Festival:

Summer Breeze Open Air 2022 - Mittwoch

Festival vom 17.08.2022

“We´re so happy to be back again“ war der Satz, der dieses Open Air prägte wie kein anderer. Nahezu von jeder Band auf jeder Bühne war diese Parole zu hören und das mit Recht. Auch wir waren unglaublich froh wieder da zu sein, wo wir vor drei Jahren die Zelte abgebrochen und seitdem kein Festival mehr besucht hatten. Glücklicherweise verlief unsere Anreise und das Einchecken auf dem Zeltplatz genau so reibungslos, wie beim ersten Mal. Der Zeltaufbau gestaltete sich aufgrund des heftigen Windes erst einmal etwas schwieriger, so dass wir kurzerhand an ein windstilleres Plätzchen umzogen. Es war ja der „sehnsüchtig erwartete“ Regen angekündigt, bei allem Verständnis konnten wir (und die ca. 40.000, die hier waren) diese Vorfreude gewiss nicht teilen.

Wie 2019 war es auch dieses Mal wieder eine Truppe aus der Bay Area, die für uns den musikalischen Reigen eröffnete. Um 18:25 Uhr enterten EXODUS die Bühne der T-Stage mit einem ihrer neuen Songs “The Beatings Will Continue (Until Morale Improves)“. Alle Anwesenden waren sofort auf Betriebstemperatur und rasteten beim anschließenden “A Lesson In Violence“ dann auch dezent aus, was zu einem Circle Pit führte. Augenblicklich standen wir mitten in einer Staubwolke, die eine Stampede nicht besser hätte anrichten können. Hier machte das Tragen einer FFP2 Maske nun wirklich Sinn und ich wünschte mir das erste Mal, ich hätte eine zur Hand. Lee Altus musste bedauerlicherweise die komplette Tour der Kalifornier wegen familiärer Angelegenheiten canceln. Sein Stellvertreter, Brandon Ellis (THE BLACK DAHLIA MURDER), machte gleichwohl einen mehr als anständigen Job. Mein lieber Herr Gesangsverein, was der junge Mann da aus seiner Jackson Signature holte, war zum Niederknien. Optisch hatte aber Gary Holt die Nase vorne. Das T-Shirt im Stile von “Bounded By Blood“ mit dem Titel “Kill The Kardashians“ mit deren Konterfei auf den Körpern der teuflischen Babys war einfach klasse. Steve „Zetro“ Souza hatte sichtlich Spaß an der kreisenden Menge und heizte die Party immer wieder an. Seinen gesanglichen Vortrag auf der neuen Platte fand ich nicht so gelungen, live gab's dagegen absolut nichts auszusetzen. Von dem “Old Shit“ bekam man das volle Programm: „“Piranha“ ,“Bonded by Blood“, “Strike of the Beast“ und natürlich “The Toxic Waltz“, das mit einer Anspielung an SLAYERs “Reign In Blood“ garniert wurde. Leider schaffte es wieder nur “Blacklist“ von meiner Lieblingsplatte “Tempo Of The Damned“ ins Set.

Passend zum Aufgalopp gaben wir uns hinterher selbstverständlich TESTAMENT auf der gleichen Bühne. Die machten genau da weiter, wo EXODUS aufgehört hatte und zwar ebenfalls mit einer gehörigen Portion altem Stoff. 2019 bestritten sie den Auftritt auf eben diesem Festival mit dem Großteil ihrer Songs aus der Comebackaera, nun lag der Fokus deutlich auf den Anfängen. “The New Order“ und “Practice What You Preach“ war der erste Vorgeschmack von dem, was da noch kommen sollte. Personell hat sich bei den Bay-Thrashern auch was getan. Für den kurzfristig ausgestiegenen Gene Hoglan nahm Dave Lombardo (u.a. SLAYER, SUICIDAL TENDENCIES, GRIP INC., FANTOMAS) hinter der Schießbude platz, was ich jetzt nicht wirklich schlecht finde. Insgesamt war die Performance dennoch verhaltener als noch vor drei Jahren und ich hatte das Gefühl “Chief“ Chuck Billy quälte sich beim Singen etwas mehr als damals. Seiner Laune tat das jedoch keinen Abbruch und er mimte auch fleißig den Entertainer, indem er die erste Wall Of Death anzettelte. Eigentlich war ich sehr gespannt auf das Material von der "Titans Of Creation", davon spielten die Amis aber lediglich “WWIII“. Bei dem vielen alten Zeug, das ich z.T. schon lange nicht mehr live genießen konnte, wie z.B. “First Strike Is Deadly“, war mir das aber egal. Den Abschluss krönten die Jungs dann noch mit einem Duett. „Zetro“ war ja nicht nur der Vorgänger von Chuck Billy, er vertrat ihn auch während seiner Krankheit. Dafür wurde er erst mal abgefeiert und streute seine gesanglichen Fähigkeiten bei “Alone In The Dark“ mit ein.
Einen besonderen Effekt konnten wir während der Show im Übrigen auch noch bestaunen. FEUERSCHWANZ machten bei ihrem Finale auf der Hauptbühne jede Menge Feuer dabei entstand ein überdimensionaler Rauchring, quasi ein himmlischer Circlepit, der bis zur T-Stage zog und über der Bühne verharrte.

