Interview:

2003-01-28 Marduk

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Am 24. Februar kommt das neue MARDUK-Album mit dem wenig optimistischen Titel "World Funeral" (dafür aber mit amtlichen Black-Metal-Reissern) auf den Markt. Schon am 10. Februar erscheint als Vorgeschmack die Single "Hearse" mit dem Possessed-Cover "Phantasm"obendrauf. Der redselige und gewichtige (wie ich ja in der Konzertkritik gelesen hab) Frontmann Legion stellte sich dem Interview, obwohl ich ja eigentlich Kollegen Morgan so gerne nach seiner Schädelsammlung fragen wollte...InterviewJa, wir mussten uns den Kram teilen, einiges war wohl irgendwie doppelt gebucht...



Na gut, auch nicht schlecht. Dann erzähl doch mal. Ihr habt ja mächtig was hinter euch. Erst die Christmas-Festivals, dann eine ausgedehnte Promo-Tour.



Ja. Morgan ist gerade vons einer Promo-Reise aus Paris zurückgekommen. Hat ihm nach ersten Erzählungen nicht so gut gefallen. Erst einen Haufen Interviews gegeben und dann musste er auch noch drei verschiedene Photosessions hinter sich bringen. Schminken, Fotos, Schminke ab, Pause, Schminke wieder drauf, blabla, so hat er gelabert. Und er wäre schon ganz rot im Gesicht gewesen. Wer weiß wovon?! Nach ein paar Bier hat er nämlich plötzlich gemeint, er müsse unbedingt wieder nach Paris. Von wegen geile Stadt und tolle Frauen. Oder andersherum.... Im Ernst: Die Christmas-Tour war ganz groß. Wir waren ja nun ein Jahr oder so nicht in der Gegend. Von daher waren die Reaktion eh schon ganz gut. Dann haben wir neue Songs gespielt und ein paar Lieder gebracht, die wir vorher noch nie live vorgestellt haben. Und dementsprechend sind die Leute auch abgegangen.


Trotzdem ist doch so ne Mammut-Veranstaltung wohl nicht das Gelbe vom Ei.



Ich weiß, was du meinst. Wenn das Ganze in Riesen-Arenen passieren würde, wäre es vielleicht nicht so stressig für die Musiker. So wie beim Ozz-Fest. Aber bei uns sind halt 60 Leute in normalen Konzert-Venues eingepfercht. Das bedarf schon einiger Koordination. Wir hatten diesmal wirklich eine Super-Crew, mit anderen Krampen wäre das mit Sicherheit nach hinten losgegangen. Ohne Frage aber sind die Fans total überfordert. Sie können wegen der kurzen Spielzeiten ja kaum zum Bierholen und Pissen gehen, wenn sie nichts verpassen wollen. Ganz abgesehen davon, was konditionell von ihnen verlangt wird. Und wenn sie noch ein bisschen Feedback geben wollen, wie soll das gehen? Acht Stunden durchbangen? Das schafft keine Sau. Als wir das erste Mal auf so einer Art von Tour waren, machten fünf Bands mit. Damals hieß, mehr würden das auf keinen Fall. Jetzt waren es neun. Definitiv zu viel...


Weniger Bands, nämlich zwei an der Zahl, spielten, als ihr Danzig supported habt. Erstens ein merkwürdiges Package, zweitens soll der Schinken-Gott ja nicht gerade einer der angenehmsten Zeitgenossen sein. Wie war’s denn?



Just amazing! Ohne Scheiß, das erste, was er seiner Crew gesagt hat: "Das sind Marduk, die sind auf meine Einladung hier, behandelt sie mindestens so gut wie mich." Ich habe auch gehört, dass er nicht ganz einfach sein soll, uns gegenüber war er ein wirklicher Freund, hat sich super persönlich um uns gekümmert. Den Eindruck hatten wir auch schon, als wir ihn das erste Mal in L.A. trafen. Nicht ganz so erfreut wie er waren einige der Besucher. Einer hat beim Mixer gestanden. Die ganze Zeit hat er uns den Stinkefinger gezeigt. Cool, immerhin ist er nicht Bier saufen gegangen. Er beachtete uns die volle Spielzeit, was willst du mehr?. Aber in der Hauptsache haben die Leute dumm geguckt und sich gefragt, was das wohl für Musik sein soll. Oder sie kannten und mochten uns und sind ausgerastet. War auf jeden Fall interessant.



