Interview:

2004-09-07 Julia

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Man höre und staune: Aus Wien wird nicht nur elektronischer Weichspül-Jazz exportiert, sondern es gibt auch eine nicht zu unterschätzende alternative Musikszene, die denen in anderen Metropolen Europas in nichts nachsteht. Derzeit überzeugendstes Beispiel dafür ist die Band JULIA, die sich mit der Debüt-CD im Gepäck in Kürze aufmachen wird, um Deutschland zu erobern. Und tatsächlich kommen die fünf Musiker ganz un-wienerisch daher und rocken, was das Zeug hält. Grund genug für uns, die Band zu Tour und CD zu befragen.InterviewIhr habt ja grade ein paar Festivalauftritte in Österreich und Deutschland hinter Euch. Wie war´s?


Unterschiedlich, aber meistens sehr fein, inklusive ein paar echten Highlights wie "Wiesen" und "Frequency" - vor 5000 Leuten zu stehen ist halt schon genial. Alles in allem ein sehr guter Sommer!


Angeblich habt Ihr Euch zufällig bei McDonald´s kennengelernt und darauf beschlossen, eine Band zu gründen. Das ist aber doch bestimmt nur eine Geschichte für die Bandinfo, oder...?


Nun, genaugenommen war´s das "Schnitzlhaus" - aber das kennt man in Deutschland wohl nicht. Ein geplantes Treffen um eine Band zu gründen, zugegeben - aber das erste Zusammentreffen war wirklich dort.


Auch wenn Ihr es wahrscheinlich nicht mehr hören könnt: Wie seit Ihr zu diesem Bandnamen gekommen?


Man munkelt, es sei eine Abkürzung für "jedes unserer Lieder ist anders" - in Wahrheit hat es natürlich mit einer Frau zu tun, ein Zufall - nicht mehr!


Der Sound Eurer Debüt-CD ist sehr klar und ausgewogen, die rockigen Stellen ballern aber auch sehr gut. Habt Ihr lange an den Aufnahmen gefeilt?


Ja, wir haben einige Zeit im Studio verbracht - gemeinsam mit unserem Produzenten Niko Stössl - eine gute, aber auch harte Zeit. Wichtig war zusätzlich, das es bereits Vorproduktionen gab und sich jeder von uns gut aufs Studio vorbereiten konnte.


Eure CD heißt "Songs About Decay". Vertretet Ihr in Euren Texten eine ausschließlich pessimistische Weltsicht?


Das würde ich so nicht sagen, obgleich die Texte bisher doch eher auf der Welt-verneinenden Seite stehen. "Give me a reason, so I can trust you"... vielleicht werden die nächsten ja fröhlich!


Wie wichtig sind Euch Eure Texte? Steckt eine bestimmte Message dahinter?


Die Hauptmessage ist wohl, kritisch zu sein, Dinge zu hinterfragen, keine Meinung als selbstverständlich hinzunehmen - und speziell auch die eigene Meinung zu fundieren und zu begründen. Manchmal sind es aber auch einfach nur Liebes-Texte, muss ja auch sein.


Eure Musik beinhaltet viele Elemente: Rock, Metal, Pop etc. Wie würdet Ihr selbst Euren Stil beschreiben?


Keine Ahnung, ich halte Kategorisierungen für unwichtig, zumal sie sowieso nie den Nagel auf den Kopf treffen. Rock ist wohl das Stichwort. Rockpop klingt außerdem scheiße. Und Metalrockpop überhaupt...


Welche Bands sind Eure Vorbilder? Wo liegen Eure musikalischen Wurzeln?


Jeder von uns Fünfen würde hier anders antworten. Ich denke, aktuelle Bands wie die Foo Fighters, Incubus, Billy Talent oder auch die Beatsteaks stehen bei uns allen gerade hoch im Kurs! Meine persönlichen Ursprünge sind Bands wie Nirvana, Portishead, New Model Army oder die Deftones.


Eure Songs "Perfect" und "Estelle" liefen lange bzw. laufen noch auf dem österreichischen Indi-Radiosender FM4, unterscheiden sich aber vom Rest der Platte dadurch, dass sie extrem poppig und eingängig sind. Mal ehrlich: Habt Ihr die extra fürs Radio geschrieben?


Nein, definitiv nicht - aber es gab auch kein Bestreben, allzu poppige Momente auszusparen - das gehört genauso zu uns wie Shouts und Brettgitarren. Allerdings muss man zugeben, eine Radiosingle auch als solche erkannt zu haben, bevor sie im Radio lief - manche Songs sind dafür einfach geeigneter als andere.


Wien ist - zumindest in Deutschland - nicht grade für Rockmusik bekannt, sondern eher für chilligen Soft-Drum ´n Bass à la Kruder & Dorfmeister und Café-Haus-Acid-Jazz, wie ihn z. B. Café Drechsler spielen. Wie behauptet Ihr Euch da als Rock-/Metal-Band?


Wien ist gottseidank groß genug, um alle möglichen Szenen nebeneinander existieren zu lassen. Der große Elektronik-Boom hat seine besten Zeiten auch schon gesehen, und alles in allem klappt das sehr friedlich und kommunikativ. Momentan scheint Punk bzw. Rockabilly bestens zu funktionieren.


Dafür, dass es Euch erst seit 4 Jahren gibt, habt Ihr schon eine beachtliche Anzahl an Konzerten gespielt. Was waren die wichtigsten Erfahrungen, die Ihr dabei gemacht habt?


Die wichtigste Erfahrung die ich gemacht habe, war, dass man sich 100% auf seine Bandkollegen verlassen muss, ohne Einschränkung. Allgemein macht einen wohl jeder Gig um eine Erfahrung reicher. Ah ja - das Lampenfieber verschwindet auch irgendwann - aber nie gänzlich.


Was für Leute kommen zu Euren Konzerten? Mehr New-Metal-Kids oder mehr älteres Publikum, das auf klassischen Rock steht?


Auf jeden Fall mehr Kids, wobei ich sehr drauf stehe, wenn das Publikum gut durchgemixt ist - am besten wie bei einem guten Sandwich, eine Lage Kids, eine Lage in der Midlife-Crisis und ganz hinten meine Großeltern.


Ab Mitte September werdet Ihr auf Tour sein. Die meisten Konzerte spielt Ihr in Deutschland, wo es Eure CD aber erst ab Ende September geben wird, so dass sie der Großteil des Publikums nicht kennen wird. Glaubt Ihr, dass Ihr die Leute auch mit ihnen unbekannte Songs von Euch überzeugen könnt?


Das ist jedenfalls unser Auftrag, und ich bin sehr zuversichtlich. Drück uns die Daumen!


Ihr werdet im Rahmen Eurer Tour jeweils einen Gig in Amsterdam und in Prag spielen. Plant Ihr langfristig einen Sprung über das deutschsprachige Europa hinaus?


Sicher, wenn das geht - je mehr Länder, desto besser! Apropos Amsterdam - da wird’s seit langem wieder Lampenfieber geben - das erste Mal englisch auf der Bühne reden :) hällo peoples come to se front, oder so...

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