Interview:

2004-04-28 Into Eternity

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Mit einem superben neuen Album wie "Buried In Oblivion" in der Hinterhand sollte der Weg für einen neuen Stern am Progressive - Himmel geebnet sein. Die Weisheit, dass das dritte Album einer Band über ihren Werdegang entscheidet, hat sich für das Quintett aus Kanada hoffentlich bewahrheitet. Sänger / Gitarrist Tim Roth gibt sich dennoch bescheiden in Bezug auf das neue Album, Tourpläne und das Erbe diverser Legenden…InterviewBitte erzähle mir ein wenig über die Songs auf dem neuen Album "Buried In Oblivion". Um was geht es in den Songs und wie sind die Ideen dazu entstanden?



Wir haben vor etwa eineinhalb Jahren mit dem Schreiben für das neue Album begonnen und die Songs sind viel reifer als auf der letzten Scheibe. Die Stücke handeln von Themen wie Dunkelheit und Depression, was die Texte angeht.



Welchen Song des neuen Albums magst Du denn am Meisten?



Ich mag den ersten Song "Splintered Visions" sehr gerne, weil die Band mich dort ein langes Gitarrensolo am Anfang spielen lässt, haha! Es steht dann auch als Intro des gesamten Albums. Das ist zwar aus kommerzieller Sicht keine gute Sache, aber wir gehen ja sowieso gegen alles an, haha! Der Song hat auch einen großen Chorus und einen großen "Pre - Chorus" mit den Death - Vocals darin, dann das Interlude und die Soli und alles Mögliche sonst noch.



Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, so viele verschiedene Gesangsstile zu benutzen?



Damit habe ich schon um 1993 herum angefangen, mit meinen anderen Bands. Ich habe zu dem Zeitpunkt schon cleane Vocals mit Death - Voclas gemischt und als INTO ETERNITY 1997 gegründet wurden, war diese Technik für mich bereits selbstverständlich. Ich bin großer Fan sowohl von Death, - als auch von Progressive Metal und es ist für mich ganz natürlich, das Beste aus beiden Welten in einer einzigen Band zu haben. Wir haben es dann mit INTO ETERNITY weitergeführt und ich habe die anderen Jungs damit in Berührung gebracht. Auf dem ersten Album habe ich noch selbst alle Vocals übernommen. Aber schon auf "Dead Or Dreaming", unserem zweiten Album, waren unser Gitarrist und unser Bassist mit dabei. Mittlerweile ist die ganze Band dabei und jeder hat seinen Part.



Sind die Texte denn eher allgemein aufzufassen oder persönlich?



Es ist ein Bisschen von Beidem. Es kommt auch darauf an, ob man beim Verfassen einen harten Tag hatte oder nicht. Für mich ist es das Beste, nach Hause zu kommen, meine Gitarre zu nehmen, zu spielen und Worte zu formulieren. Man lässt die Emotionen einfach heraus und den Tag weiterlaufen. Die Musik und die Texte sind für mich als eine Art von Erleichterung aufzufassen. So ist es manchmal sehr persönlich, manchmal auch nicht. Die Leute sollten aber nicht zu tief in die Texte hineinblicken; es sind eben nur Worte. Wir versuchen nicht, eine Art großer Message in den Lyrics zu haben. Natürlich sind die Texte einer Band sehr wichtig und wir schreiben nicht über Drachen, Zauberer und solche Dinge.



Eure hohen Vocals erinnern mich sehr stark an die frühen FATES WARNING mit John Arch. In wie weit seit ihr mit dieser Musik verbunden?



Oh, danke! Ich bin damit aufgewachsen, und ein paar Leute haben das schon angesprochen. Auf dem neuen Album haben wir außer mir noch einen neuen Sänger, Chris Krall, der überhaupt nicht von FATES WARNING beeinflusst wurde, ich aber schon. Ich besitze alle ihre Alben und liebe John Arch! Ich habe auch seine neue EP "A Twist Of Fate" und die Art, in der er seine Melodien und alles abmischt, ist einfach nicht von dieser Welt. Wenn schon ein Vergleich herhalten muss und dann dieser, ist das großartig! Wir hatten es nicht direkt vor, als wir das Album aufnahmen, aber ich kann den Vergleich natürlich erkennen.



Denkt Ihr nicht, dass Euer Musikstil etwas zu komplex für die internationale Musikszene ist? Es gibt schließlich nicht viele Leute, die diesen Progressive / Techno - Thrash mögen.



