Interview:

2008-04-03 Dismember

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Kaum eine andere Band des Death Metal-Genres liefert so konstant und regelmäßig Güteklasse A ab. Wo DISMEMBER draufsteht, ist auch DISMEMBER drin, kann man im Fall des neuen, selbst betitelten Albums mehr denn je sagen. Das Geheimnis könnte man laut Gitarrist Martin Persson so interpretieren, dass man auf modernste Aufnahmemittel verzichtet, alten Heavy Metal zelebriert und als geschlossene Einheit arbeitet. Ab und an können aber auch einfach nur außergewöhnliche Live-Events in Ostdeutschland die Stimmung heben...InterviewIhr scheint immer exakt zwei Jahre für ein neues Studioalbum zu benötigen. „Where Ironcrosses Grow“ erschien im Frühjahr 2004, „The God That Never Was“ im Frühjahr 2006 und nun “Dismember“ im Frühjahr 2008. Ist das Eure Absicht?



Nein, das ist nichts, was wir planen, das passiert einfach! Es sieht zwar für Außenstehende so aus, als ob wir vorhaben, alle zwei Jahre ein neues Album zu veröffentlichen. Aber das ist nicht so, das ergibt sich immer von selbst.



Also ist es noch zu früh, sich auf das nächste Album im Jahr 2010 zu freuen?!



Haha, nein, wir haben noch nicht einmal über das nächste Album gesprochen. Momentan konzentrieren wir uns noch auf die aktuelle Scheibe.



Ok, Spaß beiseite! Euer aktuelles Werk hat keinen eigenständigen Titel, sondern ist nach der Band benannt. Was soll das genau bedeuten? Seht Ihr „Dismember“ als Euer bislang ultimatives Meisterwerk an?



Hahaha, hast Du „ultimatives Meisterwerk“ gesagt?! Das finde ich echt lustig! Aber nein, so ist es nicht; wir hatten uns zusammengesetzt und über einen möglichen Titel gesprochen. Natürlich kann man einen der Songs auf dem Album auswählen und das Album danach benennen, aber nach einer Weile dachten wir nur: „Fuck, lasst uns das Album ohne Titel herausbringen!“. Und das Cover-Artwork passt ebenfalls sehr gut dazu. Es gibt keinen Namen für die Scheibe, aber natürlich werden die meisten Leute das Album „Dismember“ nennen. Wir nennen keinen Titel, sondern sagen einfach nur „unser neues Album“. Es ist auch nicht unsere beste Scheibe bisher, obwohl wir damit sehr zufrieden sind. Wir haben es nur ohne Namen belassen.



Mögt Ihr es denn lieber als den Vorgänger „The God That Never Was“?



Ich persönlich mag es lieber, ja! Es ist für mich ein echt starkes Album, und ich bin sehr zufrieden damit. Ich bin vor Allem mit der Produktion und dem Songwriting sehr glücklich.



Es ist auch wieder etwas länger ausgefallen als Eure letzte Scheibe. Habt Ihr dieses Mal einfach mehr Material geschrieben?



Wir haben sogar eine ganze Menge Riffs in der Hinterhand, die wir erst gar nicht für das Album verwendet haben, aber die laufen uns ja nicht weg. Es war sehr einfach, dieses Album zu schreiben, ich weiß gar nicht warum. Die ersten fünf Songs etwa haben nur ein paar Wochen in Anspruch genommen; das Material ist einfach so aus uns heraus geflossen. Das war wirklich einfach!



Es scheint auch, dass der Songwriting-Prozess bei DISMEMBER immer sehr solide abläuft. Arbeitet Ihr immer nach demselben Schema?



Ja, immer! Jeder von uns bringt ein paar Riffs mit zu den Rehearsals, dann hat jemand ein paar Ideen zum Text, und wir bearbeiten das dann alles gemeinsam; jeder ist da involviert.



Ein Song auf dem Album nennt sich „Europa Burns“. Warum habt Ihr denn die deutsche Bezeichnung für Europa dafür verwendet?



Oh, das ist nicht nur die deutsche Bezeichnung dafür, sondern es wird in jedem Land so genannt, außer in England. Darum haben wir uns dafür entschieden. Auf Schwedisch heißt es genauso, und wenn die Briten das nicht verstehen, müssen sie eben noch ein paar Sprachen dazulernen, haha!



Ist es denn eine spezielle Hymne, die an die Fans gerichtet ist?



Der Text handelt von Ersten Weltkrieg, darum auch der Titel. Die Rede am Ende der Nummer stammt von Karl dem 1. von Österreich-Ungarn und wurde 1918 aufgenommen.



Ich habe in dem Titel auch eine Art Tribut an Eure schweißtreibenden Live-Shows in Europa gesehen…



Ja, wir haben den Titel auch für unsere Europa-Tour verwendet, die gerade läuft. Der Name passt gut dazu, und wir spielen das Stück auch bei fast jeder Show live.



Das Stück „Under A Bloodred Sky“ ist wieder eine Maiden-Hommage geworden, mit den charakteristischen Gitarren. Ist es mittlerweile schon eine Art „Running Gag“, solch einen Song auf einem DISMEMBER-Album zu haben?



