Konzert:

Anne Clark, Chumbawamba - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 19.11.2003Beide Bands an diesem Abend haben etwas gemeinsam: Sie sind beide von der britischen Insel und beide bereits seit über 20 Jahren im Musikgeschäft tätig. Während sich Anne Clark jedoch primär in der elektronischen Wavebewegung in London betätigte, sind CHUMBAWAMBA die eher vom Punk beeinflussten Arbeiterkinder aus Leeds.



Und eben diese ex-Punks und teils Popper breiteten zumindest bei diesem Akustikgig einen sehr folkigen Klangteppich in der bestuhlten Location aus. Ohne Drums und mit einer Ausnahme nur von Gitarren begleitet, wirkte die Mischung aus folkloristischen Patriotismus und schmissigen aber verstaubten Parolen gegen Bush, Krieg und sonstiges Elend zwar pragmatisch, aber völlig in der Zeit zurückgeblieben. Und nachdem sie dies bei fünf Songs wiederholt hatten, reichte es zumindest mir irgendwie. Aus den ehemaligen Hausbesetzern sind eben gesetzte Wohnzimmerrevoluzzer geworden, denen man das Leben ansieht und teilweise nicht mehr ganz abnimmt was sie da singen. Der Durchbruch blieb über die Jahre aus und so spielen sie auch an diesem Abend viele Coversongs oder Melodien des letzten Jahrhunderts statt komplett eigener Songs. In schönstem Englisch schaffen die St. Pauli Fanbekundungen im Publikum Sympathie, das deutsche Publikum dankt es bei jedem Anflug eines Rhythmus mit braven Taktklatschen. Irgendwann schreibe ich über dieses Verlangen der Deutschen nach Marschmusik noch mal ein Buch. Schöne Stimmen, eingängige weil folkige Melodien und für Endvierzigerpublikum sicherlich noch politisch bzw. rebellisch genug, gaben sie zwar brav eine Zugabe, ich weinte dem Ende des Auftritts aber keine dicke Träne nach, dafür fehlte mir schlicht die Abwechslung.



Und dann war da ja noch der Grund des Kommens. Ihre Majestät, Wavekönigin ANNE CLARK herself. Und sie kam nicht alleine. Unterstützung erhielt sie von vier begnadeten Musikern, dazu später mehr. Ihr Auftritt recht unspektakulär. Sie lebt von einer ruhigen Aura und ihrer monotonen Stimme, vor allem das Cello bringt viel Wärme in die Musik. Das gleiche runde Gesicht mit den gleichen kurzen blonden Haaren wie schon vor 20 Jahren, die gleichen definitiven Statements und direkten Texte zwischen Phrasen und Poesie. Man findet das nett, Begeisterung abseits von Ehrfurcht aber noch nicht. Dann jedoch verlässt die Dame die Bühne und überlässt ihren Musikern die Bühne. Jeder für sich und auch als Duo konnte zeigen was er drauf hat. Das ist beim Pianisten und zweiten Sänger Murat Parlak ein blitzsauberes und schnelles Spiel, beim Cellisten einfühlsame und saubere Intonation. Beim Gitarristen Jeff Aug und Niko Lai an den Percussions neben komödiantischen Fähigkeiten vor allem eine bestechende Vielseitigkeit. Spätestens jetzt haben auch die letzten Banausen im Publikum verstanden, dass das hier definitiv kein alltägliches Konzert ist, in der sonst eher verschwitzten Markthalle schon gar nicht. Als sich der Perkussionist dann an sein kleines Drumkit begab, dämmerte es bereits einigen... es wurde härter: Die bisher ehrfurchtsvollen Gesichter wurden erleichtert lockerer, endlich schien Anne Clark dem Publikum so wie sie sie kannten. Die getriggerter Bassdrum ließ auch den Rhythmus stumpfer bollern. Es machte zwar Spaß, dass das Publikum aber erst jetzt auftaute, machte einmal mehr klar, dass ihr Erfolg primär auf zwei Songs fußt:. Bei "Sleeper In Metropolis" und der ersten Zugabe "Our Darkness" wurden gar Stühle zur Seite gerückt und getanzt. Bei derart fähigen Musikern die wunderbare Musik zauberten wirkte der Auftritt etwas wie die berühmten Perlen vor die Säue, Spaß hat es aber trotzdem gemacht.

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