
Seit 2/3 Jahren sind wir wieder eine feste Gruppe zu fünft: Schlagzeuger Thomas Leisner, Gitarrist Hendrik Maaß, Geiger András Tiborcz (als Altmitglieder), Sängerin und Bassistin Isabel Nagy und Keyboarder Andreas Hirche. Unser Techniker Hartmut Seifert und Booker Michael Felsch gehören ebenfalls fest zum Team. Mittlerweile sind auch 7 Kinder durchzufüttern, aber die privaten Details lassen wir hier mal aus dem Spiel.
Auf jeden Fall neu: Die CD: "Halb und Ganz" heißt Sie. Was bedeutet euch diese Scheibe? Inhaltlich, soviel wie zwischen Moderne und Tradition? Und musikalisch: Weg vom absoluten Hungarian Speedfolk hin zur Mischung aus Up-Tempo und Slow Folk?
Wir sind froh, diese Scheibe fertig gestellt zu haben. Die Band musste sich durch die Umbesetzung vor drei Jahren wieder neu finden. Musikalisch gesehen sind die Möglichkeiten und Wünsche seitdem noch weiter gefächert. Wir haben besonders nach der Fertigstellung der letzten CD "Igen" an vielen Dingen im Proberaum herumexperimentiert. Wir wollten uns nicht selber kopieren und unsere alten Lieder nur mit neuem Personal spielen, und auf der anderen Seite mussten wir auch aufpassen, aus den Transsylvanians nicht eine vollkommen andere Band zu machen. Wir konnten uns dann aber auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Die Zeit der Soloexperimente ist erst einmal auf später verschoben. Das Ergebnis liegt in dem Album "Fél és Egész" vor, welches als erstes Album der Transsylvanians auch über das auf der Bühne aufgeführte Programm hinausreicht.
Warum eine Doppel-CD? Und überhaupt: Wo habt ihr wann und wie lange aufgenommen und wie zufrieden seid ihr? Ihr habt ja viele "altertümliche" Dinge verwendet. Was und wobei? Gibt´s aus dem kosmischen Studio denn außerdem abgefahrene, lustige, irgendwie interessante erwähnenswerte Vorfälle und Ereignisse zu berichten?
Gerade wegen der Aufteilung auf 2 CDs konnten wir einfach ohne große Überlegungen, passt dies und das zusammen, Material sammeln, proben und aufnehmen. Es gab ein paar Arrangements klassischer Stücke und Gedichtsvertonungen von András, die über die gewöhnlichen Songstrukturen hinausgingen, und so einen Platz gefunden haben. Unser Techniker hat ein kleines Studio in Kreuzberg, wo wir bisher unsere gesamten Low-Budget-Produktionen aufgenommen haben. Wenn wir Material zusammen haben, treffen wir uns dort und nehmen etwas auf. Wir funktionieren sozusagen wie ein kleiner Familienbetrieb und machen alles selbst. Über den Sound wird immer viel gestritten und geschrieben. Zufrieden ist nie jemand, und es muss immer wieder ein wenig Gras über das ganze wachsen, bis sich alles ein wenig relativiert und wir nach Verbesserungen suchen. Das mit "Hollywood-Produktionen" zu vergleichen, führt nicht in die richtige Richtung, denn dann dürften wir als "verkaufte Band" auch diese Musik nicht mehr machen. Trotzdem zerbrechen wir uns immer wieder die Köpfe, welche realistischen Alternativen sich für die Zukunft bieten. Doch bisher drehten wir dann doch wieder in Kreuzberg an irgendwelchen Knöpfen rauschender Analoggeräte.
Wie ist der Unterschied zwischen "Fél Es Egèsz" und "Igen!" zu beschrieben, die Entwicklung?. Isabel hat mal gesagt, Geschwindigkeit bedeutet auch Kraft. Ihr seid aber langsamer geworden. Geht euch etwa die Puste aus?
Das "Igen"-Album war schon sehr speziell. Das eigentlich geplante Album war bis zur Hälfte fertig, als unsere damalige Bassistin und Sängerin die Band verließ. Eigentlich waren nur noch András, Thomas und ich übrig, denn zu der Zeit hatten wir nur gastierende Musiker an Saxophon, Akkordeon oder am Keyboard. Mit Isabel ergab sich eine ganz neue Perspektive, sonst hätten wir uns vielleicht aufgelöst.
