Interview:

2004-03-19 Monster Magnet

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Ed Mundell - das ist der langbeinige, rothaarige Lead-Gitarrist von MONSTER MAGNET, und er hält es neben Dave Wyndorf bisher am längsten bei MONSTER MAGNET aus. Die Band wirkt nach außen hin gern als Daves kleine Diktatur. Ed hat seit Tagen nicht schlafen können - das Rock ´n´ Roll Leben on the Road kann ganz schön schlauchen - er ist also er völlig over the top, und scheint Sabbelwasser getrunken zu haben. Er präsentiert ein paar seltene Innenansichten, kennt sich aber nicht nur mit seiner eigenen Band aus, sondern weiß auch sonst, wie der Hase läuft. Lassen wir ihn laufen:InterviewWährend ich noch dabei bin, am Diktiergerät rumzufummeln, entdeckt Ed
zwischen zwei Akkorden auf seiner schon ziemlich abgegrabbelten Gitarre,
die er unser ganzes Gespräch lang auf dem Schoß haben wird, einen Button
an meiner Jacke:


Hey, wer ist das?


Das sind PSYCHOPUNCH.


Nie von denen gehört.


Die kommen auch aus Skandinavien.


Ach so! Wie GLUECIFER und THE QUILL?


... oder die BACKYARD BABIES.


Oh ja. Und die HELLACOPTERS.


Seid ihr mit den HELLACOPTERS eigentlich schon mal getourt?


Nein, mit denen haben wir nur einmal eine Show gespielt, 1999 in
Amsterdam im Paradiso. Das war großartig, die waren so geil. Am nächsten
Abend haben wir dann den Sänger in Stockholm wieder getroffen, aber das
war leider alles.


Mögt ihr eigentlich die Bands, mit denen ihr auf Tour geht, oder
wonach sucht ihr die aus? Das ist jetzt schon mindestens das zweite Mal,
dass ihr mit skandinavischen Bands auf Tour geht.


Ist das nicht großartig? Alle spielen Gitarrenrock. THE QUILL sind heavy
wie ein Mix aus Black Sabbath und Soundgarden, die machen ihre Art von
Stonerrock, oder wie das heute heißt. GLUECIFER sind einfach nur
Hochspannung pur. Aber die haben auch coole Gitarristen, hey, ich liebe
Gitarren! ("Tweng", macht die auf seinem Schoß gerade). Ich schaue mir
jeden Abend bestimmt zwei oder drei Songs von jeder Band an - und an
manchen Abenden schaue ich sogar bei zwei oder drei von unseren eigenen
Songs zu. (Er grinst). Doch, das ist eine großartige Tour, und das sind
alles großartige Typen. Wir kommen super mit denen aus. Allein letzte
Nacht sind wir wieder zusammen abgestürzt. Inzwischen sind wir zu einem
fahrenden Partyzirkus geworden. Wirklich jeder ist jeden Abend komplett
betrunken. Keiner schläft, wir bechern eigentlich pausenlos. Gerade die
Skandinavier können trinken. Mit denen kann man nicht mithalten, sonst
stirbst du. Ähem - möchtest du eigentlich gerade was zu trinken, ein
Wasser vielleicht?

(Nimmt selbst einen kräftigen Schluck aus seiner Pulle.)


Nein, danke. Dafür könntest du bestimmt etwas Schlaf gebrauchen...
Wie sehen die Unterschiede zwischen Touren in den USA und hier in Europa
aus?


Am witzigsten sind die Unterschiede bei den Hotels: In Europa weiß man
nie, wie das Zimmer heute aussehen wird, denn jedes kleine Land in
Europa scheint sein eigenes System zu haben, wie die Toiletten und die
Duschen funktionieren. Das ist manchmal extrem seltsam.

In den Staaten hängt alles davon ab, in welcher Region du gerade
bist. Im Nordosten, die Gegend rund um Boston - vergiss es. They suck!
Das Publikum in New York steht immer mit verschränkten Armen an der Wand
und glotzt dich an. Die starren dich wirklich an als wollten sie sagen,
"hey, unterhalte mich gefälligst!". In Detroit und Chicago gehen die
Leute ab wie ein Zäpfchen. Ich habe keine Ahnung, ob die Leute merken,
dass sie die ganze Energie einer Show abziehen, wenn sie nur da stehen.
Auf der Bühne fragt man sich dann immer, warum einen die Leute in dem
Moment so anstarren. Bei einem guten Publikum gibt man denen die Energie
und bekommt sie wieder, und so wird dann eine gute Show daraus.

