Interview:

2007-02-02 Sun Of Sadness

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Allzu viel Glück haben die deutschen Gothic-Metaller SUN OF SADNESS mit ihren bisherigen Veröffentlichungen nicht gehabt, aber mit dem neuen Werk "Ghost" hat das Sextett einen echten Hinhörer für düstere Naturen geschaffen, den man nicht mehr "für umme" im Netz anbieten muss, und der der Band hoffentlich einen Schub nach vorne bescheren wird. Und Annehmlichkeiten wie Roadies sind auch für Keyboarder Sebastian eine feine Sache... InterviewWarum hat Euer Sänger Martin die Band vor kurzem verlassen? Was waren denn die Gründe dafür?



Er wohnt und arbeitet in Düsseldorf, und wir proben in Rheinbach, das ist ein Kaff in der Nähe von Bonn. Er braucht ca. drei Stunden und zurück, wenn er zum Proben fährt, und irgendwann hat er es aus zeitlichen Gründen einfach nicht mehr geschafft zu kommen und ist kaum noch bei den Proben erschienen. Da haben dann beide Parteien gesagt, dass es keinen großen Sinn mehr hat, weil er in den letzten zwei Jahren nur vielleicht fünf oder sechs Mal anwesend war. Außerdem sind große Teile des Gesangs der neuen Platte erst gegen Ende im Studio entstanden, so dass wir uns letzten Endes getrennt haben. Es gab aber keinen Streit und keinen Stress deswegen, sondern es verlief sehr freundschaftlich. Wir verstehen uns immer noch gut.



Habt Ihr denn schon ein paar Kandidaten in Aussicht, die den Posten übernehmen könnten?



Wir sind ja erst seit Kurzem auf der Suche. Live hilft uns im Moment der Horn von JACK SLATER aus, und ich hoffe, wir müssen nicht allzu lange suchen.



Mir ist aufgefallen, dass auf Eurer Homepage keinerlei Biografie oder Ähnliches zu finden ist, sondern nur so ein ominöser Dialog. Was hat es denn damit auf sich?



Haha, ja, diese Bandinfo ist aber schon relativ alt, etwa fünf Jahre oder so. Wir haben diesen Dialog irgendwann mal geschrieben, weil wir ihn damals lustig fanden, und ich finde ihn heute immer noch sehr humorvoll. Eine richtige Bandinfo gibt es aber wirklich nicht, da hast Du Recht. Wir finden so etwas einfach weniger interessant, sondern uns interessiert auch bei anderen Bands eher die Musik und nicht, wann Mitglied A in die Band ein,-und wieder ausgestiegen ist und so etwas. Ich persönlich lese solche Dinge lieber in Interviews.



Auch die Presseinfo, die mir vorliegt, steigt bei der Bandbiografie erst 2001 ein, "weil es ab da erst spannend wird", heißt es dort zumindest. Aber die Band existiert doch bereits seit 1996.



Ja, das stimmt, aber in den ersten eineinhalb Jahren verwendeten wir viel Zeit darauf, uns zu finden und ein paar Leute auszutauschen, bis alles in etwa passte. Dann nahmen wir 1998 unser erstes Demo auf und 1999 unsere erste CD, die uns auch zu dem Plattenvertrag mit M.O.S. Records führte. Das Label brachte es aber irgendwie fertig, die CD erst im Jahr 2001 auf den Markt zu bringen. Im selben Jahr stellten sie dann auch ihre Geschäftstätigkeit ein. Das war auch das Jahr, in dem wir die "Forest" aufnahmen, die wir dann auch als Download ins Internet stellten. Das geschah erstens, weil sich das Label aufgelöst hatte und zweitens, weil uns die anderen möglichen Labels, die sich für uns interessierten, künstlerisch reinreden wollten. Da wir mit ihnen voraussichtlich sowieso nicht viele Platten verkauft hätten, uns hätten künstlerisch bearbeiten lassen müssen und am Ende wahrscheinlich noch draufgezahlt hätten, beschlossen wir, das Album für umsonst ins Netz zu stellen. Da hatten wir mehr von und die Fans auch, das war einfach besser. Dann stieg unser Gitarrist aus, und wir mussten den Mike einarbeiten, was auch etwas dauerte, da er mehr der Indie-Rocker ist. Mittlerweile fährt er aber auch ziemlich auf Metal ab. Wir brauchten damals aber schnell einen Live-Gitarristen und fragten ihn einfach. Er hat sich aber so gut integriert und auch später am Songwriting beteiligt, so dass wir ihn in die Band aufgenommen und auch die neue Platte mit ihm gemacht haben. Die Aufnahmen dazu fanden schon 2005 statt, und wir buchen auch nie ein Studio für drei Wochen am Stück, sondern gehen immer mal für drei oder vier Tage rein. Das liegt daran, dass ich jahrelang in einem Tonstudio gearbeitet habe und den Chef ganz gut kenne. So bekommen wir es zu einem Sonderpreis, können aber nur rein, wenn es gerade nicht besetzt ist. Darum sind die Aufnahmen so gestückelt verlaufen und haben sich ca. ein halbes Jahr hingezogen. Das ist aber auch gut, weil man die Sachen immer im Nachhinein beurteilen und langfristig verbessern kann.



