Interview:

2016-04-22 Lizzies - Glück ist was man draus macht

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Die Spanierinnen LIZZIES haben kürzlich mit „Good Luck“ ein amtlich tönendes Debut veröffentlicht. Grund genug für uns um bei Basserin Marina nach dem Stand der Dinge, der Geschichte LIZZIES‘ und dem Glück im Allgemein nachzufragen.Interview

Zuerst möchte ich euch zu eurem ersten Album „Good Luck“ gratulieren. Ich habe im Infozettel gelesen, dass ihr auf diesem Album einen ziemlich „britischen Sound“ habt. Aber ich weiß auch, dass viele alte spanische Bands diesen „NWoBHM-Touch hatten. Was war denn ein größerer Einfluss auf den typischen LIZZIES-Sound? Die britischen Klassiker oder doch eher die alte Garde aus eurem Heimatland (z.B. OBÚS, BARON ROJO, PANZER oder SANTA)?

Dank dir sehr! Die klassischen Bands aus Großbritannien sind definitiv der größere Einfluß. Auch wenn wir einige der Bands, die du genannt hast, sehr mögen, haben wir immer mehr britischen als spanischen Metal gehört. Wir mögen einfach den britischen Sound der späten 70er und frühen 80er. Er ist einerseits rau, kraftvoll und simpel aber gleichzeitig auch komplex. Absolut rein….einfach brilliant!

 

Ihr habt „Good Luck” sehr live aufgenommen. Was sind denn die Vorteile, wenn man sich für eine solch „oldschoolige“ Variante des Aufnahmeprozesses entscheidet?

Als unsere Drummerin ihre Parts eingespielt hat, haben wir alle live mitgespielt. Es gab kein Metronom für sie. Einfach so wie wir auch im Proberaum spielen. Das gibt einen sehr natürlichen Groove. Wir haben zwar die Gitarren und den Bass bei den Drumrecordings mit aufgenommen, sie später aber nochmal alleine aufgenommen um einen sauberen Sound zu bekommen. Allerdings folgten wir dann eben den Drums und nicht einem Metronom. Ein Metronom macht Sinn wenn du als Band oder alleine übst. Aber es klingt furchtbar wenn man sich auf einem Album immer an einem externen Click orientiert und nicht sein Instrument sprechen lässt. Das ist der Vorteil: Es klingt lebhaft, echt und nicht künstlich. Und der ganze Prozess macht natürlich so auch viel mehr Spaß. Man lässt nicht einen Bildschirm mit Wellen und Balken die Kontrolle übernehmen.

 

Was sind die Themen auf „Good Luck”? Gibt es einen Song, dessen Texte dir am meisten am Herzen liegen?

Wir sprechen auf unserem Album viele Themen an, aber alle stehen entweder mit Glück und Schicksal in Verbindung („Russian Roulette”, „8 Ball”) oder mit „Roadtrips“, die dich ins Nirgendwo führen („666 Miles“, „Speed On The Road“) oder handeln von metaphorischen „Freakshows“ („Mirror Maze“, „Viper“). 

Jede von uns hat ihre Lieblingssongs. Nicht nur wegen der Texte, sondern auch wegen den Melodien oder was man mit dem jeweiligen Song verbindet. Aber jeder Song ist sehr wichtig für uns, sind eben unsere kleinen Kinder hahaha!

Euer Cover-Artwork ist für ein Heavy Metal Album recht ungewöhnlich. Was es sehr einzigartig macht. Wer hatte denn die Idee dafür?

Als wir mit dem Songwriting fertig waren, haben wir gemerkt, dass die meisten Songs –wie ich schon sagte- von Glücksspiel, Glück allgemein und Schicksal handeln. Das ganze Album ist eine richtige „Freak Show“. Deswegen dachten wir uns eine Art gruseligen Jahrmarkt aus. Wir erinnerten uns an Zoltar, den Wahrsager aus dem Film „Big“ (1988, mit Tom Hanks), und dachten dass er perfekt für das Album passen würde. Was er auch tut.

 

Bis jetzt habt ihr nur einige spezielle Shows außerhalb Spaniens gespielt (England, Deutschland, Schweden). Was war die beeindruckendste Erfahrung für euch bei diesen Shows?

