Band:

Client

BiografieAlles begann mit einem großen Dilemma. Die Sängerin des Electro-Duos TECHNIQUE Xan Tyler war ausgestiegen, in ein paar Tagen jedoch sollte ihre Support-Tour für DEPECHE MODE beginnen. Kate Holmes hatte eine Woche Zeit, sich eine andere Sängerin zu suchen, damit nicht die ganze Tournee ins Wasser fällt und stieß dabei auf Sarah Blackwood. Sarah war sofort bereit, mitzumachen. Sie hatten nur noch drei Tage Zeit um mittels einer Karaoke-Maschine zu proben, um im Anschluss direkt vor über 45000 Leuten in Warschau zu spielen.



Kate schildert später ihre Gedanken von damals: "Was machen wir bloß? Wir geben all diese Gigs in Osteuropa und ich möchte uns dort nicht in niedlichen, kleinen Kleidchen sehen. Es ist ein Depeche-Publikum und ich wollte unseren Stil ein bisschen anpassen. So dachten wir einfach ´Uniformen! Beige Uniformen!´ und es kam sofort sehr, sehr gut an, also beließen wir es dabei. Im Grunde haben wir hier etwas gemacht, was es zuvor in Europa nicht gab. Klar, es gibt Ladytron, die in schwarz auftreten, aber das geht viel mehr in Richtung Electro... Wir wollten einfach wie sexy Bankangestellte sein, die Musik machen. Ein bisschen sowjetisch, eine Art unterdrückte Sexualität in diesen Klamotten." Sarah schrieb Andy Fletcher von DEPECHE MODE einen Brief bezüglich der Support-Tour: "Ich kannte ihn nicht wirklich, aber ich fragte ihn ´Kann ich Euch bei einen Gig in Deutschland supporten?´ und sie sagten ´Eigentlich könnt Ihr die beiden deutschen Konzerte machen, weil wir auf der Suche nach einem dritten Support-Act sind und Ihr seid perfekt, einfach nur Ihr Zwei. Ihr seid natürlich.´ Und es endete so, dass wir 15 Gigs mit ihnen machten." Kate später: "Als wir in Warschau als Support für Depeche spielten, fühlte man regelrecht, warum elektronische Musik dort so angesagt ist. Weißt Du, es passt einfach zur Landschaft dort. Wenn man durch Warschau läuft, kann man einfach kein Rock spielen, es muss etwas elektronisches sein. Das ist das gleiche, wie mit Leipzig. Es hat eine dunkele Seite, was zur gleichen Zeit aber auch sehr romantisch ist. Es ist nicht unbedingt eine schlechte, dunkele Seite. Es wühlt einfach Dein Gemüt auf, wie die ganze Revolution und allem. Ich denke, diese Musik ist wie eine Art Soundtrack zu ganz Osteuropa."



Die Tour lief gut und Andy fragte später die beiden Mädels, was sie so machen. Sie waren bereits dabei Client zu planen und wollten etwas machen, was sich von TECHNIQUE unterscheidet.



Sie gaben Andy eine ihrer Demo-CDs, die sie bereits gemacht hatten. Kate: "Wir dachten nur ´Er wird es hassen.´ Andy ließ zwei Monate nichts von sich hören und eines Tages trafen wir ihn schließlich in einem Pub und er meinte nur ´Ich möchte mit Euch reden.´". Er teilte ihnen mit, dass er plant mit ihnen zusammenzuarbeiten und dafür ein Label namens ´Toast Hawaii´ zu gründen. Das Ganze wurde durch einen Händedruck besiegelt und dies war die Geburtsstunde von Client .