Aber die Leute hier waren bisher alle bestens. Wir waren fast
überall ausverkauft, und wir haben auch ein paar größere Säle dabei.
(Die Gitarre meldet sich mit einem kleinen Tusch.) Die Tour geht
wirklich gut, die Leute sind cool, die wir treffen. Als Set spielen wir
eine verrückte Mixtur, wir sind doch schon ziemlich lange dabei und
haben einen Stapel Alben draußen. Es kommen immer noch alte Fans, die
nur "Spine Of God" und "Superjudge" mögen, dann kommen ganz junge
Teenies und kennen jede Zeile vom aktuellen Album, außerdem kommen die
Fans, die uns mit "Powertrip" kennen gelernt haben. Eine verrückte
Mischung. Es kommen tatsächlich viel jüngere Fans als noch das letzte
Mal, das finde ich besonders bemerkenswert. Und trotzdem laufen immer
noch die alten Acid-Freaks auf, schmeißen einen Trip oder Pilze und
wollen "Spine Of God" hören. (Twang)


Habt ihr auch innerhalb Deutschlands einen Unterschied bei eurem
Publikum festgestellt?


Auf dieser Tour ist das erst unser zweiter Deutschland-Gig. Aber bisher
war Deutschland eigentlich immer eine Bank für uns, das war immer geil.
Auf dieser Tour hat sich Dänemark als ein bisschen abgedreht
herausgestellt, alle waren bekifft, die Nebelschwaden hingen in der Luft
und die Leute hatten einen viel zu lustigen Gesichtsausdruck, um auf
irgendwas zu reagieren (Ed imitiert die Dänen, sitzt ganz still und
schwankt ein wenig vor sich hin). Sonst war Skandinavien großartig, wenn
es nicht so verdammt kalt gewesen wäre. Es ist toll, dass ich heute
keine 4 Pullis übereinander tragen muss, es ist so schön in der Sonne
draußen.


Letztes Mal habt ihr hier in Hamburg in einem Club gespielt, in den
ungefähr 1000 Leute mehr reinpassen, und auch der Gig war ausverkauft.
Warum seid ihr dieses Mal in die - immer noch Große - Freiheit gegangen
und nicht in eine größere Halle?


Das war eine durchdachte Entscheidung. In Berlin spielen wir in einer
3000er-Halle, in Stockholm in einem 2000er Stadion - aber ansonsten
wollten wir ganz bewusst nicht in den großen Hallen spielen, wo der
Sound oft nicht so gut ist und stattdessen lieber in den etwas kleineren
Clubs. Und dann auch lieber jeden Abend ausverkaufen, als dass sich die
Leute in den Hallen verlaufen. Ich hoffe nur, dass die Ticket-Preise
dementsprechend moderat sind, wir sind extra mit unserer Garantiesumme
heruntergegangen. Die Leute müssen nämlich heutzutage ein Heidengeld
bezahlen, wenn sie zu einem Konzert wollen. Das ist aus dem Ruder
gelaufen. In den USA musst du inzwischen etwa 200 Dollar bezahlen, wenn
du zu Paul McCartney, KISS oder Bands in deren Kragenweite willst. Dann
ist das Parkticket schweineteuer, man will sich doch ein T-Shirt kaufen,
oder ein Bierchen trinken. Das summiert sich zu einem Berg Geldes. Und
dann will deine Freundin vielleicht noch mit, die braucht auch eine
Karte... Ich finde die Ticket-Preise inzwischen unverschämt.


Nein, das kann sich kaum noch einer leisten. Wie ich kurz nach diesem
Interview erst erfahren habe, kosteten MONSTER MAGNET im Vorverkauf 23
EUR plus Gebühr - im Vergleich nicht nur zu KISS, sondern auch anderen
Hamburger Konzerten in ähnlicher Größenordnung also nicht billig, aber
tatsächlich moderat.


Selbst ich bin nicht zu einigen Shows gegangen, weil ich es einfach
nicht eingesehen habe, mehr als 100 Dollar für ein Ticket auszugeben.
Das ist verrückt. Ich gehe jetzt auf Konzerte, seitdem ich elf Jahre alt
bin, ich kann mich noch daran erinnern, als ich fünf Dollar verdammt
teuer fand, und ich weiß noch wie heute, als die RED HOT CHILI PEPPERS
das erste Mal gewagt haben, in New York Ende der Achtziger 15 Dollar für
eine Show zu verlangen, und das war noch vor ihren großen Hits. Die
Konzerte heute stehen dazu in keinem Vergleich.


