Interview:

2004-12-14 The Meteors

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P. Paul Fenech, Kopf der Psychobilly-Urgesteine THE METEORS, gibt sich gerne auch mal prollig, z. B. wenn er während des Soundchecks der Vorband am Catering-Büffet steht und sich abwechselnd mit der linken Hand Käsescheiben und mit der rechten Chips in den Mund stopft. Oder wenn er sich dann plötzlich vor der Bar auf den Boden setzt, ein Springmesser hervorzieht, damit gekonnt ein bisschen herumwirbelt und dann beginnt, sich damit die Fingernägel zu säubern. Besonders gerne lästert er auch über andere Psychobilly-Bands und wird dabei gelegentlich schon mal persönlich. Seine britische Herkunft kann er aber doch nicht ganz verhehlen, so versorgt er einen während des Interviews gentlemanlike mit Bier und Zigaretten und nach den schlimmsten Beschimpfungen entschuldigt er sich beinahe dafür. Überhaupt ist Paul ein absolut sympathischer Typ, dem man eigentlich nichts übelnehmen kann, und außerdem der geborene Entertainer, etwa wenn er während der Durststrecke vor dem Konzert, in der es außer Warten für niemanden etwas zu tun gibt, die komplette Crew mit Witzen unterhält. Lest selbst, was Paul und Drummer Wolfgang Hordemann vor dem Gig im Hamburger Molotow zu ihrer fast 25-jährigen Bandgeschichte und der Entwicklung des Psychobilly während dieser Zeit zu sagen hatten.InterviewWie war die Tour bis jetzt?


Paul: Verdammt gut! Noch viel besser als die letzte...


Spielt Ihr gerne in Deutschland?


Paul: Ja, natürlich! (zeigt auf Wolfgang) Das musste ich jetzt sagen, schließlich ist er Deutscher... Aber im Ernst: In Deutschland zu spielen, ist immer schon gut gewesen. Die deutschen Fans sind absolut treu. Sie sind immer da.


Wolfgang: Es gibt absolut keinen Rückgang.


Warum hast Du die METEORS nach dem Split im Jahr 2000 wieder vereinigt?


Paul: Eigentlich war es kein Split. Ich war einfach mental am Ende, ich hatte einen richtigen Zusammenbruch und wollte nicht mehr weitermachen. Aber dann stellte ich fest: Ohne die METEORS kann ich nicht leben.


Wolfgang: Wir haben in dieser Zeit ja auch Platten aufgenommen, wir haben nur aufgehört, live zu spielen.


Paul: Ich kann gar nichts anderes, deshalb musste ich weitermachen. Hey, ich versuche hier, ein verdammtes Interview zu machen!!! (zu zwei Roadies, die den Kicker zu einem Merchandsing-Stand umfunktionieren und dabei ordentlich Krach machen)


Du behauptest ja immer wieder, dass die METEORS die einzige wahre Psychobilly-Band sind. Was unterscheidet Euch von Bands wie DEMENTED ARE GO oder MAD SIN?


Paul: Sie sind Scheiße! Das ist jedenfalls meine Meinung. Für mich sind MAD SIND und DEMENTED ARE GO nichts anderes als Cabaret. Mit ihrem ganzen Make Up...


Wolfgang: Und ihren Karneval-Kostümen...


Paul: Genau. Das ist nur Cabaret für mich. Beide Bands haben bestimmt ein paar ganz gute Songs, aber ich habe sie nie wirklich gehört. Sorry, Kumpel, das ist die Wahrheit. Naja, vielleicht nicht die Wahrheit, aber es ist meine Wahrheit für diese Antwort. Und das ist doch wohl das, was Du hören willst. Verlang bitte nicht von mir, diplomatisch zu sein... Was DEMENTED ARE GO machen, ist eher Punk für mich. MAD SIN habe ich sogar ein paar Mal gesehen. An sich sind sie ein guter Act, aber für mich ist es eben nur Cabaret, es scheint nur um die Kostüme zu gehen. Das ist meine Meinung...


