Interview:

2003-09-29 Gary Hughes

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Kaum eine andere historische Figur ist von Künstlern der Musikbranche so oft verarbeitet worden wie König Arthur inklusive seines Gefolges. Aber die Wenigsten haben daraus ein bis ins kleinste Detail ausgetüfteltes Epos gebastelt wie Gary Hughes, Sänger der Band TEN. Ob sich der gute König seinerzeit auch mit den Terminproblemen diverser Gastsänger herumschlagen musste, kann man heute nur noch schwer sagen. Und unter Tourstress verstand man damals sicher auch etwas Anderes...InterviewLass uns mal ein wenig über die "Once And Future King”-Alben sprechen. Warum hast Du Dir ausgerechnet die "Arthur"-Sage vorgenommen?



Nun ja, es ist eine sehr schöne Überlieferung, mit der man schon in der Schule konfrontiert wird. Als wir zur Schule gingen, waren die "Arthur"-Legenden ein großer Bestandteil unseres Geschichtsunterrichts. Was ich daran so sehr mag, sind die vielen Grauzonen und die vielen Stellen, an denen die Geschichtsfakten von der Legende abweichen. Sie liefern jede Menge Interpretationsmöglichkeiten für jeden individuellen Typ. Darum mag ich den Gedanken, dass man innerhalb einiger historischer Zeitrahmen und Freiräume an die Fakten gebunden ist, aber andererseits die Spielräume zur Interpretation hat. Das gab mir die Möglichkeit, meine eigene Version zu stricken und meine eigenen Interpretationen zu finden. Und außerdem konnte ich so diese ganzen Hollywood-Klischees und Film-Zitate außen vor lassen und mehr Gewichtung auf den "Battlelord" legen, der versucht, die Völker Britanniens zu vereinen.



Aber es gibt doch schon so viele Versionen der "Arthur"-Saga in der Rockgeschichte. Speziell in der europäischen True Metal-Szene kennen viele schon die "Arthur"-Geschichte.



Ja, das tun sie, aber, wie ich sagte, es gibt so viele verschiedene Interpretationen. Niemand ist sicher, welche die korrekte ist. Der Unterschied war bisher, daß die "Arthur"-Legende oftmals auf historischen Fakten basierte und nun basiert sie auf Legenden oder eben Fiktion. Sie ist, wie ich schon sagte, offen zur Interpretation und ich wollte etwas machen, von dem ich meine, dass es ein wenig näher an der Wahrheit ist.



Könntest Du mir bitte eine kurze Zusammenfassung in wenigen Worten geben? Also von der ganzen Story. Wie siehst Du sie?



Ich denke, dass die "Arthur"-Legende soviel bedeutet wie die Schlacht zwischen Heiden, - und Christentum. Sie handelt von Arthur, König der Briten. Und die Situation war, dass Merlin und Nimue, zwei Charaktere, die Heidenpriester, - und Priesterin waren, die heidnischen Götter wieder zurück nach Britannien bringen wollten. Guineveve war augenscheinlich Christin und hat versucht, das Chistentum nach England zu bringen. Die Römer hatten England gerade verlassen, so etwa 100 Jahre davor, aber sie hatten die Saat des Christentums dort zurückgelassen. Nachdem sie das Land verlassen hatten, war es zur Hälfte geteilt; eine Hälfte war christlich, die andere heidnisch. Dann gab es eben Guinevevre, die um die Zuneigung Arthurs kämpfte und Merlin, der versuchte, die heidnischen Götter zurück nach Britannien zu bringen. Es gibt mehr als einen Handlungsstrang in der "Arthur"-Geschichte und jeder denkt, diese Geschichte lässt sich reduzieren auf das Schwert im Stein und die magische "Lady Of The Lake". Es ist eine fantastische Geschichte, die auf viele Arten absurd ist, aber historisch war Arthur nur ein "Battlelord", der nur versuchte, die Völker Britanniens zu vereinen und der gleichzeitig mit seiner Ehefrau um die christlichen Götter und mit seiner Schwester um den Thron kämpfte. Da ist viel mehr drin als nur das "Schwert im Stein" und diese "Walt Disney-Thematik" von König Arthur. Und das ist genau das, was ich vermitteln will.



Kannst Du mir bitte etwas über die Entstehung dieses Albums sagen? Ich denke mir, es ist schwierig, all die Songs zu komponieren.