Ihr tourt ja sowieso mal ganz gerne.


Diese ganze Konstellation jetzt hängt aber auch mit unseren Problemen mit der US-Einreise zusammen. Wie die meisten wissen, haben Morgan und ich ja einige "Skeletons In The Closet" und kamen so nicht in die USA herein. Durch die zeitlichen Probleme hat sich irgendwie alles nach hinten verschoben und dann ergab sich ja noch die Christmas-Tour und Danzig. Und überhaupt spielen wir wirklich ganz gerne live, stimmt schon.



Lass uns endlich zur neuen Scheibe kommen. Was macht denn das neue Ding aus?


Es ist totally MARDUK, aber auch ein bisschen anders als die CDs davor. Nach drei Konzeptalben war es einfach an der Zeit, mal wieder was anderes zu machen. Die generelle Idee hinter dem Album lautet also: Keine Grenzen!. Wir schrieben elf Songs, fügten sie zusammen und heraus kam "World Funeral". Das fehlende strengente Konzept führte auch dazu, dass die Texte in völlig verschiedene Richtungen gehen. "Bleached Bones" beispielsweise geht in die alte Massenmörder-Richtung wie weiland Maiden, "Hearse" entsprang einem Horror-Film, "Blessed Unholy" handelt vom Umgang mit Religion und Regierungen. Wir haben einfach alles Mögliche gemixt.



Und musikalisch?


Da wollen wir immer einen Schritt nach dem anderen machen. Dabei ist es wichtig, dass wir uns nicht zu sehr von uns selbst entfernen. Wir wollen kein Plastik-Produkt kreieren, um damit auf die Verkäufe zu schielen. Ob es Leute gefällt oder nicht ist in erster Linie zweitrangig. Wir müssen uns weiterhin ins Gesicht gucken können. Wenn’s dann noch ein paar Maniacs gefällt, umso besser. Es ist typisch MARDUK, hört’s euch einfach an.



Ein Grund für eure Selbstsicherheit ist diesbezüglich sicher auch, dass Morgan seine eigene Firma Blooddawn besitzt, die mit eurem Label zusammenarbeitet. Warum diese Kooperation?


Wir arbeiten mit Per von Regain zusammen, weil er so ein netter junger Mann ist. Nee, ohne Scheiß, er kennt sich im Business aus, sagt uns immer die Wahrheit, ob’s gute oder schlechte Neuigkeiten sind. Nachdem wir Osmose verlassen hatten, haben wir überlegt, zu einem größeren Label zu gehen. Und dann? Wenn du ihnen nicht entgegen kommst und dann auch noch zu wenig verkaufst, bist du ruckzuck gedroppt. So ist es besser, zudem sitzt die Firma ganz in unserer Nähe, alles bestens, Regain ist gut für uns.



Nichtsdestotrotz muss auch der Rubel rollen. Deswegen gibt’s bald ne DVD.


Auf der kommenden Tour werden wir filmen und aus zwei gelungenen Shows das beste Material heraussuchen. Dazu gibt’s zwei Promo-Clips und viele andere interessante Sachen. Vor dem Sommer wird’s wohl nix, also wird’s Ende des Jahres irgendwann herauskommen. Genau steht die Planung noch nicht.



Fest dabei ist seit 2002 euer neuer Drummer Emil Dragutinovic. Wie kam’s denn zum Wechsel?


