Festival:

M´era Luna 2024 - Samstag

Festival vom 10.08.2024

Es ist August, es ist Sommer, der Regen zieht ab- was fehlt da noch? Das M'era Luna natürlich! Und warum geht man da hin? Na, zum Festival-Merch-Kaufen! Diesen Eindruck konnte jedenfalls gewinnen, wer am Freitagabend, also eigentlich noch vor dem offiziellen Festivalbeginn, einen ersten Bummel über das Gelände unternahm. Der Campingplatz platzte schon nachmittags aus allen Nähten, die Zelte dicht an dicht gepackt wie Sardinen in der Dose, und wer es geschafft hatte, sich einen Platz und damit eine Bleibe für die Nacht zu sichern, der kannte offenbar nur ein Ziel: den offiziellen M'era Luna-Merch-Stand. Dabei sein ist eben doch nicht alles, man muss es hinterher ja auch zeigen können und will ein Souvenir haben - Zeit, sich zwischen den feilgebotenen Waren zu entscheiden gab es bei über einer Stunde Wartezeit in der Schlange jedenfalls reichlich. Wer weniger an Textil und mehr an Kulinarik interessiert war, konnte sich derweil auf dem Mittelaltermarkt und dem am späten Nachmittag eröffneten Festivalgelände den Magen mit einer Vielzahl verschiedener Speisen aus aller Herren Länder vollschlagen. Und um 17:30 fiel mit dem Tanz auf dem Markt ja auch der Startschuss für das Rahmenprogramm. Wer es weniger bewegungsintensiv bevorzugte, konnte sich ab 18:30h entspannt dem Crypt Talk mit Chris Harms oder den anschließenden Lesungen widmen, Feierwütige zog es die Nacht über in den Disco-Hangar oder auch an die Feuer und Schänken des Mittelaltermarktes. Kurzum: die Stimmung war schon vor dem eigentlichen Beginn am Samstag prächtig. Da taten auch gelegentliche leichte Schauer der Sache keinen Abbruch.

Pünktlich zum offiziellen Beginn am Samstag war das Regengebiet endgültig abgezogen und über dem Hildesheimer Flugplatz lachte die Sonne – so wie sich das gehörte. Denn auch wenn es fast schon ein wenig ironisch anmutet: das M'era Luna, Gipfeltreffen der musikalischen Nachtschattengewächse, darf sich traditionell über relativ gutes bis sehr gutes Wetter freuen. Während man als Festivalgänger andernorts nur gar zu oft im Schlamm versinkt, lacht hier, von wenigen die Regel bestätigenden Ausnahmen abgesehen, regelmäßig die Sonne vom Himmel und droht, manch mühsam kultivierte noble Blässe in feuriges Rot zu verwandeln. Um 11 Uhr ging es offiziell mit dem Bühnenprogramm los und RE.MIND eröffneten auf der Main Stage das Festival. Bei HELL BOULEVARD schwächelte zunächst der Sound etwas, so dass der Gesang eher unterging, doch nachdem gegengesteuert wurde, kam der restliche Auftritt der Dark Rocker mit Songs wie „Dead Valentine“ und „Zera Fucks Given“ dann auch mit sattem Gesamtklang aus den Boxen. Danach hieß es für Freunde des Gothic-Rock /- Metal auch direkt dableiben, da es im Anschluss gleich mit LACRIMAS PROFUNDERE weiterging. Deren Sänger gab alles und erwies sich als wahre Rampensau, die mit schier unerschöpflicher Energie von einem Ende der Bühne zum anderen sprintete und auch nach vorne auf die Boxen kletterte, um die Nähe zum Publikum zu suchen, was dieses mit reichlich Applaus quittierte.

Bei OOMPH! zeigte Sänger Der Schulz, dass er der Nachfolge von Originalsänger Dero durchaus würdig ist und auch alte Songs wie "Labyrinth" und "Gott Ist Ein Popstar" überzeugend rüberbringen kann. Neues Material hatten die Herren natürlich auch im Gepäck, Publikumshighlight jedoch war der OOMPH!-Klassiker "Augen Auf", den man sich wohlweislich bis zum Schluss aufgespart hatte und augenzwinkernd mit "Wir haben da jetzt noch einen Song – was ganz Neues!" ankündigte. Der im Anschluss auf der Club Stage geplante Auftritt von Funker Vogt musste kurzfristig in der zugehörigen Umbaupause wegen technischer Probleme abgesagt werden, doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: das Ganze wurde nämlich dann kurzerhand aufs nächste Jahr verschoben. Nutznießer des Ausfalls waren HÄMATOM, die dadurch ohne parallel laufenden Konkurrenzauftritt spielen konnten, auch wenn sich bei ihnen der Beginn wegen eines Sanitätereinsatzes vor der Main Stage verzögerte. Dafür ging es danach umso bunter weiter, denn die Band schickte zunächst ein Regenbogen-Einhorn auf die Bühne, um die Tanz- und Feierfreudigkeit des Publikums auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor sie ihm selbst mit druckvollen Gitarren und reichlich Pyrotechnik einheizte.

