Interview:

2012-01-24 Rage

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Kurz vor Release von RAGEs 21. Album „21“ habe ich mich mit dem Gitarristen Victor Smolski über die Platte, die Band, die Tour und ihn als Musiker unterhalten und so manches Spannendes über das Trio erfahren. Das Ganze fand am 24.01.2012 per Telefon statt.InterviewDanke erst Mal das du die dir Zeit genommen hast, ich hoffe du kannst mich gut verstehen.

Jo jo, kein Problem!



Ich habe ja schon einmal eure neue CD gehört. Was findest du mach „21“ aus? Was ist das Besondere an der 21. Platte für euch?


Ganz besonders, es ist der Anfang einer neueren Ära. Wir haben uns vom Orchester getrennt. Wir haben wirklich gesagt, in Zukunft machen wir zwei Projekte, zwei Bands im Prinzip: RAGE bleibt Heavy als Trio und alles was wir mit Orchester machen wird separat, als separate Band. Da machen wir die ganze Orchestrierung – aber RAGE bleibt Heavy! Das ist für die Fans auch einfacher. Wir haben sehr viele alte und auch neue Fans die auf heavy Songs stehen – aber auch viele die wirklich diese Orchestrierung hören! Und auf Einzelne bezogen ist es teilweise sehr sehr schwierig da die richtige Balance zu finden. Wir haben’s mit „Speak Of The Dead“ schon probiert, dann hat das bei anderen Songs nie so gut funktioniert, dann bei „Strings To A Web“, „Empty Hollow“ das Orchester in die Mitte gepackt, das war auch nicht einfach… es war immer so ein Kompromiss. Und um ehrlich zu sein: Ich hasse Kompromisse! Und im Studio ist das auch sehr schwierig. Harter Sound, schön nach vorne pushen und komprimieren… beim Orchester geht das nicht. Das Orchester braucht sehr viel Dynamik, da wird alles ein bisschen weicher. Ein ganz anderer Klang. Und da irgendwo in der Mitte was zu treffen ist nicht einfach.



Wo du’s gerade sagst, da wollte ich auch noch drauf hinaus. Ihr habt ja den Song „Serial Killer“ auf dem neuen Album – und der ist ja doch schon, wie das ganze Album!, ziemlich hart. Ist das die Stilrichtung die ihr auch in Zukunft einschlagen wollt?


Wissen wir nicht, wir planen nie so richtig. [lacht] Wir machen jede Platte einfach so wie wir gerade Bock haben und wie wir uns fühlen. Bei RAGE ist es wirklich so: 27 Jahre Geschichte, 21 Platten und jede Platte klingt irgendwie anders. Wir haben nie was wiederholt oder gleich gemacht, wir haben ehrlich das gemacht wonach wir uns fühlten, was wir mögen und wie wir gerade komponieren, wie es gerade klingt… so machen wir das. Diese Platte ist wirklich sehr hart geworden und ich denke schon, dass wir RAGE auch weiter so hart machen aber wie sich das genau entwickelt – keine Ahnung! Wir werden’s sehen – Momentan haben wir riesigen Spaß mit den neuen Songs, wie auch im Studio. Und ich denke wenn wir diese Songs live spielen wird das noch mehr.



Wie würdest du denn euren Musikstil betiteln? Würdest du dem irgendeinen Namen geben oder ist das einfach nur Metal?


Das ist einfach: RAGE sind Metal! [lacht]



Wie seid ihr denn auf die Idee zu dem Titel genommen? Klar, es ist das 21. Album, aber wenn ich das nun richtig gelesen habe dann geht’s ja auch um Spielsucht, so ein Stück weit. Habt ihr da irgendwelche Erfahrungen mit oder spielt wer, vielleicht aus dem Bekanntenkreis?


Also im Prinzip haben wir ganz doof angefangen zu zählen: Welche Platte ist das? Weil Peavy AVENGER [Anm.: Vorheriger Name der Band; Peavy ist Frontmann von RAGE] als erste Platte zählt sind wir auch 21 gekommen. Und dann war ich noch davor, also letzes Jahr auf Solotour, war ich noch in Las Vegas. Da hab ich viele Bekloppte gesehen die da ihr Leben verballern mit Poker und Blackjack… da hab ich gesagt: 21 ist DAS Spiel, Blackjack. Da haben wir ein bischen über das Spiel gesprochen: Man kann dieses Spiel auch sehr gut mit unserem normalen Leben verbinden, wir spielen auch ständig mit unserem Leben, setzten zu hoch und verlieren. Im Prinzip schon eine sehr, sehr coole Thematik wo viele Leute leider zu viel riskieren und auch verlieren. Und man muss sich in bestimmten Situationen auch schon ein bisschen beherrschen und einen kühlen Kopf behalten. Das ist schon nicht einfach.



