Interview:

2007-04-18 Patenbrigade Wolff

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Warum Hochkrankfahrer die Musik der PATENBRIGADE WOLFF ohne Gefahr hören können und welche geheimen Botschaften hinter den von Sara Noxx verlesenen Gefahrenhinweisen stecken, haben uns die beiden Arbeiter der Patenbrigade erzählt. Sven Wolff (SW) und Lance Murdock (LM) gehen in ihrer Rolle voll auf - lest selbst.InterviewEinen Hochkran als mächtigstes Baustellengefährt kann ich mir ja noch als Inspiration vorstellen, aber einen Gabelstapler verbinde ich eher mit spießigem Baumarkt, langweiligem Großlager - und natürlich dem Staplerfahrer Klaus... Darf überhaupt einer aus der PATENBRIGADE WOLFF Gabelstapler fahren?



SW: Das Thema Gabelstapler umfasst sehr viel mehr als nur den Einsatz in Baumärkten, wobei ich dir insoweit recht geben muss, dass die dort vorzufindenden Modelle in der Tat rech langweilig sind. Wir als Patenbrigade sehen uns jedoch dazu verpflichtet jedes Thema, dass sich im Bereich einer Baustelle bewegt, zu recherchieren.




Ihr seid wohl die erste Band überhaupt, die Linde als Ausstatter haben. Wissen die davon?




SW: Viele der Angestellten bei Linde sind bekennende Patenbrigade Fans und die Firma steht fest hinter uns. Die beständige Zusammenarbeit zeigt sich z.B. auch den offiziellen PbW-Auftritt beim Staplercup in Wustermark am 12. Mai.




Verglichen mit dem Vorgängeralbum, bringen die Sprachsamples - und auch Songtitel - recht kritische Töne ins Spiel, wie kams?



SW: Im Vorfeld unserer CDs führen wir sehr ausgiebige Recherchen durch. Während unserer Vorbereitungen zum Hochstapler Album, mussten wir jedoch feststellen, dass jede Baustelle auch eine dunkle Seite hat. Der Titel "Eine kaputte Baustelle ist zu vermeiden" spricht hier eine sehr deutliche Sprache.
Auch "Tod am Schuppen 29" hat einen sehr ernsten Hintergrund. Ein Jugendlicher entwendete auf einer Baustelle einen ungesicherten Gabelstapler. Nach einigen Metern Fahrt, kippte der Hochstapler um und riss den Jugendlichen mit in den Tod. Solche Unfälle passieren täglich auf Deutschlands Baustellen, werden von der Öffentlichkeit jedoch kaum wahrgenommen.





Was davon ist eine Art Vergangenheitsbewältigung und was hörte sich einfach nur gut an?




SW: Es ging uns darum, auf das politische Erbe der Bauarbeiter das fast völlig in Vergessenheit geraten ist, hinzuweisen.





Klang der Name Patenbrigade: Wolff nur gut oder steckt mehr dahinter? Für wen habt ihr denn eine Patenschaft?




LM: Eine Patenbrigade war in der DDR der übliche Ausdruck für eine Brigade oder ein ähnliches "Kollektiv", meist von Industriearbeitern oder aus Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, das eine Patenschaft über Schulklassen und Kindergartengruppen, im Einzelfall aber auch über NVA-Einheiten übernahm. Damit sollte die Verbundenheit zur Arbeiterklasse gestärkt und zur Entwicklung einer "sozialistischen Persönlichkeit" gerade bei den Kindern beigetragen werden.
Diese Grundideologie stimmt auch mit der unsere überein, Unsere stetig wachsenden Anhänger sind im Grunde nichts anderes als unsere Paten. In der Praxis erschöpft sich diese Beziehung in jährlichen gegenseitigen Besuchen, die wir vor allem mit unseren Konzerten zu stärken versuchen.






Was sind denn bei euch der Job von Brigadier und Brigadeleiter?




