Interview:

2015-05-03 MARDUK - Im Gespräch mit Morgan Steinmeyer Håkansson

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MARDUK sind im Rahmen der Hatefest-Tour in der Garage in Saarbrücken angekommen. Ein Interview mit Gitarrist und Mastermind Morgan Steinmeyer Håkansson, als geistiger Kopf der Band von Gründungszeit an, wurde mir vor Beginn der ersten Band gegen 17:30 Uhr zugesagt. Ich warte beim Merchandisestand, doch der Tourmanager teilt mir kurz vor 18 Uhr mit, dass das Interview auf eine Zeit nach dem Auftritt von MARDUK verschoben werden muss. Die nächste SMS sollte mich um kurz vor 24 Uhr ereilen, als schon niemand mehr in der Halle war, das Konzert vorbei und die Roadies mit dem Abbau der Bühne begonnen hatten. Früh nach Hause fahren war also nicht, so dass ich fast zur Geisterstunde die Treppen hoch in den Backstagebereich erklomm, in dem es nach Duschgel roch und allgemeine Aufbruchstimmung herrschte. MARDUK hatten ihren eigenen Bandraum und nachdem die anderen Bandmitglieder uns alleine ließen, saß ich Morgan auf einer Couch mit einem kleinen Tisch gegenüber. Vor uns ein dickes gebundenes Buch, in dem er noch zuvor am Lesen war. Morgan hatte trotz vorgerückter Stunde richtig Lust auf das Interview, was ich aufgrund der Verschiebung des Termins nicht erwartete und beantwortete die Fragen gerne. Er ist ein Mensch, der eine Menge zu erzählen hat, so dass die Zeit wie im Fluge verging:Interview

Frage: Morgan, Gratulation zu Eurem neuen Album "Frontschwein", das viele gute Kritiken geerntet hat. Der Titel ist jedoch für eine skandinavische Band etwas ungewöhnlich, wie kam es dazu?

Morgan: Das ist richtig. "Frontschwein" passt jedoch hier perfekt für unser neues Album, denn unsere neue Scheibe ist ein Konzeptalbum über den 2. Weltkrieg und der Titel ist auch für uns als Band passend. "Frontschweine" sind Typen, die die dreckige Arbeit machen, immer an erster Linie stehen und nie aufgeben. Wir sind hierbei die "Frontschweine" des extremen Metal.

Frage: Erwähnen muss man natürlich, dass dies nicht Euer erstes Album mit einem deutschen Titel über den 2. Weltkrieg ist, "Panzerdivision Marduk" ist sicherlich noch allen als euer sehr erfolgreiches Werk bekannt.

Morgan: Ja, genau. Viele denken, wir hätten mit "Frontschwein" eine Art "Panzerdivision Part 2" herausgebracht, aber dem ist nicht so. "Panzerdivision" war eigentlich kein richtiges Album, es geht ständig auf Vollgas geradeaus und eher ein Statement von uns für die damalige Zeit, wobei "Frontschwein" hingegen musikalisch eine ganz andere Nummer ist. Wir haben bei "Frontschwein" ein "viel größeres Bild" geschaffen und uns viel mehr mit dem Album auseinandergesetzt, als dies mit "Panzerdivision" der Fall war.

Frage: Kann man eigentlich sagen, dass ihr thematisch immer wieder die Themen Tod, Satanismus und Krieg in den Alben als inhaltliches Konzept abwechselt und ihr schon das nächste Album dementsprechend plant?

Morgan: In irgend einer Weise sicherlich, aber es gibt keine durchgehenden geplanten Wechsel. Uns interessieren keine Vögel, Blumen oder derartige Themen. Richtig ist, dass wir schon Gedanken an das nächste Album haben, inhaltlich wird jedoch noch nichts verraten!

Frage: Der zweite Song auf dem neuen Album nennt sich "The Blond Beast". Ist der Song über Reinhard Heydrich, dem deutschem SS-Obergruppenführer und Organisator des Holocausts?

