Interview:

2004-04-07 Olc Sinnsir

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Irgendwann in grauer Vorzeit schickte ich mal Fragen an eine französische Black-Metal-Band mit dem Namen OLC SINNSIR. Den konnte zwar niemand auf ihrem Logo entziffern, dafür enthielt die Scheibe recht zerstörerischen Schwarz-Wurzel-Eintopf. Naja, so ungefähr 27 Lichtjahre später öffne ich dann eine Mail von einem mir nicht bekannten und dennoch vertrauenswürdigen Absender. Und siehe da: "Hailz from France" prangt mir entgegen. Die Jungs mit dem verschlungensten Nudelhaufen aller Zeiten sind wieder da. A.Svartsinn sitzt also vor seinem "fucking computer" und ist - untypischerweise - stocknüchtern.InterviewEtwas über OLC SINNSIR heraus zu bekommen ist nichts ganz einfach. Die Homepage läuft nicht wirklich, und auch ansonsten gehört die französische Black-Metal-Band zu den unbekannteren Größen der Musikwelt.


Die Web-Site war Scheiße, deswegen haben wir sie vom Netz genommen. Wir suchen jemanden, der sie besser macht. Egal. Unsere Weltanschauung ist viel zu negativ und zu verächtlich als etwas anderes als Black Metal zu machen. Vielleicht machen unsere Band-Mitglieder unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol manchmal "schlimme Sachen" auf Friedhöfen oder zerstören ein bisschen was - wie man es in der Black-Metal-Community so kennt Andererseits fanden wir uns 1997 zusammen, um unser "Talent" und unsere Einflüsse zu nutzen und unseren Ekel, unsere Frustration zu schildern: Schamlose Perversion durch musikalische Gewalt. Der Name OLC SINNSIR hingegen bedeutet mir nichts, es ist nur das Banner unter dem wir unseren Hass auskotzen. Klar, es gibt eine Übersetzung, aber ich habe keine Lust, sie zu sagen.


Streng genommen auch völlig wumpe, lesen kann euer Logo ja eh keiner.


Ich hatte die Idee und fragte Silmaeth von Epic und Vorkreist sie auszuführen. In der Tat war genau das die Absicht: Ein Pentagramm mit unleserlichen Buchstaben - ist doch ein schönes, esoterisches Symbol, oder? Wichtiger ist aber sowieso die Musik. Kalter, schneller, brutaler Black Metal. Atmosphärische Riffs addieren ein hypnotisches Feeling, Melancholie, Verfall und zerstörerischen Hass. Die Drums verstärken die aggressive und demente Atmosphäre. Aber wir benutzen auch Heavy-Parts, um Abwechslung hineinzubringen. Klar, wir haben viel Inspiration aus Norwegen und Schweden bezogen, uns aber darauf zu reduzieren wäre zu oberflächlich.


Wie man sich unschwer vorstellen kann, werden auch deine Texte nicht von Ringelpiez-mit-Anfassen handeln…


Abscheu, Verachtung, Hass, Verzweiflung, Übelkeit. Ich schreibe unter dem Einfluss des Negativen und der Wut. Todessehnsucht, perverse Kräfte - pure Feindschaft gegenüber der Menschheit. "Coronation Of Despair" oder "Under The Throne…:" sind gute Beispiele dafür. Heute bin ich wesentlich zynischer, aber damals war das Texten eine Art Therapie, um die Scheiße aus mir heraus zu bekommen.


Äh, ja.