Du hast gesagt, dass Ihr bei der "Forest" nicht draufzahlen wolltet, aber wenn Ihr sie für umsonst weg gegeben habt, dann habt Ihr ja sowieso draufgezahlt, oder nicht? Ihr habt sie produziert, eingespielt, den Aufwand gehabt, aber nichts rein bekommen.



Ja, das stimmt so gesehen schon, aber das Album hatte die Plattenfirma noch bezahlt, haha! Die Studiokosten waren auch nicht hoch, weil ich für meinen damaligen Chef, das ist der Guido Lucas, ein paar Tage umsonst gearbeitet hatte und dafür das Studio bekam. Die Kosten für das Mastering übernahm dann die Plattenfirma, die dann ja Pleite ging. Daher waren die Verluste für uns nicht allzu groß. Und im Zuge von "Ghost" habe ich Guido gefragt, ob er uns nicht ein wenig helfen könne. Er macht einen sehr guten Schlagzeug-Sound, der zwar stark nach "Indie" klingt, den ich aber sehr gerne mag. Ich hatte vorher mit unserem Drummer Gerd monatelang darüber diskutiert, wie sein Schlagzeug klingen soll. Irgendwann einigten wir uns auf einen Sound, den ich Guido dann eine halbe Stunde lang am Telefon erklärte. Als ich den Sound dann hörte, war es genau der, den ich mir vorgestellt hatte. Das fand ich echt super, aber abgesehen vom Grundsound hat er relativ wenig gemacht, weil er von Metal keine Ahnung hat und meinte, dass das nix bringe. Das Mischen übernahmen wir dann selber, aber bei den Aufnahmen hat er uns geholfen.



Ihr sagt selbst, was ich auch meinem Infoblatt entnehme, dass Ihr mit der "Tradition ein wenig brechen und dem düsteren Metal mehr Dreck verleihen" wollt, was sich auf den oftmals zu perfekten, poppigen Sound vieler Genre-Bands bezieht. Ferner wollt Ihr den "Metal sichtbarer machen, ohne das "Dark" zu vernachlässigen". Ich verstehe das so, dass Ihr nicht wie einer der vielen metallischen Ableger von DEPECHE MODE klingen wollt.



Zumindest mit "Ghost" wollen wir nicht so klingen wie TRISTANIA oder NIGHTWISH, aber das kann sich bei uns auch wieder ändern. Es gibt im düsteren Metal-Bereich viele Sachen, die sehr poppig produziert sind und keine Ecken und Kanten haben, sondern glatt gebügelt klingen. Wir finden allerdings, dass Metal auch Dreck bedeutet, was heißen soll, dass der Bass mal knarzen oder das Becken mal scheppern kann. Das ist Energie, und die wollten wir wieder mehr in die Musik einbringen.



Bei dem Song "And Darkness Dwells" höre ich ein wenig DIMMU BORGIR heraus. Ist das so gedacht?



