Interview:

2004-11-22 Timo Rautiainen & Trio Niskalaukaus

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Interviews mit TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS sind anders, als man erwarten könnte. Denn Frontmann und Vordenker Timo Rautiainen gibt allerhöchstens Email-Interviews, weil er seiner Meinung nach zu wenig Englisch spricht und sich sein Deutsch auf die Spielzeit erschöpft. Aber die Saiten-Fraktion Jari Huttunen, Nils Ursin und Jarkko Petosalmi sind dafür um so gesprächiger, und Schlagzeuger Seppo Pohjolainen nickt ab und zu...Interview"Hartes Land" ist euer zweites deutsches Album. In Finnland seid ihr inzwischen mehr als nur bekannt, aber ich fürchte, ihr solltet für eure deutschen Fans besser alles von A-Z erklären. Fangen wir mit dem Namen an: Timo Rautiainen ist eure Sänger, so weit ist das klar, aber ihr seid mehr als nur drei, also warum TRIO NISKALAUKAUS?


Allgemeines Gelächter: Hahahahahahahaha!

Jarkko: Das werden wir wirklich jedes Mal gefragt.

Nils: Also zunächst einmal hört sich TRIO NISKALAUKAUS viel besser an als zum Beispiel "Quartett Trio Niskalaukaus" - äh - "Quartet Niskalaukaus" oder sowas. Aber es gibt da keinen wirklichen Grund.

Jari: Es hört sich eben einfach besser an.


Also habt ihr nicht als Trio angefangen?


Alle: Nein, das waren wir nie.

Jarkko: Wir hatten sogar mal, warte - (er fragt Seppo in der Ecke) - wir hatten sogar mal sechs Mitglieder zur gleichen Zeit. Also, es ist wirklich nur unser Name.


Wie lange gibt es TRIO NISKALAUKAUS jetzt?


Nils: Insgesamt 7 Jahre. Seppo und ich sind die letzten Original-Mitglieder. Aber das kann man uns auch ansehen.


Jari, gestern Abend hast du mir erzählt, die Texte seien sehr wichtig. Eure Texte sind in Deutsch oder Finnisch - spricht denn jemand von euch deutsch?


Alle: (Kopfschütteln in der Runde) Nein, gar keiner von uns.

Jari: Timo hat fünf Jahre lang deutsch studiert. Aber für eine echte Unterhaltung reichen seine Kenntnisse wohl nicht.

Nils: Er kann Bier in einem Restaurant bestellen, aber...

Jari: Seine Aussprache beruht einzig auf Imitation.


Das ist immerhin besser als mein Finnisch.


Jari: Ja, es steckt eine Menge harter Arbeit in diesem Album.



"In frostigen Tälern" hatte euch damals Teemu Kautonen von Eternal Tears Of Sorrow/Wizzard ins Deutsche übersetzt. Was macht der heute?


Nils: Wir haben jetzt seit ungefähr eineinhalb Jahren nichts von ihm gehört. Keine Ahnung, was er macht.

Jarkko: Hoffentlich lebt er noch. Sollte er das hier lesen: Schöne Grüße!



Wer hat euch dieses Mal die Texte ins Deutsche übersetzt?


Nils: Die Übersetzungen sind allesamt von dem Germanistik-Professor Pekka Kujamäki. Im Studio hatte Timo eine Aussprache-Trainerin, die Deutschlehrerin Nina Nieminen.


Wie kam es, dass ihr ein zweites deutsches Album herausgebracht habt?


Nils: Martin Purr von Cyclone Empire wollte unbedingt, dass wir noch eins aufnehmen.
Jari: Und wir dachten uns: "Warum nicht?"

Jarkko: Wir haben damals "In frostigen Tälern" rausgebracht und gedacht, damit wäre es erledigt. Aber nun hat Martin uns gebeten, und wir haben zugestimmt.

Nils: Eben. Warum nicht.

