Konzert:
Blackfield Festival 2012 - Sonntag

Während auf der Hauptbühne für FUNKER VOGT umgebaut wurde, drängten zunehmend mehr Menschen zur Zeltbühne, was die dort auftretenden Mittelalter-Rocker von IGNIS FATUU zu der Frage veranlasste, ob denn tatsächlich auch einige Fans unter den Anwesenden seien oder ob den Hauptgrund für das volle Zelt vielleicht doch eher der Regen darstelle. Die Sorge war unbegründet, denn das Publikum erwies sich als dankbar und ging beim unter anderem „Auf Der Flucht“, „Stille Wasser“ und natürlich „Nordwind“ umfassenden Set gut mit, bevor es mit „Wächter Der Nacht“ entlassen wurde.
WELLE : ERDBALL sorgten im 60er-Jahre-Look mit ihren poppigen Electro-Klängen in Form von Songs wie „Starfighter F-104 G“ und „Monoton und Minimal“ für gute Laune im Amphitheater und auch für Aufmerksamkeit auf dem einen oder anderen auf dem Kanal hinter der Bühne vorbeischippernden Kahn. Ebenfalls nicht ganz alltäglich dürften die Glückwünsche gewesen sein, die Hannes „Honey“ Malecki kurz vor Ende des Auftritts Fräulein Venus anlässlich ihres bestandenen Biochemie-Abschlusses aussprach: auf einer Festivalbühne den Uniabschluss feiern kann man schließlich auch nicht alle Tage.
Wer offenen Auges über das Festivalgelände streifte, dem fielen mit großer Wahrscheinlichkeit früher oder später an zahlreichen Stellen platzierte, offizielle Schilder mit der etwas eigenwillig anmutenden Warnung folgenden Inhalts auf: „Achtung! Kunstblut und Kunstsperma sind fester Bestandteil der AGONOIZE-Show!“. Offenbar war die Festivalleitung in weiser Voraussicht davon ausgegangen, dass es nicht jedermanns Sache sein könnte, mit künstlichen Körperflüssigkeiten der einen oder anderen Art übergossen zu werden. Um williges Publikum zu sorgen brauchte sich die Band trotzdem nicht, da sich auch so genug Freiwillige fanden, die mit großer Begeisterung im künstlichen Blutregen zu „Bis Das Blut Gefriert“, „Bäng Bäng Goodbye“ , „Glaubenskrieger“
und „Wahre Liebe“ tanzten. Die Bässe hämmerten derart brutal, dass ERIC FISH auf der benachbarten Zeltbühne fast schon Probleme hatte, sich gegen sie durchzusetzen und mit einer Mischung aus Enthusiasmus und Verwunderung anmerkte, dass ERIC FISH & FRIENDS wahrscheinlich die einzige akustische Band sei, die jemals auf dem BLACKFIELD aufgetreten sei. Zumindest innerhalb des Zeltes ließ sich der Kampf gegen die elektronischen Klänge von nebenan mit drei Akustikgitarren und mehrstimmigem Gesang dann aber doch gewinnen und das Set stellte eine gelungene Abwechslung vom restlichen Festivalprogramm dar.
