Interview:

2004-01-21 New Concept

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Chemnitz ist nicht das Zentrum der Welt, behaupten zumindest Olli und Marcel, die seit einigen Jahren in dieser Stadt leben. Wo Vögel füttern mit Rentnern die Hauptattraktion ist, ist eigentlich wenig Platz für moderne Musik. NEW CONCEPT machten sich dran, der Welt das Gegenteil zu beweisen.InterviewPragmatisch ist der Name NEW CONCEPT kaum mehr zu sehen, oder?



Wir sind, trotz des schnittigen Bandnamens, keine gecastete Kaspertruppe, noch das Projekt
eines supergeschäftstüchtigen Produzenten, wie oft vermutet wird. Wir vertreten auch nicht
den Anspruch eine neue Musikrichtung erschaffen zu haben. Der Bandname hat verschiedene
Ursprünge: maßgeblich sind hier diverse interne Zielsetzungen und Arbeitsweisen, sowie gewisse musikalische Konstellationen im Musikbusiness zum Zeitpunkt der Bandgründung.
Wir wollen eben in punkto elektronischer Musik immer einen Tick anders sein als es im
kommerziellen Mainstream üblich ist.



Die 80er haben starke Spuren bei euch hinterlassen, die wenigen heute noch aktiven Bands von damals, laufen doch heute ihrer Form hinterher. Was fasziniert euch am damaligen discolastigen Style?



Die Musik war damals melodiöser, hat ins Radio als auch in die Diskotheken gepasst und es wurde Wert auf Musikalität und Aussagegehalt gelegt. Heute ist Disko- und Radiomusik
zunehmend nur noch ein Produkt, zumeist lieblos und billig gemacht.



Das Album erscheint nun fast ein Jahr nach dem geplanten VÖ, eigentlich nicht unüblich, aber doch manchmal interessant zu erfahren woran es lag...?



Die LP "The Outer Gates" war im März letzten Jahres erst fertig und lag im April unserer Plattenfirma vor. Die ersten Zielsetzungen gingen dahin, das Album noch vor dem Sommer ´03 zu veröffentlichen, was dann aus organisatorisch Gründen nicht erfolgte- da waren noch
ein paar Bands vor uns an der Reihe, außerdem hatte "Strange Ways" bis Frühsommer
noch mit der Promotion für "Wolfsheim" kräftig zu tun. Im Sommer selbst releasen Indielabels nur selten etwas, da in diesem Zeitraum die ganzen Fanzines und wichtigen großen Szenemagazine zumeist pausieren. Im September hat uns dann unser Coveratwork nicht mehr gefallen, ehe ein neues erstellt war ging auch etwas Zeit ins Land, und im Herbst
hat man uns als V.Ö. Termin frühestens den Januar oder Februar zugesichert. So ist das
eben.



"U Stop Me" läuft in den Clubs, erblickte aber niemals als Single die Geschäfte...?



Zunächst waren wir uns mit "Strange Ways", unserer Plattenfirma einig, dass es eine
Kaufsingle werden soll, und wir diesmal beim Release des Materials andere Promotionwege gehen als beim Vorgängeralbum. Danach hieß es, dass die Remixe dazu, nebst der Single, als Doppel-CD mit dem Album veröffentlicht werden. Kurz vor V.Ö. haben sie
dann aber in dieser Angelegenheit komplett einen Rückzieher gemacht. Wahrscheinlich
sind hier auch neuerliche interne Umbesetzungen bei "Strange Ways" und neue Marktphilosophien ausschlaggebend. Den genauen Grund kennen wir ehrlich gesagt auch nicht.



Umbesetzungen gab es auch bei euch: Oliver Keil ist als zweiter Vokalist dabei...



Wir haben jetzt natürlich viel mehr Möglichkeiten anders zu klingen, live und bei Studioproduktionen. Außerdem gibt es der Band einen vollkommen neuen Charakter, welche Elektropopband hat denn heute schon 2 gleichwertige Sänger? Da Olli auch ein super Gitarrist und Songwriter ist, machen die neuerlichen Arbeiten am neuen Material doppelt Spaß! Von diesem Potenzial konnten wir auf dem aktuellen Album leider noch nicht viel ausschöpfen, da
er erst relativ spät dazugestoßen ist.



Warum ausgerechnet ein Cover von DEPECHE MODE? Wie seid ihr da rangegangen?



Zu diesem Track gab es intern auch einige Spannungen, die Version an sich haben wir
2001 für einen Coversampler erarbeitet, Uwe (Sänger) war der Meinung dass dieser Sampler
von der Resonanz her etwas untergegangen ist, und es somit schade um die Arbeit wäre.
Er wollte den Titel unbedingt mit aufs Album haben, schließlich haben wir nachgegeben...
Arbeitsweise: Wir haben aus dem ursprünglichen 3/4 Takt einen 4/4 gemacht und diese prägnante Akustik- Gitarrenmelodie in den Strophen eingespielt (die im Original ja nicht vorhanden ist), durch die Taktänderung hat man im Refrain die Möglichkeit die Passage moderner zu gestalten. Der Unterschied zwischen Strophe und Refrain ist unserer Meinung nach ja auch immens, ohne dass es aber zu bombastisch oder nach DJ Bobo klingt.



