Interview:

2003-09-29 Dew Scented

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"Impact" heißt das neue Alben von Dew-Scented und ist mindestens genau so ein Death/Thrash-Hammer wie sein Vorgänger, ein Album, das einen Großteil der Konkurrenz locker an die Wand spielt. Klar, dass ein Interview mit Leif (voc.) her musste, der seinen Ruf als witziger, redseliger und angenehmer Gesprächspartner wieder einmal bestätigte. Trotz Interview-Marathon und später Stunde...InterviewFangen wir doch mal mit eurem Auftritt in Wacken an. Den fand ich ja sehr cool. Überrascht hat mich, dass morgens um 10 schon so viele Leute da waren.


Wir waren auch ein wenig überrascht, mit der frühen Uhrzeit hatten wir nicht gerechnet. Ich war persönlich super erstaunt, dass so viele Leute vor Ort waren, da das Gelände auch gerade erst aufgemacht hatte. Wir haben im Endeffekt vor fünf- oder sechsmal so viele Leuten gespielt wie wir es uns für die Uhrzeit ausgerechnet hatten. Es waren viele Leute da, die uns zum ersten Mal gesehen hatten und den Namen nur kannten. Wir haben das von vielen Leuten gehört, mit denen wir danach gesprochen und zum Teil das ganze Wochenende abgehangen haben. Wacken ist ja ein sehr internationales Festival und das ist immer gut für die Aufmerksamkeit in anderen Ländern.


Ich hatte das Gefühl, dass viele Leute euch nur von der "Inwards"-Scheibe kannten. Die alten Songs, die ihr gespielt habt, kamen bei weitem nicht so gut an, die kannten wohl einfach weniger Leute.


Genau, ja. Es scheint, als hätte "Inwards" eine Halbzeit für die Band bedeutet hat, als wenn neues Interesse an der Band entstanden ist. Gerade weil auch in manchen Ländern unsere alten Sachen kaum oder gar nicht zu bekommen sind oder wenig beworben wurden. Für viele Leute war es halt so, als ob wir gerade unser Debüt gemacht haben. Wir stehen immer noch 100%ig hinter unseren alten Platten, aber im direkten Vergleicht sieht man halt, dass um "Inwards" herum viel mehr passiert ist und sich durch diese Platte ein neues Interesse für die Band gebildet hat.
Was ich richtig gelungen fand in Wacken, war euer Slayer-Cover ganz am Anfang. So lässig, eine Hand in der Hosentasche, "War Ensemble" runterzocken, war schon cool hehe
Das war eigentlich so auch gar nicht geplant. Wir waren auch erstaunt, dass die Leute das gehört haben, denn eigentlich sollte das nur auf der Bühne zu hörn gewesen sein. Sollte halt ein reiner Line-Check gewesen sein. Da hat uns wohl jemand reingepfuscht *lacht*


War aber trotzdem sehr geil.


Ja, wir haben die "War Ensemble"-Coverversion für die "Inwards" aufgenommen. Und wir schauen halt, wenn ein Konzert gut läuft und die Leute noch einen Song hören wollen, dass wir den halt spielen. Der Song ist halt eine sehr willkommene Wahl, da es ein sehr bekannter Song ist von unserem größten Einfluss als Musiker, insofern paßt das.


Welches sind denn die beiden Bonussongs auf "Impact"? Ich hab gehört, da gibt’s ein Digi mit zwei Songs mehr…


Ja, das Album hat an sich elf Songs. Es gab oder gibt immer noch eine kleine Auflage als Digi, auf der zusätzlich ein neuer Song drauf ist (Songtitel hab ich nicht verstanden - Anm. d. Verf.) und eine Coverversion von Turbonegro’s "Hobbit Motherfucker’s". Sind halt eine coole Band und das ist ein guter Song mit guter Aussage, "my generation sucks". Und wir hatten halt mit der Plattenfirma abgesprochen, dass wir eine Erstauflage mit besonderer Verpackung machen, ein Digipack mit rauem Papier und zwei Bonustracks drauf, um halt den Erstkäufern ein hochwertiges Produkt zu bieten.


Habt ihr nicht Lust, nicht mal ein ganzes Coveralbum zu machen? Ich mein’, das haben Entombed letztens ja auch gemacht, mit der "Sons Of Satan Praise Their Lords".


Weiß ich nicht. Unsere Covers sind meistens 1:1-Umsetzungen von Songs die wir halt cool finden, von Bands die wir respektieren und von Sachen die man halt bei Konzerten gut jammen kann. Ich weiß nicht, ob es notwendig ist, ein ganzes Coveralbum zu machen, aber wenn man unsere ganzen Coversongs zusammen nimmt, dann kommt man schon fast auf eine MCD, auf jeden Fall. Das waren ja Discharge, Overkill, Slayer, Metallica, Turbonegro… Ich denke aber nicht, dass wir die beste Coverband der Welt sind, insofern nutzen wir die Zeit wieder, um neue Songs zu schreiben.


