Interview:

2008-07-06 Ihsahn

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Es gibt noch genügend Leute, die den bereits seit 2001 nicht mehr existenten Black Metal-Kings EMPEROR hinterhertrauern, was auch völlig berechtigt ist. Aber mit seinem Soloprojekt hat EMPEROR-Mastermind IHSAHN den Fans eine Hintertür geöffnet, da die Qualität des Materials gegenüber den alten Meisterwerken seiner Band kaum abfällt, was auch das neue Album „angL“ eindrucksvoll unter Beweis stellt. Bleiben nur noch die Fragen, ob und wann es EMPEROR wieder geben wird und ob IHSAHN seine Songs auch direkt vom Teufel gelernt hat...InterviewLass uns mal ein wenig zurückschauen. Habt Ihr denn die letzten Shows mit EMPEROR genossen, zum Beispiel in Wacken?



Ich muss sagen, ja! Aber ich denke, dass jeder, der jemals in einer Band gespielt hat, gerne so etwas wie Wacken headlinen würde. Es waren an die 50000 Leute da, die die Songs mitgesungen und Stimmung gemacht haben. Die EMPEROR-Shows waren aber allgemein eine sehr gute Erfahrung, vor Allem weil wir sehen konnten, dass wir nach all den Jahren, in denen wir nicht aktiv gewesen waren, immer noch so einen großen Zulauf haben. Ich habe eine Menge netter Leute getroffen und viel Spaß gehabt, besonders weil wir nur ein paar ausgesuchte Shows gespielt haben und nicht wie üblich aus dem Tourbus leben mussten.



Wie sieht denn der Status der Band im Moment aus? Als wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben, meintest Du sogar, dass man selbst im Bezug auf ein mögliches neues EMPEROR-Album niemals „nie“ sagen soll…



Nee, wir hatten niemals vor, ein neues Album aufzunehmen! Die Band hat keinen Status mehr, hahaha!



Aber in unserem letzten Interview, das wir 2006 geführt haben, hast du ein neues EMPEROR-Album zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen.



Nein, das kann nicht sein! Ich habe irgendwann mal gesagt, dass es niemals mehr Shows von EMPEROR geben wird, aber damit lag ich ja falsch. Ich kann aber definitiv und ganz sicher ausschließen, dass es jemals neues Material von der Band geben wird!



Du hast auch gesagt, dass niemand mehr EMPEROR vermissen wird, nachdem er „The Adversary“ gehört hat. Wie stehst du zu diesem Statement zwei Jahre nach Deinem „Debütalbum“?



Ich hoffe mal, dass die meisten Leute diesen Gag verstanden haben. Man kann mein Soloalbum nicht mit den Sachen von EMPEROR vergleichen, da die Band für sich gesehen inzwischen autark ist und ein eigenes Dasein fristet. Sie ist heute auch vermutlich noch größer als zu der Zeit, als wir darin gespielt haben. Ich käme mir bei allem, was ich außerhalb von EMPEROR mache, wie mein eigener kleiner Bruder vor. Außerdem habe ich nicht vor, die allgemeine Meinung zu befriedigen; EMPEROR waren damals, aber mit meinem neuen Album kehre ich ein wenig zu meiner musikalischen Vergangenheit zurück. Es tauchen wieder ein paar Fragmente aus EMPEROR-Zeiten auf, aber ich sehe das als eine natürlich Sache. Die Band ist ein Teil von mir, denn schließlich habe ich den Großteil dieses Materials geschrieben. EMPEROR sind, was sie sind, und mein Solo-Ding ist auch, was es ist.



In der Tat erinnern einige Parts auf „AngL“ an das letzte EMPEROR-Album „Prometheus“…



Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich auch für den größten Teil dieses Albums verantwortlich war, haha! Ich habe es seinerzeit als EMPEROR-Album konzipiert, das auch die anderen beiden Bandmitglieder Samoth und Trym einschloss. Ich habe es damals auf dieselbe Art produziert wie meine jetzigen Soloscheiben, aber es gibt immer noch einige Unterschiede. Es wäre zum Beispiel sehr viel weniger erfolgreich gewesen, wenn es nur das „Ihsahn“-Logo auf dem Cover gehabt hätte. Das ist an sich schon ziemlich heuchlerisch, finde ich, weil es auch Leute gibt, die meinen, „AngL“ hätte genauso gut ein EMPEROR-Abum sein können. Das wäre aber nicht möglich, da es heute Elemente in meiner Musik gibt, für die zu EMPEROR-Zeiten kein Platz gewesen wäre. Hätte ich aber das EMPEROR-Logo auf „AngL“ gedruckt, dann bekäme das Album ganz andere Resonanzen. Ich möchte, dass die Leute die Musik so mögen, wie sie ist und nicht, weil ein bestimmtes Logo darauf prangt. Darum geht es mir doch, denn die Menschen neigen oft dazu, Dinge zu kaufen, nur weil sie einen bestimmten Namen haben.



Was verbindet Dich denn heutzutage noch mit dem Begriff „Black Metal“ oder mit der Szene allgemein?