LM: Sven Wolff legt als Brigadier die arbeitsmusikalische Richtung vor. Ich, der Brigadeleiter, sorge dann dafür, dass alles nach Plan abläuft und auch umgesetzt wird. Wichtig ist für uns, dass wir die Arbeitsziele, die wir vor jedem Album festlegen, auch erreichen. Einmal die Woche treffen wir uns in unserem Container und besprechen weitere Baumaßnahmen.





Manchmal erinnert mich euer "arbeiterfreundlicher" Anspruch an die frühen Industrialtage, als noch keine Clubtauglichkeit erzwungen werden musste - wo finden sich eure Wurzeln?




SW: In der Tat! Unser Sound orientiert sich vor allem an den Tracks früherer Elektropioniere, wie z.B. Kraftwerk, Jean-Michel Jarré und Depeche Mode. Aber auch neuere Werke, wie z.B. die CDs von Schiller inspirieren uns sehr.




Und was die Clubtauglichkeit angeht: Wieso habt ihr Songs im Stil der Remixe von etwa "Gefahrstoffe" bewusst komplett vom Album ferngehalten?




SW: Unsere Alben werden zu sehr oft von Turmdrehkranführern in ihren Krankanzeln gehört. Es ist jedoch wichtig, den Kranführer nicht von seiner Arbeit abzulenken. Deshalb entschieden wir, alle Tracks die den Kranführer zum spontanen Tanz animieren könnten, vom Album fernzuhalten und die CD stattdessen mit chilligem Ambient zu füllen. So kann der Turmdrehkranführer entspannt und konzentriert an die Arbeit gehen.





Nicht nur bei ESSEXX oder ihrer eigenen Band, nun auch bei der Patenbrigade ist Sara Noxx dabei - gehts nicht ohne sie?




SW: Die wenigsten wissen, dass Sara Noxx ein ziemlich inniges Verhältnis zu nahezu allen großen Beamten in den Bauaufsichtsbehörden unterhält. So setzte sie es durch, dass sie auf einigen PbW Tracks mitsingt. Da ihr die wenigen PbW Tracks jedoch nicht ausreichten, zwang sie mir noch ein gemeinsames, neues Projekt Essexx auf.



Was hat Sara Noxx eigentlich dazu gesagt Gefahrenhinweise vorzulesen?




SW: Das ist ihr eigentlich ziemlich egal. Für den gewöhnlichen PbW Hörer klingen die Texte der gemeinsamen Tracks, wie Beschreibungen komplizierter, technischer Vorgänge. In Wirklichkeit, verliest Sara jedoch kodierte Anweisungen für den nächsten Bauarbeiteraufstand.




Wo siehst du die Patenbrigade musikalisch im Verhältnis zu den anderen (ex-)Gruppen/Projekten ESSEXX oder DUST OF BASEMENT?




SW: Der musikalische Ansatz ist ein etwas anderer, da es sich bei PbW im Gegensatz zu Essexx und Dust Of Basement größtenteils um Instrumentalmusik handelt. Ich denke jedoch, dass Fans der anderen Projekte durchaus etwas mit dem PbW Sound anfangen können.




Sowohl das Album als auch die Maxi erscheinen in sehr schicken gelaserten Metallverpackungen. Wie weit habt ihr da mitgeredet? Wie wärs denn auch mal mit Vinyl?




LM: Wir haben da nicht nur mitgeredet, sondern auch alles selbst entworfen, konzipiert und letzten Endes auch gebaut. Da wir, wie bereits erwähnt, innige Kontakte zu diversen Bauunternehmen und ?Firmen wie bspw. Linde unterhalten, ist es für uns eine Leichtigkeit, an kostengünstige Rohstoffe für unsere Produktionen ranzukommen. Und das Schönste: Wir produzieren noch alles in Deutschland!! Womit natürlich auch der etwas teurere Verkaufspreis von "Hochstapler" zu begründen ist.





Ein paar Worte an alle Bauarbeiter und eure Fans da draußen...




LM: Bauarbeiter aller Länder vereinigt Euch! Werdet unsere Paten. Besucht unsere Konzerte!

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