In anderen Songs war ja doch die persönliche Prägung sehr stark. Sind das Ausnahmefälle oder ist das wirklich etwas wo ihr viel mit ausdrücken oder verarbeiten wollt?


Also diese Platte ist was die Texte betrifft für mich die Persönlichste überhaupt. Es ist schon teilweise krass was er [Anm.: Peavy] da teilweise für Themen gebracht hat, zum Beispiel „Forever Dead“, was er da erlebt hat, die Beziehung zu seinem Vater… das ist schon wahnsinnig! Oder „Serial Killer“, Suizid… oder „Psycho Terror“ wo viele private Erfahrungen drin sind, keine Guten. Oder auch bei André, wo seine Tochter nicht mehr mit ihm zusammen lebt, da ist die Familie ein bisschen auseinander gegangen… solche Geschichten sind mehr oder weniger privat. Man kann schon fast sagen, was Peavy da geschrieben hat ist schon sehr, sehr, sehr intim.



Ihr habt ja nun diesen persönlichen, harten Stil auf der Platte. Was denkt ihr denn als Band (oder du persönlich) über so Songs wie „Gib Dich Nie Auf“ oder „Straight To Hell“? Die doch sehr bekannt sind, allerdings doch krass vom aktuellen RAGE abweichen.


„Straight To Hell“ zum Beispiel ist eine so spezielle Nummer, das hat schon fast einen neuen Stil entwickelt das die Leute schon angefangen haben über „Shuttle Metal“ und ich weiß nicht wie sie das alle nennen zu reden. Auf jeden Fall hat das viel Bewegung und viele Bands gebracht und hat viele neue, sehr interessante Wege geöffnet. Das Experiment hat sich sehr gelohnt, es war einfach mega-interessant. Wir versuchen keinen bestimmten Stil zu spielen, wir versuchen nicht das wie im Restaurant zu machen, die Bestellung annehmen und dann Musik abliefern. Wir machen keinen Job, wir spielen was wir fühlen, wie wir fühlen und machen immer das worauf wir gerade Bock haben. Und ich glaube das ist der ehrlichste Weg überhaupt Musik zu machen. Wenn du anfängst „auf Bestellung“ zu machen was die Leute von dir hören wollen, dann machst du nur noch deinen Job und verarscht dich irgendwann selber. Das ist keine gute Entwicklung.



Wie sieht das denn 2012, also dieses Jahr, aus mit Konzerten bei euch? Du hast ja gerade schon gesagt, ihr hattet letztes Jahr relativ viel zu tun (hab euch übrigens auch gesehen), was kann man für 2012 erwarten? Habt ihr etwas Besonderes vor mit der neuen Tour?


Ja, wir werden auf jeden Fall viele neue Songs spielen weil wir tierisch Bock haben diese Heavy Songs richtig von der Bühne zu brettern. Aber wir werden definitiv auch altes Zeug spielen! Also ich hab tierisch Bock etwas zu spielen was wir noch nie gespielt haben, es muss nicht immer das Gleiche sein, wie „Higher Than The Sky“… was sicherlich auch immer Spaß macht. Aber irgendwas von „Back In Mind“ oder was ganz Altes was wir noch nie gespielt haben, das ist auch für viele Fans da draußen interessant. Also ein paar Überraschungen find ich immer gut.



Na das klingt doch super! Was würdest du denn als euer Highlight bei euren Live-Auftritten in den letzten Jahren bezeichnen?


Highlight? Puh, also ein richtig verrücktes Konzert was wir gemacht haben war bei „70,000 Tons Of Metal“ auf diesem Schiff da, das Festival in Amerika. Also das war wirklich ganz was Neues! Ich meine, so etwas haben wir noch nie gemacht bzw. hat noch nie jemand gemacht weil es das da das erste Mal stattgefunden hat, so ein Metal Festival auf einem Schiff. Das war wirklich eine ganz interessante Erfahrung, gemütlich mit den Fans auf dem Schiff ohne Backstage, sehr, sehr familiär. Hammer, 2 Auftritte, so eine Party, das war einfach krass. Und dazu vielleicht wirklich noch in Südamerika. So in Brasilien, das ist schon wahnsinnig was da abgeht. Vom Publikum her – das ist der perfekte Kompromiss zwischen Musik hören und völlig ausflippen. Aber genau in der richtigen Aufteilung! Dieses Abgehen ist wirklich Wahnsinn, da kriegt man so viel Energie auf der Bühne da möchte man gar nicht von der Bühne weggehen.

