Interview:

2010-02-20 Tribal

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Nachdem die schweizer Emotional Rock-Kombo im Herbst mit "Corner Of A Circle" ein neues Album vorgelegt hat, ist nun für September eine Tour angeplant. Sänger Greg Bailey und Gitarrist Mark Rossi haben sich die Mühe gemacht, uns per E-Mail ein paar Fragen zu beantworten und dazu gleich noch ein kleines, kreatives Kunstwerk abgeliefert- wenn auch nicht aus eigener Feder... Interview Fangen wir doch mal ganz von vorne an. Wie ist es überhaupt zur Bandgründung gekommen, wie habt ihr euch kennen gelernt?


Greg: Am Anfang Stand "Beyond Good And Evil" (Der Titel eines grossartigen Albums von "The Cult"). So hiess das Inserat, durch welches Mark und ich uns kennenlernten. Wir erkannten sehr schnell, dass wir als Songwriter-Duo sehr gut harmonierten. Nach einer Demoaufnahme unter dem Banner "The Tribe", von welcher es ein Song sogar auf das Tribal-Debütalbum "Cardboard Heroes" schaffte, trennten sich unsere Wege aber für einige Zeit.
2003 kamen wir dann erneut zusammen und begannen Songs zu schreiben. Wir fanden schliesslich in Üse und Andy die idealen Menschen zur Komplettierung der Band. Der Name "The Tribe" passte eigentlich, denn Schliesslich sind wir eine Art "Stamm", im Sinne von gemeinsamen Zielen. Aber der Name gefiel uns nicht mehr wirklich.
So steckten wir die Köpfe zusammen und die Band wurde "Tribal" getauft. Tribal ist eine Metapher für das unsichtbare Zeichen, welches auf unseren Herzen tätowiert ist, und unsere Zusammengehörigkeit ausdrückt. Nicht nur als Band, sondern auch und gerade als Freunde.


Ihr habt soweit ich weiß ja auch sehr kurz, nachdem ihr die Band überhaupt gegründet hattet (ich habe da von einem Zeitraum von zwei Wochen gelesen), euren ersten Gig gespielt. Wie habt ihr das so schnell auf die Beine gekriegt?


Greg: Als mit Andy nach einem Jahr der Suche bei uns einstieg, stimmte die Chemie vom ersten Schlag an. Er brachte genau den Drive und das Gefühl mit, den wir uns für unseren Sound vorstellten. Wir hatten bereits einiges an Material geschrieben und Andy, der nicht umsonst den Spitznamen "The Animal" erhalten hat, studierte die Songs in dieser kurzen Zeit ein. Wir hatten sogar noch genügend Zeit ein paar Korrekturen an den Arrangements vorzunehmen. Der erste gemeinsame Auftritt war dann verdammt gut und der Beginn der Tribal-Live-Geschichte und ein Ende ist bisher nicht in Sicht. ;)


Wie würdet ihr selbst euren Stil bezeichnen? Ich weiß, dass man solche Fragen als Musiker in der Regel hast, aber als Journalist ist man meistens gezwungen, irgendeine Form von Kategorisierung vorzunehmen, also tut doch einfach mal eure Sicht der Dinge kund.


Mark: Moderner, gitarrenbetonter, facetten- und emotionsreicher Rock, mal fetzig mal balladesk, es kommt auf die Stimmung im Song an, welche musikalische Stilmittel eingesetzt werden. Kern und Rückgrat der Musik bleibt ganz klar ein Rockelement unterschiedlichen Härtegrades. Unsere Songs mit dem typischen Tribal Trademark sollten stets wieder erkannt werden, unabhängig davon, wie stark die Gitarren verzerrt sind und welche Effekte eingesetzt werden.


Greg: Da sich das aber viel zu kompliziert anhört, nennen wir unsere Mixtur "Emotional Rock"! (lach)


Wen würdet ihr als eure musikalischen Einflüsse nennen? Wie steht's beispielsweise mit Sentenced? An die erinnert ihr ab und zu ein bisschen.


