Interview:

2008-07-18 Street Dogs

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Mit neuem Album im Gepäck rocken sich die Bostoner STREET DOGS zur Zeit durch die diesjährige Vans Warped Tour. Bevor es losging, hat sich Gitarrist Tobe Bean aber noch Zeit für ein Telefonat mit uns genommen und beantwortete bestens aufgelegt meine Fragen zum neuen Album, den ewigen Vergleichen mit den Kumpels von den DROPKICK MURPHYS und seinem Verhältnis zum Alkohol.InterviewMit eurem neuen Album „State Of Grace“ seid ihr zu Hellcat gewechselt. Wie kam es dazu?


Schon seit die Band gegründet wurde, gab es Verbindungen zwischen Mike (McColgan, Sänger und Bandkopf der STREET DOGS – Anm. d. Red.) und Hellcat, und so kannten wir die Leute, die dort arbeiten, schon eine Weile, und auch die Jungs von RANCID. Es bestand also schon eine Freundschaft, und uns schien es jetzt einfach der richtige Zeitpunkt, dort zu unterschreiben.


Verglichen mit euren vorigen Alben, habt ihr euch dieses Mal offenbar stark von klassischem Rock beeinflussen lassen. Siehst du das genauso?


Also für mich ist da immer noch jede Menge Punkrock drauf. Wir hören natürlich sehr viel verschiedene Musik, die uns auch beeinflusst, THE CLASH, THE NEW YORK DOLLS und all so was. Wir klingen jetzt vielleicht nur etwas mehr nach dem ursprünglichen Punkrock. Wir haben eigentlich nicht so viel anders gemacht als auf den beiden Alben davor, und wir haben auch wieder Folk-Musik einfließen lassen. Hast du das Album schon gehört?


Ja, und ich finde, es ist klingt weniger nach Punkrock als die Alben davor.


Findest du wirklich? Haha... Ich weiß nicht, für mich ist es einfach mehr die Art Punkrock, mit der ich aufgewachsen bin, Punkrock mit einer anderen Einstellung. Wir sind einfach näher an die Wurzeln gegangen, aber die Musik hat immer noch dieselbe Energie.


Was auch auffällt, ist die hervorragende Produktion. Der Sound ist transparenter als bei euren vorherigen Releases, besitzt gleichzeitig aber auch mehr Energie. Die Zusammenarbeit mit Ted Hutt, der ja auch schon „Fading American Dream“ produziert hat, scheint also weiterhin sehr gut zu laufen...


Ted ist inoffiziell das fünfte Bandmitglied. Das großartige an Ted ist, dass er so viel Leidenschaft für alles, was er tut, aufbringt. Er hat den gesamten Prozess des Entstehens des Albums begleitet. Er war auch dabei, als wir die Songs für das Album geschrieben haben und kam zu Proben und Konzerten von uns. Und er hat die Fähigkeit, dir deine Augen zu öffnen, für Dinge, die du selbst gar nicht mehr wahrnimmst, zum Beispiel wenn es darum geht, einen Gitarrenpart nicht mehr die ganze Zeit durchzuspielen, sondern ihn zu variieren.


Die Songtexte auf eurem neuen Album sind weit weniger politisch als auf den Vorgängern, sondern persönlicher und behandeln oft auch Alltags-Geschichten. Wie kommt das?


Da Mike bei uns die Texte schreibt, kann ich eigentlich gar nicht darauf antworten. Aber ich glaube, es kommt daher, dass wir einfach acht Jahre unter Bush hinter uns haben, es jetzt aber einen Wechsel geben wird. Jeder möchte jetzt nach vorne schauen und freut sich schon auf das Ende der Bush-Regierung. Zum ersten Mal hat Mike also Geschichten erzählt. Er musste keine politischen Themen mehr aufgreifen, sondern konnte seine Freiräume als Songwriter auskosten. Und es gibt so viele Geschichten zu erzählen.


Die STREET DOGS hatten ursprünglich nur einen Gitarristen. Warum wurde überhaupt ein zweiter hinzugenommen?


Kennst du die BONES?


Die schwedische Band? Klar!


Sie sind der Grund! Haha... Die STREET DOGS sind mal mit den BONES getourt, und die haben ja zwei Gitarristen. Und jeden Abend sah sich Mike die Show an und dachte sich: Wow, das will ich auch! Und ich war gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort... Hey BONES, vielen Dank! Ihr habt mir einen Job verschafft!