Erinnert mich so ein bisschen an die IRON MAIDEN Live-DVD, da hab ich genau den Selben Eindruck gekriegt.


Ja, das ist schon hammergeil. Wir waren in Brasilien, Argentinien, Chile… das macht so viel Spaß, das ist der Hammer.



Ich hab noch so ein, zwei Fragen zu dir als Musiker. Du hast jetzt ja auf dem neuen Album den ENGL Signature Verstärker gespielt, wenn ich das richtig aufm Schirm habe.


Ganz genau!


Ist das was Besonderes für dich? Ich meine, du hast ja schon viel mit Musikern zusammen gearbeitet, auch mit Firmen ganz offensichtlich, ist so ein Signature Verstärker dann was „Normales“ oder ist das ein Meilenstein für dich?


Nein, das war nicht normal für mich! Also diese Entwicklung des AMPs in den letzten zwei Jahren war wirklich etwas ganz Besonderes für mich. Wir haben die Entwicklung wirklich sehr lange gemacht, ich habe auch selber viel getestet, auf der Tour und davor. Ich habe immer Prototypen auf der Tour dabei gehabt und dann habe ich immer geschraubt, getestet, den Sound angepasst und damit haben wir dann dieses Signature Modell gemacht das wirklich all diese Features hat die ich gerne haben möchte. Ich hab früher immer mit AMPs Probleme gehabt, mit einem AMP kann ich nicht Alles machen. Der Eine ist für Live Konzerte perfekt, dann habe ich aber wieder Probleme zu Hause weil ich kann nicht leise spielen, da hab ich ein anderes Gefühl in den Fingern, im Studio brauche ich immer zwei verschiedene AMPs um zwei verschiedene Sounds zu machen und das war immer irgendwie stressig. Und mit meinem Signature hab ich es wirklich geschafft alles in einem AMP zu bauen, zum Beispiel beim Dritten und Vierten Kanal habe ich den gleichen Gain, die gleiche Dynamik, allerdings verschiedene Frequenzen. Also sehr ähnlich zu Spielen. Der AMP hat so viel Gain, da kann man sehr leise spielen und immer das gleiche Gefühl haben – aber auch reichlich Power für die große Bühne! Mit diesem Sound kann ich viel mehr machen, aber eben ziemlich heavy. Ich glaube schon, dass das den RAGE-Sound verändert hat, dieser AMP. Das macht so einen Spaß, das hat viel Gutes getan für die aktuelle CD.



Für unsere Musiker: Du gilst ja in der Musiker-Szene bei denen die dich kennen schon als einer der versiertesten Gitarristen, technisch als auch vom Schreiben her. Du kommst ja auch aus einer Musiker-Familie soweit ich weiß, kannst du irgendwas sagen was dich besonders voran gebracht hat? Hast du ganz besondere Tipps oder Techniken die du betonen möchtest, wie John Petrucci das immer mit seinem langsam spielen macht oder so etwas?


Ja, also eine ganz wichtige Erfahrung bei mir ist, wie beim Sport, das man kontrollieren kann was man macht und nicht verspannt. Ich habe bei mir wirklich eine sehr, sehr entspannte Technik entwickelt wo ich bei verschiedenen Techniken, mit den Fingern, mit dem ganzen Arm… das ich immer von einer Technik zur anderen schalte, das ich immer entspannt bleibe. Bei langen Konzerten, bei schnellen Songs darf man nicht verspannen, das man das Gewicht vom Arm benutzt um einen kräftigen Ton zu kriegen – und das zusammen ist ganz wichtig, das man sehr heavy spielt, aber nicht verspannt! Das ist nicht nur für die rechte Hand wichtig, auch für die Linke. Wie man ein Beding macht, wie man greift, das man bei so einem Auftritt drauf achtet gut zu dämpfen… Und das Aufwärmen ist super wichtig! Das man nie mit kalten Händen auf die Bühne springt, oder mit kalten Muskeln. Man muss sich viel Zeit zum Aufwärmen nehmen das man sich wohl fühlt, sonst kann das böse enden. Und mit dem Sound muss man viel arbeiten, das man wirklich einen komfortablen Sound macht, das man den Sound an die Finger anpasst und umgekehrt. Das man hört was man mit den Fingern macht. Da gibt’s so viele verschiedene digitale Effekte wo es im Prinzip egal ist welche Gitarre man rein steckt, klingt immer gleich, egal was man mit den Fingern macht. Und das man bei dem ganzen Aufwärmen sich nicht einfach nur so aufwärmt, also die Finger warm macht. Was viele Gitarristen machen ist nicht darauf zu achten was das Schlagzeug macht. Das Arrangement ist sehr wichtig, das die Gitarre mit dem Schlagzeug zusammen spielt, das man auch mit dem Bass gleich spielt und da muss man sich schon Konzentrieren das man auf dem Schlagzeug drauf spielt. Viele Gitarristen, gerade im Heavy-Bereich sagen: „Für was brauch ich Akkorde? Für was brauch ich Harmonie? Ich brauche nur Quinte-Quarte!“ – das ist Quatsch! Man braucht schon viel Theorie, man muss schon Ahnung haben was man für Akkorde spielt, das man interessantere Licks macht, das man auch bei Solos weiß über welchen Akkord man spielt… da muss man schon ein bisschen offener sein und mehr lernen. Was man dann mit dieser Theorie macht später, das ist eine andere Sache.



