Interview:

2007-12-02 The Peacocks

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Die PEACOCKS aus Winterthur gehören weltweit zu den großen Namen der Psychobilly-Szene. Aber ausgerechnet in ihrer Heimat, der Schweiz, sind sie nur mäßig erfolgreich, und das, obwohl das Trio seit über 17 Jahren unermüdlich tourt und regelmäßig mit Veröffentlichungen am Start ist. Vor dem Konzert in Bern erzählte mir Sänger und Gitarrist Hasu, warum das so ist, wie die Schweizer Rock ´n Roll-Szene aussieht und warum er auf der Bühne immer so gut angezogen ist. InterviewIm August ist euer neues Album erschienen. Das letzte reguläre kam 2004 raus. Was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?


Wir sind viel getourt, u. a. drei Monate lang direkt nach dem Albumrelease. Ansonsten haben wir auch zwischendurch immer wieder mal Songs geschrieben, aufgenommen und ausprobiert. Ungefähr zwei Jahre nach dem letzten Album haben wir das neue aufgenommen, dann aber erst mal kein Label gefunden. Bis es erschienen ist, hat es eben noch ein Jahr gedauert.


Wie kamt ihr zu People Like You, eurem jetzigen Label?


Die haben irgendwie mitgekriegt, dass wir neue Songs aufgenommen haben und angefragt, ob wir schon ein Label hätten. Und wir sagten: Ok, macht ihr´s.


Ihr seid außerhalb der Schweiz erfolgreicher als in eurer Heimat. Wie erklärt ihr euch das?


Zum Teil hat das damit zu tun, dass Schweizer Bands in der Schweiz ein bisschen weniger ernst genommen werden als beispielsweise Ami-Bands oder englische Bands. Es gibt ja auch nur wenige Schweizer Bands, die man wirklich kennt. Deswegen haben die Leute das Gefühl, dass es hier eh nichts Gutes gibt. Die andere Seite ist, dass wir die Schweiz oft vernachlässigen. Normalerweise touren wir überall, nur nicht in der Schweiz, weil wir denken, dass wir ja dann hier eh immer noch spielen können. In der Schweiz spielt man am besten eh nur Wochenend-Gigs. Denn der Schweizer denkt sich, für ne Schweizer Band muss ich unter der Woche nicht irgendwo hingehen, denn die kommen eh mal wieder am Wochenende. Also spielen wir hier halt ab und zu Wochenend-Gigs und denken: Wir machen ja dann eh noch ne richtige Tour. Aber jetzt machen wir erst mal die Tour und die Tour und die Tour...Und eh du dich versiehst, sind zwei Jahre um. Das haben wir erst grade wieder gecheckt, deshalb versuchen wir nächstes Jahr, auch wieder ein bisschen Schweizer Publikum zu erobern.


Wie sieht aus eurer Sicht die Punkrock- und Rock ´n Roll-Szene in der Schweiz aus?


Das kann man gar nicht so genau sagen, denn sie ist viel kleiner als in Deutschland. Zu unseren Konzerten kommt eher ein gemischtes Publikum. In Deutschland hast du da nur zwei, drei Szenen vertreten, während du in der Schweiz mehrere hast. Die einzelnen Szenen sind viel zu klein, um einen Club zu füllen.


Hat sich die Szene in den letzten Jahren verändert?


Ja, die Psychobilly-Szene war irgendwann ziemlich tot und auch ein bisschen scheiße. Das ist inzwischen wieder ein bisschen trendy geworden, junge Leute sind dazugekommen. Und die Stimmung auf Psychobilly-Festivals ist viel angenehmer als das früher war. Früher war das auch mal ein bisschen gewalttätig, dagegen steht heute wieder der Spaß im Vordergrund. Was sich auch geändert hat, ist, dass sich gewisse modische Strömungen gebildet haben. Diese Greaser-Typen z. B., die gab´s vor sieben Jahren noch nicht. Auch nicht dieses Lucky Thirteen- und Eightball-Zeugs. Wenn du das vor fünf Jahren in einem Laden in irgendeiner Großstadt gesehen hast, dachtest du: Wow, da musst du dich eindecken. Und jetzt läuft jeder damit rum, und überall bekommst du´s. Diese Szene ist ziemlich groß geworden.


Was glaubst du, wie es kommt, dass so viele Kids auf diesen alten Stil und die alte Musik stehen?