Wie zufrieden seid ihr selber mit der neuen Scheibe, mit "Impact"?


Ich glaube, so zufrieden im Konsens waren wir alle noch nie. Sowohl in Sachen Produktion, wo wir das totale Maximum rausgeholt haben, der Andy Classen hat sich noch mal super gesteigert. Nicht dass wir unzufrieden mit "Inwards" wären, die Platte hat ja super geknallt, aber wir wussten, dass wir durch eine wiederholte Zusammenarbeit da ansetzen können, wo "Inwards" aufgehört hat. Die Produktion hat einen großen Schritt nach vorne gemacht, die Songs sind abwechslungsreicher und haben wieder mehr technische Elemente, was ich sehr cool finde. Die ist in Sachen Songwriting wieder mehr direkter und viel kompromissloser was die Eingängigkeit angeht und die Sons funktionieren live sehr gut. Wir haben das bei den letzten Konzerten gemerkt, dass sie sehr viel Spaß zu spielen machen und haben auch eine ziemlich direkte Wirkung. Mir gefällt die Verpackung sehr gut, mir gefallen die Reaktionen, die wir bisher bekommen und gesehen haben sehr gut, insofern wüsste ich nicht, was besser sein könnte.


Ihr spielt dieses Jahr sehr viel live, wart am Wochenende gerade in Holland, spielt nächstes Wochenende in Salzgitter, habt noch das Westfalenfestival, seit bei der X-Mass-Tour dabei… das ist mehr als letztes Jahr, oder?


Nee, eigentlich nicht, wir haben auch das letzte Jahr im Prinzip konstant durchgespielt. Wir waren 14 Tage mit Vader unterwegs in England und Irland, waren mit Cannibal Corpse fünf Wochen unterwegs, waren eine Woche in Frankreich mit No Return, waren eine Woche mit Sodom, Kreator und Destruction unterwegs, dann noch mal in den Staaten, bis wir irgendwann al gesagt haben: "Komm, aufhören, wir müssen langsam mal wieder neue Songs schreiben". *lacht* Letztes Jahr war’s also schon sehr sehr exzessiv, da sieht’s dieses Jahr sogar noch ein wenig humaner aus. Wir sind aber jetzt schon dabei, Tourangebote für 2004 zu sichten und machen jetzt noch die letzten Shows, die anstehen nach den Festivals. Wir haben dann noch die Tour mit Nile, Misery Index, Destruction und den anderen 5000 Bands und hoffen, noch für ein, zwei Shows in die USA rüberzukommen und da dann nächsten Jahr vielleicht noch eine zwei, drei Wochen-Tour dahinter zu schieben. Wir hoffen, dass wir noch mal nach Japan rüberkommen, wo wir seit 2001 nicht mehr waren. Mal schauen, was sich so anbietet, auf jeden Fall ist im Moment ein ganz gutes Interesse an der Band da.


Ihr habt also auch richtig Bock, live zu spielen?


Ja, ich finde, dass gehört dazu. Ein richtig gute Death/Thrash-Band knallt erst dann richtig, wenn man die Platte intus hat und die Band dann live sieht und uns macht das halt Spaß. Das Plattenaufnehmen ist halt die Pflicht und dann kommt halt so die Kür.
Bei euch ist es nicht so, dass ihr nach 200, 300 gespielten Shows sagt: "Ich hab jetzt keinen Bock mehr rauszugehen und immer den gleichen Song zu spielen."?
Nee, ganz sicher nicht. Wir sind ja zum Glück nicht drauf angewiesen, dass wir nur die Songs runternudeln, die wir auf unserer allerersten allerbesten Platte gemacht haben *lacht* Das kann ich nur ganz neutral sagen, dass wir ganz gut damit fahren, dass wir unsere beste Platte der beste Leistung nicht gleich am Anfang gemacht haben und spielen daher keine Songs, die älter sind als drei, vier Jahre, was die Sache natürlich auch frisch und interessant hält. Es macht immer wieder Spaß, egal wie klein der Rahmen ist. Die Mini-Tour in Holland jetzt z.B. war nicht besonders groß von den Zuschauermengen, aber es war halt eine selbstorganisierte Tour mit zwei holländischen Bands. Und das hat sehr viel Spaß gemacht, wenn man sieht dass Leute kommen, weil sie auf die Bands stehen und nicht kommen, weil sie ein Bier trinken wollen oder weil sie sowieso gekommen wären.