Die METEORS existieren jetzt seit fast 25 Jahren. In dieser Zeit hast Du fast 4.500 Konzerte gespielt. Macht es da immer noch Spaß, zu touren?


Paul: Absolut! Vielleicht nicht tagsüber, aber sobald ich auf der Bühne stehe. Ich habe noch nie ein Konzert gespielt, bei dem ich keinen Spaß gehabt hätte. Ich sage immer: Wenn wir eines Tages auf die Bühne gehen, und ich feststelle, dass das nur noch ein Job für mich ist, werde ich aufhören. Jeder einzelne Tag ist verdammt großartig.


Wie hat sich das Publikum über die Jahre verändert? Kommen auch Kids zu Euren Konzerten?


Wolfgang: Ja, auf jeden Fall. Das Publikum ist von den Leuten und vom Alter her sehr gemischt.


Paul: Heute sehe ich auf unseren Konzerten dieselben Leute, die ich auch schon vor zwanzig Jahren gesehen habe, aber da sind natürlich auch immer wieder neue dabei. Und wir begrüßen das sehr, denn es zeigt, dass es eine Entwicklung gibt und wir keine Revival-Band sind, zu der nur alte Leute kommen.


Zur Zeit sind ja alte Musikrichtungen wie Rock ´n Roll, Rockabilly, Psychobilly, Punkrock und Country wieder sehr angesagt...


Paul: Ja, genau, seit ungefähr 7 Jahren...


...aber all diese Stile haben sich mittlerweile ziemlich vermischt - es ist eine Szene daraus geworden...


Paul: Ja, und das empfinde ich als positiv. Das ist immer schon unser Weg gewesen: Wenn jemand zu unseren Konzerten kommt und eine gute Zeit verbringen will, dann ist das toll und dann ist es uns egal, wie er aussieht. Es geht ja nicht um irgendwelche Moden. Jeder kann kommen und uns hören - wenn Ihr es mögt, seid Ihr immer willkommen.


Wolfgang: Speziell wir sind eine Band, die sich außerhalb jeder Mode bewegt. Das berührt uns gar nicht. Und wir werden bestimmt niemanden vorschreiben, wie er auszusehen hat.


Paul: Jeder soll kommen können und schauen, ob es ihm gefällt. Es kommt nicht auf den Haarschnitt an oder auf die Kleidung... nicht einmal ein DEMENTED ARE GO-Sticker stört mich... Solange jemand da ist, der sich die Band ansehen will und keinen Ärger macht, ist das alles nebensächlich.


Welche Bands haben Euch anfangs am meisten beeinflusst?


Paul: Rockabilly-Bands... Johnny Burnett, Gene Vincent... all so was. Als wir angefangen haben, gab es noch keine Teddy Boys, Skinheads... es gab keine andere Alternative an guter Musik. Ich hörte Rockabilly und Rock ´n Roll.


Hörst Du heute noch dieselben Bands?


Paul: Ja, denselben Kram höre ich heute immer noch. Aber beeinflusst haben mich auch mein persönlicher Lebensstil, das Publikum, die Leute, die ich treffe, das Leben "on the road".


Was denkst Du über die Entwicklung von Psychobilly? Konnten die Bands, die nach Euch kamen, den Geist des ursprünglichen Psychobilly aufnehmen?


Nein, ich glaube nicht. Wir spielen einfach nur Psychobilly. Wir spielen nicht ein bisschen Ska und ein bisschen Rock ´n Roll... Das ist es, was ich mit "pure psychobilly" meine. Die anderen Bands kommen und gehen. Wenn ihr Stil nicht mehr angesagt ist, verschwinden sie, und wenn er irgendwann wieder populär ist, kommen sie zurück - dahin, wo das Geld ist.


Was denkst Du über jüngere Bands, wie z. B. die NEKROMANTIX, deren Sound sich von dem der METEORS ja sehr unterscheidet?