Ich mache immer noch solch eine Art extremer Musik und veröffentliche sie auf diesem Markt. Außerdem ist diese Musik ein großer Teil meiner musikalischen Karriere, aber die „Szene“ als einheitliches Kollektiv ist wirklich paradox. Sie will sich herausheben und etwas Spezielles sein, und ich habe großen Respekt vor den Leuten, die mit ganzer Leidenschaft bei der Musik sind, aber ich als Musiker will mich nicht auf eine bestimmte Gruppierung fixieren.



Du musst sicher immer noch viele Fragen zu EMPEROR beantworten, darum lass uns jetzt mal auf Dein neues Album zu sprechen kommen: „AngL“ klingt für meine Begriffe etwas zugänglicher und reifer als Dein erstes Album „The Adversary“, und auch die Produktion ist stärker. Bist Du denn im Nachhinein immer noch mit Deinem „Debüt“ zufrieden?



Ja, definitiv! Diese Art von dünnem Retro-Sound von „The Adversary“ war durchaus beabsichtigt, denn ich wollte gerne eine Hommage an die 70er abliefern, im Stil von Alben wie „Sad Wings Of Destiny“. Als ich mich dazu entschloss, das Album aufzunehmen, wusste ich, dass es auf minimale Weise produziert werden sollte. Ich wollte auch bewusst keine Overdubs bei den Gitarren oder einen massiven, modernen Sound. Es sollte sehr detailliert klingen, darum mixte ich es auf sehr altmodische Weise. Das war auch für mich als Studio-Engineer und Produzent ein Lernprozess, aber ich wollte alles alleine machen, weil ich „learning by doing“ betreiben wollte. „AngL“ hingegen sollte deutlich kraftvoller und moderner klingen und repräsentieren, wo ich persönlich heute stehe.



Auf dem Album ist auch Mikael Akerfeldt von OPETH zu hören. Es heißt, Ihr beide wolltet immer schon mal eine Kooperation in Angriff nehmen. Aber warum ist er lediglich in dem Stück „Unhealer“ zu hören?



Nun, wir beide sind viel beschäftigte Männer, haha! Ich kenne Mikael bereits seit Mitte der 90er und fragte ihn auch schon vor einer ganzen Weile, ob er nicht etwas zu „The Adversary“ beisteuern wolle. Das hat sich aber leider nicht ergeben, da wir auch nicht ständig in Kontakt stehen. Wir treffen uns hin und wieder auf Festivals oder bei anderen Gelegenheiten. Das letzte Mal habe ich ihn in Wacken getroffen; wir schauten uns gemeinsam CELTIC FROST und MORBID ANGEL an und hatten zusammen mit Per, dem Keyboarder von OPETH, eine echt gute Zeit. Da kam auch wieder das Gespräch über eine Zusammenarbeit auf. Das Problem war dann wieder, einen geeigneten Termin zu finden, denn das neue OPETH-Album „Watershed“ erschien zur selben Zeit wie „AngL“. Als ich meinen Gesang für das Album aufnahm, waren auch sie gerade im Studio. Es wurde dann wirklich schwierig, aber ich hatte mein Material schon so gut wie fertig und konnte den besten Song für seine Art von Gesang auswählen. Er nahm ihn dann zuhause in seinem eigenen Studio ein paar Stunden nach dem Fertigstellen des OPETH-Materials auf. Es ist ja auch keine großartige Kooperation im Sinne von gemeinsamem Songmaterial oder so etwas, sondern nur eine Gast-Performance.



Hast Du denn auch Pläne, das Album live zu präsentieren?



Ich habe auf jeden Fall darüber nachgedacht, aber es ist nicht einfach, eine Band dafür zusammenzustellen. Auch wäre eine Tour mit nur einem oder zwei Alben in der Hinterhand nicht so günstig. Aber grundsätzlich könnte ich mir eine Live-Performance sehr gut vorstellen!



Vor ein paar Monaten hast Du zusammen mit Deiner Ehefrau und einem Geiger names Knut Buen unter dem Namen HARDINGROCK ein Folk-Album namens „Grimen“ veröffentlicht. Wo kam diese Idee denn her? Das Album klingt sehr… ich sag´s mal vorsichtig… gewöhnungsbedürftig.



Eigentlich ist es eher das Album von Knut Buen, der inzwischen schon über 60 Jahre alt ist. Es ist auch auf seinem eigenen Label erschienen, auf dem er ca. 140 Platten hält. Hier bei uns in Norwegen ist er sogar ein ganz bekannter Star. Die Songs sind alte norwegische Folk-Hymnen, die hier jedes Kind kennt, darum ist das Album wohl auch schwieriger für jemanden, der nur auf Metal steht. Sie wurden einst von Barde zu Barde überliefert, und es hält sich die Legende, dass der allererste Barde sie vom Teufel selbst gelernt hat, haha! Irgendwann hat es sich ergeben, dass wir und Knut Buen aufeinander zugegangen sind, da er unsere Musik genauso sehr mag wie wir seine. Es ist Musik, die aus dem Herzen kommt, wobei Knut sowohl die Fiedel spielt als auch die Spoken Word-Parts spricht. Aber alles in Allem haben wir das Album hierzulande bereits einige tausend Male verkauft, aber ich verstehe schon, dass das für jemanden, der nicht aus Norwegen stammt, nur schwer nachvollziehbar ist.

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