Konzert:

AMENRA, DER WEG EINER FREIHEIT - Köln, Live Music Hall

Konzert vom 12.03.2023

Ich staunte nicht schlecht als ich auf der Fahrt nach Köln die Nachricht erhielt, dass zwei der vier angekündigten Bands nicht spielen werden und der Konzertabend ohne den Support HANGMAN`S CHAIR und den Headliner IGORRR stattfinden wird. Zu dieser sehr kurzfristigen Absage kam es aufgrund von Grenz- bzw. Zollproblemen zwischen England und Frankreich. Die "Distortion Tour" machte am Vortag Halt in London und die beiden französischen Bands wurden an der Grenze festgehalten. Dementsprechend gedrückt war die Stimmung in der beträchtlichen Schlange, die sich vor der Kölner Live Music Hall durch den Stadtteil Ehrenfeld entwickelte. Die Türen wurden eine Stunde später geöffnet und die Fans wurden vor die Wahl gestellt: Wer sein Geld zurückerstattet haben möchte, kann nicht in die Halle. Der Tickethändler wird, laut Ankündigung des örtlichen Veranstalters vor Ort, das Ticket nicht zurücknehmen, wenn es zum Eintritt genutzt wurde. Manch ein „Beinahe-Konzertgast“ zieht unzufrieden ab, viele gehen trotzdem in die Location, um sich den Abend nicht vermiesen zu lassen. DER WEG EINER FREIHEIT und AMENRA werden als kleine Wiedergutmachung ein extra langes Set spielen. Also was solls, das Beste draus machen!

DER WEG EINER FREIHEIT beginnen mit “Morgen” und es folgt „Repulsion“ vom „Stellar“-Album. Vielleicht liegt es an der schlechten Ausgangssituation: der Funke will nicht so recht überspringen, das Kölner Publikum verhält sich etwas abwartend. Nikita Kamprad, Sänger und Kreativgeist der Würzburger, kündigt das eigentlich nicht geprobt und geplante „Der stille Fluss“ an. Die Band kommt sympathisch rüber und spielt ihren typischen Post Black Metal, bei dem sich Blastbeats und Melodik die Hände reichen. Das Gitarrenspiel bleibt stets melodisch. DER WEG EINER FREIHEIT haben auf dem Youtube-Kanal ihres Labels Season Of Mist das Live-Video ihres neuen Songs „Am Rande der Dunkelheit“ veröffentlicht. Der Mitschnitt stammt von der „Noktvrn“-Tour im vergangenen September und der Song wird auch dem Kölner Publikum nicht verwehrt. Es folgen „Einkehr“ und das spontan eingeschobene „Zeichen“. Kamprad bedankt sich freundlich bei dem Publikum und kündigt die nachfolgende Band an. Hier kommt Black Metal ohne jede Evilness aus. Der letzte Song ist der gefeierte Klassiker „Aufbruch“.

Als sich während des Aufbaus Weihrauch-Geruch ausbreitet, ist klar: gleich startet der Auftritt von AMENRA, die am Bühnenrand bereits ihr Räucherwerk abbrennen. Jedes Konzert der Belgier ähnelt einem Ritual, schon bei den ersten leisen Klängen breitet sich eine andächtige Stimmung aus. Sänger Colin H. van Eeckhout kauert auf dem Bühnenboden. Es dauert nur einen Moment und AMENRA erschaffen diese ungewöhnliche Atmosphäre: genauso wie zu ruhigen Akustik-Parts während des Sets, wird es in der Halle so still, dass man eine Nadel fallen hören könnte. Die Band startet mit „Boden“ und „Razoreater” (Mass IIII, 2008) und zieht das Publikum in ihren Bann. Die Klänge sind wechselnd emotional verletzbar und gewaltig zerstörerisch wie ein Wirbelsturm. Explosiv brachiale Sludge-Ausbrüche stürmen in Wellen über die Zuhörenden ein. Walzend doomig monumentale und ultratiefe Riffgewalt und das leidende Kreischen van Eeckhouts geht durch Mark und Bein. Der Musik und der Performance wohnen viel Leid und Melancholie inne. Es folgen „Thurifer et Clamor ad te Veniat” und „De Evenmens“; letztgenannter Track stammt vom neuen Album „De Doorn“, wobei Dornen ein gutes Sinnbild für das künstlerische Schaffen AMENRAs darstellt. Es folgt „Plus près de toi”, typischer Weise durchzieht die Musik eine trancegebende Monotonie, die auch heute auf das mitgehende Publikum ausstrahlt, fordernd und faszinierend zugleich. Die Gitarristen Mathieu Vandekerckhove und Lennart Bossu bauen hohe Riffwände zu einer Soundwand auf, der neue Bassist Tim De Gieter integriert sich gut. Colin H. van Eeckhout agiert, wie üblich, zumeist mit dem Rücken zum Publikum: Geißelndes Winseln, heiseres Schreien werden begleitet von wild-autistisch wiegenden Jaktationen. Eeckhout beschrieb einmal in einem Interview passender Weise, dass er glaube, dass er auf der Bühne jemandes Schmerz verkörpern kann. Der nächste Song heißt „Terziele / Am Kreuz“, darauf folgt das wunderbar intensive „A Solitary Reign“. Wie bereits während des gesamten Konzertes, sind das Licht und die Projektionen minimalistisch in schwarz-weiß gehalten. Nach „Diaken“ ist dann Schluss und die Band verlässt still die Halle. Ein zwei Hits wurden nicht gespielt („Children oft the Eye“…), Schwamm drüber. Es war wie immer ein Fest.

 

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