Konzert:

As I Lay Dying/Chelsea Grin/Unearth/Fit For A King in Saarbrücken/E-Werk

Konzert vom 18.10.2019

Unsympathisch mag man AS I LAY DYING finden. Nicht nur, weil Frontsänger Tim Lambesis von der Polizei in San Diego festgenommen wurde, weil er einen Auftragsmörder auf seine Ehefrau angesetzt hatte, welcher sich jedoch als verdeckter Ermittler entpuppte, sondern auch, weil die Band sich als „christliche Band“ ausgab, obwohl sie eigentlich fast alle Atheisten sind. 

Alles nur, um die Plattenverkäufe nicht einbrechen zu lassen, denn die US-Eltern lassen bekanntlich Metal-CDs von christlichen Bands gerne im CD-Spieler stecken.

Zwischenzeitlich hatte Sänger Lambesis einige Jahre im US-Knast gebrummt und nach seiner Entlassung, die er mit dem vielsagenden Wort „Activity“ in einem Facebook von ihm kommentiert wurde, nun die einstigen Bandmitglieder wieder um sich geschart, um die überaus erfolgreiche Geschichte von AS I LAY DYING fortzuführen. 

Jeder war gespannt, ob die Band an die alten Erfolge wird anknüpfen können und wie sich neue Songs wohl nun anhören werden. 

Nachdem dann in 2018 der ersten Song „My Own Grave“ veröffentlicht wurde, war einer der „meistgeliketen“ Kommentare zum Youtube-Video der Spruch 

„Metalcore was not dead, it was just in prison!“ 

Das fasste es auch treffend zusammen: Mit nur einem Song war eine Duftmarke gesetzt, die klar machte, dass AS I LAY DYING trotz der Zwangspause nichts verlernt hatten. Im Gegenteil: der Song hatte soviel Power, dass die Wiederauferstehung des MetalCores gefeiert wurde. 

Die Band packte ob der vielen Lobgesänge damals ihre Sachen und ging rasch auf Tour. Ende 2018 war man in Deutschland unterwegs und konnte bei allen Gigs auf schnell ausverkaufte Konzerte blicken. Der Hype konnte nicht größer sein und es schien, als habe die Band durch die unfreiwillige Knastpause noch mehr Fans gewonnen als durch die Missetat verloren.

Im September 2019 erschien dann nun der neue Longplayer „Shaped By Fire“. Ein starkes Metal Core Album mit brachialen Hits wie „Blinded“ oder „Gatekeeper“, wenn auch nicht das beste Album von AS I LAY DYING. Grund genug aber, direkt wieder eine dann gleichlautende Tour zu starten, bei der noch FIT FOR A KING, UNEARTH und CHELSEA GRIN mit im Boot waren.

In Saarbrücken machte man am 18.10.2019 Station und zwar im sog. E-Werk, eine ehemalige Industriehalle, die aus einem Stahlskelett mit Backsteinausfachungen besteht. 

Für 2019 hatte die Band größere Hallen für ihre Tour vorgesehen.

Los ging es mit der Metalcore Band FIT FOR A KING, die um ca. 19:00 Uhr vor einer für mich überraschend gefüllten Menge loslegen konnten. Sänger Ryan Kirby stand während des Auftritts mit einer Jacke auf der Bühne, die irgendwie den Eindruck erweckte, er sei nur kurz als Ordner auf der Bühne und wollte eine kurze Durchsage machen, weil jemand falsch geparkt hätte. 

Die Band selbst wirkte während des Auftritts etwas hüftsteif, was der Menge jedoch egal war. Erste CirclePits an dem Abend beim Opener sind schon sehr ungewöhnlich, und mir ist bis heute unklar, womit die Begeisterung insoweit zu erklären ist. Die Band wurde vom Publikum geradezu abgefeiert, als sähe man alte Bekannte wieder, und ich frage mich, ob ich irgendwas verpasst hatte, denn bisher waren mir FIT FOR A KING überhaupt nicht bekannt. Zum Schluss sprang der Basser samt Bass noch von der Bühne rückwärts in die Menge und wurde durch den Saal getragen, eine Stimmung wie beim Headliner...

