Summer Breeze 2019 Mittwoch/Donnerstag!
Summer Breeze 2019
Mittwoch:
„Hört Ihr eigentlich immer solche Musik und dann auch noch so laut?“ fragte uns die Frau am Crêpes-Stand entgeistert. Ja klar, richtig laut am liebsten, deshalb machten wir uns dieses Jahr auf, Richtung Dinkelsbühl zum Summer Breeze Open Air Festival, auch liebevoll “Klein Wacken“ genannt. Die Anreise klappte schon mal reibungslos, Verkehrslage gut, Einlass schnell, freundlich und unkompliziert trotz Autocheck (GLASVERBOT!), Zeltplatz suche und Aufbau ging dann raz faz.
Für den ersten Tag hatten wir DEATH ANGEL und SOILWORK auf unserer ToRock-Liste. Bei einem ersten Bierchen mit den Zeltnachbarn, wurden wir darüber aufgeklärt, dass man sich zu Beginn der Veranstaltung an der T-Stage einzufinden hätte, um der Eröffnung durch die “Blasmusik Illenschwang“ beizuwohnen. Vor allem, wenn man, wie wir, das erste Mal da war. Der Andrang war überraschend groß und es wurde bereits richtig ab gefeiert (Circle Pits, Crowdsurfer u.ä.).
Beim ersten Schlendergang über das Festivalgelände gab es viel zu entdecken. Neben den 3 Bühnen (Mainstage mit Battlefield, T-Stage und WERA TOOL REBEL Stage) reihten sich unzählige Essensstände am Rand entlang des weitläufigen Bereichs. Lecker, lecker am Leckersten fanden wir den “Barbarenspieß“. Neben dem Haupteinlass befand sich ein Biergarten, der mit deftiger, gut bürgerlicher Küche lockte. Danach stießen wir auf eine elend lange Warteschlange, deren Ursache uns zunächst nicht klar war. Auf die Frage “Was gibt’s denn hier?“ kam prompt die Antwort “Freibier!“, was natürlich nicht stimmte. In Wahrheit warteten hier alle geduldig darauf, Einlass in das SB eigene Merchandisingzelt zu erhalten, um limitierte T-Shirts mit Spezialprints zu ergattern.
Wir erreichten die “Roads“ (Shoppingmeile), die keine Metalheadwünsche offen ließen. CDs, LPs, T-Shirte, Schuhe, Hüte, Jacken, Schmuck, Holzdildos, eine riesige Auswahl an Patches und vieles, vieles mehr. Der Weg zur Hauptbühne war noch abgesperrt, da sich diese noch im Aufbau befand. Die Örtlichkeiten auf dem Infield waren in Form von Spültoiletten an drei Stellen (T-Stage, Roads, Mainstage) aufgebaut, hätten gerne ein paar mehr sein können. Die Getränkelage wurde bestens abgedeckt, durch sehr viele feste und mobile Zapfstände. Vor den Bühnen bekam man das Bier sogar hinterher getragen. Darüber hinaus gab es für Presse, VIP u.ä. einen separaten Bereich, für alle anderen hatte EMP ein eigenes abgesperrtes Areal, den “Backstageclub“. Hier bekam jedes Mitglied Zutritt oder man konnte für nen 10er eine Mitgliedschaft vor Ort abschließen. Obendrauf gab's beim ersten Eintritt kleine Geschenke, Freibier und einen Schnaps gratis.
Nach unserer Erkundungsrunde wartete nun der erste Metalgig auf uns. Pünktlich um 18:25 Uhr enterten DEATH ANGEL die T-Stage. Gleich vom ersten Ton an war klar, was hier abgezogen werden sollte. Die Jungs um Frontmann Mark Osegueda ließen ein Thrashfeuerwerk sondergleichen auf die Metalheads los. Im Folgenden wurde aus fast jedem Album eine Granate gezündet. Mir persönlich hätte der ein oder andere Titel aus “Act III“ noch gefallen, aber ausgerechnet aus diesem Output wurde nichts zum Besten gegeben, was den Spaß am Auftritt der Bay Area Thrasher keinesfalls minderte. Die Gitarristen spielten unglaublich schnell und präzise, Mark hüpfte, schrie, stampfte und war auch stimmlich in Höchstform. Zum Abschluss gab es dann auch endlich was vom neuen Album. “The Pack“ wurde im Meddley mit “The Ultra Violence“ gereicht und “Humanicide“ beendete das Gewitter furios.