Wenn wir uns deswegen Sorgen machen würden, dann schrieben wir massenkompatiblere Sachen. Wir könnten all unsere Sachen in der gängigen Standardstruktur schreiben, ganz einfache Songaufbauten verwenden und auf Death - Vocals verzichten. Wenn wir wirklich kommerziell sein wollten, dann hätten wir schon vor Jahren damit anfangen können. Für uns ist es die Musik, die wir spielen wollen und ich finde es sehr aufregend, dass man so viele Dinge tun kann. Wir sind zwar nicht so leicht zugänglich wie andere Bands, aber wenn man sich unsere Alben zehn Mal oder so anhört, dann wird man schon damit vertraut. Aber wir achten zum Beispiel darauf, dass wir diese "catchy" Refrains haben, die die Leute leicht mitsingen können wie auch die starken Hooks.



Ich gehe davon aus, dass Ihr allesamt generelle Progressive Metal - Fans seid. Was bedeuten Euch Eure Landsmänner RUSH? Haben sie bei Euch daheim auch Götterstatus?



Definitiv! Wann auch immer sie bei uns in Kanada spielen, sind die Arenen ausverkauft. Sie spielen jedes Mal locker vor 18000 Leuten. Sie haben ihre eigenen Headlining - Arenen und sind erst vor ein paar Jahren mit zwei Opening Acts durch Kanada getourt. Sie sind bei uns echte Götter. Unser Drummer und unser Bassist lieben RUSH und ich selbst mag sie auch, aber ich mag eher die "heavieren" Elemente der progressiven Musik. Ich bin zum Beispiel ein großer Fan von SPIRAL ARCHITECT oder den Kaliforniern ZERO HOUR. RUSH waren nie heavy genug für mich, was aber natürlich nichts an ihrem Götterstatus ändert.



Und ich denke auch, dass Du dann Chuck Schuldiner und DEATH magst…



Oh Gott, ja!!! Und CONTROL DENIED! DEATH sind wohl meine zweitliebste Lieblingsband überhaupt. Noch bevor ich überhaupt anfing, Lead - Gitarre zu spielen, habe ich Musikvideos geguckt. Wir haben hier "Much Music" - es ist das kanadische MTV. Dort habe ich deren Songs gesehen und wurde total weggepustet, das war um 1990 / 91. Sie waren ein riesiger Einfluss für uns.



Du sagtest, es sei Deine zweitliebste Band. Dann möchte ich schon gerne wissen, was Deine absolute Lieblingsband ist.



NEVERMORE ist meine Lieblingsband! Wie haben in Kanada vier Shows zusammen mit ihnen gespielt und es war für mich, als würde ein Traum wahr werden. 1988 habe ich mir das erste SANCTUARY - Album gekauft, es war ja Warrel Dane’s und Jim Sheppard’s erste Band und seit dieser Zeit bin ich schon großer Fan von ihnen. Sie zu treffen und Shows mit ihnen zu spielen, war großartig.



Dann darf ich vermuten, dass "Into The Mirror Black" Dein Lieblingsalbum ist?!



Keine Frage! Und das Albumcover ist ebenfalls revolutionär. Ich liebe dieses Cover, es sieht heutzutage modern aus, obwohl es aus den 80ern stammt.



Wie sieht denn die kanadische Metal - Szene so aus?



Es ist auf einer viel kleineren Skala angesiedelt. Ich meine, Kanada ist absolut riesengroß, man benötigt etwa 100 Stunden, um von einem Ende zum anderen zu gelangen. Ein riesiges Land, aber hier leben nur etwa 30 Millionen Menschen. Sogar in Deutschland leben mehr Leute, obwohl das Land viel kleiner ist. Wir haben schon Metal - Fans, aber in wesentlich geringerer Anzahl. Es kommen ein paar sehr gute Bands aus Kanada, wie STRAPPING YOUNG LAD, ANNIHILATOR, EIDOLON, CRYPTOPSY und KATAKLYSM. Es ist hier schon eine Menge Talent vorhanden und die Kids kommen zu den Shows, aber es sind nicht wirklich viele, haha.



Vor wie vielen Leuten spielt Ihr denn in Kanada in der Regel?



Wenn wir Shows spielen, dann nur in Clubs und diese fassen an die 300 Leute. In unserer Heimatstadt verkaufen wir den Club aus, das sind so 350 - 400 Anwesende. Insgesamt spielen wir nur kleine Club - Shows.



Plant Ihr denn eine Deutschland - Tour mit "Buried In Oblivion"?



Ja, wir spielen auf dem "Rock Hard" - Festival, das müsste am 30. Mai sein. Das wird ein gutes Festival und insgesamt spielen wir drei Wochen lang in Europa, Ende Mai und im Juni. Danach sind wir in Italien und spielen das "Gods Of Metal" - Festival mit JUDAS PRIEST, dort werden etwa 25000 Fans sein. Es folgt dann noch eine Tour mit einer Black Metal - Band namens NAGLFAR. Ende Mai sind wir aber auf alle Fälle in Deutschland.



