Review:

Say No To The World

(LostAlone)

TIPP
Vom etwas zu geleckt, betont-modern gestylten Aussehen dieses Dreigestirns von der Insel sollte man sich nicht vorschnell (negativ) beeinflussen lassen, denn dafür ist die Mucke von LOSTALONE einfach zu stark geraten. Bereits die vorausgeschickte, hammermäßige EP ließ erahnen oder besser hoffen, dass hier eine richtig töfte Kapelle hochkommen könnte. Aber das jetzt vorliegende Debütalbum, typisch britisch mit viel Understatement "Say No To The World" betitelt, schlägt die Erwartungen sogar noch. Aus Derby (UK) stammen die Jungs, sie wurden zwar nicht mit der gewohnt hypemäßigen Promotion gepuscht wie dies die (großen) Labels derzeit mit anderen Bands von jenseits des Kanals tun, aber die Vorabsingles sind bereits eingeschlagen wie eine Bombe und auch das Album wird zünden, da bin ich mir ganz sicher. Neulich war man sogar in Kultsendung von MAIDEN’s Fronter Bruce Dickinson auf BBC1 zu Gast. Stilistisch bieten LOSTALONE ganz üppiges Kino für die großen Stadien. Man agiert mit einem gewisser Indieflair, Erinnerungen an BLUR werden da mal wach, als Emo würden neumodisch manche diese Musik wohl auch bezeichnen. Ich kann mit diesem Modebegriff nicht so viel anfangen für mich sind hier in der Mehrzahl ganz einfach fette, schnelle Riffs mit ganz viel straighten Rockvibes, schönen mehrstimmigen Chorussen sowie in erster Linie ganz viel Punkrockattitüde zu hören. In Verbindung mit diesen mega-eingängigen Hooks hauen LOSTALONE bei 13 Tracks einen Kracher nach dem andern raus, ohne dabei die emotionale Seite zu vergessen und dann wird hier mehr geboten als schnöde Griffakrobatik. Falls notwendig schrecken die drei auch vor pompösem Bombast und reichlich Pathos nicht zurück. Die Briten sind vielleicht so ein Art moderatere Ausgabe von BILLY TALENT, da der brachial-aggressivere Anteil mit "Geschrei" nicht so dominant vorkommt. Die KAISER CHIEFS oder die hochgelobten FRANZ FERDINAND sind dagegen eher zurückhaltend unterwegs. Der Hinweis "unmasterd" auf der Promo ist frech, rotzfrech sogar, wenn man diese Scheibe gehört hat: Da passt alles perfekt, die Songs sitzen wie aus dem FF, die Arrangements sind flüssig und von wegen nur Dreiminutenkracher - die Band hat viel mehr zu bieten, auch opulente Sechsminüter mit relativ ausgeklügelten Arrangements und schönen Solos sind im Angebot. Man wird förmlich von der treibenden Energie dieser Formation mitgerissen: "Unleash the Sands of all Times" ist ein Beispiel dafür, aber auch eine etwas leicht verbreakte "Proglight" Hymne mit schrägen Gitarren wie "Elysium" oder einfach nur eine getragene Ballade wie "Ethereal" bzw. das fast schon zu stark zugekleisterte und knapp am Pompkitsch vorbeischrammende "Predators in a Maze" sind solche typischen Songs. Die vielfach mehrstimmig vorgetragenen Backings in Verbindung mit der trotzdem noch vorhandenen ungestümen Art verleihen dem Album einen zusätzlichen Reiz. Auf "Genevie" wird dann wieder mal kompromisslos abgerockt, mein persönlicher Favorit aber ist das aufgemotzte "Blood Is Sharp" mit diesem gnadenlos geilen Poprefrain - kriegt man nicht mehr aus der Birne. Ganz zum Schluss packen LOSTALONE dann tatsächlich noch einen Monumentalschinken der Extraklasse aus: "Standing On The Ruin Of A Beautiful Empire" schimpft sich der Track, den man als solchen nie von dieser Band erwartet hätte. Satte neun Minuten und 42 Sekunden lang wird hier ein Epos, beginnend mit wütenden Stakkatoriffs aufgebaut, inklusive abwechslungsreichem Mittelteil, der sehr geschickt mit vielen Breaks das Tempo variiert um sich dann zu einer großartigen Hymne mit mörderischen Groove zu entwickeln - die beinahe unheimlichen Dynamik sowie der fesselnde Drive schließen "Say no to the World" dann als wahre Krönung ab. Auf die livetechnische Umsetzung die Jungs darf man gespannt sein, auf diversen Festival sind sie bereits gebucht u.a. auf dem diesjährigen Taubertalfestival - darauf freu’ ich mich jetzt schon.

Say No To The World


Cover - Say No To The World Band:

LostAlone


Genre: Alternative
Tracks: 13
Länge: 58:47 (CD)
Label: Marx Capit
Vertrieb: Rough Trade