Interview:

2020-07-15 FACTORY OF ART

Band anzeigen
Dieses Interview mit FACTORY OF ART wurde etwa im Jahr 2000 geführt, war dann verschollen und findet jetzt den Weg zurück auf unsere Seite. (do)Interview

FACTORY OF ART wurden 1990 gegründet, d.h. kurz nach der Maueröffnung. Wolltet Ihr damals die Chance des "Winds of Change" nutzen, oder wäre die Gründung auch zustandegekommen, wenn die Mauer nicht gefallen wäre?

Fast alle Musiker von FACTORY OF ART haben auch zu DDR-Zeiten schon Musik gemacht, hauptsächlich in diversen Coverbands. Auch ein gemeinsames Projekt war damals bereits angedacht. Die Wende und der Fall der Mauer hatten sicherlich auf den Werdegang Factory’s Einfluß, nicht aber auf die Gründung an sich. Die Band wäre zweifellos auch so entstanden, nur in anderer Form und mit anderen Perspektiven.

Sicherlich haben sich die Maueröffnung und die ganzen Eindrücke auch in den Texten Eurer Songs wiedergefunden oder?

Eigentlich nicht. Da FACTORY OF ART als instrumentale Art-Rock-Band startete, schloß sich das eh von selbst aus. Als dann später ein Sänger hinzukam, war das Thema nicht mehr aktuell. Die Arbeit mit Texten war für uns damals etwas gänzlich neues, denn zum ersten mal kamen Gedanken an Inhalte auf, die man vermitteln konnte, ohne dabei an die Staatsmacht und deren Zensor denken zu müssen. Aus den Erfahrungen der neuen Zeit heraus ergab es sich schließlich, daß unsere Texte zunehmend gesellschaftskritische Aspekte beinhalteten, was auch heute noch so ist.

Ihr habt, wie ich Eurer Bio entnehmen konnte, schon eine ganze Menge Line-Up-Wechsel hinter Euch. Von der Urbesetzung sind nur noch Heiko Flechsig (Guitar) und Ronald Losch (Bass) übrig. Was glaubt Ihr, hat Euch dabei geholfen, die Schuhe nach diversen Unstimmigkeiten in der Band, die u.a. auch den Ausstieg einiger Musiker und des Managers mit sich brachten, nicht an den Nagel zu hängen?

Die Band selbst stand niemals zur Debatte. Nach jedem Line-Up-Wechsel blieben immer die Musiker übrig, die an FACTORY OF ART glaubten und deren Lebensinhalt die Gruppe darstellte. Die jetzige Constellation ist ein Geschenk des Himmels, denn wir ziehen alle an demselben Strang, die Chemie stimmt, wie man so schön sagt.

Habt Ihr inzwischen auch wieder einen neuen Manager?

Um Gottes Willen, nein! Wir haben unsere Erfahrungen machen müssen und die sagen uns: "Macht es selbst, denn die einzigen auf der Welt, deren Interesse ausschließlich auf das Wohlergehen der Band gerichtet ist, seid ihr."

Eure beiden Alben "Grasp!!!" und "Point Of No Return" wurden bei den Label AFM Records veröffentlicht. Wieso seid ihr inzwischen nicht mehr bei AFM?

Nach dem Release von "Point Of No Return" (übrigens kein Album, sondern eine Art Vorab-Maxi zum letztendlich nicht mehr erschienenen zweiten Longplayer) und den folgenden Querelen, war die Band, die einen Vertrag mit AFM hatte, nicht mehr existent. Wir mußten wieder bei Null anfangen und die Gruppe neu aufbauen. Somit hatte sich auch der Deal erledigt, denn drei Vertragspartner waren ausgeschieden.

Ihr habt schon zusammen mit Bands wie GRAVE DIGGER, ICED EARTH, CREMATORY, NEVERMORE usw. gespielt. Wie war das damals für Euch, und wie seid Ihr überhaupt dazu gekommen?

Es waren alles schöne Erfahrungen bis auf ein paar wenige Ausnahmen. Uns hat es immer wieder Spaß gemacht, die Bühne mit bekannten Bands zu teilen, die uns meistens auch sehr gut behandelten. Leider sind heutzutage solche Support-Geschichten nur ungleich schwieriger (und vor allem teurer) zu bekommen.

Eure aktuelle Promo-Demo-CD ( oder wie auch immer?!) "Story Of Pain" ist eine Art Vorgeschmack auf ein bald folgende Konzept-Album. Erzähl mal was genaueres zu der CD. Von was handelt das Ganze? Wer schreibt und komponiert die Songs? Wie wird die CD heißen? Wann wird sie ca. veröffentlicht usw.?

Das Konzept-Album, das sich gerade in der Mache befindet, wird voraussichtlich "The Tempter" heißen und eine frei erfundene Thriller-Story beinhalten, die sich mit dem Mißbrauch physischer und religiöser Macht beschäftigt und sich gut auf reale Gegebenheiten projizieren läßt. Wann sie veröffentlicht wird, hängt vor allem davon ab, ob und wann wir fähige und willige Partner dafür finden. Die Songs entstehen in der Gemeinschaft. Einer bringt die Idee, Songfragmente oder ein ganzes Stück an und die Gruppe diskutiert und bearbeitet es dann. So kann jeder seine Ideen beisteuern und am Ende dieses Prozesses steht ein neuer FACTORY OF ART-Song.