Der Tag an dem wir auf dem Metalheadz Open Air in Deutschland gespielt haben war total großartig. Wir kannten dort niemanden und hätten niemals mit einem solch tollen Feedback seitens des Publikums und der Organisatoren gerechnet. Wir konnten echt nicht aufhören zu grinsen. Ebenfalls großartig war das Rising Fest in Frankreich. Das Publikum drehte komplett durch, sie sprangen auf die Bühne und sangen unsere Songs… Auf dem Headbangers Open Air zu spielen war auch toll. Als wir nach der Show zum Merchstand gingen, war eine riesige Schlange davor. Total verrückt. Aber auch auf dem Muskelrock und dem Live Evil hatten wir eine grandiose Zeit. Eine ganz verrückte Erfahrung war Musiker von Bands, von denen wir selbst Fans sind, in der Menge beim Abrocken zu sehen.

 

Plant ihr „Good Luck” mit einer größeren Tournee zu promoten?

Wie immer spielen wir im Frühjahr hier und da einzelne Gigs, aber im Herbst….verdammt, JA!!!! Es ist endlich an der Zeit eine richtige Tour auf die Beine zu stellen, da wir bis jetzt nie länger als 9 Tage am Stück unterwegs waren. Wir haben geplant, dass wir nach dem Sommer länger in Europa unterwegs sein werden. Wenn alles glatt geht, dann kommt die große Tour auf jeden Fall. Wir können es eigentlich kaum noch erwarten.

 

Lasst uns ein wenig in der Vergangenheit zurückgehen. Wann wurden die LIZZIES gegründet und wie habt ihr euch überhaupt gefunden?

Patricia und Marina, die sich aus der Schule kennen, haben die Band 2010 in Madrid gegründet. Allerdings konnten wir damals kaum unsere Instrumente spielen. Also haben wir uns in einem Verschlag voller Kakerlaken eingeschlossen. Selbige rausgeschmissen und gelernt wie man Bass und Gitarre richtig spielt. Nach einiger Zeit dachten wir, dass es noch mehr Spaß machen würde, wenn wir auch eine Sängerin und eine Drummerin hätten. Anfang 2012 fanden wir dann mit der Hilfe einiger Freunde unsere Sängerin Elena und wurden eine echte Band, die auch regelmäßig live auftrat. Im selben Jahr nahmen wir in unserem Proberaum auch unser erstes Demo auf. Was aber eher bescheiden klang. Ein Jahr später dann folgte unsere erste E.P., welche wir in einem richtigen Studio aufnahmen. Danach konzentrierten wir uns erstmal eine Zeit lang auf Liveauftritte. Dann hatten wir leider ein paar Line-Up Probleme, die sich auflösten, als wir über einen anderen Freund Ende 2014 unsere neue Drummerin Saray kennenlernten. Zuletzt gingen wir wieder in Studio und nahmen eine 7“ mit dem Titel „Viper“ auf, welche im Juli 2015 veröffentlicht wurde.

Hat euer Bandname eine spezielle Bedeutung?

Wir waren und sind total fasziniert vom Film „The Warriors” (1979). In diesem Film gibt es eine Mädchengang, die „Lizzies“ heißt. Die hatten einen Keller mit viel Alkohol, lauter Musik, einem Billiardtisch und Knarren. Obwohl sie unseren geliebten „Warriors“ ans Leder wollten und damit natürlich falsch lagen, haben sie uns beeindruckt. Denn sie hatten „Eier“. Eine Eigenschaft, die wir lieben. Und so konnten wir nicht widerstehen und mussten einen kleinen Teil dieses Films in unserer Band haben. Wir wissen nicht was hinter dem Namen der Gang steht, aber für uns passt der Name perfekt. Um ehrlich zu sein, wurden wir schon gefragt, ob wir den Namen ändern würden, aber wir haben ihn jetzt schon so viele Jahre und können uns nicht vorstellen, dass ein anderer Name besser passen würde. Und um es ganz klar zu sagen: Unser Name hat weder etwas mit THIN LIZZY noch mit LIZZY BORDEN zu tun.

 

Ihr alle habt spezielle Spitznamen (wie Motorcycle Marina oder Patricia Strutter). Ist das eine Hommage an Bands wie SAXON oder KISS?