Wir haben für deutsche Verhältnisse schon extrem viel in Holland gespielt. Ich denke, dass waren bestimmt 50, 60 Shows da gespielt haben, weil es geographisch ja auch sehr günstig liegt. Letztes Jahr haben wir für unsere Verhältnisse extrem wenig da gespielt, nur sechs oder sieben Shows, von daher lag es nah, direkt nach dem Erscheinen eines neuen Albums mal wieder eine kleine Tour in Holland zu machen.
Wie ist das mit eurem Basser? Ist der nun ganz raus oder hilft euch noch aus? Oder wie?
Ja, schon bei der "Inwards" hat sich gezeigt, dass er mit seiner Zeit nicht mehr hinkommt, insofern hat er schon damals gesagt, dass er einen Gang zurückschalten muss. Er ist schon aus der Band raus, aber nicht im Streit, und spielt ab und zu noch Shows mit uns. So beim Summer Breeze dieses Jahr und spielt jetzt im Oktober ein paar Gigs mit, weil der Alex von Obscenity, der seit knapp einem Jahr unser Basser ist, keine Zeit hat. Wenn sich Termine von uns überschneiden, dann hat für ihn Obscenity Priorität und der Patrick, unser Gründungsmitglied, springt für ihn ein.


Wir suchen zwar einen Basser und haben auch schon mit einigen Leuten geprobt, aber der Richtige war halt noch nicht dabei. Wir hängen auch zwischen Hobby und Profi, da muss man halt mit Abstrichen menschlich damit klarkommen. Es frisst zuviel Zeit, als das es Hobby ist und es wirft zuwenig Geld ab, um davon leben zu können. Alex hat eine sehr gute Einstellung dazu und wird das auch weitermachen, wenn er sich das zeitlich erlauben kann.


Kommen wir doch jetzt mal zu dem neuen Gitarristen bei euch. Wer ist das?


Das ist Hendrik, unser zweiter Gitarrist neben Flo. Er ist direkt nach "Inwards" eingestiegen. Wir haben zwei Jahre lang gesucht und immer mal wieder wechselnde Gitarristen gehabt, was auf Dauer belastend war, denn wir sind nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich ein recht eingefahrenes Team, da müssen wir schon den passenden Deckel finden. Hendrik kam so aus dem Nix, nachdem die Band nach Braunschweig verlagert worden ist, hat mit uns geprobt und sehr schnell menschlich und musikalisch gepasst. Er hat seit der "Inwards" alle Konzerte mitgemacht und bei der neuen Scheibe maßgeblich mitkomponiert und bildet ein sehr gutes Team mit dem Flo zusammen. Wir haben jetzt zwei Songwriter und zwei Sologitarristen in der Hinterhand, die natürlich mehr machen können und auch abwechslungsreichere Sachen spielen. Die Sachen werden jetzt auch so komponiert, dass sie von zwei Gitarren ausgeführt werden können. Ich finde es eigentlich ganz cool, wir sind ein eingespieltes Team und die Platte hat mehr Tiefe und mehr Details. Im Songwriting mit vier offenen Augen an der Gitarre kann man natürlich mehr machen als mit zweien.


Kommen wir noch mal zur Platte zurück. Das Cover finde ich sehr komisch, da hätte ich ein Loch oder einen Bombenkrater erwartet, einen Einschlag eben. Und nicht zwei Typen mit Widderhörnern.


War uns ein bisschen zu platt *lacht* Der Titel stand als erstes halt fest, der Einschlag ist ja da durch diese Person in zweifacher Darstellung, die sich selber rammt und aufeinander einprallt. Wir denken schon, dass es sehr gut paßt und mir gefällt die Atmosphäre des Covers sehr gut, mit einem sehr knalligen Cover. Vor allem ist die komplette grafische Umsetzung des ganzen Inlays sehr schön.
Die Platte wird auch als Doppel-LP herauskommen, zusammen mit der "Inwards" im Gatefold-Klappcover. Das ist auf meinem Mist gewachsen und etwas, dass mein eigenes Fanherz höher schlagen lässt.
Das finde ich eine sehr coole Aktion, da die beiden Alben zusammen nicht mal zu einem erhöhten Preis zu haben sind, sondern soviel kosten wie eine CD.
Ja, ich hab halt mit NB geredet und gesagt, dass ich eine LP haben möchte, da haste einfach mehr in der Hand, ist einfach klassischer. Und als wir dann hin- und herüberlegt haben, wie wir das machen, ob wir noch einen Bonussong raufpacken, sind wir halt auf die Idee gekommen, die komplette "Inwards" mit reinzupacken. Soweit ich das verstanden habe, wird das in einer 500er Auflage gemacht und die wird relativ schnell weg sein. Wir haben da zwar keine Erfahrung, wir haben so was vorher noch nicht gemacht, können also nicht sagen, wie schnell die weg sein wird.