Ja, es war sehr schwierig. Und zwar deswegen, weil es nur von einem bestimmten Subjekt handelt. Es funktioniert ganz anders als ein TEN-Album. Jeder Song für sich selbst ist eine Geschichte oder anders: es ist insgesamt eine Geschichte und jeder Song ist eine kleine Sektion davon, der uns eine Kurzgeschichte erzählt. Am Ende kam alles recht einfach zusammen, aber die Separation der Charaktere war das Schwierigste. Ich wollte nicht, dass alle Personen auf dem Album die selbe Stimme haben, sondern ich wollte, dass sie total unterschiedlich klingen. Man soll der Handlung folgen können, ohne das Booklet vor sich liegen zu haben. So habe ich auf Sänger zurückgegriffen, die sich textlich und stimmlich sehr unterscheiden; man nehme nur die drei weiblichen Stimmen. Lana, zum Beispiel, hat eine sehr weiche Stimme, Irene eine sehr kraftvolle, rockorientierte Stimme und Sabine eine eher opernhafte. Sie klingen wirklich sehr verschieden und ich wollte das bei den Männern ebenso haben. Es war insgesamt schon eine Herausforderung.



Wie schwierig ist es, all die ganzen Gastsänger zu bekommen? Ruft man dort an und fragt?



Nun, der schwierigste Teil war, alle gemeinsam unter einen Hut zu bekommen. Es war nicht schwer, sie alle für das Album zu gewinnen, das Problem war, zehn oder elf Sänger innerhalb eines gewissen Zeitrahmens für die Aufnahmen zu bekommen. Eine Situation war zum Beispiel, dass ich gegen Ende der Aufnahmen die Vocals von Harry Hess (HAREM SCAREM) brauchte, aber unglücklicherweise haben ihn eigene Studiotermine davon abgehalten, nach England zu reisen. Daraufhin habe ich ihm Tapes hinübergeschickt nach Kanada, um die Voclas dort aufzunehmen. Aber am Ende war es gut, dass das passierte, denn zur selben Zeit meinte Bob Catley, er habe nur wenige Tage Zeit, um seine Parts hier drüben aufzunehmen und diese beiden Zeiträume haben sich überschnitten. Also, es gab viele Dinge dieser Art, die Probleme machten. Die waren der härteste Teil, aber nicht jedoch, die Sänger zu fragen. Jeder von ihnen wollte gerne auf dem Album singen. Es war eben nur, sie alle dahinzubekommen, damit sie die Aufnahmen innerhalb der vorgegebenen Zeit durchführen konnten.



Soweit ich weiß, ist Bob Catley ein persönlicher Freund von Dir.



Ja, er ist ein toller Typ. Während der Zeit der Aufnahmen wurden wir sehr gute Freunde. Man mag denken, dass er sich verändert habe, seit er mit Magnum im Musikgeschäft weiter oben steht, aber er ist so geblieben, wie er vorher auch war.



Gab es denn auch irgend jemanden, den Du gerne für die Aufnahmen bekommen hättest, der aber ablehnen musste, weil er keine Zeit hatte oder so etwas?



Der einzige Sänger, der für die Aufnahmen nicht zur Verfügung stand, war Kip Winger. Er ist gerade dabei, ein neues WINGER-Album aufzunehmen und es war unmöglich, ihn hineinzubekommen. Jemand, den ich außerdem noch im Auge hatte, war Doro Pesch für die Parts von "Morgana". Aber Doro hatte leider einen Autounfall letztes Jahr kurz vor Weihnachten und es war schlicht unmöglich für sie zu singen. Letztlich habe ich dann in Irene Jansen einen Ersatz gefunden, mit dem ich die Aufnahmen zu Ende bringen konnte. Sie ist zwar noch nicht so bekannt, aber sie hat sehr gut ins Bandgefüge gepasst. Außerdem gibt es den Aspekt, dass zwischen all den bekannten Namen auf dem Album auch einer auftaucht, der noch weitgehend unbekannt ist. Und für diese Tatsache hat sie eine beachtliche Leistung gezeigt; man höre sich nur ihre Gesangsparts über das ganze Album verteilt an. Ich glaube nicht, dass irgendjemand diese Songs besser hätte umsetzen können als sie.



Es gibt eine Sache, die ich nicht verstehe. Beide Alben waren zur selben Zeit fertig, aber warum müssen die Fans sechs Wochen auf den zweiten Teil warten?



Nun, das wurde so entschieden, weil ein solch großes Projekt über mehrere Monate sehr teuer für das Label ist. Ursprünglich sollten die beiden Alben in einem Abstand von neun Monaten erscheinen, aber ich wollte das nicht, weil das erste Album dann nicht mehr "frisch" ist. Es wurde auch überlegt, beide Alben gleichzeitig getrennt zu veröffentlichen wie etwa die beiden "Use Your Illusion"-Alben von GUNS’N’ROSES. Aber das wäre viel zu teuer für die Fans gewesen, denn viele haben schon kaum Geld für das erste Album und dann für beide zusammen... und dann wurde es eben so entschieden, dass beide Alben in kurzem Abstand nacheinander erscheinen, um die Leute mit dem ersten Album schon einmal auf den Geschmack zu bringen. Hinzu kommt, dass die literarische Vorlage so komplex ist, dass die Fans den ersten Teil erst einmal "verdauen" sollen, bevor sie den zweiten zu hören bekommen.



