Interview:

2006-06-15 Communic

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Mit seinem letztjährigen Debüt "Conspiracy In Mind" gelang dem norwegischen Trio COMMUNIC ein echter Meilenstein. Man möchte meinen, ein solches Album schreibt man nur einmal im Leben, doch der Nachfolger "Waves Of Visual Decay" ist mindestens genauso genial ausgefallen. Grund genug, bei Bandchef, Gitarrist und Sänger Oddleif Stensland ein weiteres Mal anzuklopfen… InterviewSeid Ihr denn im Nachhinein mit den Reaktionen auf Euer erstes Album "Conspiracy In Mind" zufrieden, wenn Ihr auf das letzte Jahr zurückschaut?



Das letzte Jahr war wirklich fantastisch! All die Reaktionen auf das erste Album waren so gut… es ist schwer, das alles hinter sich zu lassen und mit einem neuen Album zu beginnen, aber es ist besser, mit der Arbeit weiterzumachen als herumzuhängen und abzuwarten. Solange die Songs fertig sind, und wir der Überzeugung sind, dass die Qualität gut genug für einen Nachfolger ist, ist es besser, nachzulegen, solange das Debüt noch frisch in den Köpfen rotiert.



Auch Eure Shows waren ja als Erfolg zu werten?!



Ja, ich denke schon, weil wir nach dem Release des Albums nicht allzu viele Shows gespielt haben. Wir sind drei Wochen durch Europa getourt, und dann kamen noch ein paar Festivals, von denen das "Rock Hard" das größte war. Diese Erfahrungen haben uns als Band wachsen lassen und uns noch näher zusammengeführt. Wir hoffen aber, mit dem neuen Album eine größere Tour und ein paar größere Festivals zu bekommen, haha!



Jetzt, wo Euer neues Album fertig ist, würdet Ihr da sagen, dass "Conspiracy In Mind" immer noch ein gutes Album ist, oder findet Ihr, dass Ihr im Nachhinein noch ein paar Dinge hättet besser machen können?



Ja, wir können jetzt vergleichen, und ich habe schon viel verglichen, haha! Natürlich findet man im Nachhinein ein paar Sachen, die man jetzt anders machen würde, wenn man die Möglichkeit hätte, noch etwas zu verändern. Aber alles in allem ist "Conspiracy In Mind" ein großartiges Album gewesen, und wir haben es mit ein bisschen Druck hinter uns gelassen, weil die Erwartungen nun sehr groß gewesen sind. Ich habe das Debüt erst jetzt wieder im Auto auf dem Weg zur Arbeit gehört, und ich höre es nach wie vor gerne!



Das Debüt erreichte ja auch im Buch "Best Of Rock & Metal - Die 500 Stärksten Scheiben Aller Zeiten", das von der "Rock Hard" - Redaktion veröffentlicht wurde, den Platz 497…



Ja, hahaha! Ich weiß nicht, was sie über das Album denken, aber es ist absolut weit weg von dem, was wir damit erreichen wollten! Die Scheibe ist kein Mainstream, und sie ist recht schwer zugänglich. Es ist fantastisch, wir wurden ja auch als "Bester Newcomer 2005" gewählt… was können wir noch mehr verlangen?!



"Conspiracy In Mind" ist gerade mal erst ein Jahr alt. Wie habt Ihr denn "Waves Of Visual Decay" so schnell fertig bekommen?



Nun, viele der Songideen zu dem Album waren schon sehr früh vorhanden. Und als wir nach den Aufnahmen zum Debüt aus dem Studio kamen, legten wir keine Pause ein oder machten Ferien. Wir wollten so schnell wie möglich weiter Musik machen. Als wir dann bemerkten, dass wir genug Ideen für einen Nachfolger haben, teilten wir unserem Label mit, dass wir das Album noch gerne vor dem Sommer veröffentlichen würden. Wir machten uns daraufhin selbst ein wenig Druck. Es sollte eine ganze Stunde an Musik aufgenommen werden, und als wir sie zusammen hatten, buchten wir ein Studio und nahmen die sieben Songs auf. Solange man das Material fertig hat, muss man doch keine zwei Jahre warten, bevor man das Album auf den Markt bringt. Außerdem ist das Debüt jetzt noch frisch in den Köpfen, und die Leute werden sich hoffentlich an uns erinnern, wenn die neue Scheibe herauskommt.