Trotzdem war es auch eine kreative Zeit, in der sehr schnell die zweite Hälfte des Albums entstanden ist. Eine Aufteilung wie auf Vinyl, nach A- und B-Seite, wäre einfacher gefallen, als es auf eine CD zu verteilen. In dieser Hinsicht ist das "Fél Es Egèsz"-Album ein gelungenes Portrait der jetzigen Besetzung.
Jetzt zum zweiten Teil der Frage: Die Puste geht uns nicht aus, denn gerade in den Konzerten liegt immer eine Menge Energie. Das diese Energie sich nicht eins zu eins auf einen Tonträger bannen lässt, liegt in der Natur des Mediums. Und nicht jeder, der am Abend auf dem Konzert getanzt hat, möchte beim Frühstück das exstatische Gefiedel aus der Konserve hören. So gibt es das erste Mal von unserer Seite das Angebot mit ruhigen und langsameren Stücken.
Was bedeutet euch Ska, was bedeutet euch Rock, was Folk? Drei eurer musikalischen Eckpfeiler?.
Jeder von uns hat andere musikalischen Vorlieben, daher kümmern wir uns nicht wirklich um diese Einteilungen. Ein Song funktioniert oder nicht. Die Erfahrungen, die wir mit dem Arrangieren gemacht haben, sind schon groß. Manchmal möchte der eine oder andere etwas Interessantes in einen Song hineinbringen, einen Riff, eine Rhythmik oder eine Harmonisierung, und dann schauen wir, ob sich das gut für jeden anfühlt. Das Gefühl ist daher wichtiger als irgendein Klischee.
Bartok und Rimski-Korsakow haben euch beeinflusst. Warum? Warum sollte auch der geneigte Metaller diese Komponisten kennen?
Bartók ist Ungar, ein moderner klassischer Komponist. Er war ein Klaviervirtuose und hat sich sehr mit der Volksmusik beschäftigt (nicht nur mit der ungarischen). Diese Melodien wurden immer wieder in seinen Werken eingebaut und mit einer modernen Harmonisierung versehen. Das ist natürlich ein interessantes Thema, zumal wir die Freiheit haben diese Werke nach unserer Art zu spielen. Auch andere klassische Komponisten sind von der ungarischen Musik inspiriert worden. Immer wenn András so etwas entdeckt, versucht er ein Arrangement für die Band zu finden. Wenn wir es durch unsere Fassung schaffen, andere auf das Original neugierig zu machen, dann ist das gut.
Was ist so toll an dem Film "Gloomy Sunday"? Nach der Black-Metal-Band Negator seid ihr eine weitere Kapelle, die das Thema für einen Song nutzen.
Ob jemand einen Film oder Musik mag, entscheidet der persönliche Geschmack. Die Geschichte zu dem Lied ist authentisch, daher gibt es etwas dazu zu erzählen, nämlich, dass dieses Liebeslied manche unglückliche Herzen zum Selbstmord trieb. Das machte es berühmt berüchtigt . Auch dass das Original, in den 30ger Jahren in Budapest komponiert, von dem ungarischen Pianisten Seress Rezsö stammt, ist nicht sonderlich bekannt. Daher haben wir das aufgegriffen.
Und wie geht´s weiter?
Nach der ganzen Arbeit gönnen wir uns immer eine kleine Ruhepause, um die Dinge sich setzen zu lassen. Nach und nach probieren wir auch auf den Konzerten den einen oder anderen Song aus. Diese Erfahrungen sind genauso wichtig, wie neue Ideen, die wir haben. Schauen wir mal, was die Zukunft bringt.
Was bedeutet euch Berlin, was Budapest, Deutschland/ Ungarn, Heimat?
Ich kann da nur für mich antworten. Ich bin viel auf Tour und kann mir ständig andere Gegenden und Länder angucken. Ich komme gerne nach Berlin zurück und habe ein sehr gutes Gefühl hier zu wohnen. Eine wirkliche Alternative fällt mir auch nicht ein. Das Entscheidende ist, mit dem, was man tut, zufrieden zu sein.
In einem älteren Interview sagte Andras mal scherzhaft, ihr wolltet reich und berühmt werden. Hat´s schon geklappt?
So locker gesprochen, hat es nicht geklappt. Aber dass es schon zehn Jahre funktioniert, Gitarre spielend mit den Transsylvanians mein Geld zu verdienen, ist für mich Privileg genug.
Ich hoffe, dass es noch viele Jahre so weiter geht. Dann schöne Grüße und hoffentlich sehen wir uns auf dem nächsten Konzert.