Interview:

2005-06-29 Dropkick Murphys

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Ganz davon abgesehen, dass die DROPKICK MURPHYS mit ihrem neuesten Werk "The Warrior´s Code" ein Hammer-Album abgeliefert haben, werden dort auch erstmals verstärkt ernstere Untertöne angeschlagen, so dass man denken könnte, die Bostoner wären irgendwie erwachsen geworden. Aber keine Bange - dieser Eindruck entspricht offenbar nicht den Tatsachen. Drummer Matt Kelly bestätigte uns im Interview, was für die Dudelsack-Punks nach wie vor an erster Stelle steht: Party! InterviewAuf Eurem neuen Album "The Warrior´s Code" gibt es einige Songs, die verstorbenen Menschen gewidmet sind. Ist es ein Konzeptalbum?


Nein, eigentlich ist das so gekommen, weil wir einen guten Freund verloren haben, der bei einem Motorradunfall gestorben ist, und außerdem einen großen Fan, der im Irak-Krieg gefallen ist. Es war aber nie beabsichtigt, ein Konzeptalbum aufzunehmen - obwohl ich glaube, dass es tatsächlich etwas davon hat.


Seid Ihr über die Jahre ernsthafter geworden?


Naaah, wir hängen nur ab und machen unser Ding wie immer. Wir machen nur Beobachtungen und schreiben darüber.


Seid Ihr vielleicht auch durch die derzeitige politische Situation in den USA beeinflusst worden, besonders durch den Irak-Krieg?


Nur bei einem Song ("Last Letter Home"), der dieses Thema auf ernsthafte Weise behandelt, und einem weiteren "Cititzen CIA", der SEHR scherzhaft ist.


Würdet Ihr sagen, dass Ihr keine reine Party-Band mehr seid, sondern auch eine echte Message rüberbringen wollt?


Nein, wir sind definitiv eine Party-Band. Es gibt immer auch ernste Situationen, die auf Parties diskutiert werden, auf einer Party geschehen oder die Planung einer Party beeinflussen. Wir sind wie eine Party mit Themen oder so was.


Mit "I´m Shipping Up To Boston" habt Ihr ein Gedicht des legendären Lyrikers Woody Guthrie vertont. Wie seid Ihr darauf gekommen?


Seine Tochter, Norah Guthrie, deren Sohn Fan von uns ist, ist auf uns zugekommen. Obwohl die Texte sehr kurz waren, dachten wir uns, dass es cool wäre, einige von Woody´s Texten zu verwenden, auch wenn sie nur entfernt Sinn machen. Hahaha!


Wie waren die Aufnahmen für das Album? Habt Ihr irgendetwas anders gemacht als bei den anderen Alben oder über die Jahre etwas dazu gelernt?


Wir haben dieses Mal in einem anderen Studio aufgenommen, Q Division, in der Nähe von Boston. Gemischt haben wir dann wie immer im Outpost, auf der anderen Seite von Boston. Die einzige Sache, die wir dieses Mal anders gemacht haben, war, dass jeder einzelne Song fertig und alle Ideen umgesetzt waren, bevor wir einen Fuß ins Studio gesetzt haben. Bei den letzten Alben haben wir viele Songs erst im Studio fertig geschrieben... Ich weiß nicht, ob wir über die Jahre viel gelernt haben - wir machen einfach nur, was wir immer getan haben: Ein paar Akkorde schrammeln und ein paar Songs singen.


Eure Musik ist zwar sehr speziell, aber Euer Stil hat sich kaum verändert. Habt Ihr keine Angst, Euch zu wiederholen?


Nein. Wir schreiben einfach nur das, von dem wir wissen, wie man es schreibt. Unser Stil ist nicht einfach ein bestimmter Sound, sondern besteht aus vielen; also gibt es viele Wege, uns als Band innerhalb desselben Stils zu erweitern, ohne zu stagnieren oder uns zu wiederholen.


Was glaubst Du ist der Grund für Euren Erfolg, speziell in Bezug auf die Kids, da Ihr ja eigentlich eher altmodische Musik spielt?


Keine Ahnung. Vielleicht, weil Punk grade populär ist und wir eine irgendwie einzigartige Vermischung dieses Sounds haben. Vielleicht sind wir einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Vielleicht sehen die Menschen die Aufrichtigkeit in dem, was wir tun und wissen das zu würdigen. Ich habe keine Ahnung, Mann!