Fletch: "Es war schon immer etwas, was in meinem Kopf herumspukte – etwas anderes zu machen. Ich arbeitete mit Depeche so ziemlich durchgehend in den letzten 20, 23 Jahre und in der Zeit, als ich mal frei hatte, war nicht wirklich viel Zeit, die richtigen Künstler zu finden. Es ist sehr schwer. Und dies war die Gelegenheit, wo wir mal etwas frei hatten, und ich schaffte es Künstler zu finden, die ich zuerst als Menschen kennen lernen konnte. Im Grunde trafen wir uns für gewöhnlich im Pub um die Ecke und dann, nachdem ich die Demos gehört hatte, entschieden wir uns dazu, einen Schritt weiter zu gehen. Selbst da noch, nach einer gewissen Weile, war ich mir nicht sicher, wie ich das angehen sollte, weder ob ich sie managen werde, mein eigenes Label gründen sollte oder sie einfach irgendwo anders unterschreiben lassen sollte. Ich war mir wirklich nicht sicher.
Am Ende, nach Diskussionen mit Daniel Miller (Mute-Labelchef), der mich ermunterte, ein eigenes Label zu gründen... da wurde es wirklich sehr, sehr interessant.
Alles, was Depeche tut, wird immer etwas großes und gewaltiges. Wir sind eine der größten Bands der Welt.
Es ist wirklich erfrischend für mich, mit einer Band zu arbeiten, die gewissermaßen noch einen Babystatus inne hat. Es erinnert mich wirklich an die frühen Tage von Depeche , die mir in gewisser Weise den größten Spaß bereiteten. Wir reisen durch Europa mit Billig-Airlines, Bussen, oder was auch immer wir auftreiben können und spielen in diesen kleinen Clubs und auf Festivals und solche Sachen. Ich fange wirklich wieder ganz unten an und das ist sehr erfrischend."
Die oft gestellte Frage nach dem Label-Namen beantwortet Andy folgendermaßen: "In Deutschland ist das Schinken, Käse und Ananas auf Toast. Aber es kommt von den Aufnahmen in den berühmten Hansa-Studios Mitte der 80er, direkt neben der Berliner Mauer, in diesen Tagen, wo Bowie sein bestes Zeug aufgenommen hatte und auch U2 und wir machten dort einige, unserer besten Sachen.

Dort gab es unten ein Restaurant, wo ich für gewöhnlich jeden Tag Toast Hawaii aß. Berlin ist schon eine besondere Stadt und irgendwie nahm ich aus Spaß dieses Album auf, welches sehr Rock ´n´Roll war, dieses Solo-Album namens "Toast Hawaii". Klingt gut. Es ist ziemlich exotisch.
Vor kurzem habe ich dann über seriöse Namen für mein Label nachgedacht, doch irgendwann beschloss ich, dass es überhaupt kein so überaus ernsthafter Name sein muss, der für mein Label steht.

Da fiel mir dann dieser Begriff wieder ein, und ich dachte mir: ´Das ist es!´ Manchmal ist es eben einfach besser, das Musik-Business nicht ganz so verbissen ernst zu sehen, vor allem, wenn man eine frische, unfertige Band unter Vertrag nimmt, die ja auch sehr kreativ und spielerisch mit der Materie umgeht. Ich habe übrigens seit Jahren kein Toast Hawaii mehr gegessen..."



In der Zwischenzeit hatte sich das Duo zu einer Art Sarah-Soloprojekt mit Katie als musikalische Produzentin entwickelt, nachdem bei TECHNIQUE Kate noch alle Songs geschrieben hatte. Teamwork hieß nun die Devise, so dass bei manchen Songs Katie das meiste schrieb und Sarah sie daraufhin sang und kleine Sachen hinzufügte. Sarah´s Anteil am Songwriting stieg aber stetig, nur bei den Instrumentalstücken ließ sich Katie das Schreiben nicht nehmen. Die Band agiert völlig selbstständig und bei allen Belangen hat sie das letzte Wort und nicht das Label. Alle Aufnahmen entstanden in Katie´s Schlafzimmer und in dieser Zeit wurde auch darüber nachgedacht, wie sich die Band in der Öffentlichkeit präsentieren soll. Es sollte punkig, stylisch und künstlerisch zugleich sein, nicht unbedingt sexuell. Die Musik sollte im Vordergrund stehen, wo es nicht um Image, Personenkult oder darum geht, ein pseudo-sexuelles Bild abzuliefern. Androgyn und sterilisiert anonym sollte es ein und so wurde es bei den ersten Fotoshootings vermieden, die Gesichter der zwei zu zeigen, ohne dass man unbedingt erkennen konnte, ob es sich um männliche oder weibliche Personen handelt. Später kam dann DJ Brass, die Fotografin, auf die Idee, die Hintern der beiden Mädels zu fotografieren. Sarah dazu: " Hm, na ja, einen kleinen Widerspruch gibt es da schon, denn ich bin gegen dieses ´Sex Sells´-Ding, aber wenn man sich dann das Artwork ansieht..."
Katie: "Wir haben es anfangs sehr androgyn angelegt. Dann wurden die Hintern-Fotos geschossen, und wir fanden das klasse. Alle anderen zeigen ihre Titten und Gesichter, wir nicht. Client ist da hart an der Grenze - das mit den Hintern-Fotos ist schon gefährlich. ´Normale´ Leute werden denken: ´Oh, das sind zwei Hintern.´ Leute, die aber etwas ´darker´ sind, können vielleicht mehr dahinter entdecken, denn wir sind eigentlich recht dunkel, vor allem, wenn es um die Songtexte geht." Zum Konzept, etwas mysteriöses und geheimnisvolles aufzubauen, passte auch, dass nicht die wirklichen Namen der beiden preisgegeben wurden.