Mark: Sentenced kenne ich nicht und ist für uns bestimmt keine Referenz.
In den Achzigern habe ich mich entgegen dem allgemeinen synthetischen und oft belanglosem "Hitparaden-Trend" der Zeit sehr intensiv mit dem Werk der Beatles auseinandergesetzt. Auf der akustischen Gitarre habe ich angefangen ihre Songs nachzuspielen und zu verstehen. Sie haben für meine Begriffe in der Pop- und Rockmusik Meilensteine und nie wieder erreichte Massstäbe gesetzt. Ihre Vision der Musik, ihr Pioniergeist, ihre machmal einfachen und oft sehr komplexen Arrangements, die Melodiedichte Ihrer Songs sind einfach faszinierend und überwältigend.
Ihre Melodien sind irgendwie in meinem Hinterkopf gespeichert und stets präsent.
Als Musiker richtet sich mein Hauptinteresse natürlich nach gitarrenbetontem Rock mit charismatischen Interpreten an der Front. Durch Angus Young, Randy Rhoads, Slash und Billy Duffy habe ich meine persönliche Liebe zur elektrischen Gitarre gefunden und durch sie die grossen Meister des britischen Rocks wie Jimmy Page und Jeff Beck entdeckt. Heute schätze ich und identifiziere mich mit Gitarristen, die auch gute Songs mit interessanten Arrangements und spannenden Klangwelten schreiben. Also keine Akrobaten oder Highspeed Fanatiker der 6 Saiten, sondern versierte Musiker, die sowohl das brachiale Element der modernen Musik mit filigranen sphärischen Passagen zu verschmelzen wissen. Mark Tremonti von Creed ist ein Beispiel dieser Gattung.


Greg: Gute Band. An die habe ich noch gar nie gedacht. Schade, dass es die Truppe nicht mehr gibt. Allerdings sind wir stilistisch schon viel breiter als die Mannen aus dem Norden.
Unsere Einflüsse kommen mehr von den britischen Inseln. Sicher haben "The Cult" einen gewissen Einfluss. Doch wir alle haben einen sehr breiten und teilweise höchst unterschiedlichen Musikgeschmack. Da fallen Namen wie Alterbridge, U2, Paradise Lost und Depeche Mode schonmal in einem Atemzug. Vielfalt ist uns schon sehr wichtig. Glücklicherweise kommt sie bei uns automatisch.


Wo holt ihr eure Inspiration her, schöpft sich das meiste aus persönlicher Erfahrung oder kommen da auch Bücher, Filme, etc. als Einflüsse dazu?


Greg: Ganz klar aus der persönlichen Erfahrung. Wenn man aus dem eigenen Leben schreibt, dann kommt das ganze beim Singen viel emotionaler, da die Gefühle einfach echt sind. Ist für mich ein wichtiger Punkt.
Beim schreiben der Texte läuft aber natürlich immer ein Film vor meinen Augen ab. Denn schliesslich erzählen unsere Songs Geschichten. Und jede könnt man filmisch umsetzen.


Mark: Musikschreiben ist für mich eine autoktone, beinahe "autistische" Beschäftigung. Sie bezieht sich auch sich selbst und ernährt sich von ihren eigenen Zellen. Die meisten Ideen liefern bereits bestehende Songs, Passagen die schon lange herumgeistern, musikalische Fragmente, die einen manchmal so lange plagen, bis diese endlich auf einem Rekorder aufgenommen oder einem Notizzettel aufgeschrieben werden. Musikschreiben passiert überall, es passiert im Kopf und dazu braucht es auch gar keine Instrumente.
Musikschreiben hat durchaus autobiographische Züge. Die meisten Ideen entstammen aus unserer nächsten Umgebung, wir benötigen keine Science Fictions Filme, um Powerrock oder etwa Romanzen, um eine Ballade zu schreiben.


Euer aktuelles Album heißt "Corner Of A Circle". Wie seid ihr auf diesen Titel gekommen und was genau wollt ihr damit zum Ausdruck bringen?