Bei diesem Album haben wir uns dazu entschieden einfach nur unsere Vornamen zu verwenden. Wenn ihr also das Booklet öffnet, werdet ihr nur Elena, Patricia, Marina und Saray finden. Wir dachten es sei lustig, als wir diese Pseudonyme auf dem Demo und der E.P. verwendeten. Mittlerweile sehen wir das etwas anders. Auf unseren vorangegangenen Veröffentlichungen blieben Patricia und Marina bei ihren Spitznamen, aber Elena wechselte von „Elena Zodiac“ (Anspielung auf den „Zodiac-Killer“ – empfehlenswerter Film mit Jake Gyllenhal und Robert Downey Jr. von 2007 Anm. d. A.) zu „Hell End“ (ein Wortspiel mit ihrem Namen). Patricia Strutter bezieht sich natürlich auf KISS, während Motorcycle Marina zwar an SAXON angelehnt scheint, es in Wahrheit aber nicht tut. Es bezieht sich auf den Text des Songs „Motorcycle Irene“ einer Rock Band aus den 60ern, die MOBY GRAPE hießen.

 

Nun möchte ich euch noch etwas über die spanische Metal Szene befragen, die außerhalb Spaniens (und Süd-Amerikas) ein großes Geheimnis ist. Bis auf wenige Ausnahmen hatten alle spanischen Bands in den 80er und 90er Jahren Texte in ihrer Muttersprache. Heutzutage gibt es viele junge Acts wie IRON CURTAIN, HITTEN, LEATHER HEART oder eben auch ihr, die in Englisch singen. Siehst du da eine natürliche Entwicklung oder sind das bewusste Entscheidungen?

Als wir anfingen Songs zu schreiben, taten wir das automatisch in Englisch. Wir haben uns schon Gedanken gemacht in welcher Sprache wir uns ausdrücken wollen. Hätten uns aber unwohl gefühlt, wenn wir es in Spanisch gemacht hätten. Also bei uns war es zu gleichen Teilen ein automatischer Prozess wie auch eine bewusste Entscheidung. Abgesehen davon erreichen wir wahrscheinlich mehr Menschen mit englischen Texten. Wir haben nicht wirklich eine Ahnung was der Grund bei den anderen Bands war…vermutlich aber lief es bei ihnen ähnlich ab. Ein weiterer Grund hierfür kann auch sein, dass mittlerweile viel mehr Menschen in Spanien Englisch sprechen als das noch in der 80ern und 90ern der Fall war.

 

Wie würdest du die heutige Metal Szene Spaniens beschreiben? Viele der alten Bands sind immer noch aktiv (oder haben sich in den letzten Jahren reformiert). Gibt es eine enge Verbindung zwischen den „jungen Wilden“ und den „alten Hasen“?

Wir haben eine starke Szene mit sehr vielen Konzerten. Manchmal gibt es sogar zwei, drei Shows am gleichen Datum. Kommt zwar darauf an wer spielt, aber das ist mitunter gar nicht so cool. Aber es gibt viele gute Bands und tolle Festivals. Es gibt gute und schlechte Dinge, wie in allen Metal-Szenen. Aber wenn du in Spanien Heavy Metal haben möchtest, dann kannst du echt viel davon bekommen.

Wenn wir über alte Bands sprechen: Wir haben zum Beispiel mit MURO eine enge Verbindung. Sie unterstützen uns seit Jahren und kommen zu unseren Shows. Das sind echt tolle Menschen!!

 

Was sind deiner Ansicht nach die 5 wichtigsten Heavy Metal Alben?

Wenn ich die wichtigsten Alben benennen sollte, dann müssten es definitiv mehr als 5 sein. Aber ich denke die folgenden 5 hatten einen großen Einfluß auf die Geschichte des Heavy Metals:

„OverKill“ von MOTÖRHEAD, „Defenders Of The Faith“ von JUDAS PRIEST, „The Number Of The Beast“ von IRON MAIDEN, „Turbo“ von JUDAS PRIEST und „Kill ‘Em ALL” von METALLICA .

 

Letzte Worte?

Danke dir für dieses Interview!!! Und Danke an die Fans fürs Lesen und das Interesse. Wir hoffen, dass euch unser Album gefällt und ihr es laut abspielt!! Wir sehen uns auf Tour!

 

Thanks for your time and best of luck with “Good Luck”! ;-)



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