Athena - Hamburg, Knust
Denn ATHENA aus Istanbul sind in der Stadt, und so quetscht sich das wohl ungewöhnlichste Publikum der Stadt ins Knust im Schlachthof: Kultmoderator Bedo von den Oriental Nights auf dem Lokalsender Hamburg 1 steht mit zu dünnem Pulli im Foyer, ein paar türkische Papis zwischen 40 und 50 haben ein Auge auf ihre minderjährigen Kids, jugendliche Stachelpunks stehen neben Altpunks gegen Ende 30, Ska-Mädchen hüpfen sich schon einmal warm und ein Hühnerhaufen von Mädchen im Kopftuch hält sich an der großen Kusine ohne Kopftuch fest. Dazwischen: Ganz normale ATHENA-Fans zwischen 20 und 30, deutsch und türkisch. In wenigen Minuten wird das für die nächsten zwei Stunden alles egal sein, denn zu den ersten Klängen des ersten Songs vermischt sich das alles zu einer immer noch aufgeregt schnatternden und drängelnden Menge, die jetzt zu allem Überfluss auch noch hüpft.
ATHENA sind im wesentlichen die Brüder Özoguz - Hakan, der abgeklärtere von beiden spielt Gitarre, Sänger Gökhan läuft in Knickerbockern auf die Bühne, seine roten Haare und die darin einrasierten Muster versteckt er unter einem Hut. Er gewichtete seine Ansage ungefähr nach dem Publikumsschnitt - also etwa 70% türkische Ansagen, etwa 30% englische für das internationale Publikum. Verstärkt wurden die beiden um Schlagzeuger und Bassisten und drei Bläser - klar für eine Ska-Band.
Türkei-Urlauber werden ATHENA spätestens seit ihrem Smash-Hit "Öpücük" vom Sommer 2002 kennen - kein Strandspaziergang war in dem Jahr ohne das augenzwinkernde "Trip yapma yapma, trip yapmasana bana" denkbar. Lautstark wurde der Refrain mitgesungen und -gesprungen. Mit der Hymne an die türkische Basketball-Nationalmannschaft (die mit dem Schlachtruf im Rücken Vizeweltmeister wurde) "12 Dev Adam" verstummten dann auch die letzten Schnatterelsen, die sich bis dahin noch über ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt unterhalten hatten - Hakan und Gökhan verbreiten selbst vor ca. 350 Leutchen das Flair von Popstars, obwohl sich die beiden tätowierten Paradiesvögel ganz normal geben und heute vor allem müde sind. Die Müdigkeit verfliegt allerdings bei diesen Anfeuerungsrufen, "I Love Mud On My Face" ist bekannt von Stefan Raab, zum Fußball-Song "Hooligan" preist Gökhan den FC St. Pauli und seinen Heimatverein Fenerbahce Istanbul. Nach gut eindreiviertel Stunden regulärem Set holt das Publikum die zwei plus fünf zurück auf die Bühne, als Zugabe wird "For Real" von der fast erfolgreichen Grand Prix Eurovisions-Teilnahme gespielt, danach noch einmal "Öpücük", grandios covern ATHENA ihre Heroen MADNESS und anschließend THE CLASH in Erinnerung an JOE STRUMMER. Währenddessen tanzt ein türkischer Sharp Skin (sic!) der in London lebt (sic!!) sich auf der Bühne einen Bären, ein bauchfreies Mädel versucht sich einen Augenblick lang am Bauchtanz und divt dann ins johlende Publikum - schon jetzt ist das eines der farbenfrohesten und positivsten Konzerte des Jahres 2004, aber als ATHENA noch einmal zu einer zweiten Zugabe heraus geholt werden können und das vielfach geforderte "12 Dev Adam" noch mal spielen, ist der Abend perfekt.