Ich persönlich finde DIMMU BORGIR ziemlich gut; unser Sänger, bzw. jetzt Ex-Sänger, ist da etwas zwiegespalten. Er findet sie zwar klasse, aber ihre Auftritte immer albern, obwohl er auf die Musik steht. Der Rest von uns findet sie wohl ganz ok, aber ich weiß es auch nicht genau, weil das meiste davon unser Gitarrist Mike geschrieben hat, der DIMMU BORGIR nicht sonderlich gut kennt. Von den Keyboards und dem Gesang her kann das schon stimmen, dass wir den Sound unterbewusst mit drin haben. Geplant war es auf jeden Fall nicht.



Und das Stück "Abschiedsbrief" erinnert ein Bisschen an LACRIMOSA, finde ich?



Hui, ich habe mich lange nicht mehr mit LACRIMOSA beschäftigt und weiß gar nicht mehr genau, wie die neuen Sachen klingen. Von denen mag ich eigentlich auch nur die ersten beiden Platten, weil das ganz minimalistische Musik mit draufgelegten Texten ist. Den Song hat unser anderer Gitarrist Mitja geschrieben, der weiß zwar, dass es LACRIMOSA gibt, hat sich aber nicht damit beschäftigt. Von der Stimmung her passt es schon sehr gut zu LACRIMOSA, das stimmt schon. Das war aber ebenfalls nicht geplant, aber ich kenne die Band mittlerweile echt zu wenig, um das gut beurteilen zu können.



Wer ist bei Euch der Hauptsongwriter?



Da gibt´s keinen Einzelnen, ehrlich gesagt. Meist ist es so, dass unsere beiden Gitarristen und ich die Themen schreiben, ganz selten ist auch mal unser Bassist dabei. Wir stellen den anderen dann die Themen vor, und jeder ergänzt sie auf seinem Instrument. Es kommt ganz selten vor, dass einer dem anderen vorschreibt, was er auf seinem Instrument spielen soll. Wenn jemand ein anderes Thema hat, das dazu passt, dann wird alles arrangiert und logisch fortgesetzt. Dabei gibt es auch immer viel Streit, haha! Bei den Arrangements jedenfalls ist das so. Wenn einer mal einen Part länger ausdehnt, dann kriegt unser Drummer immer das Kotzen, wenn er länger dasselbe spielen muss... da sind dann Frickelei und starke Nerven gefragt.



Ist ONGE Records eigentlich Euer eigenes Label?



Ja, das kann man so sagen. Wir hatten dieses Mal wieder nicht so viel Glück mit den Verträgen, die uns angeboten wurden. Es war auch frustrierend, dass von größeren Labels Absagen der Marke: "Ich finde die Platte ja klasse, aber dafür gibt es im Moment keinen Markt." kamen, so dass wir uns nur noch um einen Vertrieb gekümmert und den Rest selbst in die Hand genommen haben. Als ein echtes Label, das jetzt auch andere Bands nimmt, sehe ich ONGE Records aber nicht. Wir wissen auch noch nicht, wie gut sich das Album bisher verkauft hat. Da die Band aber ein Hobby ist, ist es auch kein Problem, etwas Geld dort hineinzustecken.



Habt Ihr denn für 2007 ein paar Festivals oder Ähnliches geplant?



Es ist noch nix in trockenen Tüchern, aber es gibt ein paar Stellen, die uns ganz interessant finden. Direkte Zusagen haben wir bislang noch keine. Das sind auch nur kleinere Sachen, etwas richtig Großes ist noch nicht dabei. Mehr kann ich im Moment noch nicht sagen. Wenn es nach mir ginge, wäre das "Summer Breeze" richtig klasse, das ist das geilste Festival für solche Musik wie unsere. Wir haben 2002 auf dem "Wave Gotik Treffen" gespielt; den Auftritt hatte unsere damalige Booking-Agentur noch organisiert. Das war schon sehr geil, ein cooles Festival mit sehr lustigen Leuten. Es war klasse, mal auf einer richtig großen Bühne zu spielen und vor Allem Roadies zu haben. Normal schleppen wir unsere Sachen selbst, aber wir kamen dort an, voll im Arsch, weil Mitja und ich am Vorabend noch Party bis sechs Uhr morgens gemacht hatten und um neun Uhr wieder aufstehen mussten, und auf einmal tauchten da ein paar muskelbepackte Leute auf, die unseren Kram aus dem Auto wegräumten. Zuerst waren wir verwirrt, weil wir dachten, dass sie uns beklauen wollen, aber nee... das war echt genial!




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