Was mich aber von Beginn an dem Abend störte, war der Sound in der Halle. Schlecht abgemischt oder war es doch die Akustik in der Halle, ich bin mir nicht sicher. Alles klang wenig differenziert und sehr matschig. Ich glaube, es kam schon so aus den Boxen. Dabei hatte man schon ein Überangebot von Lautsprechern an der Bühne installiert, selbst auf der Bodenebene standen vor der Bühne überdimensionale Bassboxen, die einem beim Fotografieren im Fotograben die Eingeweide bearbeiteten. Für einen Moment fragte ich mich, ob ich mir nicht das Handy lösche, wenn ich davor stehe. Nicht wegen den starken Magneten, sondern weil der Schalldruck so immens war. 

Überhaupt, der Abend im E-Werk war überzogen laut. Ich kann mich schwerlich an einen anderen Konzertabend erinnern, bei dem ich so dankbar über meine Ohrstöpsel war, wie an dem Abend in Saarbrücken. Alles wummerte extrem und der Schalldruck in der Halle am kompletten Abend war noch am Hallenende so immens, dass man ständig die Musik in allen Gliedern fühlte und Nasenbluten befürchtete. 

Die Bühnensecurity hatte ihre Getränkebecher auf die vorderen Bassboxen platziert und griff immer wieder schnell nach diesen, wenn die Bands zu spielen anfingen, da die Becher auf den Boxen zu springen begannen. 

Klar, ein Metalkonzert muss laut sein, aber ich denke, an dem Abend war man „far away“ von dem, was man sonst auf Konzerten an Lautstärke gewohnt ist und extreme Lautstärke führt nun auch zum Soundmatsch.

Der folgende Auftritt von UNEARTH lief dagegen doch etwas unauffällig ab. Die Band spielte ihre Songs runter. Das Publikum schien erstmal nach FIT FOR A KING genug zu haben und so spielte sich auch vor der Bühne nicht mehr so viel ab. Drei neue Songs vom 2018er Album „Extinction(s)“ und 3 vom 2004er Longplayer „The Oncoming Storm“, was etwas verwunderte, denn dazwischen liegen immerhin noch 4 weitere Alben. UNEARTH spielen Metalcore, der schon etwas schwer verdaulich sein kann. Viele Breaks, keine hängen bleibenden Melodien und der Gesang von Sänger Trevor Phipps ist oft auch eine sehr hardcorelastige Shoutorgie, die mir schnell überdrüssig wurde. Hervorzuheben ist dennoch der treibende Song „My Will Be Done“, der live dann doch noch das Publikum zum Bangen und zur CirclePit animierte. 

Die Setlist:

Unearth

1. Incinerate 2. Survivalist 3. My Will Be Done 4. This Lying World 5. Dust 6. Zombie Autopilot 7. The Great Dividers

Mit CHELSEA GRIN startet dann die letzte Band vor dem Headliner. CHELSEA GRIN sind eine US-amerikanische Death Core Band. Damit wurde an dem Abend nochmals heftig Dampf gegeben, denn die neue Scheibe „The Eternal Nightmare“ ist schon harter Tobak. Die Band klingt rotzig, angepisst und aggressiv. Tom Barber, der zur Band erst seit 2018 dazugestoßen war, gebar dabei oft Töne, die sonst nur von Zwangsjacken und Knebeln zurückgehalten werden. Dazu kommt ein technisch hoch anspruchsvolles Schlagzeug von Pablo Viveros, das die wirren, aber auch teils genialen Gitarrenriffs umknüppelte. Bei der Musik kann man nicht entspannen und irgendwie ist es Arbeit, die Band auf der Bühne zu verfolgen. Das ganze ist wenig zum Bangen oder Moshen vor der Bühne geeignet, so dass die Reaktionen verhalten waren. Es verbleibt dennoch ein starker Auftritt. 