Von "Station Man" gibt es gar einen R´n´B Remix. Anbiederung, ironischer Seitenhieb an auf die derzeit stark R´n B fixierte Musikbranche oder nichts von alledem?



Nein, nein, nichts von dem. Das ist ein Remix, er ist nicht von uns, sondern von den "Columbia Pirates". Uns hat die vollkommen neue Interpretation gefallen und die Stimme von
Rebekka Markstein. Ansonsten sind wir keine großen Fans des neuzeitlichen kommerziellen R´n B´s.



Und um beim Thema zu bleiben, eine Frage die ihr wohl fast nicht mehr hören könnt... Ohne qualitative Wertung: Ihr macht Pop, wie reagiert man auf euch und wie lebt ihr selber mit all dem abartigen Castingwahn und entstehenden Popsternchen?



Grundsätzlich sind wir natürlich keine Fans dieser Marketingshows, im übrigen ist der CD-Verkauf gar nicht die Haupteinnahmequelle dieses Formates, die meiste Kohle wird hier mit
sogenannten Mehrwertdiensten gemacht (Werbung für den Verkauf von Handyklingeltönen,
Gewinnspiele, Tele-Voting und all so was) . Egal: außerdem gibt es diese Shows
in anderen Ländern schon seit Ewigkeiten, in Deutschland hat man derzeit damit großes Auf-
sehen erregt weil es eben neu ist. Wir können diese neuen Werbestrategien der Majorfirmen aber auch verstehen, schuld daran sind wir alle ein kleines bisschen: die Umsatzeinbrüche durch MP3-Kopien müssen irgendwie kompensiert werden. NEW CONCEPT wird durch
die Existenz dieser Shows weder eine CD mehr oder weniger verkaufen. Ansonsten haben
wir kein Problem damit, wenn sich dort Leute zur Feile machen, schließlich ist das alles freiwillig.



Was hört ihr denn selber eigentlich für Musik oder bleibt dafür keine Zeit?



Man hört als Musiker sehr viel Musik, wir werfen hier einfach mal ein paar Bands in die
Runde: Supertramp, Chris Isaak, Vince Gill, Marvin Gaye, Diana Krall, Nil Diamond,
Abba, A-ha, U2, Coldplay, Björk, Tom Cochrane (in Kanada ein "Nationalheld"), Radio-
head, Oasis, Pet Shop Boys, Richard Ashcroft, Kid Logo, OMD, Tears for Fears, Kruder&
Dorfmeister, Ye:solar, Air, Bee Gees, Simon & Garfunkel, Savage Garden, LFO, Enigma,
The Mission, Chet Atkins, Madonna, Robin Trower, Billy Idol, Jazzanova, The Beloved,
Sonique, Jan Garbarek, derzeit können wir uns für diverse orchestrale Filmmusiken extrem begeistern: z.B. "Exodus" oder "Lawrence of Arabia"!




"The Outer Gates" scheint entspannter als euer Debut, hat sich an euch oder eurer Arbeitsweise seit "Wheels Of Love" etwas verändert?



Nachdem Debüt waren wir erst einmal etwas blockiert, man denkt sich: "Ach Du Scheiße,
was machen wir jetzt für Musik aufs neue Album", man denkt nach, über verschiedene
Musikstile die man einbauen könnte, über ungewöhnliche Sounds die man erzeugen könnte damit es extravagant klingt. Schlussendlich haben wir dann irgendwann angefangen zu produzieren und sind mit unseren Aufgaben gewachsen. Schon das neue Equipment, dass wir uns
angeschafft hatten, ließ vollkommen neue Arbeitsweisen und Methoden zu, die wir vorher
nicht hatten. Wir sind während der Produktionsphase richtig locker geworden, außerdem
wollten wir dass das neue Album nicht so depressiv klingt. Sicherlich haben wir uns auch
selbst im Laufe der Zeit etwas verändert. Während vor unserem Vertrag bei "Strange Ways"
immer der Kampf um grundsätzliche Anerkennung bei den regionalen Medien und Publikum
im Vordergrund gestanden hatte, können wir uns jetzt voll auf Musik konzentrieren. Will
heißen wir haben vor anno 2000 die Promotion selbst gemacht, da mussten wir Hinz und Kunz nerven und betteln dass sie mal was über NEW CONCEPT schreiben, das zehrte an den Kräften
und der eigenen Glaubwürdigkeit, besonders wenn dann eben kein Artikel erschienen ist oder
man sich zum hundertsten mal anhören musste "dass das mit NEW CONCEPT ja sowieso nie was
werden wird." Einige Leute haben nach bekannt werden unseres Vertrages mit "Strange Ways" ganz schön die Fresse eingehangen, und das hat gut getan.



Wird man euch 2004 auch live zu sehen bekommen?



Zunächst gibt es am Freitag den 27.02.04 im Clubhaus "achtermai", im schönen Chemnitz, eine fette Releaseparty. Danach folgen 3-4 Gigs im März, die Termine kann man unserer URL www.new-concept.net entnehmen. Es gibt außerdem Kontakte zu diversen Veranstaltungsagenturen. Festivalteilnahmen stehen aber noch nicht fest.



Wir danken für das Interesse, wir empfehlen, sich die neue NEW CONCEPT CD zumindest zu kopieren und anzuhören.

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