Du erwähntest eben KISS...


Stimmt. Es ist natürlich verdammt teuer, eine Produktion wie KISS auf
die Beine zu stellen. Ich meine, wir sind schon zusammen 15 Leute -
Band, Crew und Busfahrer - fahren mit zwei Bussen durch die Gegend und
bekommen alle paar Tage eine Abrechnung, zu welcher ordentlichen Summe
sich das addiert hat. Ich kann mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen,
mit welchen Summen KISS hantieren müssen. KISS habe so viele Trucks um
eine Halle rumstehen, für die Bühne, für das Licht, und für die ganzen
Spezialeffekte. Dazu werden dann bestimmt 150 Leute für eine Tour
angestellt, und alle müssen bezahlt werden. Ein bisschen sehe ich da
auch ein, dass so eine Tour teurer ist als unsere, aber die Preise sind
trotzdem zu exzessiv gestiegen, irgendwann wird es einfach lächerlich.


Steckst du in den geschäftlichen Fragen mit drin, oder regelt Dave
das alles?


Also, wir reden darüber. Meistens läuft es dann so, wie Dave sich das
vorstellt. Ich möchte da auch gar nicht tiefer reingezogen werden. Ein
bisschen Einblick braucht man leider, damit man den Verstand nicht
verliert, aber mir reicht da ein Überblick, nur damit ich weiß, warum
wir jetzt was machen. Der größere Part für mich ist das spielen ("Twang"
macht seine Gitarre zur Bestätigung). Ich habe immer eine Gitarre dabei,
und oft sage ich zu Dave auch: "erzähl mir erst gar nichts da drüber,
sag mir nur, wann ich auf der Bühne stehen muss und dann weck mich."
Also eigentlich will ich mit der Business-Seite nichts zu tun haben, und
nur noch Gitarre spielen, aber da ich damit etwas zu tun haben muss,
reden wir auch darüber: "Was denkst du, sollte das eher so oder so
laufen?"


Dabei zieht Ed die Schultern hoch und lässt die Hände in den Schoß
vor der Gitarre fallen.


Was habt ihr die vergangenen fünf Jahre über gemacht, als Dave damit
beschäftigt war, aus eurem Plattenvertrag rauszukommen?


Wir waren alle daran beteiligt. Wir waren sogar ziemlich beschäftigt die
letzten Jahre über, aber das war natürlich nicht so sichtbar, die
Rechtsstreitereien und der ganze Kram liefen natürlich eher im
Hintergrund ab.

Zum Schluss waren wir nur noch eine klitzekleine Band bei einer
riesenhaften Firma. Wir waren nun schon seit Jahren bei A & M, und die
meiste Zeit haben sie großartige Arbeit geleistet: Für "Powertrip"
hatten wir in den USA Gold bekommen. Während "God Says No" rauskam,
steckte A & M gerade mitten in der Fusion mit Universal/Interscope, und
da fing der große Mist an: Plötzlich waren wir statt der großen Band auf
einer überschaubaren, bekannten Firma nur noch eine kleine Nummer. "God
Says No" kam raus und hat eben nicht in der erste Woche gleich die erste
Million verkauft, und schon hatten sie vergessen, dass es uns überhaupt
gibt. Wir waren gerade auf Tour, haben THE CULT supportet und uns jeden
Abend den Arsch abgespielt. Das war übrigens geil, mit Ian Astbury,
Billy Duffy und Matt Sorum. Die Tour war cool, aber es hat sich niemand
um uns gekümmert. Es gab absolut keine Werbung für uns. Und, verdammt,
die müssen auch arbeiten. Wenn Band und Label als Team arbeiten, kann
jeder mit dem Ergebnis glücklich werden, aber so waren wir wohl ganz
oben auf der Abschussliste.

Das Label hat seinen Sitz in Los Angeles, aber als wir dort gespielt
haben, kam niemand vorbei, es gab kein Geschäftsessen. Sie sind noch
nicht mal aufgekreuzt, um nur "hi" zu sagen, haben nicht angerufen oder
gemeldet, um aufzuzählen, was sie für uns machen, während wir uns den
Arsch abspielen. Es kam die ganze Zeit nicht ein einziger
Label-Vertreter vorbei.