Die Texte sind wieder recht düster. Kannst du nur über so was schreiben oder gehört das für dich zusammen, mit der Musik?


Nicht zwingendermaßen, aber ich denke mir fällt es auf jeden Fall leichter über schlechte Sachen zu schreiben als über gute. Wenn ich mir vorstelle, dass man eine bestimme Energie und bestimmte Angepisstheit aufbauen sollte, um die Songs so rauszubrüllen, dann wäre es nicht förderlich, wenn ich keine Ahnung, über Schokokekse oder über Liebesfilme schreiben würde. Wenn ich solche Sachen singen sollte, komme ich wahrscheinlich nicht auf die richtige Spur, was das Energielevel angeht. Das macht schon Sinn, dass es um Aggressionen geht.


Was hältst du von politischen Texten? Im Metal gibt’s ja noch viele Leute, die das getrennt halten und das nicht machen wollen…


Wir sind jetzt keine Partei oder so oder parteiergreifend, was die Richtung der Texte angeht. Wir äußern aber durchaus unsere Meinung, da sind viele kritische Sachen drin, vor allem soziale Sachen. Wobei sozial natürlich politisch heißt. So ist z.B. "Cities Of The Dead" ein suggerierter Pazifistensong, sehr brutal und negativ geschrieben. Der Song handelt eigentlich davon, dass wir als Menschen ganz schön schizophrene Charaktere haben, dafür, dass wir unsere Zeit, Energie und Geld reinstecken, unsere Zivilisation aufzubauen und Technologie zu entwickeln, um dann doch wieder alles in ein paar Sekunden zu zerstören. Wenn man sich die Kriegsführung der letzten Jahre anguckt, ist das schon erschreckend. Da wird über menschliche Leben und Schicksale entschieden, nur um ein sozioökonomisches System neu zu erfrischen. Das das so funktionieren muss, ist schon eine schräge Sache. Ich glaube nicht, dass wir uns das vor ein paar tausend Jahren so gedacht haben.
Wenn man die Augen aufhält, sieht man als interessierter Mensch genug, über das man Texte schreiben kann. Und Pegasus, Schwerter und Drachen sind nichts, was mich in meinem privaten Leben berührt.


Stichwort Internet: Was hältst du von der ganzen Raubkopierdiskussion? Die ganzen Plattenfirmen jammern, dass ihre Umsätze verloren gehen und sie keine Bands mehr produzieren können, weil sie keine Kohle mehr haben…


Das ist eine Tatsache, ich meine, dass sieht man auch, es gibt z.B. immer weniger spezialisierte Plattenläden. Und Labels, die einfach weniger Material haben. Hat aber auch damit zu tun, dass es immer mehr Veröffentlichungen gibt. Das ist einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich sehe das Internet eher als Promo-Plattform, wenn man es schlau benutzt. Vielleicht entdecken Leute dadurch erst unsere Band. Mich persönlich stört es bisher nur am Rande, was Dew-Scented angeht. Ich merke im direkten Gespräch mit den Leuten, dass sie erst übers Internet von unserer Band was mitbekommen haben, über freien MP3-Download merken, dass ihnen die Mucke gefällt und sie sich die Platte kaufen. Was mich stört sind Leute, die die Arbeit nicht sehen, die hinter einer guten Produktion und guter Verpackung steckt, die einfach nur aus Lust am Zerstören von Kunst komplette Alben ins Internet stellen.


Ich denke, es liegt auch daran, dass soviel auf die Leute eingeschwemmt, dass es so viele One-Hit-Wonder gibt, wodurch Musik nur noch als Nebenbeiprodukt wahrgenommen wird.


Ja, ich denke, dass der Gedanke, dass Musik etwas Exklusives ist, verloren gegangen ist bei vielen Leuten. Jeder kann Musik mit einfachen Mitteln machen und veröffentlichen. Das sollte aber nichts an der Einstellung der Fans ändern, Bands zu unterstützen, die sie mögen. Ich würde es sehr schade finden, wenn mir 100 000 Leute eine Email schicken, wie toll unsere Platte ist und wir nur 1000 verkaufen. Ich bin nicht auf das Geld aus, ich will nur, dass die Kette weiterhin funktioniert. Ich hab vor 10 Jahren angefangen Musik zu machen und wenn das noch zehn Jahre funktioniert, wäre es echt klasse. Und wenn es irgendwann des Geldes wegen nicht mehr klappt, wäre das sehr traurig.

(hier gab leider mein Band den Geist auf, was ich während des Interviews nicht bemerkte. So bleibt leider der Rest des Gesprächs über die Geschichte Dew-Scented und Tourleben verschollen. Wird aber nachgeholt - Anm. des Verf.)

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