Morgan: Ganz genau. Wir haben über ihn schon mehrere Songs geschrieben, z.B. "The Hangman of Prague" oder "The Funeral Dawn", welches über seinen Tod handelt. Es ist ein Charakter, über den ich schon viel gelesen habe, so dass ich ihn in den Songs verarbeite.

Frage: Ich weiß, dass Du Dich sehr mit dem Thema "2. Weltkrieg" beschäftigst, wie kam es dazu, ist das Interesse noch aus Schulzeit vorhanden?

Morgan: Aus der Schule weniger, ich habe als Jugendlicher viel Modellbau betrieben und somit einige Flugzeuge usw. aus der damaligen Zeit zusammengebaut. Meine Eltern hatten Bücher über den zweiten Weltkrieg und so ging alles los. Heute habe ich ca. 600 Bücher zu dem Thema in meiner Bibliothek und bin immer noch ständig am Lesen und entdecke Neues. Auf Tour kaufe ich in Antiquariaten ein, was nicht selten schon zu einem Transportproblem wurde. Es gibt viele interessante Geschichten aus dem 2. Weltkrieg, nicht nur die Thematik des Krieges, sondern auch wirtschaftliche Entwicklungen zu der Zeit, die mich interessieren. Viele verbinden mich immer mit dem Thema, aber tatsächlich bin ich allgemein geschichtlich interessiert und lese gerne Geschichtsbücher, meistens 3-4 Bücher pro Woche. Derzeit lese ich z.B. ein Buch über den 30jährigen Krieg, das gerade vor uns auf dem Tisch liegt. Musikalisch schreibe ich dann nicht selten den entsprechenden Soundtrack dazu.

Frage: Was interessiert Dich am meisten am 2. Weltkrieg? Der Krieg an sich?

Morgan: Weniger, sondern eher, wie es dazu letztlich kommen konnte, wie die damalige Situation war und alles entstand.

Frage: Jeff Hannemann von SLAYER, ruhe er in Frieden, sammelte Orden und Abzeichen aus dem 2. Weltkrieg, wie ist es bei Dir?

Morgan: Ich sammele auch alles mögliche aus dem 2. Weltkrieg. Ich habe einige Dolche, Helme und Waffen. Ich habe ein Mauser, ein Maschinengewehr. Ich habe auch viele normale Jagdgewehre in meiner Sammlung. Allerdings ist das Sammeln auch sehr teuer. Gerade die Sachen aus dem 2. Weltkrieg werden für sehr hohe Preise angeboten.

Frage: In Deutschland ist das Thema "2. Weltkrieg" nicht immer einfach zu thematisieren.

Morgan: Das ist richtig, allerdings gibt es keine Kollektivschuld oder Erbschuld. Ich schreibe Songs über diese Zeit, aber es ist keine politische Botschaft hier vorhanden, ich schreibe lediglich den Soundtrack dazu, mehr nicht. Das hat man zu respektieren und mehr steht da nicht dahinter.

Frage: Gibt es einen Lieblingssong für Dich vom neuen Album?

Morgan: Nein, da kann ich wirklich keinen herausgreifen, ich mag sie alle. Aber wenn ich unbedingt einen herausgreifen soll, dann der letzte "Thousand-Fold Death". Falls Du mich aber morgen wieder fragst, kann es sein, dass ich Dir einen anderen Song schon wieder nennen würde.

 

 

Frage: Ist es richtig, dass ihr bei der Tour stets ein großes Spektrum aller Songs spielt, so dass ihr nicht nur die letzten Alben berücksichtigt?

Morgan: Das ist richtig, wir wollen einen großen Überblick bringen. Klar, man sollte sich schon auf das neue Album konzentrieren, denn deswegen ist man oft auf Tour, aber aufgrund unserer langen Bandgeschichte wollen wir auch die komplette Zeit abdecken.

