Interview:

2021-04-04 Interview mit NIHT zum zweiten Album "Arcanum"

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Mit "Arcanum" veröffentlicht das Memminger Black Metal-Duo NIHT sein zweites starkes Album nach dem 2017er Einstand "Vanum". Das ist für uns Grund genug, die beiden Protagonisten zum neuen Werk zu befragen, so dass Gitarristin S. bereitwillig Auskunft über unter anderem die neue Scheibe, die heimische Metal-Szene oder Frauen im Black Metal gibt... Interview

Danke für die Möglichkeit, ein paar Takte mit Euch zu sprechen!

NIHT sind im Internet ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, und anstatt Namen gebt Ihr Initialen an. Ist das eine beabsichtigte Anonymität?

Ich würde uns nicht als anonym betrachten, da wir diese Initialen auch für andere Bands verwenden, in denen wir mitmischen. Eher geht es uns darum, unsere Musik mehr in den Vordergrund zu stellen und uns als Personen zurückzunehmen.

Ihr seid nur zu zweit; zu viele Köche verderben den Brei?

Was das Songwriting und das Lyrische angeht, trifft dies auf jeden Fall zu. Jedoch haben uns schon nach dem ersten Album unsere geschätzten Mitmusiker aus dem Memminger Kreis stets live unterstützt. Bei den Aufnahmen für "Arcanum" haben wir das Ganze erweitert. Unsere Kollegen von SACROSCUM haben am Bass (SS.) und am Schlagzeug (J.) mitgewirkt. Jeder von ihnen bringt seinen ganz eigenen Charakter mit seinem Instrument in die Musik ein.  

Ihr spielt auch bei NEKROVAULT und habt 2020 einen viel gelobten Todesbrecher rausgebracht. Habt Ihr noch bei weiteren Bands und Projekten die Finger im Spiel?

Wir sind ein paar Leute in Memmingen, die sich zusammen einen Proberaum teilen und dort inzwischen auch ein kleines Studio (Scumlight-Studio) haben. Die Aufnahmen für "Arcanum" sind die ersten, die komplett in diesem Studio entstanden sind und wurden unter der Fuchtel von A.J.R. aufgenommen. Wir machen alle zusammen Musik, und dort entstehen zwangsweise viele Ideen und Projekte. Vor allem P. hat noch bei einigen Bands aus diesem Kreis seine Finger im Spiel.  

Habt Ihr musikalische Vorbilder?

Direkte Vorbilder kann ich Dir jetzt nicht nennen. Ich würde sagen, dass wir uns alle in diesem Proberaum gegenseitig pushen und beeinflussen. Daraus ensteht der Anreiz, sich ständig musikalisch weiterzuentwickeln und voneinander zu lernen.  

Welche Musiker und Bands haben Euren eigenen Stil maßgeblich geprägt und beeinflusst? Welche Einflüsse hören wir in der Musik von NIHT?

Wie man es wahrscheinlich unschwer raushören kann, ist vor allem die skandinavische Black Metal-Szene jene, die einen prägenden Einfluss auf NIHT hat.

Den rauen Sound von Euch verbinde ich unter anderem mit Black Metal-Bands der 90er. Ist ein gewisser räudiger Old School-Sound das Ziel?

Sagen wirs mal so: Ein glattpolierter, hochproduzierter Sound fängt die charakteristische Spielweise von den einzelnen Instrumente nicht wirklich ein. Im Black Metal braucht es Charakter. Es ist eine Musik mit Ecken und Kanten, und das macht für uns dieses Genre aus. Wir erfinden dieses Rad nicht neu, und wenn man es genau nimmt, ist das Essentielle dieser Musik bereits in den 90er schon gesagt worden und vor allem auch das, was im Black Metal als "Innovation" zum Tragen kam. 

Eure neue und damit zweite CD ist eine intensive gute Scheibe, herzlichen Glückwunsch dafür! In jedem Song vertont Ihr sozusagen eine Emotion oder einen Zustand?

Vielen Dank! Ja so ist es. Wir verarbeiten verschiedene Emotionen in unser Titeln und haben versucht, diese auch instrumental spürbar zu machen. Es sind die negativen Erfahrungen, die man im Laufe seines Lebens erfährt, und es gibt nichts besseres, als im Proberaum zu stehen und diese negativen Gefühle und Gedanken rauszulassen. Der Black Metal bietet die Möglichkeit, dies intensiv und pur, ohne großen Schnickschnack, rüberzubringen. 

Insgesamt höre ich der Musik und vor allem der ausdrucksstarken Stimme viel Leid und Schmerz an. Würdet Ihr sagen, dass dies auch Ausdruck von eigenen Leidenserfahrungen oder persönlichen Beobachtungen ist (Tod, Wahn…)?

Kann man so sagen. Wobei ich behaupten würde, dass ziemlich sicher jeder Mensch mit diesen Erfahrungen im Laufe seines Lebens in Kontakt kommt. Wir haben diese Erfahrungen kanalisiert und versucht, sie musikalisch zum Ausdruck zu bringen. 

Der letzte und längste Song "Tod" gefällt mir sehr gut. Er klingt so, als würde tatsächlich jemand jämmerlich zu Grunde gehen und quasi erlöst. Ist das die Absicht des Songs?