Habt Ihr inzwischen wieder ein neues Label gefunden, bzw. steht Ihr momentan mit einem in Verhandlung?

Es gibt diverse Anfragen, aber noch nichts Konkretes. Wir arbeiten dran.

Wie würdet Ihr selber Euren Musikstil bezeichnen?

Heavy Metal (ohne Swords, Dragons und Frittengabel) mit progressiven Einflüssen, aber offen nach allen Richtungen, sofern es zu FACTORY OF ART paßt. Lass‘ es uns einfach als FACTORY OF ART-Rock bezeichnen.

Was war bisher Euer größter bzw. erfolgreichster Gig, bzw. was war der größte Flop?

Erfolg ist Definitionssache. Ein ausverkaufter 100-Leute-Club, wo das Publikum auf uns abfährt, ist erfolgreicher als eine ausverkaufte 1000er Halle, wo sich nichts bewegt. Der zahlenmäßig größte Gig fand im Berliner Sportforum vor 4500 Leuten statt, wo verschiedene Ost-Bands für den Erhalt des Senders DT 64 (heute MDR Sputnik, via Satellit auch im Westen zu empfangen) auftraten. Der zweitgrößte war ein Konzert mit BLIND GUARDIAN in Hessen vor 1200 Fans. Der absolute Flop war ein Gig im Vorprogramm von METAL CHURCH, der leider gecancelt wurde, da der örtliche Elektriker unsere vorgesehene Spielzeit damit verbrachte, die Stromzufuhr zur PA sicherzustellen. So mußten wir unser bereits aufgebautes Equipment wieder einpacken.

Habt Ihr schon neue bestätigte Tourdaten? Wenn ja, wann, wo, mit wem?

Wir spielen am 05/05 in Bochum/Zeche, am 06/05 in Würzburg/Rockpalast und am 07/05 in Ludwigsburg/Rockfabrik im Vorprogramm von DESTRUCTION und RAISE HELL. Diese Mini-Tour haben wir den Lesern des Rock Hard zu verdanken, die uns bei der "Unerhört! 2000"-Aktion auf den ersten Platz wählten. Außerdem gibt es FACTORY OF ART live am 17/06 in Nordhausen/open air mit KNORKATOR, am 15/07 in Erfurt/Engelsburg alleine, am 29/07 in Oranienbaum/open air mit einem größeren deutschen Act und am 19/08 in Waffenbrunn/MOSH Club Kolmberg mit TANKARD zu sehen.

Welche Bands bzw. Musikstile haben Euch musikalisch beeinflußt?

Da gibt es naturgemäß bei sechs Leuten eine ganze Menge. Jeder hat so seine Faves, die kann man nicht alle aufzählen. DREAM THEATER und QUEENSRYCHE mögen wir aber alle ganz gerne. Prinzipiell beeinflußt dich jedoch eigentlich alles, was du hörst, auf welche Weise auch immer. Da kannst du gar nichts gegen machen.

Mit welcher Band würdet Ihr gerne mal zusammen touren?

Hier gilt das gleiche: Jeder mit seinen Faves, also etwa IRON MAIDEN, QUEENSRYCHE, DREAM THEATER, AC/DC, BLACK SABBATH, METALLICA und, und, und. Prinzipiell eigentlich mit jeder größeren Band, wo’s hinpaßt.

Wie habt Ihr eigentlich damals, noch vor der Grenzöffnung, die musikalische Entwicklung, die ganzen Bands usw. mitbekommen? Damals ist man doch noch verdammt schwer an diverse Tonträger usw. gekommen, und wenn man dann doch diese Musik gehört hat, ist man doch gleich abgestempelt worden.

Das ist ein Klischee. Es war überhaupt nicht schwer, an diverse Tonträger zu kommen, nur verdammt teuer. Zum Teil kursierten Importe schon in der DDR, bevor sie in der damaligen BRD veröffentlicht wurden. Wer sich die überzogenen Preise (bis 500 Mark, was bei vielen ein Monatslohn war) nicht leisten konnte oder wollte, der zog sich die Sachen von einem Kumpel auf Tape und reichte sie seinerseits auch wieder weiter. Zudem gab es im DDR-Radio viel Airplay für Heavy Metal (u.a. die Kultsendung "Tendenz hard bis heavy" auf DT 64 zur besten Sendezeit), so daß man eigentlich immer auf dem laufenden war. Problematisch war eher, vernünftiges Equipment zu bekommen.

Was haltet Ihr generell vom Internet?

Ein Medium mit Zukunft, das immer wichtiger wird, aber auch merkwürdige Blüten treibt. Gerade im Musikbereich wird, auf die Dauer gesehen, bald keiner mehr ohne auskommen. Kommunikation innerhalb von Sekunden rund um die Welt – und das preiswert! Allerdings spielen wir nach wie vor lieber in einem gut gefüllten Club als im Internet.

Ein paar abschliessende Worte an unsere Leserschaft.

Wir schließen noch lange nicht ab!