Im Anschluss stand für die Liebhaber mittelalterlicher Klänge die wohl schwierigste Frage des Tages an, verursacht durch die unglückliche Totalüberschneidung der Auftritte von SALTATIO MORTIS und FAUN. Dem ging aber immerhin eine höchst erfreuliche Überraschung voran, denn der Wettergott hatte ein Einsehen und setzte dem nunmehr seit Stunden vorherrschenden Dauerregen ein Ende, was besonders für alle, die sich gegen FAUN und für die draußen spielenden SALTATIO MORTIS entschieden hatten, die Entscheidung definitiv versüßte. Als besonderen Triumph durften die Spielmänner schließlich auch noch verbuchen, dass sie mit „Prometheus“ den Menschen nicht nur Feuer, sondern tatsächlich auch ein wenig Sonne brachten. Mit „Habgier und Tod“, „Ode An Die Feindschaft“, „Hochzeitstanz“, „Koma“, „Tod Und Teufel“ und „Spiel Mit Dem Feuer“ wurde das Amphitheater gerockt was das Zeug hielt, selbst das kurzzeitig und höchst bedauerlich in der Versenkung verschwundene „Wer Wind Säet“ fand zu großem Jubel wieder seinen Weg in die Setlist. „Falsche Freunde“ sah Sänger Aleas traditionelles Bad in der Menge, was in diesem konkreten Fall mit einer gewissen farblichen Umgestaltung seiner (ursprünglich weißen) Garderobe einherging, da sich direkt vor der Bühne nach wie vor eine größere Anzahl von AGONOIZE-Fans befand, die zuvor das bereits erwähnte Bad in diversen Kunstflüssigkeiten genommen hatten und noch reichlich abfärbten. Kommentar Alea: „Macht nix, ich komm jetzt trotzdem zu euch runter. Beim Festival muss man doch aussehen wie ´ne Sau!“. Der „Spielmannsschwur“ durfte natürlich auch nicht fehlen und wurde auch über den Abgang der Band hinaus noch ausführlich skandiert, was Alea dazu veranlasste, beim beginnenden Abbau noch den Entertainer zu geben und zur bereits gestarteten Musik aus der Konserve den Gesang von „I Love Rock´n´Roll“ zu übernehmen, bis ihm irgendwann ein entweder achtloser oder schlicht unter Zeitdruck stehender Techniker das Mikrofon abdrehte.
Bevor mit IN EXTREMO erneut der Mittelalter-Rock die Bühne übernehmen würde, galt es nun zunächst die Bühne klar für die hochtechnisierte Moderne in Form von COMBICHRIST zu machen. Nach dem aus technischen Problemen abgebrochenen Auftritt vom letzten Jahr, war diesmal Sorge dafür getragen worden, dass sich eine derartige Tragödie nicht wiederholen würde und entsprechend hoch waren die Erwartungen. Die Norweger liefen zu großer Form auf, sorgten vom ersten Ton an für ordentlich Lärm und heizten mit Songs wie „Follow The Trail Of Blood“ ihrem Publikum dermaßen ein, dass in der Masse der aggrotech-begeisterten, tanzenden Gestalten schließlich trotz für Ende Juni eher eisiger Kälte auch halbnackte Gestalten zu entdecken waren.
In der Umbaupause vor IN EXTREMO wurde langsam sichtbar, dass sich die Reihen etwas zu lichten begannen, ob daran das Wetter oder vielleicht doch eher das gleichzeitig stattfindende Fußballspiel England gegen Italien Schuld war, muss Spekulation bleiben. Vor leerem Haus spielen mussten IN EXTREMO jedoch keineswegs, auch wenn Das Letzte Einhorn das Publikum ebenso trocken wie treffend herzlich „zu den heutigen Winterspielen“ willkommen hieß und sich für dessen Ausdauer bedankte. Das Ausharren wurde mit einem druckvollen, anderthalbstündigen Mittelalterrock-Set belohnt, in dem sich Material vom aktuellen Album „Sterneneisen“ mit neuen und alten Klassikern wie „Sängerkrieg“, „Rasend Herz“, „Vollmond“ und „Küss Mich“ sowie natürlich dem ultimativen Mittelalter-Hit schlechthin, „Herr Mannelig“, mischte. Auch die berühmte IN EXTREMO-Pyrotechnik durfte selbstverständlich nicht fehlenden und hatte abgesehen von der eindrucksvollen Optik auch noch den angenehmen Nebeneffekt, die Umgebungstemperatur zumindest geringfügig anzuheben. Nach kurzem Abgang wurde mit „Erdbeermund“ die Zugabe eingeläutet und nachdem die Kollegen von SALTATIO MORTIS einige Zeit zuvor den „Spielmannsschwur“ zum Besten gegeben hatten, vervollständigten IN EXTREMO nun das Set mit dem „Spielmannsfluch“ und brachten damit unter lautstarkem Applaus einen trotz aller meteorologischer Unbill ausgesprochenen gelungenen zweiten Festivaltag zum Abschluss.