Jari: Und wir hatten gerade nichts besseres zu tun.



Zurück zu den Texten: Einige davon werden von Menschen außerhalb der Band geschrieben. Was für Leute sind das, die Texte für euch schreiben?


Nils: Wir haben viele Autoren. Zum Beispiel Jarkko Martikainen...

Jari: ... der ist außerdem unser Produzent...

Nils: Reidar Palmgren ist ein finnischer Schauspieler. Der ist zum Beispiel ein guter Freund von uns.


Warum schreiben diese Leute Texte für euch?


(Großes, allgemeines Gelächter, eine Menge finnischer Wörter und noch mehr Gelächter bricht über mir herein)

Nils: Weil sie gute Autoren sind.


Die Themen sind schräg und schwer verständlich, auch wenn sie ins deutsche übersetzt sind. Ich glaube, man muss tief in der finnischen Mentalität buddeln, um sie in etwa zu verstehen, könnt ihr dazu was sagen? Einige eurer Songs sind über Einsamkeit, wohnt ihr mitten in der Einöde?


Jarkko: Nein, wir leben in Zentral-Finnland, in der Kleinstadt Jyväskylä mit etwa...

Nils: ... mit etwa 80.000 Einwohnern.

Jarkko: Also, damit hat es nichts zu tun. Aber vielleicht, weil wir sonst so einsam und traurig sind.

Jari (täuscht einen Heulkrampf vor): Buuhuuhuuhuu!

Jarkko: Es geht tatsächlich um die finnische Mentalität, um finnische Männer und ihre Gefühle. Stop! Ok. Es wäre wohl Bullshit, wenn du denkst, wir wären so traurig wegen dem kalten Winter oder etwas ähnlichem. Ich weiß es nicht genau. Irgendwoher wird es kommen.


Es gibt einige andere Bands aus Finnland wie SENTENCED, die ironisch mit der finnischen Mentalität spielen. Eure Songs wirken dagegen sehr geradlinig - oder habe ich die versteckte Ironie nur nicht gefunden?


Jarkko: Doch, einige unserer Texte sind ironisch. Die Leute bekommen das nur oft nicht mit, weil wir so ernst gucken. Einige unserer Stories haben ein ironisches Moment, andere nicht.


Wie verläuft euer Songwriting-Prozess - bekommt ihr erst die Texte von euren Bekannten, oder schreibt ihr erst die Songs und gebt die dann weiter in der Hoffnung auf einen guten Text?


Nils: Wenn Timo die erste Idee von einem Song hat, legt er fest, ob er den Text selbst schreibt oder jemanden anders darum bittet. Er legt das Kernthema der Songs fest.


Was bedeutet "Nyt on Mies"?


Jari: Jetzt, ein Mann.
Alle lachen, bekräftigen: Jetzt ist (er) ein Mann.
Nils: So richtig kann man es nicht übersetzen, es ist ein erstaunter Ausruf. Wenn jemand etwas überragendes getan hat, würden alle Finnen im Umkreis "Nyt on Mies" rufen, ungefähr "Wow, du bist unser Mann."


Es gibt noch etwas an der finnischen Mentalität, das ich unübersetzbar finde: Was ist "Sisu"?


Jari: Es gibt auch Süßigkeiten, die so heißen (alle lachen)

Jarkko: Stärke oder Standhaftigkeit für etwas, das... das...

Nils: Sisu ist, wenn du durch eine Wand hindurch willst, und keine Werkzeuge oder Hilfsmittel hast außer deinem eigenen Willen, und einfach immer weiter machst. Das ist Sisu.


Könnte man sagen, einige eurer Texte handeln von "Sisu"?


Nils: Vielleicht. Einige wenige.

Alle: Gemurmel... Nein, nein...

Nils: Vielleicht "Nyt On Mies". Ja, das passt. Aber es sind weniger Songs, als man meinen könnte.


