Konzert:

Bang Your Head 2016 - Samstag

Konzert vom 16.07.2016

Am Samstag ging es für uns mit GIRLSCHOOL los. Man muss sagen, dass die „weiblichen MOTÖRHEAD“ trotz der frühen Mittagsstunde gut ankamen und mit ihren Klassikern „Hit And Run“ oder „C‘me On, Let’s Go“ so einige zu motivieren wussten. Leider hatte ich auch hier wieder das gleiche Problem, welches ich schon seit Jahren mit GIRLSCHOOL habe: Einerseits sind mir die Ladys zu punkig simpel und andererseits zu zahm, um das durch Wildheit auszugleichen. Sie haben meinen vollsten Respekt für das, was sie in ihrer langen Karriere geleistet haben, und Fans hatten sicherlich auch heute wieder ihren Spaß, selbiger werde ich jedoch nicht mehr werden.

 

DELAIN

Mit DELAIN kam dann anschließend Female Fronted Metal der neuen Generation zum Zuge. Und im Falle DELAIN’s ist dieser ungleich poppiger. Obwohl die Sonne in Balingen zum ersten Mal so richtig ihre Kraft zeigte, hüpfte Charlotte Wessels die ganze Show über in einem weißen, an einen Yeti gemahnenden, Kunstpelz durch die Gegend. Da schwitzte man ja vom Zusehen. DELAIN’s Musik ist melodisch, eingängig, gefällig aber auch wenig metallisch. Da reichen ein paar harte Gitarren nicht aus. Trotz der vordergründigen Eingängigkeit bleibt da leider wenig hängen. Ausnahme der Regel: der „Hit“ „We Are The Others“. Selbiger frisst sich unbarmherzig in die Gehörgänge und verbleibt dort auch. Alles in allem ein solider Auftritt, dem die Langzeitwirkung etwas abging.

 

TANKARD

Und jetzt der Kulturschock: Nachdem sich DELAIN artig verabschiedet hatten, stürmten Frankfurt’s Finest die Bühne und präsentierten sich agil wie einst im Mai. TANKARD prügelten die Uraltschote „Zombie Attack“ mit so viel Enthusiasmus in die Menge, dass man glauben konnte einer jungen Band bei der Präsentation ihres Debutalbums zuzusehen. Die ersten Heiratsanträge und Kinderwünsche aus dem Publikum an Fronter Gerre ließen da auch nicht lange auf sich warten. Im weiteren Verlauf wurden typische „TANKARD-Groupies“ auf die Bühne geholt (diverse ältere Herren mit Bierplauze), dem Hangover gehuldigt („Morning After“) oder gleich die letzte Ölung…pardon…„Bierung“ verteilt („R.I.B. – Rest In Beer“). Neben Gerre zeigten aber auch Gitarrist Andy und Basser Frank vollen Einsatz. Stillstand ist bei TANKARD nach wie vor ein absolutes No-Go…was jetzt sprachlich auch irgendwie logisch ist. Auch wenn sich die Herren abseits der Bühne gerne mal einen genehmigen, die Show hat noch nie darunter gelitten. Bei allem Witz auf der Bühne, so ist der TANKARDsche Arbeitsethos doch vorbildlich und garantiert immer beste Unterhaltung. Und als zum Schluss noch der „Song Ohne Namen“ („(Empty) Tankard“) angekündigt wurde, gab es endgültig kein Halten mehr und Balingen rastete komplett aus.

Fazit: TANKARD gehen auch nach über 30 Jahren immer und überall.

 

GREAT WHITE

Mit den Ami Hard Rockern GREAT WHITE folgte ein weiteres Mal ein krasser Kontrast. Aber in Balingen scheinen diese Brüche immer wieder wunderbar zu funktionieren. Es scheint ja im Moment stark in Mode zu sein, dass sich alternde Ami-Hard Rock Veteranen in die Haare bekommen und sich dann verschiedene Varianten der alten Stammformation bilden und konkurrierend durch die Weltgeschichte tingeln (prominentestes Beispiel: RATT aka Bobby Blotzer’s RATT aka Juan Crouciers RATT usw.). Auch im Falle GREAT WHITE’s gibt es einerseits die Formation um Originalsänger Jack Russel und die heute hier zu bestaunende Version um Gründungmitglied Mark Kendall (Gitarre). An Russel-Ersatz Terry Ilous gab es wenig zu mäkeln (mal abgesehen von seinem Perückengeschmack), denn er schaffte es sowohl nah am Original zu bleiben als auch den Songs trotzdem seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Bluesiger Hard Rock scheint in Balingen sehr gut anzukommen und mittlerweile hatte sich auch die Sonne auf kalifornisches Niveau eingependelt und dazu passte die Musik GREAT WHITE’s wie die Faust aufs Auge. „Lady Redlight“, „Save Your Love“ oder „Rock Me“ kamen wunderbar an. Naturgemäß aber erntete der große Bandhit „Once Bitten…Twice Shy“ am Ende des Sets die besten Reaktionen. Da der Anteil an 80er „Poser-Rocker“ in Balingen traditionell besonders hoch ist, votiere ich für nächstes Jahr mal vorsichtig für Acts wie CINDERELLA, VIXEN, WARRANT oder POISON. Könnte Spaß machen. Genauso wie GREAT WHITE an diesem Nachmittag.