Keine Ahnung, auch das planen wir nicht wirklich. Die Nummer ist einfach entstanden, und wir fanden sie so gut, dass wir sie mit auf das Album genommen haben. Auch diesen Song spielen wir live, und er funktioniert auf der Bühne gnadenlos gut! Das macht richtig Spaß, denn bei DISMEMBER hören wir sehr viel von dem alten Heavy Metal-Stoff, also Maiden, Priest,… daher bekommen wir auch unsere Inspirationen, das ist für uns nichts Fremdes.



Das führt mich aber zu der Frage, warum Ihr nicht auch mal einen „Priest-Song“ schreibt…



Wenn Du Dir alle Alben von DISMEMBER anhörst, wirst Du feststellen, dass bei uns sehr viel von Priest vorhanden ist. Hör Dir nur mal „Of Fire“ vom Album „Death Metal“ an, das mit einem waschechten Priest-Riff ausgestattet ist. Das ist für uns echt kein Thema, und vom neuen Album kommt „Tide Of Blood“ in Frage, das stark an MERCYFUL FATE erinnert. Auf jedem DISMEMBER-Album findet man solche Anspielungen, die aufzeigen, was wir gerne hören.



Mit „Black Sun“ habt Ihr auch einen sehr Band-untypischen, fast schon überlangen Sechs-Minuten-Song geschrieben.



Das ist der längste Song, den wir bisher geschrieben haben! Das ist aber vor Allem mein Fehler, denn ich habe das meiste zu diesem Stück beigesteuert, haha! Es ist als Abschluss des Albums einfach perfekt. Zwar ist die Länge für DISMEMBER ungewöhnlich, aber ich denke, dass einem das Stück nicht so lang vorkommt, wenn man es hört, obwohl so viel darin passiert.



Spielt Ihr den Song auch live?



Das haben wir noch nicht gemacht, aber ich denke, es wird irgendwann passieren.



Aber Ihr wolltet keine Erfahrungen im Bereich progressiver Musik sammeln, oder?! Können wir auch in Zukunft mit so etwas rechnen?



Nein, haha! Meiner Meinung nach ist der Song auch nicht progressiv, sondern immer noch Death Metal von DISMEMBER! Und wir planen auch so was nicht, sondern es passiert wie es passiert. Von daher ist das auch in Zukunft gut möglich.



Viele moderne Death Metal-Bands greifen verstärkt auf Blastspeed-Parts und getriggerte Drums zurück um noch schneller und aggressiver zu klingen. Warum nutzt Ihr solche Möglichkeiten nicht?



Warum sollten wir, haha?! So wie wir klingen, klingen wir und wollen wir klingen! Wenn man ein Album mit dem Laptop aufnimmt und jeden kleinen Fehler elektronisch beseitigt, bis alles perfekt klingt, wird es für mich und für den Rest der Band nur noch statisch und langweilig, weil nichts geschieht. Das neue Album haben wir sogar mit älterem Equipment aufgenommen als das letzte. Wir hatten einen analogen Tape-Recorder und konnten da nichts groß ausbügeln, aber gerade das macht die Musik für uns lebendig. Man kann sich da nicht hinter einem Computer verstecken. Es zeigt, wie wir spielen, und das macht mir auch viel mehr Spaß, es mir anzuhören. Das wertet die Musik noch weiter auf.



Habt Ihr das Album etwa live im Studio aufgenommen?



Nein, nicht völlig live, sondern schon Instrument für Instrument. Wenn man aber einen Computer benutzt, dann kann man fünf Noten aufnehmen und den Rest daraus zusammenschustern. Wenn man jedoch analog aufnimmt, kann man nicht viel korrigieren. Die kleinen Fehler, die passieren, transportieren für mich zusätzlich dieses alte Feeling. Natürlich startet man nach groben Fehlern eine neue Aufnahme, aber kleine Patzer dürfen ruhig drin sein… das ist Death Metal und nicht Britney Spears!



Ihr habt vor über drei Jahren eine Live-DVD namens „Live Blasphemies“ herausgebracht. Wird denn auch noch ein reguläres Live-Album folgen? Schließlich sind DISMEMBER eine sehr präsente Live-Band.



Das haben uns schon viele Leute gefragt. Wir haben das auch schon diskutiert, aber noch keinen Plan dafür. Ich weiß nicht, was kommen wird, aber das Thema hat bei uns schon die Runde gemacht, auch weil eben die Nachfrage so groß ist. Wir werden sehen…



Wird es dieses Jahr auf dem „Party.San“-Festival wieder eine Special Old School Death Metal-Show mit Trunkenheits-Einlage geben?



Na ja, beim letzten Mal war nur Matti betrunken, der Rest war nüchtern. Das wurde in der Presse aber auch richtig breitgetreten. Wir sind aber nach wie vor glücklich mit der Show, es war eine der besten überhaupt von DISMEMBER. Und weiß DU auch, warum?



Nee…



Weil wir noch nie so viel Presse bekommen haben wie für diese Show, hahaha! Zig Magazine weltweit haben davon berichtet, und darum war es wohl unsere beste Show aller Zeiten!

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