Interview:

2014-05-15 Total Fucking Darkness - Ein Interview mit Dani Filth (Teil 2)

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„Total Fucking Darkness“ (TFD) heißt das dritte CRADLE OF FILTH Demo und wurde vor ein paar Tagen wiederveröffentlicht. Dani Filth klingelte bei uns durch und sprach mit uns über streikende Musiker, das Demo und neue Bands. Hier lest Ihr den zweiten Teil des ausführlichen Interviews mit dem Charakterkopf.Interview

Bandmitglieder auszuwechseln kann wirklich nervig sein, da man ihnen erst mal alles immer wieder neu zeigen muss. Wie bewältigt ihr all die Jahre das ständige Ersetzen der Musiker?

Also, ich denke, wir haben wohl nur eine Person in unserer ganzen Karriere gefeuert. Häufig finden die Leute den Job entweder zu anstrengend oder sie denken, sie können los gehen und ihre eigenen Bands verfolgen, was zu unzähligen Anlässen passiert ist. Aber wir können uns glücklich schätzen, mit wirklich guten Musikern zu arbeiten, deshalb war es bisher kein allzu großes Problem und der Sound wurde beibehalten. Für die BEHEMOTH Co-Headliner Tour mussten wir zwei Gitarristen finden, da Paul persönliche Probleme in Amerika hatte, wo er jetzt lebt, und unser anderer Gitarrist James musste sich einer Nackenoperation unterziehen. Ansonsten hätten wir schon wieder eine Tour absagen müssen und das wollten wir nicht. Aber die beiden neuen Gitarristen sind fantastisch.

Und wie haben sie das alles gelernt? Habt ihr ihnen alles gezeigt oder hatten sie Tabulaturen und Noten?

Ich glaube, es ist ein bisschen von allem. Einer der Gitarristen, Ashok von der Band ROOT, spielt ebenfalls mit Martin bei MASTERPLAN und lebt wie Martin im gleichen Dorf, in Brünn, in Tschechien. Daher konnte Martin ihm viel zeigen. Und wie gesagt, sind beide sehr gute Musiker und eigneten sich die Musik auch durchs Anhören an.

Haben James und Paul ihre Probleme bewältigt, so dass sie bei den nächsten Tourneen dabei sind oder wird es länger dauern?

Es wird wohl länger dauern, besonders bei James, da er operiert wurde und es eine ziemlich tiefgreifende und gefährliche Operation war. Es war nicht unbedingt das, was er erwartet hatte.
Sie sagten, sie würden diese Prozedur nicht mehr durchführen, sie würden den Knochen schmelzen und er meinte: Scheiß drauf, das mache ich nicht. (lacht). Er ist wieder genau so weit wie vorher.

Da wir gerade über Bandmitglieder sprechen, hast du eigentlich noch Kontakt zu dem einen oder anderen und weißt du, was sie gerade machen, z.B. Stuart (Anstis / g. 1995-1999)?

Stuart sehe ich überhaupt nicht mehr. Er ist der einzige, der aus der Band gefeuert wurde.

Magst du erzählen warum, oder ist das zu persönlich?

Er entschied sich zu streiken. Er weigerte sich, an Songs zu arbeiten, da er überzeugt war, dass einige Leute mehr Geld bekämen als andere, was lächerlich war.  Zu dem Zeitpunkt teilte jeder  alles.
Lecter (Les Smith / key. 1997.1999), der sich damals auf Stuarts Seite schlug, ging mit ihm und bereut es bis heute. Ich treffe ihn immer mal wieder, so auch letzes Jahr. Er hatte sogar ein von der Band bezahltes Haus in einem schönen Dorf in Suffolk. Er hatte eigentlich nicht wirklich einen Grund, sich zu beklagen. Wir probten auch dort, weswegen wir dieses Haus auch hatten.
Ja, ich sehe einige von Zeit zu Zeit. Ich traf Nicholas Barker (d. 1993-1999) auch dieses Jahr, als er mit LOCK UP spielte. Wir haben uns gut amüsiert und es war schön, ihn wieder zu sehen.
Gelegentlich begegne ich zufällig Leuten wie zum Beispiel Gian (Pyres / g. 1996-1999, 2000-2002) oder Charles (Hedger / g. 2005-2009).

Wenn ich mich nicht irre, gibt es Cradle Of Filth seit über 23 Jahren. Was sind deine 3 Lieblings-Cradle-Alben und warum?

Oh, das ist knifflig. Ich würde sagen „Cruelty And The Beast“ (1998), „Midian“ (2000) und „Damnation And A Day“ (2003). Obwohl es schwierig zu entscheiden ist, denn ich liebe sie alle... aber wohl am ehesten diese drei, einfach aufgrund der Atmosphäre und der Thematik der Lieder.

Unter euren Fans ist „Thornography“ (2006) sehr umstritten. Was denkst du heute, acht Jahre später, darüber ?