Chelsea Grin

1. My Damnation 2. Cheyne Stokes 3. Dead Rose 4. The Wolf 5. Across the Earth 6. Playing With Fire 7. 9:30am 8. Outliers 9. Recreant 10. Hostage

Letztlich war es nun Zeit für den Headliner. Ich war sehr überrascht, was man an diesem Abend für ein Bühnenspektakel mitgebracht hatte. Ständig gab es irgendwo Feuersäulen, eine Lichtershow, die für jeden einzelnen Song ausgeklügelt war, dann explodierte ständig irgendwas. Es hat mich doch sehr überrascht. Alles hatte nichts mehr mit dem Auftritt einer „normalen Metalcore Band“ zu tun. Ich fühlte mich an RAMMSTEIN oder andere große Acts erinnert, die viel Zeit und Geld in ihre Bühnenshow investierten. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass ich bei kleineren Bands, die nicht gerade in einer Arena spielen, eine derartige Bombastpräsentation noch nicht erlebt hatte. Das war teuer, aufwändig und passte gar nicht zu dem Gig in einer mittelgroßen Halle. 

Neben den beeindruckenden Feuersäulen, den Explosionen, den Lichtershows usw. fiel dann aber leider der Sound dramatisch ab. AS I LAY DYING spielen definierte Riffs und haben klare Melodien. Man muss die Band genau hören können, um die Songs wirklich zu genießen und genau das fehlte an dem Abend deutlich. Die Band habe ich schon mehrfach gesehen, aber nirgendwo hat mich ein derartiger Soundbrei erwartet wie in Saarbrücken. Das war nicht nur sehr schade, es nahm einem auch den Spaß und ließ die ganze Show auf der Bühne deutlich verblassen. 

Wäre der Sound an dem Abend in der gleichen Klasse wie die Bühnenshow gewesen, hätte ich bestimmt von einem der besten Konzerte, die ich je besucht hätte, geschrieben. So muss ich eingestehen, dass mich der Auftritt nicht so mitgerissen hat wie z.B. die Show vor einem Jahr in Köln. Da gab es keine Flammenfontänen auf der Bühne und anderen Schnickschnack, aber einen glasklaren Sound. Das fehlte hier und ist doch eigentlich das Wichtigste. 

Wie dem auch sei, die Songauswahl fand ich sehr gelungen und die Band selbst war sichtlich gut drauf und wurde vom Publikum abgefeiert. Insofern gibt es eine volle Punktzahl.


1. Blinded 2. Through Struggle 3. Within Destruction 4. Redefined (mit Ryan Kirby) 5. The Sound of Truth 6. Forsaken 7. Shaped by Fire 8. The Darkest Nights 9. An Ocean Between Us 10. Gatekeeper 11. A Greater Foundation 12. Parallels 13. My Own Grave 14. 94 Hours

Zugabe

15. Separation 16. Nothing Left 17. Confined

Gegen 23:00 Uhr war Schluss und wir wurden vom E-Werk wieder ausgespuckt. Die Location gefällt, denn man kann direkt davor parken. Ein Imbisswagen im Eingangsbereich vor der Halle stillt den kleinen Hunger. 

Für meinen Geschmack waren die Vorbands für die Tour zu AS I LAY DYING falsch gewählt. Zu hart und zu wenig eingängig war deren Musik und so passte es letztlich nicht zum Headliner, der mit vielen Melodien, klaren Gesanglinien, aber aber auch brutalen Blastpassagen eine andere Richtung verfolgt. 

Es bleibt abzuwarten, wohin die Reise von AS I LAY DYING nun gehen wird. Größere Hallen und die dicke Bühnenshow lassen vermuten, dass man Metalcore salonfähig machen will. Metalcore gehört jedoch eher in die kleinen Clubs und ohne den Schnickschnack. Vielleicht verrät man sich, denn ich glaube kaum, dass das Publikum solchen Pampatz nicht braucht. Ein definierter und klarer Sound wäre mir da auch weitaus wichtiger, obwohl ich das Spektakel auch genossen habe. Den miesen Sound wird die Band an dem Abend aber wohl am Wenigsten zu verantworten haben.

 



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