Nach dieser anständigen Portion Thrash stand uns jetzt der Sinn nach etwas Ruhigerem. So freuten wir uns, dass die Runningorder PARADISE LOST als nächstes im Programm ebenfalls auf der T-Stage vorsah. So nutzten wir zunächst die Gelegenheit, in aller Ruhe ein paar kalte Bierchen zu besorgen und auf dem Rasen bis zum Auftritt zu chillen.

Meine Herrn, was hab ich die CD “Draconian Times“ nach ihrem Erscheinen wochenlang, täglich rauf und runter gehört. 1995 zogen mich die Engländer auf dem Dynamo in ihren Bann.....bis “Host“ erschien. Nach dieser Wende verlor ich irgendwie den Kontakt und konnte auch keinen Zugang mehr finden, trotz mehrerer Anläufe. Heute hatte ich aber so richtig Bock drauf und ich sollte auch belohnt werden.
Als das Klavierintro zu “Enchantment“ lief, rann mir direkt ein Schauer über den Rücken und ich hatte am ganze Körper Gänsehaut. Nostalgisch fiel ich in die 90er zurück, die Zeit in der mich diese Musik so sehr berührt hatte. Verdammt, damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. “Forever Failure“ brachte mich fast den Tränen nahe. Selbst die beiden Nummern dazwischen “Forsaken“ und “Blood And Chaos“ fühlten sich prima an, obwohl ich sie nicht wirklich kannte. Letzt genannter Song begann mit einem Riff, dass mir SEHR vertraut vorkam ;-). Die Jungs aus Halifax hatten eine exzellente Setlist zusammengestellt, die überwiegend mit Großtaten aus “Gothic“, “Shades Of God“, “One Second“ und natürlich “Draconien Times“ gefüllt war. Alleine der Block mit “As I Die“, “The Last Time“ und “Say Just Words“ hätte meinen Abend versüßt...oder herrlich verdunkelt...oder....wie auch immer. Der Vortrag war darüber hinaus von allen auf der Bühne ambitioniert und leidenschaftlich. Als nach “Ghost“ alles vorbei war, hatte ich das unbeschreibliche Gefühl, mich mit einem alten Freund wieder versöhnt zu haben.
Eins muss ich aber an dieser Stelle noch los werden: Wäre diese Stunde nicht so einzigartig gewesen, ich hätte den Kerl am Mischpult erschlagen. Der Bass war dermaßen übersteuert, dass man das sogar an den beiden Leinwänden rechts und links sehen konnte. Die vibrierten so stark, dass das Bild meist unscharf war. Da der Typ das akustisch offensichtlich nicht wahrnehmen konnte, hätte er das wenigstens sehen können!

Aufgrund des geballten Musikprogramms hatten wir die Nahrungsaufnahme etwas vernachlässigt und ein leichtes Hungergefühl trieb uns dazu, die Essensstände entlang zu schlendern. Die aktuelle Preisgestaltung ließ uns jedoch an den meisten Buden mit Schrecken vorbeiziehen. Da wurde für einen einfachen Hot Dog 7,50 EUR aufgerufen. Ein Döner sollte 9 EUR kosten, war dafür aber nur halb so groß, wie sonst üblich und die Pommes lagen bei 5 EUR. Das war dann auch keine Megaportion, sondern die klassische Spitztüte, wie man sie im Schwimmbad bekommt. Unter 5 EUR gab es nichts und für alle anderen Snacks musste man schon knapp 10 EUR oder mehr hinlegen. Der von uns so hochgelobte Barbarenspieß vom letzten Mal war mit 6,50 EUR noch im besten Preis-Leistungsverhältnis.
Die letzten zwei Jahre musste der eine oder andere Budenbetreiber Ausfälle hinnehmen, was einen Aufschlag rechtfertigte, uns hat die Pandemie aber auch nicht reicher gemacht. Die Preisschraube gar so anzuziehen hätte es unserer Meinung nach nicht bedurft.
Die Getränkepreise wurden des Weiteren um 0,30 EUR angehoben, was noch akzeptabel war, das Wasser für 2,50 EUR zu verkaufen, halte ich bei den vorherrschenden Temperaturen von ca. 30°C dennoch zu hoch. Das wird anderswo mitunter schon für einen Euro angeboten.
Ach ja, der Äppler wurde zu meinem Bedauern aus dem Sortiment gestrichen.
Sei´s drum! Beseelt und müde vom langen Tag kehrten wir danach zu unserem Zelt zurück, da es musikalisch nichts gab, was das Erlebte an diesem Abend für uns noch hätte toppen können.

Fortsetzung folgt......