Interview:

2007-08-09 Ministry

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Das Kapitel MINISTRY geht in die allerletzte Runde. "The Last Sucker" schließt die Trilogie um den wahrscheinlich dämlichsten amerikanischen Präsidenten aller Zeiten gebührend ab. Grund genug, ein Bandmitglied noch einmal gründlich auszufragen, in diesem Falle Tommy Victor, der noch nicht allzu lange in der Band ist. Aber praktischerweise kann er nicht nur für Al Jourgensen und MINISTRY sprechen, sondern hat mit PRONG bekanntermaßen noch ein anderes heißes Eisen im Feuer, über das er gerne zu berichten weiß... InterviewWie bist Du eigentlich zu MINISTRY gekommen? Es ist ja kein Geheimnis, dass sich MINISTRY und Deine Band PRONG in der Vergangenheit nicht unbedingt grün waren.



Hahaha! Da ist schon was dran. Ich meine, wir mochten uns gegenseitig immer auf musikalischer Ebene, aber Al und ich waren vor langer Zeit mal betrunken aneinander geraten. Wir standen immer in Konkurrenz zueinander, aber MINISTRY waren immer eine unserer Lieblingsbands. Wir trafen uns dann später noch einmal auf dem "Lowlands"-Festival, das müsste jetzt etwa vier oder fünf Jahre her sein, da war dann wieder alles cool. Und als sie einen neuen Gitarristen brauchten und PRONG zu dieser Zeit gerade aussetzten, bekam ich einen Anruf, ob ich denn nicht Lust habe, dort zu spielen. Das ist jetzt ca. zweieinhalb Jahre her.



"The Last Sucker" soll ja das letzte MINISTRY-Album überhaupt sein. Warum hört Ihr auf?



Nun, darüber ist niemand so richtig glücklich, von Al einmal abgesehen! Aber es ist seine Entscheidung. Ich denke, er möchte sich einfach mehr seinen Produktionen und Aufnahmen widmen und sein Label in Angriff nehmen als den ganzen Albtraum aus Reisen und Touren weiter zu betreiben. Diesen Stress mit MINISTRY will er wohl nicht mehr haben, weil es sehr an den Nerven zerrt. Auf der Person, die für alles verantwortlich ist, lastet immer erheblicher Druck, das kenne ich ja auch von PRONG. Er möchte schon weitermachen, aber eben außerhalb des MINISTRY-Konzeptes, und die Band hat ja auch genug Alben veröffentlicht, weil es sie schon sehr lange gibt. Das ist der Grund; er möchte es eben nicht mehr!



Nach dem letzten Album "Rio Grande Blood" habt Ihr aber nicht viel Zeit benötigt, die neue Scheibe fertig zu stellen, gerade mal ein Jahr.



Das sind die Zeichen der Zeit, wenn man stetig Material schreibt und produziert. Manche Bands touren nach einer Platte für eine sehr lange Zeit, aber das ist nicht Sache von MINISTRY. Wir wollten jetzt einfach wieder ins Studio gehen und das neue Album aufnehmen, weil wir kreativ sein wollten und genug Ideen für neue Songs hatten. Ich persönlich wäre gerne noch mit "Rio Grande Blood" getourt, aber unsere Arbeitsweise hat es PRONG auf der anderen Seite erlaubt, sich zu reformieren, eine neue Scheibe aufzunehmen und damit fertig zu werden. Ich bin nun mal in beide Projekte eingebunden, und das Timing hat sehr gut funktioniert. Al hat sehr lange für das Album benötigt und wollte es möglichst schnell veröffentlichen. Wir dachten auch, dass es länger dauern würde, weil MINISTRY-Alben immer sehr aufwendig sind, aber ganz so schnell ging es auch nicht. Ein wenig mehr Touren für das letzte Album hätte mir aber gefallen.



In Deutschland habt Ihr im Zuge des letzten Albums aber nicht so viele Shows gespielt, hauptsächlich ein paar Festivals, soweit ich mich erinnere.



Ja, es hätte echt etwas mehr sein können, aber je älter man wird, desto schwieriger wird es mit der Fliegerei und dem Verschiffen des ganzen Equipments nach Europa. Auch hier allein in den Staaten nervt diese ganze Luftsicherheit! Es ist alles nicht so einfach, wie sich die Leute das vorstellen. Da kann ich Al schon verstehen, dass er nicht mehr so oft zu Euch herüber kommen möchte. Aber MINISTRY werden im Juni noch eine Tour drüben spielen.