Ihr hättet es auch als Doppel-CD veröffentlichen können, wie es zum Beispiel VIRGIN STEELE zuletzt gemacht haben.



Ja, auch das wäre viel zu teuer für die Fans geworden. Wir hätten einen entsprechenden Preis dafür festlegen müssen und wir wollen die Fans nicht "ausziehen", sondern ihnen die Musik für einen fairen Gegenwert vermitteln. Es sollte eben alles qualitativ aufwendig sein, zum Beispiel wollten wir zwei verschiedene Cover-Artworks haben und das wäre als einzelnes Package nicht möglich gewesen.



Es stimmt schon, dass die beiden Cover-Artworks sehr schön anzusehen sind. Wurden sie am Computer oder per Hand erstellt?



Sie wurden per Hand gezeichnet. Wenn man sich die beiden Cover anschaut, denkt man, dass sie für ihre geringe Größe sehr detailreich geraten sind, aber im Original sind sie acht Fuß lang und vier Fuß hoch. Sie sehen dann natürlich noch fantastischer aus.



Was kannst Du über deine musikalischen Einflüsse sagen?



Oh, ich höre eine ganze Menge klassischer Musik und die großen Rockbands der Vergangenheit, der 60er und 70er Jahre. Aber ich versuche auch, die moderneren Sachen zu hören und auf dem Laufenden zu bleiben. Zur Zeit höre ich zum Beispiel EVANESCENSE und auch METALLICA, die ja, wie Du weißt, ein neues Album draußen haben. (Oh ja, davon haben wir alle schon gehört - Anm. D. Verf.) Ich höre aber auch kommerzielle Musik, also die Sachen, die im Moment im Pop/Rock-Bereich so erscheinen.



Magst Du denn das neue METALLICA-Album?



Ich denke, es geht wieder zurück in die "Bell Tolls"-Ära. Ich bin damit zufrieden und mag die Scheibe. Als sie damals "Load" und "Reload" veröffentlichten, gingen sie unerwarteter Weise einen sehr kommerziellen Weg und nun gehen sie von diesem Weg wieder ab und zurück zu ihren Wurzeln. Und das ist großartig. Ich mag das Album wirklich.



Was sind denn Deine Alltime-Faves? Welche Alben würdest Du als solche bezeichnen?



Oh... ja möglicherweise... DEEP PURPLE - "Come Taste The Band" oder QUEENSRYCHE - "Operation Mindcrime”. Es gibt da viele Scheiben, die in Frage kämen, aber ich mag eben die Klassiker.



Was werden Deine nächsten musikalischen Projekte sein? Ein neues TEN-Album oder möglicherweise noch eine Konzeptscheibe?



Es wird auf alle Fälle ein neues TEN-Album. Wir sind gerade mitten in den Aufnahmen dazu. Normalerweise benötigen wir für ein TEN-Album zehn bis zwölf Monate, aber durch mein Konzeptalbum, das Zusammenbekommen der ganzen Sänger und die ganzen Aufnahmen liegen wir für das Album jetzt bei ca. 18-20 Monaten. Wir müssen es in Etappen aufnehmen, was für TEN normalerweise ungewöhnlich ist. Wir müssen aus über 50 Songs 14 aussuchen, die wir richtig mögen und wir haben jetzt sieben fertig, die richtig gut klingen. Es ist das erste Album mit Chris Francis, der schon auf "Once And Future King" zu hören ist. So konnte ich es vermeiden, dass er auf dem neuen TEN-Album sein Debüt gibt, da dann wieder Vergleiche mit alten Sachen von uns herangezogen werden. Und so hatte er seinen Einstand schon auf dem Konzeptalbum, was sicher eine Menge Druck von uns nehmen sollte, da man ihn dort schon einmal hören kann. Aber dann wird es auch bald losgehen mit den Promotion-Arbeiten.



Ihr habt wirklich 50!!! Songs für das nächste Album geschrieben?



Ja, es waren um die 50. Wir haben sie natürlich auf eine annehmbare Zahl heruntergeschraubt. Einige Songs haben wir nicht verwendet, weil wir nicht dachten, dass sie fantastisch sind. Wir haben 52-53 Songs reduziert auf etwa 22 und von dort an herunter auf die stärksten 14. Ich bin mit dem neuen Material sehr zufrieden und denke, dass es das bislang beste Album ist, das wir bisher gemacht haben.



Ja, das verleitet mich zu der Frage, wieviele Songs für das "Once And Future King"-Konzept entstanden sind?!



