Konzert:

Bang Your Head 2016 - Donnerstag

Konzert vom 14.07.2016

Nach Balingen zu kommen hat was von nach Hause kommen. Seit 1997 (damals noch in Tübingen) fahre ich in den Süden und bin noch nie enttäuscht worden. Die familiäre Atmosphäre ist einzigartig und die Bandauswahl genügte jedes Mal auch höchsten Ansprüchen. Letztes Jahr war ja meist Sauna angesagt, während es dieses Mal auch ab und zu fröstelte. Trotz der etwas frischeren Temperaturen und einem richtigen Regenguss wussten die Bands den Anwesenden so richtig einzuheizen und so dürfte niemand gefroren haben. 

 

STALLION

Los ging die diesjährige Mammutveranstaltung mit den deutschen Shooting-Stars von STALLION. Nachdem die Jungs schon das Metal Assault und das Keep It True eröffnen durften, war jetzt das Bang Your Head angesagt. Bis auf Sänger Pauly schien der Rest STALLIONs etwas paralysiert ob der Größe der Balinger Bühne. Da fehlt es noch ein wenig an Routine und Erfahrung. Nichtsdestotrotz zeigten sich STALLION als solider Opener, der mit einem Mix aus klassischem Heavy Metal germanischer Prägung und Nord-Amerikanischem Hochgeschwindigkeitsstahl perfekt auf das Wochenende einzustimmen wusste. „Rise And Ride“ (mit RUNNING WILD Gedächtnisriff am Anfang), „Wild Stallions“ oder „Canadian Steele“ machten Lust auf mehr.

 

LEATHERWOLF

Die US-Metal Legende LEATHERWOLF um die beiden Ur-Mitglieder Dean Roberts (Drums) und Michael Olivieri (Vocals und partiell Gitarre) sind ein gern gesehener Gast in deutschen Landen. Zwar gab es vor 10 Jahren nochmal ein neues Album, welches aber heute keine Rolle spielen sollte. LEATHERWOLF konzentrierten sich zu 100% auf ihre drei Klassiker-Alben aus den 80ern. Michael Olivieri ist mittlerweile auch 52, was man ihm aber nicht wirklich ansieht. Klar, das Bärtchen ist mittlerweile etwas angegraut. Sonst jedoch präsentiert er sich wie einst im Mai. Gesanglich gibt’s gar nix zu meckern und darüber hinaus gibt er den klassischen 80er Frontmann, der absolute Sicherheit und Souveränität ausstrahlt und lässig die Massen dirigiert. Dass er mit Überhymnen wie „Thunder“, „Kill And Kill Again“, „Princess Of Love“ oder „Wicked Ways“ aus dem Vollen schöpfen kann, spielt ihm natürlich in die Karten. Alles in allem ein saustarker Austritt der Lederwölfe.

 

BATTLE BEAST

Nachdem bei BABYLON A.D. die Plattenbörse einer intensiven Überprüfung seitens des Autors dieser Zeilen unterzogen wurde, waren nun die FinnInnen BATTLE BEAST an der Reihe. Die Herren und die Dame spalten die Metal Gemeinde ähnlich wie die Kollegen von SABATON oder POWERWOLF. Die einen lehnen das Ganze als seelenlosen Reißbrett-Metal ab und die anderen erfreuen sich an ultraeingängigen Hymnen, zu denen es sich vortrefflich abfeiern lässt. Ich persönlich stehe eher bei letzterer Ansicht. Laut Aussage von Frontfrau Noora nimmt man heute eine Live-DVD auf. Was der Grund dafür sein kann, dass sie so richtig Gas gibt, die Bühne in kompletter Größe nutzt und ständig das Publikum animiert. Mitunter hat man das Gefühl, dass sie dabei etwas überpaced. Darunter leiden dann die (zugegeben spärlichen) ruhigeren Gesangspassagen, während sie mit ihrer Powerröhre gewohnt sicher klingt. Interessanterweise steht das zweite Album mit insgesamt 6 von 10 Songs eindeutig im Mittelpunkt. Da selbiges meiner Ansicht nach das bisher Stärkste in der Bandgeschichte ist, hatte ich da nichts zu meckern. Die beiden anderen Alben waren mit jeweils zwei Stücken vertreten („Iron Hand“ & „Enter The Metal World“ vom Debut und „I Want The World...And Everything In It“ & „Touch In The Night“ vom letzten Album). Guter, wenngleich an manchen Stellen etwas übermotivierter Auftritt.

 

THE DEAD DAISIES

Die Allstar-Combo um Ex-MÖTLEY CRÜE Stimme John Corabi setzte auf eine klassische Rock Show mit schönem Posing von Marco Mendoza (Bass) oder Doug Aldritch (Gitarre) und viel noch klassischeres Songmaterial (u.a. „Helter Skelter“ von den BEATLES oder FREE’s „All Right Now“). Es war zwar nett anzusehen wie sich absolute Vollprofies, ausgestattet mit Tonnen an Charisma und Äonen an Musikererfahrungen durch die Rockgeschichte pflügen, richtig begeistert hat es mich aber auch nicht. Bin mal gespannt, wie sich die andere Ex-CRÜE Stimme Vince Neil im nächsten Jahr schlagen wird. Gegen Ende von THE DEAD DAISIES ging’s für uns erstmal in Richtung Lieblingsitaliener, der uns auch dieses Jahr drei Mal fürstlich bewirten sollte.