Fast überall, wo über die STREET DOGS geschrieben wird, wird erwähnt, dass Mike mal bei den DROPKICK MURPHYS gesungen hat. Geht euch das nicht langsam auf die Nerven?


Nein, das passiert halt. Es ist immer eine große Sache, wenn ein bedeutender Sänger ausgetauscht wird. Nur wenige Bands schaffen es, darüber hinweg zu kommen. Viele versuchen es, und viele scheitern daran. AC/DC zum Beispiel haben es geschafft, und die DROPKICK MURPHYS haben es geschafft. Was Mike wirklich aufregt, ist, wenn jemand daherkommt und sagt: Mike war viel besser! Das ist echt irritierend. Es sind zwei verschiedene Sänger, die zwei verschiedene Stile haben. Und es nervt wirklich, wenn Leute einen Konkurrenzkampf beschwören wollen, der gar keiner ist, zumal die DROPKICKS ja riesigen Erfolg haben. Mike ist auch immer noch sehr eng mit den Jungs befreundet. Ich habe mit dieser Verbindung kein Problem. Ich spiele mit Mike in einer Band, und vorher war er halt mal bei den DROPKICKS, also was soll’s.


Man stellt sich die Bostoner Musik-Szene wie eine große Gemeinschaft vor. Ist das auch so?


Also ich komme ja eigentlich aus Texas, und ebenso Marcus, unserer anderer Gitarrist. Aber ich bin natürlich oft in Boston, und es gibt dort wirklich eine große Gemeinschaft von Musikern. Wenn ich da bin, finde ich das immer sehr erfrischend, denn an vielen anderen Orten in den USA versucht man eher, sich gegenseitig fertig zu machen anstatt einander zu unterstützen. In Boston spielt man Shows zusammen, man hilft sich mit dem Equipment aus, man leiht sich Proberäume. Das würde dir anderswo nicht passieren. Es erinnert mich daran, was Punkrock eigentlich mal war. Ich wünschte, man könnte das über die ganze USA verbreiten.


Ihr spielt ja auch auf der diesjährigen Vans Warped-Tour, was natürlich großartig für euch ist. Aber ist das nicht auch harte Arbeit, zwei Monate lang jeden Abend vor so viel Publikum zu spielen?


Klar, das ist auch harte Arbeit, aber das ist ein Job, von dem man nie müde wird. Wir haben wirklich Glück, dass wir diese Tour spielen können, denn so können wir unsere Fanbase erweitern. Wir haben keine Angst vor harter Arbeit. Für uns ist das eine großartige Gelegenheit, jeden Tag vor so viel Leuten spielen zu können.


Wann werdet Ihr in Europa auf Tour sein?


Wir werden im November und Dezember kommen. Ich glaube, es ist noch nicht spruchreif, aber das ist bis jetzt der Plan. Ich liebe es, in Europa zu touren! Da toure ich wirklich am allerliebsten.


Ist das denn so anders, als in den USA zu touren?


Ja, das ist extrem anders. Das Publikum in Europa schätzt einen viel mehr, und die Leute sind viel dankbarer. Besonders mag ich Holland und Belgien.


Warum gerade diese beiden Länder?


Ich mag die Leute da besonders! Und speziell in Amsterdam zu spielen, ist immer wieder großartig.


Auf dem letzten Album hattet ihr einen Song, der „Tobe’s got a drinking problem“ heißt. Ist der über dich?


Ja, irgendwie schon. Es geht um eine wahre Geschichte. Ich habe jetzt noch die Gitarre, die in dem Song vorkommt. Nachdem ich sie völlig besoffen zerschmettert hatte, musste ich sie zusammenflicken, um die Tour weiterspielen zu können. An dem Tag, nachdem das passiert ist, habe ich aufgehört zu trinken. Ich hörte für zwei Jahre komplett auf, das war kalter Entzug. Das war echt schwierig, denn einige Kids haben den Song gehört und haben mir bei den Shows harten Alkohol und Shots gebracht, aber ich musste sie enttäuschen. Und ich hasse es, Kids zu enttäuschen. Aber ich musste ihnen sagen: Hey, ich trinke nicht mehr! Inzwischen trinke ich zwar wieder, aber ich habe es unter Kontrolle, und es ist weit von dem entfernt, wie es mal war. Ja, ich hatte ein Alkoholproblem, und ich war fast an dem Punkt, an dem ich einen Entzug hätte machen müssen. Aber ich habe es selbst geschafft, mit der Unterstützung meiner Freunde. And well… I’m still here!