Asche", dürfen genauso wenig fehlen wie die Hymne an ihre Fans "Reitermania". "Du Kleiner Wicht" kommt ebenso gut an wie die neueren Songs, was man an der Mitgröhlaktion bei "Die Sonne Scheint" messen konnte. Dann folgte ein Schlagzeugsolo, das zwar ein wenig deplaziert wirkte, aber dennoch nicht allzu übertrieben rüber kam. Mit den frenetisch geforderten Zugaben "Sehnsucht" und "We Will Never Die" ging dann ein geiler Auftritt viel zu schnell zu Ende.


Als nächstes folgte Death Metal-Urgestein aus Polen… VADER enterten die Bühne und konnten die Stimmung, die von den REITERN aufgebaut wurde, mühelos halten. Die Band von deren Gründungsmitgliedern mittlerweile nur noch Sänger und Gitarrist Peter übrig geblieben ist, stellte mal wieder unmissverständlich unter Beweis, dass sie die osteuropäische Antwort auf MORBID ANGEL sind. Live sind die Polen unschlagbar und Peter lässt es sich nicht nehmen in gutem deutsch mit den Fans zu kommunizieren. Gitarrist Mauser war ständig am bangen und Basser Novy war am Dauerpropellern. Leider bin ich nicht allzu gut mit den Songs der Band vertraut, aber ältere Hammersongs wie "Epitaph" und "Wings", sowie "Choices" vom aktuellen Album "The Beast" verfehlten auch auf mich nicht ihre Wirkung. Insgesamt boten sie einen guten Querschnitt ihrer Alben und spielten auch noch ihre Version des SLAYER-Klassikers "Reign In Blood" - echt stark.


Von SAMAEL war ich allerdings doch ein wenig enttäuscht. Nicht nur, dass die Umbaupause tierisch lang gedauert hat und beinahe schon an DISSECTION auf dem diesjährigen FTC ran gekommen ist - wobei das Wetter glücklicherweise um einiges besser war. Auch die Randereignisse um SAMAEL, auf die ich aber nicht näher eingehen will, machen deutlich, dass die Schweizer mittlerweile nur so vor Arroganz und Starallüren bersten - Schade eigentlich, stehen sie doch für qualitativ gute Mucke. Das kam leider auch beim Stageacting rüber und lies den Funken nicht so rüberspringen - kühle Atmosphäre, unterstützt von zwei Videoleinwänden und einem Lichtspiel, das Sänger Vorph diabolisch erscheinen lässt. SAMAEL präsentierten auch ihre wenigen alten Tracks im Gewande der letzen Alben, das heißt mit elektronischem Drumsound (und seltenen Einsätzen von Hand am eher kleinen Drumkit) und fetten Keyboardsound - trotzdem blieb eine Grundhärte enthalten. Die Ausrichtung Industrial steht SAMAEL so schlecht nicht - auch wenn Fans der ersten Stunde wieder mal enttäuscht sein dürften.


MIDNATTSOL, die als "Deadliner" fungierten, galten zwar als Geheimtipp, haben mich aber nicht so ganz überzeugt. Der Aufbau des etwas übertrieben großen Drumkits verschlang erneut mehr Zeit als nötig und der Sound war letztendlich trotzdem nicht optimal. Sängerin Carmen Espaneas wirkte stimmlich etwas dünn und vom Outfit her eine Nummer zu billig - im Gegensatz zu der gekonnt agierenden Bassistin. Es braucht meiner Meinung nach mehr für eine sexy Ausstrahlung als knappe Klamotten. Wenn sie schon in die Fußstapfen ihrer Schwester Liv (LEAVE’S EYES, ex-THETARE OF TRAGEDY) treten will, sollte sie sich doch auch was in Sachen Styling abschauen - die textliche Unsicherheiten kann man sicher noch rauskriegen oder schreibt sie der Nervosität der Newcomer zu. Die Songs selbst haben auch nicht sehr viel mit dem angekündigten "Nordic Folk" zu tun (mit Ausnahme der dann auch stimmlich gut gelungenen Balladen), sondern klingen eher nach WITHIN TEMPTATION und XANDRIA. An der Eigenständigkeit sollte also noch gefeilt werden. Da hilft auch kein AMORPHIS-Cover … wenn es auch noch so toll rüberkam. Trotzdem hielten doch noch zahlreiche Fans den kalten Wind gegen 2 Uhr morgens aus und zollten der jungen Band Beifall - da ist Luft nach oben, sollten MIDNATTSOL aber packen können.


Alles in allem war das BRETTHART FESTIVAL 2005 eine runde Sache, obwohl es natürlich schöner gewesen wäre, wenn etwas mehr Fans gekommen wären und so für ein Sicheres 2006 gesorgt hätten. Die Preise für Speis und Trank gingen auch in Ordnung und der Metal Markt war zwar nicht ganz so reichhaltig, aber dennoch war beinahe alles zu haben, was man als Metaller so braucht. Hoffen wir, dass das gut organisierte Festival 2006 in die nächste Runde gehen wird. Ich bin gerne wieder da…



(Chris/Hardy)


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