 

CANDLEMASS

Frisch gestärkt kamen wir zum Auftritt der Epic-Doomer CANDLEMASS zurück auf das Messegelände. Ich erwähnte es schon ein ums andere Mal: DOOM ist einfach nicht meine Musik. Allerdings stehe ich doch ziemlich auf die Stimme von Mats Leven. Und in diesem Spannungsfeld war ich auch dieses Mal gefangen. Leven ist und bleibt ein genialer und agiler Metal-Frontmann, welcher mit einer sehr wandlungsfähigen Stimme ausgestattet ist. Stationen wie MALMSTEEN, AT VANCE, ADAGIO, THERION, KRUX und eben CANDLEMASS sprechen da eine deutliche Sprache. Allerdings ist Songmaterial wie „The Well Of Souls“, „At The Gallows End“ oder „Solitude“ eben nur bedingt für die Open-Air Bühne am späten Nachmittag gemacht. Guter Auftritt, für Fans vielleicht sogar essenziell, ich für meinen Teil müsste mich NOCHMAL mit den Alben in eine dunkle (sehr dunkle) Ecke verziehen, um die Magie von CANDLEMASS endlich verstehen zu können.

 

VOODOO X

Als gegen Ende von CANDLEMASS sogar der Himmel seiner Trauer Ausdruck verlieh und anfing zu heulen, beschleunigte uns das in unserem Entschluss in die Halle zu gehen (oder besser: zu RENNEN). Dort angekommen, hatten wir noch das zweifelhafte Vergnügen die letzten beiden Songs von DEBAUCHERY vs. BLOODGOD mitzubekommen. Einerseits eine Cover-Version von PRIEST’s „Painkiller“ (sollte man ohne echten Sänger eher lassen…bzw. wenn schon Shouter, dann bitte Chuck Schuldiner, und da der entschuldigt fehlt, bleibt die Eingangsthese: lassen) und die eigene Nummer „Blood For The Bloodgod“, die sich dadurch auszeichnete, dass die durch einen riesen Pappmaché Helm sehr gedämpften Vocals noch alberner klangen. Ach wäre der gute Mann doch Lehrer geworden.

Was eine Erlösung war es, als kurze Zeit später Paradiesvogel Jean Beauvoir und seine Kollegen von VOODOO X (darunter Ex-NENA Keyboarder und EX-DSDS Juror Uwe Fahrenkog-Petersen) die Bühne betraten. Noch heller als Beauvoirs blonder Iro strahlte nur seine Stimme. Melodic Rock vom Feinsten war nun angesagt. Egal ob fetzig („I’m On Fire“), groovig („Voodoo Queen“) oder gar kitschig-balladesk („Happy Birthday“), Beauvoir wusste zu begeistern und zu unterhalten. Ein echtes Showtalent, dem man die fast 40-jährige Bühnenerfahrung zwar anmerkt, nicht jedoch ansieht. Selbstbewusst und doch sympathisch geleitet er durch das Programm, welches natürlich hautsächlich aus Material des einzigen VOODOO X Drehers besteht. Es gibt zwar auch einen kleinen Ausflug zu CROWN OF THORNS, aber auch das stört auf Grund der stilistischen Nähe nicht wirklich. Kurz: Perfekte AOR / Melodic Rock Unterhaltung, geführt von einem der charismatischsten Frontmänner.

 

DARE

Und auf diesem Niveau sollte es dann auch weitergehen. Ex-THIN LIZZY Keyboarder Darren Wharton und seine Edelformation DARE machten zum ersten Mal in Balingen Halt. Eigentlich sollte man meinen, dass der recht ruhige und sehr irisch klingende Melodic Rock der älteren Herren auf einem Festival, das Bang Your Head heißt, etwas deplatziert ist. Aber auch wenn hier wenig bis gar nichts zum Headbangen dabei war, siegten DARE auf ganzer Linie. Whartons samtweiche Stimme passt hervorragend zu elegischen Nummern wie „Sea Of Roses“ oder „Beneath The Shining Water“. Aber auch in der zweiten Hälfte, wo DARE mit „Abandon“, „Into The Fire“ oder „Wings Of Fire“ etwas mehr Gas geben, macht Wharton eine super Figur. Sein langjähriger Sidekick Vinny Burns zaubert ein Sahnelick nach dem anderen aus seiner Klampfe. DARE überzeugen durch Musik zum Träumen. Und obwohl vor der Halle SLAYER wohl alles in Grund und Boden thrashen hat es wohl keiner der Anwesenden bereut heute den Melodic Rockern den Vorzug gegeben zu haben. Auch Kollegen von Powermetal.de oder Crossfire-metal.de sieht man mit sehr zufriedenen Gesichtern im weiten Rund. „Angel Of Death“ vermisst hier niemand. Zum emotionalen Höhepunkt gerät dann die wunderschöne Version von THIN LIZZIES „Emerald“ welches natürlich Phil Lynott gewidmet wird. Und obwohl DARE auch noch den „Raindance“ anstimmen, sollte es den Rest des Festivals eher trocken weitergehen. Wohl weil sämtliche Rock und Metal Götter so betört von den irischen Melodien DARE’s waren, dass sämtliche Tränen einem breiten Grinsen wichen. Well Done, Boys!!! 



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