Nach einer Umbaupause enterten die Schweden von SOILWORK die T-Stage. Erwartungsgemäß wurde der Auftritt vom Intro “Verkligheten“ angekündigt, dem unweigerlich “Arrival“ folgen musste, was die Eröffnung des letzten Werkes, m.E. nach Ihrem Masterpiece, war. Von diesem Opus sollten im Lauf der Show noch weitere 3 Tracks folgen, die den Auftritt insgesamt sehr melodisch gestalteten. Der Ausflug von Bjørn „Speed“ Strid (Sänger) ins “NIGHT FLIGHT ORCHESTRA“ schien die Band deutlich inspiriert zu haben, so dass man das “Death“ in “Melodic Death Metal“ an der ein oder anderen Stelle getrost streichen kann. Auch ältere Stücke, wie “Nerve“ oder “Stabbing The Drama“ (beide aus dem gleichnamigen Album), wurden deutlich ruhiger vorgetragen. Zwar hagelte es unter den SOILWORK Anhängern im Vorfeld immer wieder große Kritik am Livesound, was sich im hinteren Bereich wohl bestätigte, uns aber vor der Bühne nicht weiter störte. Wir hatten sehr großen Spaß an der Performance, wie all die Headbanger um uns herum auch.
Zurück auf dem Zeltplatz, konnten wir neue Nachbarn begrüßen, mit denen wir bei herrlich intensiven Musikfachgesprächen und dem ein oder anderen Bier/Äppler (hessisches Kulturgetränk, hochdeutsch: Apfelwein) den Abend gemütlich ausklingen ließen.
Donnerstag:
Der Donnerstag begann dann zunächst ungemütlich. Wir wurden durch heftigen Regen, der auf unser Zelt trommelte, unsanft geweckt. Der Versuch den Regen komplett zu verschlafen scheiterte leider, so versuchten wir die Stimmung mit unserem traditionellen Weißwurstfrühstück aufzuhellen. Naja, die erste Band, die wir uns an diesem Tag reinziehen wollten, war CLAWFINGER so gegen 16 Uhr. War ja noch Zeit, die wir uns mit Quatschen (mit den Zeltnachbarn) und trinken vertrieben. So gegen 15 Uhr brach dann die Sonne durch die graue Tristesse und wir sollten in den nächsten beiden Tagen vom Regen verschont bleiben.
Sechs Jahre nach Ihrer vermeintlichen Abschiedstour, bot sich uns erneut die Gelegenheit, einen Vorreiter des Crossovertrends der 90er Jahre live zu erleben, die wir uns natürlich nicht entgehen ließen. Wie ZakTell (Gesang) im Interview später erklärte, ist sie einfach nicht totzukriegen die undefinierbare Magie in der Band. Auch auf uns springt sie bereits beim Intro von CLAWFINGER, in Form des abgewandelten Klassikers “Goldfinger“ von Shirley Bassey aus dem gleichnamigen James Bond Film, über. Passend zum Text von “Nothing Going On“ zeigte Mr. Tell allen seinen dicken Bauch, um zu beweisen, dass er keinen Personal Trainer hat. Grimassen ziehen konnte er immer noch wie eh und je und man fragte sich, wie man all die Jahre ohne diese Stilikonen auskommen konnte. Wir fühlten uns gemeinsam als “Biggest & The Best“, Better Than The Rest. Nach “The Truth“, bei dem das Publikum frenetisch mit johlte, wurde es vorübergehend Still auf der Bühne. Die Band versammelte sich um Jocke Skog (Keys und Gesang) der für das Sampling zuständig war. Nach einer Weile kam jener an den Bühnenrand und erklärte, dass die Technik versagt hätte, so dass der geplante Einspieler nun Aufgabe das Publikums sei. Er gab vor: “When I grow up... und wie aus einer Kehle schallte es lautstark zurück: “...there will be a day, when everybody has to do what I say!" Jetzt ging nochmal so richtig die Post ab und der Refrain des Ohrwurms wurde noch lange nach dem Auftritt von den Fans immer und immer wieder skandiert und uns geht das Ding seither nicht mehr aus dem Kopf.
Mit TESTAMENT konnten wir die zweite Band aus der legendären Bay Area, der Wiege des amerikanischen Thrashmetal, begrüßen. Im Vergleich zu ihren Kumpels von DEATH ANGEL gingen die Jungs um ihren wuchtigen Sänger Chuck Billy jedoch etwas grooviger zu Werke. Das aktuelle Album “Brotherhood of the Snake“ wurde zu Beginn mit dem Titeltrack und “The Pale King“ zitiert. Die beiden Ur-Gitarristen Eric Peterson und Alex Skolnick liefen hierbei zu Höchstform auf. Nach “More Than Meets The Eye“ wurde der ruhmreichen Vergangenheit mit Songs wie “Low“, “Into The Pit“, “Electric Crown“ und meinem all time favorite “Practice What You Preach“ gehuldigt. Dabei kam der gute Chuck aus dem Grinsen nicht mehr raus, so einen Heidenspaß hatte er vor allem am Circlepit vor ihm. Mit seinem Mikro schien er die Moshsuppe kräftig zu rühren. Er konnte es auch gar nicht oft genug betonen, wie gerne er in Deutschland sei, weil nirgendwo so intensiv gefeiert werde. Zum Abschluss gab's dann nochmal was aus der Phase von Billy's bzw. TESTAMENTs Wiedergeburt in Form von “The Formation of Damnation“, das ebenfalls mit feiner Klinge vorgetragen wurde.
