Agnostic Front, Mad Sin, Blood For Blood, Terror - Hamburg, Markthalle

Die Semi-Allstars TERROR waren einen derart frühen Slot sicherlich auch nicht unbedingt gewohnt, als sie zu bester Tagesschauzeit die Bühne stürmten. Der untypisch mager tätowierte Sänger John Vogel ließ sich davon wenig beeindrucken, genauso wenig einige bereits heiße Fans, die sich das ein ums andere blutige Näschen verpassten. Die ersten Tracks brachial hart, heftig wütend und weniger eingängig, das Publikum dennoch einmal mehr beeindruckend textsicher. Neben Vogel sorgte der Bassist für Laune und als die letzten Songs auch deutlich mehr groovten, nickten immer mehr Köpfe. "Lowest Of The Low" ist mein Fall nicht, TERROR sind aber definitiv eine live aktive Band, die lediglich unter dem Hardcore-Live-Syndrom der mangelnden Abwechslung leiden.
Wer aber dachte, dass TERROR Stimmung machten, kennt BLOOD FOR BLOOD nicht. Noch keine zehn Sekunden auf der Bühne, ließ ihr Gitarrist Hasstiraden über die USA vom Stapel. Optisch fiel vor allem ihr Sänger ins Gewicht, der die meiste Zeit von der ersten Reihe begleitet wurde und die Publikumsnähe voll auskostete. "Fuck MTV. Fuck American Punk Rock. Fuck Avril Lavigne. Fuck MTV Real World. Fuck Good Charlotte…” Fuckfuckfuck. Je länger der Gig dauert, desto mehr verschwamm die Grenze Bühne/Publikum, das war definitiv eine verdammt gute Stimmung. Auf der einen Seite ziemlich oldschool, auf der anderen Seite aber vor allem durch den Gitarristen oftmals sehr melodisch und fast Singalong meets Hardcore. "A Rock´n Roll Song” fiel schon auf der letzten EP auf, auch live ließen sie sich diesen und andere augenzwinkernde Songs nicht nehmen. BLOOD FOR BLOOD sind anders ohne anzuecken, die perfekte Wahl um die kommende Band vorzubereiten.
Denn die deutschen alten Herren der Rockabilly und Punkszene, MAD SIN, passten nicht recht ins Hardcore dominierte Line Up des Abends. Und auch wenn die ganze Zeit der Funke nicht völlig überspringen wollte, rockten diese Poser vor dem Herrn das Haus. Im Mittelpunkt steht sicherlich der CocaCola Truck look-a-like, rot illuminierte Kontrabass, der mir wirklich leid tat und dessen Standfestigkeit von solidem Handwerk des Instrumentenbauers zeugte. Hier wurde geslapt, dass sich die Seiten berühren, das arme Dinge durch die Luft gewirbelt und über die Bühne gezerrt. Macht nix, denn auch ihr Sänger Köfte zeigte sich ähnlich kompromisslos, nicht nur was das rabiate entfernen von unerwünschten Bühnenbesuchern anging. Dreckig rotziger Rock, witziger Punk, gute Laune und Power. Und auch wenn, wie Köfte feststellte, "mehr Kiffer als Turbojugend" anwesend waren, kann man zu MAD SIN feiern ohne den Kopf einschalten zu müssen. Muss nicht immer sein, aber ist manchmal ganz nett. Und unterdessen deutete sich im Vorraum die Verlängerung bei England:Portugal an...
Egal, denn AGNOSTIC FRONT sind Amis. Und schon derart lange auf den Bühnen der Welt unterwegs, dass ein professioneller Auftritt erwartet wurde und auch kam. Ohne wenn und aber, ohne Starallüren, ohne großes Gerede und ohne Kontakscheue. Wie fast immer mit Kopftuch, kam Sänger Miret auf die Bühne, brüllte den wartenden "Victim Is Pain" an den Kopf und ließ sich von der guten Laune des Publikums anstecken. Deutlich vielseitiger als erwartet, mit nur kurzen Pausen zwischen den Tracks spielten sie routiniert ihr Set. Leichte Unstimmigkeiten beim Bühnensound wurden ebenso gemeistert wie missglückte Einsätze eines Gastsängers. Nur ein voller Bierbecher aus einer der hinteren Reihen auf Stigmas Gitarre, brachte ebendiesen kurzzeitig aus der Fassung. Während des ganzen Konzerts lauschten übrigens die anderen Bands am Bühnenrand dem Auftritt ehrfurchtsvoll. Schöne und nicht oft gesehene Geste. AGNOSTIC FRONT sind nicht umsonst einer der unbestrittenen Szenegrößen und live definitiv eine Macht, die obligatorische "Anthem" beendete das Konzert. Denn um halb zwölf sollte es für den Tourtross bereits weiter zur nächsten Stadt gehen, dass 8:7 der Portugiesen verpassten dennoch die meisten. Seis drum.
Setlist AGNOSTIC FRONT:
Victim Is Pain
Your Mistake
Last Warning
Crucified
One Voice
Over The Edge
Gotta Go
Riot Riot Upstart
Police State
New Jack
Public Assistance
United Blood
Friend Or Foe
Undertow
Eliminator
Anthem