Wie hat alles angefangen? Wie kamt Ihr auf die Idee, Punkrock mit Irish Folk zu kombinieren?


Es hat als Spaß angefangen, indem wir Songs von den STIFF LITTLE FINGERS, THE CLASH, den RAMONES, den SWINGIN´ UTTERS und andere Covers gespielt haben. Unser Freund Bill Close (von THE FREEZE) hörte unseren ersten selbst geschriebene Song, "Barroom Hero", und beschrieb ihn als "RAMONES meet THE POGUES", oder etwas in dieser Art... Der Folk-Sound oder -Einfluss war immer Teil unseres Sounds; die Art, wie der Gesang fließt, der erzählende Charakter der Texte und die Akkord-Struktur besaßen immer diesen Einfluss. Vielleicht kommt das daher, dass wir als Kinder irische Musik gehört haben und sie sich von selbst in uns verwurzelt hat???


Wie waren Eure ersten Konzerte? Für das Publikum muss es seltsam gewesen sein, eine Punkrock-Band mit Dudelsäcken auf der Bühne zu sehen. Wie waren die Reaktionen?


Die ersten Konzerte bestanden daraus, dasselbe 5-Song-Set zwei Mal hintereinander zu spielen!!! Bis 1999, also bis drei Jahre nach unserer Gründung, hatten wir keine Dudelsäcke auf der Bühne. Zuerst hat uns nur ein Freund im Studio unterstützt - und dann hatten wir schließlich einen Live-Dudelsack-Spieler. Die Reaktionen der Menge waren absolut ENORM. Sie liebten es...


Was denkst Du über die Entwicklung von Punkrock und Rock ´n Roll? Es gibt ja immer mehr junge Bands, die Mainstream-Musik, wie Emo und Poppunk spielen...


Bleccchhhh!!!!! Mir scheint es, als ob die coolen Kids in der Schule Bands gründen und den Sound von Punkrock nehmen und mit diesem Männliches-Model-Look mischen, wobei sie etwas kreieren, das sehr un-punk ist, und sehr pro Konformität, pro Frauenfeindlichkeit, pro Gesellschaft, und bemächtigten sich des Wortes "Punk", wobei sie es komplett unbrauchbar für wirkliche Outcasts und Loser machen (die Leute, für die Punk vor allem sein sollte!).


Wie denkst Du über die Mainstream-Musik-Presse, die Bands wie die STROKES, die VINES oder die HIVES als Retter des Rock ´n Roll feiert? Fühlt Ihr Euch von ihr akzeptiert?


Ich würde wirklich nicht mal einen Scheiß darauf geben, was die Mainstream-Musik-Presse denkt. Der Tag, an dem sie uns akzeptieren, ist der Tag, an dem wir etwas falsch machen. Ich habe eine 7"-Single von den STROKES, die ziemlich cool ist. Alle drei Bands sind Mainstream-Versionen davon, was Underground-Bands schon seit 30 Jahren machen. Diese Bands sind einfach nur besser an ein breites Publikum zu vermarkten und sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Retter des Rock ´n Roll? Das glaube ich nicht. Wenn sie jedoch die Türen dafür öffnen, dass Rock ´n Roll wieder im Radio gespielt wird und sich diesem ganzen Fake-Rap und R&B-Müll entgegenstellt, dann lass sie doch Erfolg haben.


Da Ihr irische Wurzeln habt, kennt Ihr ja sicher auch Europa recht gut. Gibt es Unterschiede zwischen der europäischen und der amerikanischen Punkrock-Szene?


Auf jeden Fall. In Europa sind Punk/Skinhead/Hardcore, oder welche Subkulturen auch immer, mehr im Leben verwurzelt. In den USA sind die Leute in diesen Szenen, bis sie 21 oder vielleicht 30 Jahre alt sind. Für die Kids hier in den USA scheint das eine Phase in ihrem Leben zu sein (mit einigen KOMPLETTEN Ausnahmen). In Europa ist das eine Lebensart.


Sicher kennst Du das letzte Album der STREET DOGS, die Band eures ehemaligen Sängers Mike McColgan. Gefällt es Dir?


Es ist ein Album. Ich mag ihr erstes Album, auf dem Rob Guidotti spielte, der Typ, der die Band gegründet hat, und der jetzt der Lead-Gitarrist bei FAR FROM FINISHED ist, die bei GMM Records sind.


Wann werdet Ihr wieder in Deutschland auf Tour sein?


Auf jeden Fall innerhalb der nächsten sechs Monate...