Schon gefühlt 1000mal gesehen aber immer wieder toll: IN FLAMES, eine unserer absoluten Lieblingsbands. Mussten auf dem Summer Breeze leider im Hellen beginnen, aber mit der einbrechenden Dunkelheit konnte wie gewohnt deren brachiale Lightshow ihre Wirkung voll entfalten. Augenblicklich zauberten sie mit Licht zur bereits vorherrschenden Partylaune regelrecht Euphorie in die Headbanger. Die Songauswahl war perfekt – just Killer, no Filler- auch wenn der Überhammer “Only For The Weak“ fehlte. Die Schweden legten das Hauptgewicht auf die Schaffensphase der letzten 10 Jahre, was uns gut gefiel, da wir große Fans der aktuellen Schallplatte sind, die jedoch kontrovers diskutiert wurde. Selbst die älteren Nummern, wie z.B. “Pinball Map“ und “Colony“ erhielt hier und heute live eine Frischzellenkur. Eigens für Anders Fridén (Gesang) wurde auf der Bühne ein Laufsteg installiert, so dass er sich über die Monitore bewegen konnte um den Fans näher zu sein. Es gelang ihm sogar, den tobenden Mob so zu animieren, dass aus zwei Circle Pits ein Großer wurde, ja sogar zum Rudern konnte er seine Gefolgschaft bewegen. DAS Konzert des Abends ohne wenn und aber!
Als wir uns einen Platz im Battlefield suchten, in Erwartung des bevorstehenden Auftrittes von AVANTASIA, fanden wir zum ersten Mal die Bühne durch ein Banner verhüllt vor. Ich persönlich komme mit Tobi's Gesang nicht klar, mag aber etliche Lieder, überwiegend aus den beiden CDs “The Scarecrow“ und “The Mystery Of Time“, die von Gastsängern, wie Alice Cooper, Biff Byford, Joe Lynn Turner, Michael Kiske, Ronny Atkins und Bob Catley intoniert wurden. Um es gleich vorweg zu nehmen, waren Geoff Tate, Bob Catley, Eric Martin und Jørn Lande als Gäste mit am Set. Die Tatsache, dass mit Oliver Hartmann (Gitarre und Gesang) und Ina Morgan (Gesang) zwei Musiker an Bord waren, die in unserer Heimatstadt (Aschaffenburg) eine Zeit lang sehr aktiv waren, galt als weiteres Argument, sich den Akt zu geben. Wer jetzt, wie ich, glaubt der gesangliche Vortrag von Tobias wäre anstrengend, der sollte ihn erst mal reden hören. So viel nerviges Gelaber, habe ich bisher von keiner Bühne gehört. Als er in den ersten paar Minuten ausrutschte und sich lang auf die Bühne legte, war das ja noch lustig, das aber dann im Anschluss noch groß zu thematisieren war unnötig. Ok, Musik gab's ja auch noch und wie zu erwarten, waren unsere Highlights natürlich die Stücke in denen Geoff Tate, Eric Martin und der unvergleichliche Bob Catley ihre Stimme zu Gehör brachten. Jørn Lande allerdings war die Anstrengung nicht nur anzusehen, sie war auch hörbar. Von der Mystery gab's nix, “The Scarecrow“, “Twisted Mind“ und “Lost In Space“ durften natürlich nicht fehlen. Die Hälfte der 14 Tracks stammte, zu meinem Bedauern, aus den beiden letzten Veröffentlichungen “Moonglow“ und “Ghostlights“, die zwar musikalisch recht nett sind, einen aber nicht wirklich abholen - böse Zungen sprechen hier von (Metal)schlager.
Im Anschluss erklommen MESHUGGAH die Bühne. Um den Gehörgang wieder frei zu bekommen, gönnten wir uns noch 1, 2 Songs von diesem doch etwas außergewöhnlichen Spektakel. Letztendlich siegte jedoch die Müdigkeit, meine Füße schrien danach hochgelegt zu werden und außerdem war da ja noch die Dose Ravioli, die auf keinem Festival fehlen darf.