Greg: Ursprünglich sollte das Album eigentlich "Circle" heissen und hatte eine ganz andere Songreihenfolge. Es war eine Art "Chronologie eines Lebens". Doch im Studio merkten wir, dass es so nicht funktionieren würde und änderten einige Dinge. Es waren nunmehr "Szenen eines Lebens".
Eines der Zentralen Themen des Albums ist die Unsicherheit des Lebens. Man fällt schneller aus dem Kreis der Gesellschaft heraus als man denkt und findet sich dann in der Ecke eine Kreises wieder. Deshalb entschieden wir uns schlussendlich für "Corner Of A Circle". Ist meiner Meinung nach auch der ausdrucksstärkere Titel.


"Jump Of The Bridge" hört sich ein bisschen nach einer Art Abrechnung mit dem Baden in Selbstmitleid an. Sagt dazu doch mal etwas mehr (oder korrigiert mich, wenn ich danebenliege).


Greg: Das trifft es ziemlich genau. Aber nicht nur. "Jump Off The Bridge" ist ein Wachrüttel-Song! Selbstmitleid ist immer der falsche Weg, da man dann in eine Lethargie verfällt aus man nur mühsam wieder herauskommt. Man blockiert sich selbst.
Wie wahrscheinlich jeder Mensch war auch ich schon in einer Situation wo mir plötzlich alles egal war und darüber nachdachte alles zu beenden. Um wieder auf die Füsse zu kommen habe ich ironischerweise nicht an meine Familie und Freunde gedacht, sondern an jene, die mir immer wieder Steine in den Weg gelegt haben und mir mit Missgunst und Verachtung begegnet sind. Diesen Leute wollte ich den Erfolg nicht gönnen über mich gesiegt zu haben.
Ausserdem hat mir der Song, dessen Zentrale Aussage schlussendlich "gib niemals auf" lautet, über eine sehr schwere Zeit hinweggeholfen.
Kurz vor den Aufnahmen zum Album ist meine Mutter gestorben. Das war ein schwerer Schlag für mich. Ich konnte im Studio meinen Emotionen freien Lauf lassen. Mir sozusagen den Schmerz von der Seele singen. Mit Sicherheit einer der Gründe für den eher düsteren Grundtenor von "Corner Of A Circle".


Ihr kommt aus der Schweiz. Findet ihr, dass Bands aus dem deutschsprachigen Raum es zum Teil schwerer haben als andere, ein breiteres Publikum zu finden, auch wenn sie englische Texte haben? Gerade wenn es musikalisch in die melancholische Richtung geht wird ein Ursprung in Skandinavien ja zum Beispiel oft als ein Art Gütesiegel angesehen.


Mark: Nicht alles was aus Skandinavien kommt würde ich mit einem Gütesiegel versehen. Es gibt auch dort nicht nur "hochwertige" Musik. Als Weltbürger sehen wir unser Schaffen nicht an einem bestimmten Ort. Wir versuchen auch unseren musikalischen Horizont nicht einzuschränken oder zu stark an lokale Bedürfnisse anzupassen. Die Schweiz bietet bestimmt nicht das musikalische Panorama der States oder England, gilt aber durchaus als Nation mit einer guten Rocktradition. Schweizer können sich für Rock begeistern, man siehe nur wie schnell Veranstaltungen grosser Acts wie U2 oder AC/DC innert Minuten ausverkauft werden. Das Interesse sollte nicht nur den ganz grossen, sondern auch anderen, kleineren und ebenfalls interessanten Realitäten gewidmet werden.


Habt ihr irgendwann in näherer Zeit eine Tour angeplant und falls ja, wohin soll's denn aller Wahrscheinlichkeit nach gehen?


Mark: Wenn's klappt sehen wir uns nächsten September...


Das ist jetzt per E-Mail etwas aufwendiger, aber versuchen können wir´s trotzdem mal. Und zwar: lasst eure gesamtkünstlerische Ader! Könnt ihr oder jemand von euch eine Art Comic-Version von entweder nur sich selbst oder gleich der ganzen Band zeichnen (und das ganze dann entsprechend einscannen und mit dem Interview mitschicken)?


Greg: Zeichnen gehört nicht wirklich zu unseren Stärken...haha. Das möchten wir Euch ersparen. Aber wir haben etwas anderes in petto: Von einem 5-jährigen Mädchen haben wir eine Zeichnung unserer Band erhalten. Wenn sich Kinder so in Zeug legen, wollen wir der Rock- und Metalgemeinde nicht vorenthalten. ;)






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