Auf "The Last Sucker" ist auch Burton C. Bell von FEAR FACTORY zu hören. Wie ist er denn in das Projekt geraten?



Ich glaube, das kam, als wir eine Tour zusammen mit FEAR FACTORY in Deutschland spielten. Er hing da oft mit uns rum, und so kamen die ersten Gespräche zustande. Ich kenne ihn aber schon lange, weil ich auch in L.A. lebe. Auch die anderen Jungs aus der Band kenne ich ganz gut, zum Beispiel auch Dino, der nicht mehr dabei ist. Al hat Burton einfach gefragt, ob er auf dem Album singen möchte, und ich finde, er passt gut zum Stil von MINISTRY.



Nicht alle Songs auf dem Album handeln direkt von der Bush/Irakkrieg-Thematik. Zum Bleistift "Die In A Crash" oder auch die THE DOORS-Cover-Version "Roadhouse Blues" fallen da etwas aus dem Rahmen...



Wenn man in den USA das Radio einschaltet und einen Classic Rock-Sender hört, dann hat man gute Karten, "Roadhouse Blues" zu hören. Sie spielen es hier die ganze Zeit über, genau wie "Satisfaction" von den Stones. Al ist den Song aber eher satirisch angegangen und nimmt das Stück nicht sonderlich ernst. Er kann auch nicht wie Jim Morrison singen, darum fand er es eine gute Idee, den Song zu covern, haha! So albern es auch ist, wurde diese Version echt gut! Den Text zu "Die In A Crash" haben Burton und ich geschrieben. Al hatte diesen verrückten, schrägen Punk Rock-Song geschrieben und wollte ihn auch unbedingt aufnehmen, egal, was irgendwer dazu sagt. Aber er meinte, dass ihm dafür kein Text einfiele, darum haben Burton und ich das übernommen. Wir haben dann alles zusammengefügt.



Euer letztes Album sowie die letzte Scheibe von Al´s REVOLTING COCKS-Projekt wurden von einigen Elektronik-Experten aus der Szene remixt. Wessen Idee war denn das, und war das wirklich nötig?



Ob das nötig war...?! Es war ein Experiment, von dem Al dachte, dass es eine gute Idee sei. Neues Land haben wir damit aber nicht betreten, denn bereits in den frühen 90ern war es typisch für Bands wie MINISTRY oder PRONG, Remix-Alben zu veröffentlichen. Al und ich hatten darüber gesprochen, und Clayton Worbeck hat sich dazu bereit erklärt, diese Remixe zu machen. Wir wussten auch nicht, was genau dabei rauskommen würde, aber wir sind absolut zufrieden damit. Es war ein Experiment, keine bedeutende Angelegenheit, und wir hatten so dadurch die Möglichkeit, die Sache mit den Remix-Alben ein wenig zurück zu bringen.



Aber die Leute, die für so ein Remix-Album in Frage kommen, sind nicht die heutige Fanbasis von MINISTRY.



Ja, das ist aber immer so, das ist auch klar. Aber Al stammt ja auch aus dem elektronischen Lager. Und obwohl "The Last Sucker" ein hartes Rock-Album ist, ist es auch sehr elektronisch, eben Industrial. Aber was die genaue Fanbasis betrifft... da bin ich echt ahnungslos und weiß gar nicht mehr, wie das heute aussieht.



Meiner Meinung nach klingt "The Last Sucker" auch eher nach den MINISTRY-Alben der 90er Jahre wie "The Mind Is A Terrible Thing To Taste" oder "The Land Of Rape And Honey" als nach den späteren Werken der Marke "Houses Of The Molé" oder "Rio Grande Blood".



Das war Al´s Entscheidung, und ich denke, er würde sich auch sehr freuen, dass Dir das aufgefallen ist! Das ist genau das, was er auch erreichen wollte. Die etwas rockigeren Stücke wie den Titelsong habe ich etwas mehr illustriert, dafür haben Al, Sin Quirin und Paul Raven mehr an den anderen Songs gearbeitet.



MINISTRY wurden ganze fünf Mal für einen "Grammy" nominiert. Hast Du eine Ahnung, warum die Band bisher dennoch keinen davon gewinnen konnte?