Das hier ist eure zweite Tour in Deutschland, was erwartet ihr davon? Ich kann mich noch gut an eure Tour mit HIM erinnern, die kleinen Mädchen konnten mit euch noch weniger anfangen als mit The Mission - und die hatten schon das schlechteste Publikum ihrer Karriere.


Nils: Wir haben zum Glück keine großartigen Erwartungen an diese Tour. Wir erwarten einfach eine Menge Spaß.

Jarkko: Diese Tour ist für uns wie ein Urlaub. Urlaub und ein bisschen Arbeit in Deutschland und an unserem deutsch.


Das hört sich an, als sei es kein Urlaub, in Finnland zu touren?


Alle: Nein!!!

Nils: Eine Tour in Finnland ist wirklich harte Arbeit.

Jari: Das hier ist unsere dritte Tour in diesem Jahr. Wenn du uns in die Gesichter guckst...

Nils: ...kannst du sehen, was das bedeutet. In den Furchen kann man jeden einzelnen Kilometer sehen.


Also habt ihr in Finnland an jeder Milchkanne gespielt?


Jari: So gut wie...

Jarkko: Finnland ist ein kleines Land, und es gibt ein paar wenige, tolle Läden mit toller Bühne und Technik, und dann gibt es viele andere. Auf finnisch würde ich dazu Nakiputka sagen.

Nils: Wurstladen.

Jarkko: Also nur eine kleine Bar. Nun ja. Und wir haben viel getourt.


Das hört sich ja nach abertausenden von Kilometern an. Und viel Einsamkeit.


Gelächter.

Nils: Meilen über Meilen und eine Menge leere Flaschen.


Für einen Augenblick hat eben Tuomas Holopainen von NIGHTWISH um die Ecke gelinst. Welche Rolle spielen er oder Eicca Toppinen von APOCALYPTICA, die auf eurem Album mitgespielt haben?


Nils: Das sind Freunde, die uns netter Weise unterstützen. Aber musikalischen Einfluss auf uns haben sie nicht. Wir haben sie gefragt, ob sie zum Album etwas beisteuern wollen, und sie haben sofort zugesagt.


Dazu kommen die Bekannten von euch, die in Deutschland berühmt sind und hier für lau Promotion für euch machen, wie etwa Ville Valo, der gern auch mal ein T-Shirt von euch trägt.


Nils: Wie nett von ihm.

Jarkko: Bla, bla.


Vor ein paar Jahren hat Ville die Werbetrommel für die damals fast vergessenen IMPALED NAZARENE gerührt. Am Ende durfte er noch nicht einmal Background-Gesang zum Album beisteuern. Würdet ihr euch auch so rüde bedanken?


Jarkko: Ach quatsch, nein.


Und wenn er unbedingt eine Bassspur zum nächsten Album beisteuern will?


(Gelächter)

Nils: Wenn er uns so kommt... Vielleicht schmeißen mich die anderen nach dieser Tour raus.

Jarkko: Und wir hätten jeden Grund, betrunken wie du bist.

Jarkko fährt in erstem Ton fort: Wir müssen Tuomas wirklich danken, auf dieser Tour sind wir nur wegen ihm. Wenn er nicht wäre... Er ist wirklich ein guter Freund von uns, und er hat uns die Möglichkeit gegeben, hier mitzufahren.

Alle (reden auf Finnisch durcheinander, mehrfach fällt der Name Tuomas, und noch mehr wird gelacht. Weitere Liebesschwüre auf Finnisch und Englisch schwirren durch die Luft.)

Jarkko: I love Tuomas so much!

Nils: Wir alle lieben Tuomas. Und Tuomas liebt uns. Ok., das war eben extrem schwul.


Aber ein schöner Schlusssatz.


Nils: Das ist wahr. Wir lieben Tuomas wirklich. Und die anderen Jungs und das Mädel in der Band. Äh, die Frau.




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