Soweit es mich betrifft, mache ich mir keine Gedanken über ein Image oder über traurige Berühmtheit als Killer, Kirchenanzünder oder Verrückter. Ich folge keinem Dogma, keinen Regeln, nur die, die andere brechen. Ich mag keine Menschen, egal, ob sie Trendies sind oder Extremisten. Oder Leute, die alte Sachen immer besser finden. Metal, sei es nun Black oder Death, aber auch Doom oder Goth gehören in die Sukultur. Ich entschuldige mich bei den Romantikern, aber es ist alles nur eine Mode-Erscheinung wie der fucking Punk. Nix von Elite oder Wannabee… Ich sage das nicht, weil ich verbittert bin (obwohl ich es bin), sondern weil ich die Nase voll habe von dieser ganzen kindischen Maskerade. Ich habe mich nie bemüht, andere Menschen zu hassen. Es war die Umwelt, die mich dazu brachte. Extreme Metal ist nun mal meine Art und Weise, FUCK YOU zu sagen. Ach, und bevor die Frage kommt: Ich verachte Politik und kümmere mich auch nicht um Nazis im Black Metal. BM ist keine Flower-Power-Bewegung und so ist es logisch, dass extreme Individuen in den inneren Zirkel der extremen Künste - visuell und musikalisch - eintreten wollen.


Was ihr mit eurer CD geschafft habt. Hat’s die Arbeit denn Spaß gemacht?


Eine CD mit dieser Band aufzunehmen ist alles andere als spaßig, Alter. Ich weiß, dass ich ein paar Mal im Studio fürchterlich besoffen war. Und dass die Leute, die dort arbeiteten, extrem langweilig waren. Meiner Ansicht nach waren die Produzenten unter aller Sau für das Geld, das wir ihnen bezahlten. Hehe, sorry Andrew. Aber wir haben keine Rituale ausgeführt, wir haben keine Orgiengefeiert und Selbstmorde gab es nur beinahe.


Was für Probleme habt ihr noch so mit euren Geschäftspartnern?


Das Promo-Zeug haben sie echt ganz gut hinbekommen, wenn man die Anzahl von Interviews betrachtet. Aber wir warten noch auf ein paar andere Dinge. Ich verstehe jetzt, was das Wort Geschäft bedeutet. Metal bildet keine Ausnahme.


Was habt ihr eigentlich vor eurer ersten Scheibe gemacht.


Ein Demo, "Suffering the Work of Darkness”. Als wir das live vorgestellt haben in Paris, scheint es ganz gut angekommen zu sein. Großartig Erfolg werden wir sicherlich nicht haben, es ist halt rauer BM. Aber einige Zuschauer haben gesagt, sie waren beeindruckt und berührt. Das ist okay, weil wir genau das machen, was wir wollen. Und da wir keine echte Beziehung mehr zu unseren Promotern haben,weiß ich auch nichts über die Verkäufe der aktuellen CD, Ich habe gehört, die Scheibe läuft gut, aber letztlich ist das egal.


Tour auch egal?


Naja, es wird immer schwerer, einen Ort zum Spielen in der Nähe von Paris zu finden. Mit unserem Drummer zusammen habe ich eine andere Bandund er wiederum hat mit Askharon noch eine Death-Metal-Band am Start. Beide spielen häufig im Ausland,, da ist es schwer, etwas zu planen.


Wenigstens Festivals?


Eigentlich mag ich Festivals nicht so sehr. Menschen, überall Menschen. Aber auf so einer riesigen Bühne wie Wacken zu spielen wäre sicherlich eine interessante Erfahrung.


Und was macht ihr sonst für Erfahrungen?


Hobbies sind begrenzt auf schreiben, lesen, trinken, proben. Und ich arbeite in einer großen Firma, um genug Geld zu haben, um das zu machen, was ich will. Aber das ist Scheiße. Ich denke, das sehen die anderen ähnlich. Die einzig spannenden Sachen sind kreativ zu sein, ficken und Körper und Geist mit Drogen und Alkohol zu zerstören. Nichts besonders Originelles für Black-Metal-Legions.


Paris ist für viele Urlauber die Stadt der Liebe….


Hör bloß auf. Wir wohnen alle in den südlichen Vororten. Eine maßlos depressive Gegend. Und Metal-Leute gibt es nur ein ganz paar. Man kennt sich innerhalb der Bands, wir haben Kontakt zu Samothrace und Wargasm.


Ich nehme mal an, Frankreich insgesamt gefällt dir auch nicht besonders.


Doch schon. Es gab große Literaten, Philosophen und Artisten. Der Rest ist Scheiße.ungebildet, die Regierung wird von Losern besetzt. Das ist auch der Grund, warum Gesetze absurd und irrational sind.