Frage: MARDUK ist im Jahre 2015 insgesamt 25 Jahre als Band unterwegs - gibt es hier eine besondere Feier?

Morgan: Geplant ist nichts, wir werden in diesem Jahr sehr viel touren, viel Zeit ist hier leider auch eh nicht.

Frage: Black Metal war Ende der 90er Jahre sehr groß, die Szene wurde dann etwas kleiner, ist aber nach wie vor vorhanden. Wie hat MARDUK diese Zeit überlebt?

Morgan: Uns war es immer egal, was andere Bands gemacht haben oder wie sich die Szene darstellte. Wir haben unser Ding durchgezogen. Es gab eine Menge Bands im Black-Metal, die richtig scheisse waren. Bands sind gekommen und wieder gegangen. Wir haben uns hierüber aber keine Gedanken gemacht, man sollte sich stets auf sich selbst konzentrieren.

Frage: Wie geht die Zeit nun nach 20 Jahren weiter?

Morgan: Wir haben noch eine große Tour vor uns und hiernach denken wir schon an das nächste Album. Es geht also weiter wie bisher, wir haben noch lange kein Ende in Sicht!

Frage: Schreibst Du lieber neue Alben oder liebst Du das Leben auf einer Tour?

Morgan: Beides. Wenn Du eine Sache zu lange machst, sehnst du dich wieder nach der anderen Sache.

Frage: Wenn Du Dich nicht mit der Band beschäftigst, was machst Du dann in Deiner Freizeit?

Morgan: Ich habe viele Hobbys. Oft gehe ich jagen oder fischen, das mache ich sehr gerne.

Frage: Wie kannst Du während der Tour abschalten, was machst Du in der freien Zeit?

Morgan: Ich lese. Ich mag Bücher, richtige Bücher, am besten im Hardcover. Mit elektronischen Büchern oder dem Kindle kann ich nicht viel anfangen.

Frage: Heutzutage bestimmt das Internet unser Leben und soziale Netzwerke sind für Bands schon unbedingte Grundvoraussetzung, um im Gespräch zu bleiben. Wie siehst Du das?

Morgan: Es stimmt, dass man sich damit auseinandersetzen muss, wir posten auch unsere Neuigkeiten dort. Allerdings bin ich kein Fan sozialer Netzwerke. Wer was von mir will, kann mich anrufen oder eine E-Mail senden. Ich mag nicht mein Leben auf einem sozialen Netzwerk veröffentlichen.

Frage: Viele schauen derzeit TV-Serien, interessiert Du Dich auch für eine? 

Morgan: Nein, ich hab zwar mal welche angefangen, bin aber dann bei den Büchern geblieben, in die ich eintauchen kann. Das funktioniert für mich am besten. Lesen steht für mich an erster Stelle.

Frage: Ihr hattet vor einigen Jahren viele Besetzungswechsel in der Band, nun ist seit einiger Zeit Kontinuität gegeben. Wie kam es zu den Veränderungen damals?

Morgan: Nicht jeder hat die Zeit und Energie in die Band gesteckt, die notwendig war, wenn man dann nicht auf einer Wellenlänge liegt und nicht für die Band lebt, funktioniert es irgendwann nicht mehr. Das sind die Gründe, warum wir Wechsel im Line-Up hatten. Der letzte Wechsel betraf den Schlagzeuger, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen die Band verlassen musste, da er aufgrund von Rückenproblemen nicht so viel touren konnte.

Frage: Abschließende Frage: Welche drei Dinge würdest Du mit auf eine einsame Insel nehmen?

Morgan: Puh, keine Ahnung. Ein Buch wäre schnell gelesen. Ich glaube, ich nehme Sachen zum Jagen und Fischen mit.

Frage: Danke für das Interview und weiterhin eine gute Tour

Morgan: Danke ebenso und Euch eine gute Zeit!