Es kommt aber ein wenig das Gefühl auf, dass Ihr das neue Album so schnell fertig bekommen musstet…



Wir wollten damit einfach nicht zu lange warten, aber auf der anderen Seite auch nichts veröffentlichen, mit dem wir nicht zufrieden waren. Auch fanden wir es nicht so gut, mehr Songs zu schreiben, bevor wir ins Studio gehen.



Bereits beim letzten Interview zu "Conspiracy In Mind" meintest Du, dass schon Songs für einen Nachfolger fertig seien. Seid Ihr denn so fixe Songwriter?



Nun, wir setzen uns mindestens einmal die Woche zusammen, für Rehearsals, etc., außerdem sitzen wir nicht herum und spielen nur die alten Sachen, sondern wir arbeiten ständig an neuem Material und neue Ideen aus! Und immer, wenn wir auf etwas warten mussten, wie etwa auf den Release des ersten Albums, die Tourdaten, die Promotion, etc., werkelten wir an den neuen Stücken. Wir sind auch schon dabei, Ideen für ein weiteres Album zu sammeln, so dass wir kontinuierlich neue Musik schreiben. Ich sitze zu Hause oft mit meiner Gitarre und probiere neue Musik oder Gesang aus. Und am Ende sind sehr viele Ideen fertig, und es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, mit den Jungs alles zu rehearsen und die endgültigen Songs fertig zu stellen.



Aber wenn Ihr so schnelle Songschreiber seid, dann kann ich mir vorstellen, dass Ihr viel mehr Songs geschrieben habt, als auf dem Album stehen.



Ja, wir hatten mehr Ideen für noch mehr Songs, aber ich sehe das alles als langen Prozess. Ich habe auch viele Songs aus früherer Zeit, auf die ich noch zurückgreife, weil ich sie einfach zu gut finde, um sie hinter mir zu lassen. Beim ersten Album gab es keine "Leftovers", weil wir keine Songs geschrieben hatten, die nicht gut genug für die Scheibe waren. So haben wir es auch mit dem Nachfolger gehalten. Die Ideen, die nicht gut genug sind, werden gleich verworfen, bevor sie sie zu einem Song werden. Darum gibt es bei uns kein übrig gebliebenes Material, und man investiert keine Arbeit in Dinge, mit denen man nicht zufrieden ist.



Auffällig ist, dass "Waves Of Visual Decay" die gleiche Struktur hat wie "Conspiracy In Mind". Es sind sieben überlange Songs bei ähnlicher Spielzeit. Mögt Ihr keine kürzeren Stücke?



Wir denken gar nicht darüber nach! Wir nehmen keine Zeiten von den Songs nach dem Motto: "Jetzt haben wir vier Minuten, das reicht!". Wir versuchen, jeden Song mit allem, was er beinhalten soll, fertig zu stellen. Am Ende schauen wir, wie lang er ist und staunen selbst über die Spielzeit. Wir wollen die Stücke aber nicht kürzen, solange sie unserer Meinung nach in Ordnung sind. Ich denke, es verhält sich so, dass ich ein Stück von etwa fünf Minuten Länge schreibe und die anderen Bandmitglieder danach noch weitere Ideen einbringen. Der Song entwickelt sich dann noch weiter, und wenn wir meinen, dass eine Idee hinein genommen werden soll, dann nehmen wir sie auch auf. Und wir haben nun mal so viele Ideen! Vielleicht wird es auf dem nächsten Album ein vierminütiges Stück geben, keine Ahnung. Das ist eben unsere Arbeitsweise!



Meiner Meinung nach ist das neue Album auch ein wenig thrashiger als der Vorgänger.



Ja, ein bisschen thrashiger und heavier, das stimmt!



Außerdem arbeitest Du etwas mehr mit höherem Gesang.



Das habe ich schon auf dem ersten Album gemacht, aber nicht so viel, mehr im Hintergrund. Aber dieses Mal wollte ich etwas variablere Vocals und auch ein wenig düsterer. Es sollte einfach interessanter werden, als immer nur in einer Tonlage zu singen, und ich denke, das hat auch gut geklappt. Spaß hat es außerdem gemacht, all diese verrückten Sachen zu singen, haha!



Was soll der Titel "Waves Of Visual Decay" genau aussagen? Das klingt sehr spirituell.