Während auf der Club Stage SHE PAST AWAY noch am musikalischen Vermächtnis von THE CURE feilten, gab sich auf der Main Stage ein waschechtes Szeneurgestein die Ehre: DEINE LAKAIEN spielten auf und präsentierten in getragenen Klängen altes und weniger altes Material von „Dark Star“ bis „Ulysses“. Wem das zu ruhig war, der kam hinterher bei SALTATIO MORTIS auf seine Kosten: the artists formerly known as Mittelalter-Rockband haben mittlerweile auch optisch jeden Hinweis auf ihr einstiges musikalisches Revier restlos getilgt: mit auf modern getrimmtem, schnörkellosem Schriftzug und vergleichsweise schlichten schwarzen Klamotten statt Gewandung wurde auch optisch unterstrichen, dass der Mittelalter-Rock endgültig Geschichte ist, was dem Set dann auch anzuhören war. Nicht einmal der alte Überhit "Prometheus" hatte es noch ins Set geschafft, einzig der "Spielmannsschwur" war noch übrig, wirkte aber ohne passende Spielleute und entsprechendes Drumherum nur noch wie ein blasser Abklatsch seiner selbst. Stattdessen trat man das Gaspedal voll durch und setzte auf hardrockige bis Metal-lastigere neue Songs wie „Finsterwacht“ und „We Might Be Giants“, bei denen der Dudelsack gefühlt nur noch als der Gewohnheit geschuldetes, sporadisch schmückendes Beiwerk fungierte. Der größere Teil des Publikums schien sich um die neue Ausrichtung nicht groß zu scheren und feierte die Band gewaltig- mangelnden Einsatz konnte man ihr auch wirklich nicht attestieren: Sänger Alea ließ sich selbst durch aus einer mutmaßlichen Platzwunde an der Schläfe rinnendes Blut nicht aus dem Konzept bringen, sondern zog sein Ding ohne Unterbrechung durch.

Freunde elektronischerer Klänge vergnügten sich unterdessen an den Club Stage bei SUICIDE COMMANDO, bevor mit dem Auftritt von FRONT 242 auf der Main Stage ein großer Abschied bevorstand: das Szene-Urgestein beendet dieses Jahr seine mehrere Jahrzehnte währende Live-Karriere. Bevor es aber soweit ist, wurde mit dem M´era Luna-Publikum zu den Klängen von „Body To Body“ und „Punish Your Machine“ noch einmal ordentlich gefeiert. Der anschließende Auftritt von LONDON AFTER MIDNIGHT startete leider mit einer Viertelstunde Verspätung, was den einen oder anderen in Zeitnot brachte, da so kaum noch Zeit bis zum Konzert von ASP, Headliner des Abends, blieb, die man schließlich auch nicht verpassen wollte. Die wiederum legten pünktlich los und zogen das Publikum mit stimmungsvollem Licht, Pyrotechnik und Hits wie „Werben“, „Krabat“, "Ungeschickte Liebesbriefe", "Schwarzes Blut" und "Ich Will Brennen" in ihren Bann, wobei sie sich sympathischerweise auch selbst auf die Schippe nahmen, wie vor „Schwarzes Blut“: „ Zu diesem Lied haben wir auch mal ein Video gedreht. Das sollte gruselig werden, so ein richtiges Horrorvideo. Im Endeffekt war aber das Einzige, bei dem es die Leute wirklich gegruselt hat, die Tatsache, dass ich dabei eine blaue Jeans anhatte…Dabei ist es doch egal, was wir anhaben, denn ich weiß genau: ihr habt … schwarzes Blut!“  Zum Ende hin legte man in Punkto Bombast noch eine Schippe drauf und holte sich für „Sing Child“ und „Raise Some Hell Now“ stimmliche Verstärkung in Form des Chors "Stimmgewalt" - ein würdig epischer Abschluss für einen gelungenen ersten Festival-Tag. Wer danach noch nicht genug hatte, für den konnte es aber auch noch weiter gehen: wahlweise im Disco Hangar oder auf dem Mittelaltermarkt boten sich genug Möglichkeiten, die Nacht komplett zum Tage zu machen.



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