Würdest Du denn dem Werbeslogan, der auf Eurem neuen Album klebt, zustimmen? Dort heißt es: "Death Metal for the Progressive Metal - fan and Progressive Metal for the Death Metal - fan”.



Ja, gut, das ist so ein Marketing - Werkzeug, das das Label oder wer auch immer auf die CD gepackt hat. Wir bezeichnen und selbst als "Progressive Death Metal", weil wir sowohl cleane, - als auch Death - Vocals und progressive Songstrukturen haben. Das Problem ist, dass die Progressive - Fans die Death - Vocals nicht mögen könnten und die Death Metal - Fans die cleanen Vocals nicht. Es hängt also von den Fans ab, wie "open minded" sie sind. Was mich betrifft: ich liebe jeden Metal und mir macht so etwas nichts aus. Ich habe mir zum Beispiel das neue DEICIDE - Album gekauft und auch die neue DREAM THEATER - CD, die ich wirklich großartig finde. Ich hoffe, es denken noch mehr Leute so wie ich.



Wie wird sich denn Eure nächste Platte voraussichtlich anhören? Werdet Ihr Euren musikalischen Stil vielleicht ändern oder werdet Ihr ihn, wie auf "Buried In Oblivion" zu hören, beibehalten?



Ja, auf jeden Fall. Ich habe diesen Stil schon vor INTO ETERNITY, in den frühen 90ern, gespielt. Wir sind jetzt eben an diesem Punkt angekommen und der Stil auf "Buried In Oblivion" IST unser Stil. Am Anfang hatten wir Probleme, ein Label zu finden, das uns einen Vertrag gibt. Sie wunderten sich über unseren Stil und meinten Dinge wie: "Wir signen Euch, wenn Ihr kompletten Death Metal spielt" oder "Ihr bekommt einen Vertrag, wenn ihr nur progressive seid.". Das war aber nicht unser Vorhaben, wir standen immer für eine Kreuzung aus Metal - Stilarten. Darum ist es eine Sache, die wir definitiv weiterführen werden. Ich sollte lustigerweise erwähnen, dass wir gerade heute Abend an ein paar neuen Songs arbeiten. Da werde ich ja dann sehen, wie unser Stil aussehen wird, hahaha!



Wie werden denn Eure unmittelbaren nächsten Projekte aussehen? Wird es demnächst schon einen Nachfolger zu "Buried In Oblivion" geben? Oder vielleicht ein Live - Album / DVD?!



Die Sache ist, dass wir in diesem Jahr ein paar Shows filmen werden. Auf dem "Prog Power USA", auf dem wir dieses Jahr im September spielen werden, wird ein 45 - minütiger Set von professionellen Kameras mitgeschnitten. Wir werden diese Performance für irgendetwas verwenden und vielleicht eine DVD herausbringen. DVDs sind aber sehr teuer in der Herstellung. Was Live - Alben generell betrifft, denke ich nicht, dass wir jetzt schon etwas Derartiges machen werden, da wir erst drei Alben draußen haben. Deshalb möchte ich damit noch warten. Was unseren Vertrag betrifft, ändert ein Live - Album auch nichts, somit wäre es nur eine Art Füller. Wir werden uns als Nächstes auf ein brandneues Studioalbum mit 10 Songs konzentrieren.



Wann können wir ungefähr damit rechnen?



Das ist noch ein langer Weg. "Buried In Oblivion" ist gerade erst veröffentlicht worden, darum wird es noch eine ganze Weile dauern. Aber wir müssen jetzt schon mit dem Schreiben anfangen, denn wir sind sehr langsame Komponisten. Wir benötigen eine Menge Zeit für jeden einzelnen Song, etwa einen Monat. Du kannst Dir ausrechnen, dass wir für 10 Songs dann 10 Monate brauchen.



Konstruiert Ihr die Songs oder kommen Eure Ideen spontan?



Wir haben alles schnell zusammen, aber es dauert eben einen Monat, den Songs zu arrangieren und alles so gut wie möglich hinzubekommen. Die Texte entstehen separat und danach versuchen wir, die Melodien, etc. unterzubringen. Wir arbeiten immer nur an einem Stück, nicht an mehreren gleichzeitig. Es muss erst eines so gut wie möglich fertig sein, bevor wir weitermachen. Diese Methode bewirkt, dass auf dem Album dann nur Songs stehen, die wir alle vertreten können, keine Füller. Ich will einfach, dass die Leute unsere Alben kaufen und von vornherein wissen, dass sie ein gutes Album erwerben und nicht enttäuscht sind. Das ist unser Anspruch und darum dauert jedes Album seine Zeit.




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