Ab sofort hieß Katie ´Client A´ und Sarah folglich ´Client B´. Der Mann im Hintergrund, Andrew Fletcher, wurde nun ´Client F´ genannt. Im Gegensatz zum Androgynen ihres visuellen Auftretens, ist die Sexualität bei den Texten weitaus weniger versteckt "denn Sex ist einfach allgegenwärtig," erklärt Kate, "sei es aus freien Stücken oder gegen Bezahlung, es ist nicht gut, es ist nicht schlecht, es ist einfach ein Teil des Lebens. In den Songtexten englischer Bands geht es meist so langweilig zu, wenn es um Sex geht - da hört man nur ´Uh, Baby, uh´. Wir wollen einen Schritt weiter gehen, ein wenig provozieren und es einfach ein wenig interessanter gestalten."
Die Tracks "Price Of Love" und "Client" handeln von Prostitution, in "Here And Now" geht es um gescheiterte Beziehungen, bei "Diary Of An 18 Year Old Boy" dreht sich alles um sexuelle Verführung. Aber nicht immer ist die Liebe das Thema der Songs. "Pills" handelt von Schlaftablettensucht, der Song "Happy" sagt aus, dass man nicht immer so griesgrämig sein sollte, sondern versuchen sollte, Spaß am Leben zu haben und "Rock And Roll Machine", so erklärt Sarah, würde ein für sie ganz persönliches Thema behandeln, nämlich sich selbst zu finden, auszubrechen, ein Rock´n´roll-Tier zu sein.



Auch die Strategie, ihrer offiziellen Website, erstellt und betreut von Matt Nida (Client W), ging voll auf. Es wurden anfangs nur ein paar Bilder und ein paar Tracks online gestellt. Kurze Zeit später hatte die Seite um die 30.000 Besucher pro Monat, was sehr erstaunlich für eine Band ist, die noch nichts veröffentlicht hatt.

Dies war eine Art Startschuss für die Band. Ihre erste Single "Price Of Love" erschien dann Anfang April 2003. Nach diversen DJ-Gigs fanden auch bald die ersten Live-Auftritte statt und sie gingen unter anderem mit Ladytron auf eine Support-Tour mit fünf Dates und wurden dabei von den Gastmusikern Scott Fairbrother (Gitarre, Bass) und einer Person am Laptop unterstützt. Der Mann am Laptop wurde im Oktober durch Joe Wilson (Sneaker Pimps , Trash Money) ersetzt.
Erwartungsgemäß war das Interesse im DEPECHE MODE-Fanlager natürlich besonders groß und Deutschland stellte sich als ihr größter Markt dar. Nach der Veröffentlichung der zweiten Single "Rock And Roll Machine" und des Debüt-Albums "Client" im August, startete dann endlich ihre erste Headliner-Tour, die sich bis Ende 2003 hinzog. Andy ergriff die Gelegenheit beim Schopf und betätigte sich bei allen Client-Gigs vor und nach den Auftritten als DJ, wo er alte und neue Electro-Klassiker zum besten gab, was ihm große Freude bereitete. Auch Auftritte im Vorprogramm von Karl Bartos (Ex-KRAFTWERK) und eine Show bei der 50th Anniversary Party des Playboy-Magazins in Moskau standen auf dem Programm. Außerdem veranstaltet das CLIENT -Camp ein Mal im Monat eine eigene Party in London namens ´Being Boiled´, wo neben Client und anderen Live-Bands, diverse DJs (Client, Andy Fletcher, Daniel Miller und viele andere) auftreten.
Im Dezember erschien dann die dritte Auskopplung "Here And Now". Nach einer kurzen Winterpause wurden die bereits laufenden Arbeiten am zweiten CLIENT -Album wieder aufgenommen. Quelle: http://www.client-online.infoDiscografiePrice Of Dub (DJ-Promo, 2002)

Rock And Roll Machine (DJ-Promo, 2003)

Price of Love (MCD, 2003)

Rock And Roll Machine (MCD, 2003)

Here And Now (MCD, 2003)

Client (CD, 2003)

In It For The Money (MCD, 2004)

Radio (MCD, 2004)

City (CD, 2004)

Pornography (MCD, 2005)


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