Ich denke, das hat mit Plattenverkäufen zu tun! Am Ende läuft es wohl darauf hinaus. Wenn man sich Bands wie SLAYER, MASTODON oder auch LAMB OF GOD anschaut, dann befinden sich MINISTRY am unteren Ende der Plattenverkäufe, also der Chart-Liste.



Habt Ihr denn schon mal daran gedacht, eine Doppeltour mit beiden Bands, also MINISTRY und PRONG, zu machen?



Ja, das haben wir sogar, aber das wäre sehr schwierig zu handhaben. Ich hätte das gerne gemacht, es gab auch einige Gespräche, das nächstes Jahr durchzuziehen, aber die Idee wurde dann verworfen. Ich persönlich wäre sofort dabei gewesen, aber Al findet es seltsam, wenn jemand aus seiner Band auf der Bühne steht, bevor er mit MINISTRY rauskommt und spielt. Aber rein theoretisch wäre es möglich.



Du hast ja auch zeitgleich mit MINISTRY an einem neuen PRONG-Album gearbeitet, der Titel lautet "Power Of The Damager"?!



Ja, das stimmt, es ist gestern fertig geworden und wird am 2. Oktober erscheinen. Ich bin sehr zufrieden damit!



Ihr seid ja auch mittlerweile auch bei Al´s Label "13th Planet" gelandet.



Das hat für mich absolut Sinn gemacht, denn so hatten wir einen Sound-Engineer, eine Möglichkeit, überhaupt eine Platte aufzunehmen, und auch mit den Kosten hatten wir keine Probleme. Es für uns ist das beste Label, das heute eine PRONG-Platte herausbringen kann. Ich habe mit Al´s Engineer zusammen gearbeitet, und ich wusste daher, was ich bekommen würde. Das Album ist aber komplett anders aufgenommen und behandelt worden als die neue MINISTRY, genau im Gegenteil. Es gibt Live-Drums, laute Gitarren, trockenen Gesang und sehr einfache Overdubs. Ich kann immer noch nicht fassen, dass wir die Scheibe überhaupt fertig bekommen haben, denn wir versuchen schon seit Ewigkeiten, ein neues PRONG-heraus zu bringen. Und MINISTRY haben mich im letzten Jahr zeitlich sehr in Anspruch genommen. Aber dadurch, dass wir mit den MINISTRY-Songs so schnell fertig wurden, konnte ich mich an unsere neue Platte setzen. Es ist schwierig, bei einem Label wegen einer neuen Scheibe anzufragen, vor Allem, wenn man dann nur eine von vielleicht 40 Bands ist. Da war 13th Planet einfach die beste Lösung, zumal Al nur drei Bands unter Vertrag hat.



Du hast es ja eben schon angesprochen: mittlerweile ist ja ein Teil von PRONG in MINISTRY, aber wie viel MINISTRY befindet sich jetzt in PRONG?



Hahaha! Nicht viel! Der meiner Meinung nach beste Song auf dem Album ist einer, bei dem Al den Mix übernommen hat. Er heißt "The Banishment", klingt aber nicht nach MINISTRY, sondern eher etwas nach KILLING JOKE oder SKINNY PUPPY. Aber der Rest ist Metal, Hardcore und altes PRONG-Zeug.



MINISTRY haben letztes Jahr auch in Wacken gespielt. Wie fandet Ihr denn den Gig?



Das war ein verdammt langer Tag. Ich habe ja vorhin schon erwähnt, wie schwierig es für Al ist, nach Europa zu kommen. Das mit dieser ganzen Security ist wesentlich schwieriger geworden als noch vor ein paar Jahren. Das war an dem Tag alles so hektisch, und ich hatte mehr Spaß daran, die anderen Bands zu sehen, als unsere eigene Show zu spielen. Al mochte die Show auch gar nicht, aber ich denke, wir waren wirklich gut. Das Problem war nur, dass es sehr spät war und die Leute müde wurden, weil zuvor schon an die 30-40 Bands gespielt hatten. Auf dem "Mera Luna" waren die Leute dann besser drauf, das war auch das beste Festival, auf dem ich bisher gespielt habe. Ich fand das wesentlich besser als Wacken!



Es wurde auch berichtet, dass Al nachts in Wacken noch das Lagerfeuer im Backstage-Bereich ausgepieselt haben soll...



Oh... ich meine, Al wird gerne mal verrückt, das war so gesehen ein ganz normaler Abend mit ihm.




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