Die NEKROMANTIX mag ich überhaupt nicht. Es gibt ein paar neue Bands, die ich mag... aber dieser Typ (Kim Nekroman, Kopf der NEKROMANTIX - jan) ist einfach ein Arschloch.


Wolfgang: Ich kann für mich nur sagen, dass ich sie weder hasse noch mag. In meiner Welt existieren sie einfach nicht.


Paul: Der Typ ist völlig arrogant. "Ich gehe nach Amerika." sagt er immer. "Fuck you! Ich gehe nach Amerika."


Wolfgang: Um seinen Arsch zu verkaufen...


Paul: Und dann will er zurückkommen und hier das ganz große Geld machen... Ich sage Dir hier nur die Wahrheit. Du stellst mir diese Fragen und ich versuche ehrlich zu antworten. Und das ist eben nun mal meine Meinung... Ich kenne niemand anderen aus seiner Band, aber er... ist ein Arschloch. Meiner Meinung nach...


Was unterscheidet Deine Soloaufnahmen von der Musik der METEORS?


Paul: Wir schreiben viele Songs, und die METEORS-Stücke sind immer "full in your face". Aber manchmal schreibe ich auch Stücke, die eher etwas ruhiger sind. Und für diese brauchte ich ein Ventil. Mit den METEORS hat das nicht funktioniert, also habe ich ein Soloalbum daraus gemacht. Und vor allem bekommt man dadurch doppelt so viel Geld von der Plattenfirma...


Was hat Euch veranlasst, das JUDAS PRIEST-Cover "Breaking The Law" aufzunehmen? Ist das rein ironisch gemeint oder habt Ihr tatsächlich eine Verbindung zu Heavy Metal...?


Paul: (lacht) Nein, da mache ich mir gar nichts draus. Aber als wir überlegt haben, was wir covern könnten, wollten wir keinen zu offensichtlichen Song nehmen, wie einen Rockabilly-Song, was natürlich sehr einfach gewesen wäre. Also suchten wir einen Song, dem wir einen ganz eigenen Sound verpassen konnten. Und "Breaking The Law" ist ein guter Song, und der Text passt sehr gut zu uns. Natürlich ist das auch ein bisschen ironisch, aber das war nicht der Hauptgrund für dieses Cover. Es ist einfach ein guter Song mit einem guten Text.


Fast alle Deine Texte handeln von denselben Themen: psychopathische Massenmörder, Horrorfilme, Tod im Allgemeinen...


Paul: Das ist mein Leben. Ich singe darüber, was ich kenne. Ich kenne Motorräder und Horrorfilme, das ist alles, was ich weiß. Ich weiß nichts über Highschool, Cadillacs und all dieses Zeug. Ich bin kein Amerikaner, ich kann nicht über diesen ganzen Love- und Rock ´n Roll-Kram singen. Ich bin fasziniert vom Bösen, wie jeder um mich herum. Wenn ich Briefmarken sammeln würde, würde ich wohl über Briefmarken singen...



Sogar nach dem Interview ist Paul noch äußerst redefreudig und gibt einige äußerst witzige Anekdoten zum Besten, z. B. wie ihn das Musiker-Fachmagazin "Gitarre und Bass" interviewte, was er schon insofern skurril fand, weil dort sonst nur über die erste Liga der Gitarrengötter berichtet wird, worauf er aber doch auch etwas stolz ist: "Ich lese dieses Magazin nicht, aber es ist schon toll, drin zu sein. Auf dem Cover war Carlos Santana! Ich meine, die Musik von SANTANA, naja... aber Carlos Santana ist natürlich ein sehr guter Gitarrist. Also Carlos Santana auf dem Cover und im Heft ich...". Probleme bekam er nur, als er auf irgendwelche Techniken angesprochen wurde, von denen er noch nie gehört hatte: "Alles, was ich tun konnte, war zu bluffen. Also bluffte ich! Hahaha...".