Wir waren uns eigentlich schon seit Längerem darüber im Klaren, dass Freddy raus musste. Er hatte keine Ambitionen mehr. Er wollte einen geregelten Job, mehr nicht. Außerdem kann er ein ziemlicher Stinkstiefel sein, wenn ihm irgendwas missfiel. Dann wurde er arrogant, ein richtiges Arschloch. Und dan suchten und suchten wir und fanden einfach niemanden. Bis wir bei einem Konzert eine unbekannte Vorband sahen. Da saß er also und spielte wie der junge Pete Sandoval. "Was, den kennt keine Sau?" wunderten wir uns. 20 Jahre jung, erst seit Jahren an den Drums. Tja und dann haben wir ihn zu Auditions eingeladen. Du hättest mal seine Jubelschreie hören sollen, als wir ihm am Telefon zugesagt haben. Der ist richtig ausgeflippt vor Freude: Dürfte wohl der richtige Mann sein.



Richtig wichtig soll für euch ja Satan sein: Was hat’s denn damit auf sich?


Achja. Für uns ist Satan ein Standpunkt, eine individuelle Ansicht. Wir werden niemals in weißen Klamotten rumlaufen, uns die Haare schneiden, Mineralwasser süppeln und rufen "Greenpeace ist das allerbeste". Es ist eher so ein Ausdruck oder ein Symbol für die persönlichen Ansichten.



Wie zum Beispiel "Kirchen anzünden im Namen des Satans" wie damals in Norwegen.


Das ganze Ding ist ja wohl zu einem PR-Ding verkommen. Dead as fucking Disco. Ob nun Christen oder Wikinger, da purzelten ja wohl auch die Köpfe, wenn man was Falsches gesagt hat. Alles Blödsinn. Für mich bedeutet Satan in Kürze das: Schönheit, Stärke, Freiheit.



Ein anderes Vorurteil, mit dem MARDUK gerne konfrontiert wird, ist Nazi-Freundlichkeit. So sammelt Morgan zum Beispiel mit Vorliebe Soldaten-Figuren.


Dies Gequatsche geht mir auf den Sack. Wir müssen uns vor niemandem rechtfertigen, wir nehmen uns die Freiheit, zu denken, was wir wollen. Niemand von diesen Leuten weiß, wer und wie wir wirklich sind.



Was meinst denn dann zu Nazis?


Es war eine Form der Regierung, die Wikinger der Neuzeit, genauso brutal und gefährlich wie damals. Ich glaube aber, dass das vorbei ist. Die Bewegung heute, nehmen wir mal Skinheads, die zerstören willkürlich irgendwas oder schlagen jeden zusammen. Und dabei scheint es ihnen ziemlich egal zu sein, aus welcher Bevölkerungsgruppe die Opfer nun kommen. Mit Skinheads will ich nichts zu tun haben. Mit Nazis gab’s früher extreme Probleme, heute ist es nicht mehr so ernst.



Von der rechten politschen Außen droht also deiner Meinung nach keine Gefahr???


Zumindest nicht hier in Schweden. Hier ist die extreme Linke zahlenmäßig viel, viel ernster zu nehmen und dazu noch viel straffer organisiert. Und die Medien sagen dann: "Das sind nur ärgerliche Kinder, die ihren Frust von der Gesellschaft an der Gesellschaft auslassen müssen" oder sowas. Sie haben in Göteborg bei einem Bush-Besuch die gesamte Haupteinkaufsstraße ihn ihre Bestandteile zerlegt. Sie haben einen Schaden von zwölf Millionen Euro angerichtet. Einfach so. Das ist doch krank.



Naja. Über diese Ansicht darf man wohl getrost geteilter Meinung sein... Krank, das allerdings trifft wohl auf extreme Gewaltauswüchse von allen Seiten zu. Am Ende noch mal was Erfreulicheres. Ihr spielt ja in nicht allzu ferner Zukunft einen "geheimen Gig" zum Release euer neuen Scheibe. In der Freien und Hansestadt Hamburg etwa? Oder soll’s ne Überraschung sein?


Wenn ich dir sagen würde, das stimmt, dann wär’s ja keine mehr. Aber das ist wohl was im Busche.



Wer’s genauer wissen will, der sollte sich mal die News anschauen, da findet ihr (ein paar Tage zurück) was zu demGig in einem beliebten Klub am Hafen ...

Das stehen sie nun mit leeren Händen: Marduk. Black Metal aus Schweden: Gruppenbild mit Schädel - Marduk.