 

 

TYKETTO

Nachdem der Italiener zum letzten Mal an diesem Wochenende uns mit Köstlichkeiten versorgt hatte, ging es schnurstracks in die Halle zu TYKETTO. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass mir außer dem Namen im Vorfeld nicht viel zu TYKETTO einfiel. Allerdings dämmerte tief in den hintersten Hirnwindungen, dass ich vor 20 Jahren mal ein Video von den Jungs sah, welches so gut war, dass es eben auch die zwei Dekaden im Hirn nahezu schadlos überstanden hat. Danny Vaughn ist weder als Sänger noch als Mensch wahrnehmbar gealtert und gibt auch mit 55 Jahren einen mehr als souveränen Frontmann, der sich seine jugendliche Stimme konserviert hat. Nummern wie „Meet Me In The Night“ oder „Wings“ sind Melodic Futter der Güteklasse A. Die Halle sah es ähnlich und feierte TYKETTO nach allen Regeln der Kunst ab. Ganz zum Schluss ertönte mit „Forever Young“ dann auch „mein“ Video-Song und nach diesem Auftritt kann man getrost sagen, dass TYKETTO dieses Ziel spielend erreicht haben. Als einziger Wermutstropfen bleibt für mich, den ersten Teil der Show verpasst zu haben. Passiert mir sicher kein zweites Mal.

 

DIRKSCHNEIDER

Uns Udo verabschiedet sich von seiner ACCEPT Vergangenheit. Das tut er nun schon einige Monate auf Tour sehr erfolgreich und es ist auch noch kein Ende abzusehen. In Balingen trat er naturgemäß mit einem gekürzten Set auf, denn für sein 2-stündiges Mammutprogramm, was er normalerweise abruft, war heute kein Platz. Umso komprimierter kam das alles nochmal herüber. Angefangen bei „Starlight“, über „Midnight Mover“ und „Princess Of The Dawn“ hin zu „Fast As A Shark“ und „Balls To The Wall“ gab es NUR Hits, welche die Menge begeistert mitsang. Udo selbst ist topfit und gut bei Stimme und dirigiert souverän durch sein ACCEPT-Vermächtnis. Seine U.D.O. Hintermannschaft hat augenscheinlich auch richtig Bock und so lieferten DIRKSCHNEIDER perfektes Metal-Entertainment mit Gänsehautgarantie. Wirklich Wahnsinn, wie viele unsterbliche Klassiker ACCEPT in den Jahren 80-84 geschrieben haben. Hätte sogar als Headliner gut funktioniert.

 

ICED EARTH

Die hießen am heutigen Abend allerdings ICED EARTH. Und John Schaffer nebst Mannen ließen sich nicht lumpen und fuhren ein opulentes Best Of Programm, mit Schwerpunkt auf dem „Dark Saga“ Album, auf. Stu Block machte seine Sache gut, auch wenn ihm nach wie vor das letzte Quäntchen Charakter in der Stimme fehlt, welches Matt Barlow so einzigartig machte. Da ich die Frühphase von ICED EARTH sehr verehre und mit den neueren Werken nicht so 100%ig warm werde, freute ich mich natürlich über Kracher wie „Pure Evil“, „Vengeance Is Mine“ oder das sehr emotionale „A Question Of Heaven“. ICED EARTH lieferten zwar keine Fabelshow am heutigen Abend ab, wussten jedoch ihren letzten Headliner Auftritt in Balingen locker zu toppen. Trotzdem überkam mich das Gefühl, dass ICED EARTH den Zenit ihrer Karriere schon überschritten haben. Enttäuscht dürfte aber auch niemand gewesen sein.

 

Nach einer kleinen Ansprache von Veranstalter Horst Odermatt, in deren Verlauf er mit VICIOUS RUMORS und Ex-MÖTLEY CRÜE Sänger Vince Neil schon die ersten Kandidaten für 2017 bekannt gab, wurde von seiner kleinen Tochter das Feuerwerk gestartet, und während die ganz Schmerzfreien noch zu CREMATORY in die Halle wankten, war für uns das diesjährige Bang Your Head beendet.

Mittlerweile kann man sagen, dass sich die dreitägige Ausrichtung etabliert und gelohnt hat. Macht die Sache, genug geeignete Bands zu finden, für die Zukunft natürlich nicht leichter. Für dieses Mal kann man zusammenfassen, dass der Mix wunderbar funktioniert hat und für jeden etwas dabei war. Richtige Rohrkrepierer waren auch keine dabei, dafür eine ganze Menge gelungener Auftritte. Wir freuen uns jedenfalls schon auf das nächste Jahr!



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