Ob der Tod wirklich eine Erlösung sein wird, kann ich nicht sagen. Es ist zumindest der menschliche Wunsch, dass er eine ist, und so findet es sich auch in diesem Song wieder. Doch eigentlich ist dieser Gedanke von Erlösung ein Trugschluss, weil nach dem Tod nichts kommt. Es wird sich in 200 Jahren sowieso niemand an Dich und Dein Leid im Leben erinnern. Zumindest wird das bei einem Großteil der Bevölkerung so sein. Und auch das, was Du gefühlt hast, spielt nach diesem Zeitraum keine Rolle mehr. Es ist fast so, als hättest Du gar nicht existiert.

"Arcanum" ist der Albumtitel, das Bedeutet "Geheimnis" und betitelt auch eine Tarot-Karte. Weshalb fiel die Wahl auf diesen Titel?

Unsere Idee hinter NIHT ist es, fünf Konzeptalben zu erstellen, die unterschiedliche Aspekte des Nihilismus bearbeiten. Die Anfangsbuchstaben von jedem Album fügen sich zu dem Wort "Vanum" zusammen, was so viel wie "Leere" oder "Nichts" bedeutet und auch der Titel von unserem ersten Album ist. Das zweite, "Arcanum", steht für "Geheimnis". Ob dieses Geheimnis nun eine gewisse Erkenntnis ist, überlassen wir den Zuhörern. Die Leere, die davor war, wird auf jeden Fall die gleiche sein, die danach folgt.

Mit "Vanum" gelang Euch 2017 bereits ein starker Einstieg. Nehmt Ihr selbst einen qualitativen Unterschied zwischen den beiden Veröffentlichungen wahr? Ist "Arcanum" eine konsequente Fortsetzung des letzten Werkes oder ein komplett eigenständiges Kapitel, welches losgelöst vom Vorgänger betrachtet werden soll?

Wie schon erwähnt, gehören die Alben zu einem Gesamtkonzept. Wir haben uns auf jeden Fall persönlich und musikalisch weiterentwickelt, was man auch auf der neuen Scheibe, wie ich finde, deutlich hören kann.

Ihr seid aus Memmingen in Bayern? Ich habe auch irgendetwas von Österreich gelesen?

Als wir die Band damals gegründet haben, habe ich noch in Österreich gewohnt. Jedoch lebe ich seit ein paar Jahren in Deutschland.

Habt Ihr eine florierende Szene harter Musik in Eurem Umfeld?

Der Schwarze Adler in Egelsee bietet seit vielen Jahren einen lokalen Treffpunkt der Szene. Es spielen dort internationale Bands, sowie auch bekanntere aus dem Underground. Viele Leute, die man dort antrifft, sind selbst auch musikalisch aktiv und beleben die Szene dort. 

Manche Bands kokettierten mit neoheidnischen Konzepten und Satanismus. Einige mögen Schafsköpfe als Bühnendekoration, verkleiden sich aufwendig oder spucken Feuer. Braucht eine Black Metal-Band eine entsprechende Attitüde? Wie wichtig sind Show und Provokation?

Black Metal braucht im Prinzip keine opulente Show. Wichtig ist, dass die Emotionen, die Stimmung, das eigene Konzept, das, was die Musik ausmacht, rübergebracht wird. Wenn es sich mit aufwändiger Bühnendekoration oder Blut so am besten präsentieren lässt, wieso nicht?! Aber manchmal reichen auch nur die Musiker mit ihren Instrumenten auf der Bühne aus. Die Show muss zu der eigenen Musik passen und diese optisch untermalen, sodass die Botschaft auch beim Publikum ankommt und es in diese Welt gnadenlos mitnimmt. Es gibt auf jeden Fall nichts Enttäuschenderes als eine Band, die geilen Sound macht, aber live ihre Musik nicht authentisch rüberbringen kann.

Eine Frau in einer Black Metal-Band sehe ich nicht allzu häufig, irgendwie scheint die Szene recht männergeprägt. Gab es hierzu schon mal positives oder negatives Feedback?

Ich persönlich kann eigentlich nur Positives berichten. Ich würde mich sehr freuen, wenn es mehr weibliche Musikerinnen in diesem Bereich geben würde. Über die letzten Jahre hatte ich schon das Gefühl, dass sich immer mehr Frauen in Black Metal-Bands engagieren und mitmischen.

Welche Musik hört Ihr gerade, habt Ihr Tipps, wo man reinhören muss, außer natürlich in NIHTs neuen Silberling?

Die aktuellen Scheiben von THE RUINS OF BEVERAST, GOATH und TURIA sind sehr empfehlenswert.

Hoffentlich sind bald wieder Konzerte möglich, Ihr wollt bestimmt auch gerne den neuen Stoff live zum Besten geben? Ist schon was Konkretes geplant oder sind Gigs von der Zeit vor Corona verschoben und werden nachgeholt?

Zuerst wollen wir noch mit NEKROVAULT die ausstehenden Gigs nachholen. Mit NIHT wird es dann sicher auch ein paar ausgewählte Konzerte geben, geplant ist jedoch noch nichts. Wird sich zeigen, was die Zeit mit sich bringt. Lust haben wir auf jeden Fall alle, wieder mal live zu spielen.

Danke für das Interview und viel Erfolg mit dem Album!