Das einzige, was die noch kümmert, ist die nächste Band, die sich
wie KORN anhört. Oder eine von diesen Klon-Bands, die in der ersten
Woche schon die erste Million an Platten verkauft hat. LINKIN PARK und
so ein Schrott. Ok., gerade bei denen kenne ich eine Menge Leute, die
sie mögen, aber ich mag sie einfach nicht. Wir dachten nur noch: "This
sucks!" Wir werden hier eingehen. Also fiel uns die Entscheidung leicht,
wir haben einen Anwalt zu unserem Label geschickt und die Plattenfirma
gebeten, uns zu droppen. Universal waren glücklich uns loszuwerden,
denen lag eh nichts an uns. Wir haben währenddessen einige weitere
Rechtsangelegenheiten geklärt, denn unseren Manager haben wir auch
gefeuert. Das hat dann alles natürlich seine Zeit gedauert, aber während
der Zeit waren wir auch nicht faul und haben eine Menge zusammen
gespielt. Als wir ins Studio gelatscht sind hatten wir zwischen 55 und
60 Songs fast fertig, wir haben momentan also Material für mindestens
zwei weitere Alben. Wir haben viele Demos nur für uns gemacht, haben
Millionen Coversongs gespielt und uns so sinnvoll beschäftigt.

Wir haben außerdem einen neuen Bassisten und einen neuen
Schlagzeuger, auch das hat etwas gedauert. Das war die nächste große
Entscheidung: Wir wollten unbedingt mit MONSTER MAGNET weiter machen,
aber die Haltung von Joe Calandra und Jon Kleiman wurde immer negativer,
sie hatten immer seltener Lust zu spielen. Also mussten wir uns von
ihnen trennen, wir mussten irgendwie aus der Situation rauskommen.
Solcher Kram kostet schrecklich viel Zeit, ich wäre froh gewesen, wenn
wir stattdessen mehr gespielt hätten.


Diese Mega-Fusionen sind schon komisch, wenn dabei selbst
vergleichsweise große Bands wie MONSTER MAGNET auf der Strecke bleiben.


Für die Rock-Musik ist das richtig scheiße! Es gibt Bands, die gehen
ein, während sie darauf warten, dass jemand ihr Album veröffentlicht.
Andere Bands sterben darüber. In New Jersey gibt es eine Band - Moment,
ich komme jetzt gerade nicht auf den Namen - die haben vor Jahren bei
Capitol unterschrieben. Seit zwei Jahren haben sie ihr Album fertig und
warten darauf, dass Capitol es veröffentlichen. Seit zwei Jahren! Und
sie können mit dem Kram auch nicht zu einer anderen Firma gehen, weil
sie vertraglich gebunden sind. Die Majors kümmern sich keinen
Pfifferling um solche Bands, auch wenn sie in der Zwischenzeit am langen
Arm verhungern. Die kümmern sich wirklich kein bisschen um die Musik, da
geht es nur ums Geld. Das ist schrecklich!


Durch die Fusionen wollen die neuen Managements "instant gratification"
- die wollen also sofort das Geld sehen, und die Bands haben keine Zeit
mehr, sich zu entwickeln. Wir hatten damals 1992 Glück, dass wir bei A &
M unterschreiben konnten. Als "Superjudge" raus kam, hat es sich noch
nicht so toll verkauft, aber die Leute bei A & M waren damit zufrieden
und sagten: "ok., und jetzt hoffen wir, dass sich von eurem nächsten
Album mehr Exemplare verkaufen". Und natürlich hat sich das nächste
besser verkauft, und "Powertrip" ging auf Gold. Heutzutage stehst Du
gleich wieder auf der Straße, wenn sich dein erstes Album nicht sofort
super verkauft. Zack! Das ist nicht mehr normal, das tötet alles. Und
das sorgt leider auch dafür, dass soviel beschissene Musik auf dem
Vormarsch ist. Ich mag kaum eine derzeit angesagte Band.

Die Manager wollen alles sofort. Das passiert jetzt mit einer Band
wie JET - die verkaufen sich momentan sehr gut in Amerika. Und nun
befindet sich wieder jedes Label auf Raubzug und versucht, so viele
Bands wie möglich zu signen, die exakt genauso klingen wie JET. Die
Mentalität dahinter verstehe ich überhaupt nicht.


Vorher hast du schon kurz darüber gesprochen: Ihr habt einen neuen
Bassisten und einen neuen Schlagzeuger. Aber die Platte hat trotzdem ein
Mike Wildwood eingespielt.