Ich hatte da ein paar Ideen... die Songs, sie waren alle rein musikalischer Natur. Ich hatte sechs oder sieben 90-Minuten-Tapes. Es waren sehr viele Chorus, - Bridge, - oder Strophen-Ideen. Aber verwendet wurde bei weitem nicht alles, Vieles habe ich katalogisiert und archiviert für die Zukunft. Ich habe eine richtige Bibliothek dieser Ideen, aus denen ich die Alben zusammengestellt habe. Es waren sicherlich insgesamt aber aufgerechnet etwa doppelt so viele Songs wie auf den Alben enthalten sind.



Wo kommen diese Ideen denn her? Gehst Du die Straße runter und auf einmal hast Du eine Melodie im Kopf, von der Du begeistert bist? Oder setzt Du Dich hin und konstruierst die Stücke?



Es passiert für gewöhnlich immer da, wo ich gerade bin. Darum trage ich auch immer so ein Diktiergerät mit einer Mikrokassette mit mir herum und darauf nehme ich Text, - oder Melodieideen auf. Dabei kann man im Dunkeln herumrennen oder sonstwas machen, eben gerade dort, wo man ist. Manchmal setze ich mich hin und versuche zu schreiben, aber normalerweise fließen die Ideen am Besten, wenn sie einfach so kommen.



Was hältst Du als alter Rockfan von der JUDAS PRIEST-Reunion?



Das wurde ja schon seit einiger Zeit gemunkelt. Ich denke, der Erfolg von Rob Halfords zwei Soloalben hat eine Menge dazu beigetragen und es stand immer mehr in den Karten, dass das passieren würde. Es ist nur schade für Ripper Owens, denn ich denke, dass er ein fantastischer Sänger ist. Ist er denn schon wieder irgendwo untergekommen?



Ja, er hat das neue ICED EARTH-Album eingesungen und wird wohl auch bei der Band bleiben.



Wenn Halford nun zurückgekehrt ist, bietet ihm eine Band wie ICED EARTH natürlich das perfekte Vehikel, denn sie sind eine ausgezeichnete Band. Ich wünsche Ripper wirklich das Beste, weil ich denke, das er ein großartiger Sänger ist. Es lief ja wie bei Blaze Bayley und IRON MAIDEN, als Bruce Dickinson wiederkam.



Ok. Vielen Dank. Gibt es noch andere Dinge, die Du unseren Lesern oder den Leuten da draußen mitteilen möchtest?



Oh, ich hoffe, sie mögen die "Arthur"-Alben und finden sie erfrischend. Ein Traum von mir ist es zu sehen, was mit den Alben passiert und dass es mir vielleicht irgendwann möglich ist, die "Arthur"-Sache fortzuspinnen, indem ich sie etwa auf der Bühne performe, hoffentlich dann auch mit der Original-Crew. Es gibt da jedes Jahr so ein kleines Festival in England und vielleicht klappt es ja einmal, dass wir es da eine Woche lang aufführen können. Es wird aber vorerst eine Hoffnung bleiben, es einmal auf einer Bühne zu haben. Ich hoffe, sie mögen die Alben und ich weise darauf hin, dass ein neues TEN-Album möglicherweise gegen Ende des Jahres, eventuell aber auch erst im Februar oder März, veröffentlicht und ausgiebig betourt wird. Ich hoffe, wir sehen uns da.



Wie sieht es denn mit einer Tour aus? Wirst Du mit "Once And Future King" touren oder erst wieder mit TEN?



Ich würde schon gerne mit dem Projekt touren, aber das wird nicht passieren, weil es zu teuer wäre, die gesamte Crew zusammenzubekommen. Vielleicht klappt es irgendwann als einmalige Sache ein paar Tage lang in England, Europa oder Japan. Etwas in der Art würde funktionieren, denn man muss ja auch daran denken, dass die anderen Künstler ihre eigenen Sachen ja auch promoten müssen. Es hängt auch davon ab, in wie fern das Label so etwas unterstützen würde, aber das neue TEN-Album wird extensiv betourt. Wir freuen uns schon darauf, endlich wieder "on the road" zu sein.



Wird es dann eine Europa, -oder Worltour oder...?



Es wird eine Worldtour, aber im Moment haben wir noch keine Veröffentlichung in Amerika. Wir sind zwar an einem Label in Amerika dran, aber wenn ich sage "Worldtour", dann wird sich das doch im Endeffekt auf Europa, UK und Japan beschränken. Aber es gibt beim nächsten Album auch einen Release in Russland und sogar in China. Und heute, da Musik ein großes Rad ist und rockige Sachen wieder mehr in die Charts gelangen, bin ich sicher, dass diese Musik etwas zurückkehrt.