Dann hab ich noch 2 kurze Fragen: Du wohnst ja in Beckum wenn ich das richtig gelesen habe…


Jap!

Das ist schlappe 30km von hier weg. Deswegen muss die Frage sein: Wie siehst du die Musiker-Szene hier in der Ecke oder von mir aus auch im Ruhrgebiet? Denkst du das ist etwas Besonderes? Es sind doch viele Bands, inklusive euch, aus dem Pott.


Ich finde das Ruhrgebiet ist das ein wenig das Zentrum der Musiker-Szene oder der Metal-Szene in Deutschland. Da ist schon wirklich total viel hier. Da ist schon richtig was los. Für mich ein „Metal-Zentrum“ hier.



Pflegt ihr auch privat Kontakte zu den Bans die zum Beispiel auch in den Twilight Studios aufnehmen? Also die [BLIND] GUARDIANs beispielsweise. Oder ist das nur beruflicher Kontakt?


Sehr viele Musiker sind schon Kumpel. Und da bin ich auch teilweise bei den Guardians im Studio, irgendwelche Jobs machen, mit VAN CANTO zum Beispiel habe ich gespielt, das hab ich auch bei BLIND GUARDIAN im Studio gemacht, da ist teilweise wirklich viel Kontakt zu anderen Musikern. Ich versuche teilweise auch Bands zu produzieren und da treffen wir schon oft wen. Die ganze Metal-Szene ist schon eine Kumpel-Szene. Man trifft auch bei Festivals sehr oft wen, auf Tournee…



Das ist nun aber auch die letzte Frage: Was war denn 2011 für euch, oder vielmehr für dich, denn so das musikalische Highlight? Was euch von anderen Bands am meisten beeindruckt oder beeinflusst hat.


Also überrascht hat mich die letzte OPETH. Was war irgendwie…

War seltsam.


Ja, was Anderes. Aber ansonsten, das war so viel, ich kriege immer so viel Musik zu hören… ich versuche immer das mich nichts beeinflusst. Daher höre ich sehr viel und sehr quer, im Prinzip Alles. Aber ich fand zum Beispiel das was ACCEPT gemacht hat auf der letzten Platte sehr cool. Es gab aber wirklich sehr viele gute CDs, schon sehr interessant was alles released wurde letztes Jahr. Ich finde die Qualität ist ein bisschen besser geworden. Auch sehr interessant war DREAM THEATER ohne Mike Portnoy zu hören, das hat mich auch überrascht das das so gut geklappt hat. Aber mich interessier alles was darum passiert, ich höre teilweise total heftige Death Bands und so Zeug wie MESUGGAH interessiert mich auch total und was die Jungs da machen. Ja, ich höre wirklich sehr, sehr viel verschiedene Musik.



Hast du noch irgendwelche abschließenden Worte an unsere Leser, irgendetwas was du noch loswerden möchtest?


Ja! Auf jeden Fall Danke für den Support. Ich meine, RAGE hat so eine Mammut-Geschichte, 27 Jahre… oder 28 mittlerweile, das ist schon wirklich Wahnsinn, 21 Platten und so viele Bands die uns von Anfang an weiter verfolgen und mehr oder weniger betreuen bei Konzerten und uns den Anstoß geben weiter Musik zu machen und Vertrauen und Glauben an uns und auch sehr, sehr viele jüngere Kids die jetzt gerade anfangen und ich möchte einfach für den Support danken. Und hoffentlich sehen wir uns beim Konzert! Wir spielen sehr viele Konzerte in Deutschland und da werdet ihr auf jeden Fall nicht enttäuscht denn wir geben da ordentlich Gas auf der Bühne! [lacht]



Dann besten Dank, ich bin durch, hat mich gefreut!


Danke, Ciao!

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