Nun, der Titel kann auf viele unterschiedliche Arten erklärt werden. Die Leute werden für sich ihre eigene Bedeutung finden, aber natürlich habe ich meine eigene Vorstellung davon. Es ist kein Konzeptalbum, aber alle Stücke können mit diesem Titel verknüpft werden. Auch das Cover - Artwork drückt die Handlungen der Stücke aus, was etwa soviel bedeutet, dass uns die Medien mit Fernsehen, Radio, etc. füttern und wir das glauben, was wir sehen. Das wirft die Frage auf, wer entscheidet, was wir sehen dürfen. Es geht um Manipulation, Korruption und um die Frage, ob das, was wir sehen, auch die Realität ist. Es ist eine sehr düstere Thematik, die sich mit der Frage befasst, was wirklich außerhalb unserer Wohnzimmer passiert. Die Texte sind auch sehr offen, so dass sich jeder sein eigenes Bild machen kann. Für Dich ist es spirituell, das ist eben Deine Interpretation, und so soll es auch sein! Es ist für mich auch einfacher, über solche Dinge zu schreiben als über fröhliche Themen.



Im letzten Interview hast Du gesagt, dass Du viele Deiner Inspirationen aus dem Fernsehen bekommst, und der Typ auf dem Cover schaut in diesem Moment auch ins Fernsehen. Ist das bewusst so gemacht?



Ja, die Figur wird mit Informationen gefüttert. Es stimmt, dass viele meiner Einflüsse daher kommen, und der Titel und das Artwork drücken für mich auch etwas in dieser Richtung aus. Da wir schon darüber gesprochen haben, weißt Du es, aber die ganzen Leute nicht.



Ihr werdet teilweise immer noch mit SANCTUARY / NEVERMORE verglichen. Seid Ihr denn immer noch maßgeblich von diesen beiden Bands beeinflusst?



Nein, das würde ich nicht sagen. Ich kann verstehen, dass uns die Leute mit NEVERMORE oder sogar SANCTUARY vergleichen, aber das liegt wohl hauptsächlich an meiner Stimme und daran, wie ich singe. Ich persönlich sehe es nicht so, dass wir diesen Bands so nahe sind. Es wird auch behauptet, dass wir ein Rip - Off davon seien, aber das kommt von Leuten, die vielleicht ein Stück von uns kennen oder uns nur kurz gehört haben. Wenn man sich das Album anhört, dann wird man schnell feststellen, dass es nach COMMUNIC klingt und nicht nach einer dieser Bands. Natürlich haben wir unsere Wurzeln, aber NEVERMORE haben die Musik von COMMUNIC nicht sonderlich beeinflusst. Ich bin stilistisch eher im älteren Thrash Metal beheimatet, wie etwa frühe MEGADETH, TESTAMENT, METALLICA oder Stoff aus den frühen 90ern. Dann kamen Bands wie FATES WARNING, QUEENSRYCHE,… es ist eine große Suppe aus Allem! Und die anderen Jungs in der Band hören ihre eigenen Sachen und bringen daher auch eigene Ideen mit. Darum denke ich, dass unsere Musik sehr eigenständig ist und wir keine andere Band kopieren.



Der Vergleich ist ja auch mehr als Kompliment zu verstehen!



Wir nehmen es auch niemandem übel, wenn er uns mit diesen Bands vergleicht, denn sie gehören zu den besten Bands überhaupt. Ich habe auch kein Problem damit, und ich kann auch verstehen, warum die Leute immer Vergleiche suchen.



Geht Ihr drei eigentlich einer geregelten Arbeit nach, bzw. habt Ihr normale Jobs?



Ich habe eine eigene Firma, in der ich Grafikdesign, Magazine, Bücher und so etwas mache. Tor (Atle Andersen - Drummer - Anm. d. Verf.) ist Mechaniker, aber Erik (Mortensen - Bassist - Anm. d. Verf.) ist der einzige in der Band, der keinen regulären Job hat.



Du hast vorhin QUEENSRYCHE erwähnt. Dann bist Du doch sicher auch ein Fan von deren Album "Operation Mindcrime" und hast den zweiten Teil davon gehört?!



Ja, aber ich war nicht unbedingt glücklich damit. Ich habe es aber auch erst einmal gehört, und vielleicht braucht es ein paar Durchläufe mehr, haha! Der erste Teil ist echt klasse, darum hatte ich auch große Erwartungen an den zweiten Teil.



Und irgendwie habe ich das seltsame Gefühl, dass "Waves Of Visual Decay" allgemein besser ankommen wird und bessere Kritiken erhält als "Operation Mindcrime II".



Hahaha! Ja…




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