Ich liebe es! Ich habe das Problem, das die Leute mit der Scheibe haben noch nie verstanden. Im britischen METAL HAMMER gibt es immer die Rubrik „Discography“ und aus irgendeinem Grund gibt es darin immer ein Album, welches sie zu vermeiden raten. Ich verstehe nicht, warum sie immer ein Album haben müssen, welches gemieden werden soll. „Thornography“ ist halt ein Album, das nach „Nymphetamine“ (2004) den Weg bestens fortsetzte. Wir haben offensichtlich etwas leicht anderes versucht. Wir wollten nicht „Nymphetamine II“ machen. Ich finde es sehr seltsam, dass Leute sagen: „Das ist das schwarze Schaf eurer Karriere.“ Wo gibt es sonst Songs wie „Under Huntress Moon“, „I Am The Thorn“ oder „Cemetery And Sundown“? Es ist natürlich CRADLE, und es ist beileibe nicht schwach oder unheavy.

Ich war ein wenig enttäuscht, dass ihr mit „Darkly, Darky, Venus Aversa“ (2010) bis auf ein paar Festivals nicht in Europa getourt seid.

Ich glaube, es war bloß ein Zeitproblem. Wir tourten unter anderem in Nord- und Südamerika. Manchmal haben Veranstalter auch Ausschlussklauseln. Wir werden zum Beispiel demnächst in Kanada spielen und wir können im Umkreis von 50 km kein anderes Konzert spielen. So sind Veranstalter eben. Wenn du noch woanders in der Nähe spielst, kommen womöglich einige Leute nicht zu den Festivals. Das war, denke ich, der Hauptgrund. Letztes Jahr hatten wir durch eine Gesetzesänderung auch Probleme, überhaupt nach Amerika einzureisen. Sie konnten uns auch nicht sagen, wann sie uns eine definitive Antwort geben würden, es hätte bis zu vier Monaten dauern können und es war noch einen Monat Zeit bis zur Tour. Es war schrecklich. Aber so ist es halt. Die Leute jammern immer herum: Warum spielen CRADLE nicht hier, warum spielen CRADLE nicht dort? Manchmal gibt es keine Nachfrage. Darüber hinaus ist es ziemlich aufwendig, Konzerte zu organisieren, da unsere Bandmitglieder alle in verschiedenen Ländern leben. Dann hast du noch zusätzlich die Crew. Ich denke, den Leuten ist manchmal nicht bewusst, wie kompliziert es sein kann, alle zusammen zu bekommen. Alle wollen ein Konzert vorzugsweise am Donnerstag oder am Wochenende und du kannst natürlich nicht drei Shows und fünf Off-Days machen. (lacht)

Dieses Jahr habe ich euch in Hamburg gesehen und ihr habt eure 'Hits' „The Forest Whispers My Name“ und „From The Cradle To Enslave“ weg gelassen und durch nicht so oft gespielte Songs wie „Haunted Shores (Of Avalon)“ und „Funeral In Carpathia“ ersetzt, was ich sehr geil fand.
Habt ihr vor, eure Setlist zukünftig noch mehr zu verändern, bestimmte Klassiker rauszuschmeissen und unter andrem „Bathory Aria“ oder „Lustmord And Wargasm“ mit reinzunehmen?

Ja, der Plan ist, die Songs abzuwechseln. Wir hatten die Möglichkeit bekommen, da die neuen Gitarristen neue Songs lernen mussten. Also dachten wir uns, lass uns ein paar Songs üben, die wir nicht so oft spielen. Wir machen schon Witze darüber, dass wir uns langweilen, „From The Cradle To Enslave“ zu hören, weil wir es so oft spielen.

Du bist nicht nur Musiker sondern auch Familienvater. Wie funktioniert das, wenn ihr acht Wochen durch die Staaten tourt und eure Familien nicht sehen könnt?

Es ist nicht optimal. Ich schätze es ist ungefähr so, wie die Leute damit umgehen, die auf einer Bohrinsel arbeiten. Wir sind auch daran gewöhnt und ich bin wahrscheinlich länger zu Hause, als die meisten anderen Leute. Es ist gar nicht mal so sehr das Touren, sondern eher die Studiozeit. Aber es gibt ein tolles Studio, das in der Nähe ist, deshalb ist es nicht mehr so ein großes Problem.

Kannst du dir ein Leben ohne CRADLE OF FILTH vorstellen? Hast du möglicherweise schon Pläne?

Ich habe ehrlich gesagt bisher nicht besonders viel darüber nachgedacht. Viele hätten es wahrscheinlich gerne, dass wir aufhören (lacht).
Irgendwann wird es natürlich lächerlich, auf der Bühne zu sein, wenn du dann 65 bist. Das würde sich nicht gut anfühlen, vermute ich.

Aber du würdest dann noch gruseliger aussehen.

Ja, das nehme ich an. Noch gruseliger und noch zitternder (lacht).

Vielen Dank für das Interview.

 



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