Über den Bassisten mussten wir nicht lange nachdenken, Jim Baglino haben
wir den Job sofort gegeben. Jimmy war bis dahin mein Guitar-Tech, und
wir haben schon in einer anderen Band zusammen gespielt. Wir haben noch
nicht einmal einen anderen Bassisten ausprobiert. Dafür haben wir zwei
Schlagzeuger zu den Proben gebeten. Erst hat Bob Pantella vorgespielt -
also unser fester neuer Drummer, der jetzt mit uns auf Tour ist - Mike
Wildwood kam erst als zweiter dran. Bob war damals unglaublich nervös.
Er kam in unseren Proberaum und war viel zu nervös, um richtig zu
spielen. Also haben wir Michael ausprobiert. Direkt am nächsten Tag hat
Dave uns gefragt, ob wir Lust hätten, ein paar Sommerfestivals zu
spielen. Klar wollten wir! Außerdem hatten wir damals schon unsere Demos
fertig, und wollten endlich ins Studio gehen, und dann haben wir diese
Festivals gespielt. Also war es prima, dass Mike gerade da war, und wir
haben ihn genommen, Motto: Hoffentlich klappt es. Außerdem ist er ein
sehr guter Schlagzeuger, er haut richtig drauf, und das hört man dem
Album auch an. Auf der persönlichen Ebene kamen wir nicht so gut mit ihm
klar. Wir haben also erst ein paar Festivals gespielt, sind dann nach
L.A. und haben die Platte fertig gemacht, dann haben wir noch ein paar
Festivals gespielt, aber da stand schon fest, dass das nicht klappt.
Also sind wir noch mal auf Bob zugegangen.

Dieses Mal haben Jim und ich das geschickter angestellt: Dave war
schon wieder in L.A. und hat das Album abgemischt, und wir haben mit Bob
geprobt und ihm in der Woche alle Songs beigebracht. Wir haben ihm
richtig Hausaufgaben gegeben, gesagt, welche Songs er bis zum nächsten
Tag lernen soll, haben mit Covern experimentiert, GRANDFUNK RAILROAD,
THE CULT, LED ZEPPELIN, unterschiedliche Song-Endungen ausprobiert, all
so was. Als Dave und Phil wiederkamen war er warm gespielt und kannte
alle Songs. Er ist so cool, ich wollte ihn von Anfang an. Jim und ich
haben ihn heimlich in die Band gelotst, das war unser Coup mit Bob (Ed
zwinkert.) Und inzwischen haben auch die anderen herausgefunden, dass er
ein wirklich cooler Typ ist.


Auf einem Song habt ihr trotzdem einen Drumcomputer verwendet.


Nein, wir nehmen doch keinen... Äh, stimmt, doch, auf "Master Of Light".
Das ist auch ein eigenartiger Song. Wir haben ihn für den Film "Torque"
geschrieben, das Kino-Debüt von Joseph Kahn. Der hat damals unsere
Videos "Spacelord" und "Powertrip" gedreht. Sie brauchten eine Band für
eine Bar-Szene, es sollte eine Kneipenschlägerei geben, im Hintergrund
sollte eine Band spielen und der Song sollte eher technoid sein, so
Rob-Zombie-mäßig. Ich finde aber nicht, dass er auf das Album passt, er
rockt einfach nicht so gut wie der Rest des Albums.


Gelungenes Experiment.


Schlecht ist der Song nicht, aber er hört sich nicht wirklich nach
MONSTER MAGNET an. Er ist nun mal für einen bestimmten Anlass
geschrieben worden. Aber die Leute bei SPV mochten ihn sehr gern, also
fand er seinen Weg auf das Album. Von zwölf Songs auf dem Album mag ich
eben nur elf.


Hat er es denn auf den Soundtrack geschafft?


Keine Ahnung. Dave ist damals nach Kalifornien gefahren und hat noch
weitere Hintergrundmusik dafür geschrieben, den Soundtrack zu
Kampfszenen und den Film mit lauter kleinen Soundschnipseln hinterlegt.
Am Ende haben sie seinen Soundtrack gar nicht genommen und stattdessen
noch einmal einen andere Komponisten beauftragt. Er hat dann mit einem
Anwalt die Rechte an seiner Musik zurückgeholt. Ich habe den Film noch
nicht mal gesehen, aber mir ist es auch relativ egal. Wir mussten in der
Bar-Szene mitspielen, und das war eine der schlimmsten Erfahrungen
meines Lebens. Die Drehtage waren 18 Stunden lang, brennend heiße
Scheinwerfer waren die ganze Zeit auf uns gerichtet. Mein ganzer Kopf
war zum Schluss ein einziger großer Sonnenbrand, und das nur von diesen
mega-heißen Scheinwerfern. Das war so schrecklich. Aber ich wollte auch
noch nie ein Schauspieler werden.