Es kommt halt immer mal alles wieder, was schon mal da war, vor allem Musik und Styles. Wenn etwas zwei, drei Jahre hip war, dann flaut es ab und dann wird was Neues gesucht und von den Medien gepusht. Dass sich Neues so schnell verbreitet, hat sicherlich auch damit zu tun, dass es heute einfachere Wege gibt, sich Informationen zu beschaffen. Vor zehn Jahren war das noch viel komplizierter, da musstest du dir irgendwelche Fanzines kaufen. Wenn heute etwas neu ist, wird das über Internet, myspace usw. viel schneller verbreitet, und die Leute kriegen auch mit, wie das aussieht. Als ich in den 80ern Psychobilly entdeckt habe, wusste ich gar nicht, wie ein Psychobilly aussieht. Woher auch? Ich habe mir auf meinen paar Platten die Fotos angeguckt und mir gesagt: So, aha!


Wo wir grade bei Psychobilly sind: Ihr selbst bezeichnet eure Musik als eine Mischung aus Rockabilly und Punkrock. Vermeidet ihr den Ausdruck „Psychobilly“ bewusst?


Wir finden einfach, dass wir nicht Psychobilly sind, zumindest nicht im klassischen Sinn. Wir haben unsere Wurzeln im Psychobilly, und wir kommen auch aus dieser Szene. Wenn auf einem Flyer für eins unerer Konzerte „Psychobilly“ draufsteht, oder wenn wir auf einem Psychobilly-Festival spielen, dann ist das nicht ganz verkehrt, aber es ist nicht wirklich das, was wir sind.


Ihr habt auf eurem Album auch einige eher untypische Songs, die deutlich von Garage beeinlusst sind. Wie hat sich das entwickelt?


Zum einen gibt´s bei uns immer leichte stilistische Wechsel von einer zur nächsten Platte. Wir wollen einfach nicht zwei Mal hintereinander dieselbe Platte aufnehmen. „It´s Time For...“ war ziemlich eindimensional. Das wollten wir umgehen und ein bisschen mehr Abwechslung reinbringen. Und dieses Garage-Zeugs haben wir eigentlich auch schon immer gespielt. Gleich auf unserer zweiten Single war ein Billy Childish-Cover drauf. Das war immer etwas, das uns Spaß gemacht hat und das für uns ganz natürlich ist. Wir haben das nur zwischendurch nicht immer wieder aufgegriffen.


Ihr seid auf der Bühne immer gut angezogen. Wie wichtig ist euch Stil?


Stil ist ein bisschen wichtig. Wir glauben an dieses Band-Ding. Eine Band soll auch optisch eine Einheit sein. Ich schau mir lieber Bands an, die wie eine Band aussehen und nicht wie ein paar Zufallsbekannte, die irgendwie auf der Bühne rumstehen. Zum Teil hat das auch praktische Gründe. Wenn du auf Tour bist und jeden Abend auf der Bühne schwitzt, dann ist es sehr praktisch, wenn du Bühnenklamotten hast, die du immer wieder von neuem nass machen kannst, und deine anderen Klamotten, die du zwischendurch trägst. Und wenn du schon Bühnenklamotten anziehst, dann kannst du dir ja auch ein bisschen was überlegen. Und wir dachten uns eben: Ok, lass uns schwarze Kleidung tragen, das ist nie verkehrt. Außerdem ist das Umziehen vor dem Konzert wie ein Ritual. Wenn du im Backstage in Jeans und Kapuzenpulli rumhängst, und dann heißt es, wir müssen in einer Viertelstunde spielen, dann stehst du auf und ziehst dich um, und du weißt, gleich geht´s los. So kommt man in die richtige Konzertstimmung.


Ihr werdet jetzt erst mal viel in Deutschland unterwegs sein und im März auch einige Shows in England spielen. Wie geht´s danach weiter? Wollt ihr auch wieder in die USA?


Wir versuchen jetzt erst mal, ein paar Konzerte inder Schweiz für Anfang nächstes Jahr zu buchen. Dann wollen wir auch wieder in Länder wie Italien oder Spanien. Aus der USA kommen die ganze Zeit Anfragen von Bookern, aber das ist natürlich auch ein finanzielles Risiko, deswegen holen wir erst noch ein paar Informationen ein. Wenn ein Booker aus den USA in einer E-Mail schreibt „Ich book euch ne Tour“, dann kannst du natürlich sagen: Hey super, machen wir! Besser ist es, andere Bands zu fragen, wie der Typ drauf ist, ob der einen übers Ohr haut. Aber sicherlich werden wir dann irgendwann wieder in den USA spielen, und auf jeden Fall in Kanada. Bis Juni sind wir aber sowieso ziemlich ausgelastet. Und danach ist ja dann Fußball-EM, während der Zeit sollte man vermutlich eh nicht touren.