Bei Musikvideos ist das was anderes, da können wir uns mit schönen
Mädels und nettem Accessoires umgeben, das macht die Strapazen viel
angenehmer. Hihi. Das hört sich jetzt natürlich albern an, aber wenn man
sich die netten Elemente um einen herum aussuchen kann, erleichtert das
einiges.


Also habt ihr anderen nicht nur in den Videos mitgespielt, sondern
auch mitgeplant?


Ja klar. Das übliche: Dave hat als erstes ein Konzept, dass auf seinen
Texten basiert. Wir geben dann unseren Senf dazu und sagen ihm, was wir
schmierig finden und was cool ist. Dave wird sich dann trotzdem albern
benehmen, aber wir sehen cool darin aus und Dave total schmierig. Und,
klar, das gehört inzwischen zu unserem Image.


Wie schreibt ihr denn eure Songs? Setzt ihr euch alle zusammen und
der eine schmeißt ein Riff in den Raum und der andere eine kleine
Melodie oder ein cooles Lick?


Ich schreibe eher so verrücktes Zeug, das nehme ich dann für meine
zahlreichen Projekte. Denn normaler Weise klingt das absolut nicht nach
MONSTER MAGNET, eher nach King Crimson oder so was. Ich liebe vertrackte
Zeitwechsel, so exzentrischen Kram. Normaler Weise kommt Dave schon mit
einem Demo in den Proberaum, mit seinen Riffs, vielleicht schon einer
Gesangslinie und einem Drumcomputer für den Beat. Wir transportieren das
dann in die Welt von MONSTER MAGNET. Wir diskutieren dann viel - "soll
ich diesen Part nicht besser gleich acht mal spielen statt nur vier
mal?" - "Hey, hier baue ich ein paar aufsteigende Sprünge ein, hört sich
doch cool an (tweng, tweng, tweng macht die Gitarre)" - und so
entwickeln wir aus Daves Ideen unsere Songs. Manchmal hat er einen Song
schon fertig, wenn er damit ankommt, manchmal hat er nur eine
Gesangslinie, dann wieder nur ein paar Akkorde. Dieses Mal - ich bin
richtig stolz auf ihn - hatte er zum ersten Mal alle Texte vorher
fertig, klar, weil wir so viel Zeit hatten. Sonst waren die Texte immer
das allerletzte, bis zur letzten Sekunde bevor er sie eingesungen hat,
hat er immer daran herumgefeilt. Dieses Mal war die Zeit im Studio wegen
solchen Sachen richtig relaxed. Wir waren so gut vorbereitet, das
Material war gut ausgearbeitet. Wir hatten eine großartige Zeit, haben
für zwei Monate im warmen Kalifornien gelebt, direkt in Hollywood, das
war richtig nett.


Wo wohnt ihr sonst?


In New Jersey. Wir wohnen alle in der Nähe einer Stadt namens Red Bank,
etwa in der Mitte von New Jersey, wenige Kilometer vor dem Atlantik und
nur eine Stunde südlich von New York City. Also wohne ich immer noch nah
genug an der Stadt. So it´s really easy to get in and out the city.


Dann warst du auch im September 2001 ziemlich nah an der Stadt, nehme
ich an?


Oh ja. In der Nacht zuvor war ich sogar in New York. Wir waren mit ein
paar Freunden zu einer Filmpremiere eingeladen, ein Onkel von einem
Freund hat darin mitgespielt und uns zum Essen eingeladen. Etwa gegen
vier Uhr nachts sind wir aufgebrochen, ich bin dann zu meiner Freundin
gefahren und war so gegen halb neun zu Hause, habe das Radio angemacht -
und plötzlich sind sie mit der Nachricht in das Programm hineingeplatzt.
Holy shit! Als ich den Fernseher angeschaltet hatte, dachte ich, dass
kann doch nicht wahr sein. Das war zu bizarr. Von unserem Strand aus
kann man normaler Weise Manhattan von weitem sehen, jetzt sah man nur
noch den ganzen Qualm, das war schrecklich.

In den Nachrichten haben wir von dem Attentat in Madrid gehört, was
geht denn da jetzt ab?! Total verrückt. Wir spielen in Madrid in drei
Wochen.

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