Konzert:

Bruce Springsteen - Ludwigshafen, Südweststadion

Konzert vom 10.05.2003Der "Boss" rief und viele kamen und man muß sogar sagen wirklich recht viele - das Konzert war ausverkauft und 35.000 Fans jeglichen Alters und Standes drängten sich durch die wenigen Eingänge ins altehrwürdige Südweststation in Ludwigshafen. Wobei hier die Betonung ganz klar auf alt um nicht zu sagen abgenudelt liegt (und weniger auf ehrwürdig), denn diese Location war doch viel eher in einem echt abrissreifen Zustand. Auch die Toilettensituation war absolut eine Frechheit, viel zu wenige DIXIES und dann teilweise noch vor dem Stadion aufgestellt - für einen stolzen Preis von über 60 € ein schlechter Witz. Der Bühnenaufbau war eher unspektakulär (eigentlich nur einen schwarzen Hintergrund - that’s all) genauso wie die unaufdringliche Lightshow und ein Schlagzeug, welches man ruhig als Mickrig bezeichnen kann. Aber deshalb kommen die Fans auch nicht unbedingt zu einem Bruce Springsteen Konzert. Denn "ehrlicher" hemdsärmeliger Rock’ Roll war angesagt und das gab’s satt - nämlich fast drei (!!) Stunden lang. Eine Vorband war da nicht von Nöten, und wer sollte den schon für The Boss eröffnen. Die zwei gut sichtbaren Videoleinwände sorgten für einen guten Überblick des Bühnengeschehens auch in den hinteren Reihen und auf den vollbesetzten Tribünen. Der Sound war zunächst eher mittelprächtig wurde aber nach den Startschwierigkeiten (wozu gibt es eigentlich einen Soundcheck?) dann doch klarer und gegen Ende auch richtig laut.


Das Programm war zunächst eher am letzten Studio-Output orientiert und diese Songs kamen aber wirklich sehr gut rüber. In der ersten Hälfte des Konzerts gab es recht viele ruhigere Stücke, halt die typische Springsteen Balladen mit viel Pathos (und Sinn im Text) wobei im weiteren Verlauf dann auch das Tempo wieder mehr angezogen wurden und die gute Stimmung bei solchen Klassikern wie "Badlands", "Born To Run" oder "Glory Days" sogar stellenweise euphorisch wurde.


Als Opener gab es einen eher untypischen Beginn, denn Bruce kam ganz alleine mit akustischer Gitarre und Mundharmonika ganz in Bob Dylan Manier (ganz im Gegensatz zu Herrn Zimmermann kann der Boss aber wirklich und sogar sehr gut singen!!) auf die Bühne und sofort frassen ihm die Fans aus den Händen. Mit dem zweiten Track kam dann auch die E- Street Band inklusive einer Violine spielenden Dame auf die Bühne und ab gings!

Mit hochgewickeltem Hemd, dass sich schweißtechnisch zunehmend dunkler färbte lebt Springsteen geradezu seine Musik auf der Showbühne vor - mal mit viel Power, dann wieder beinahe schon zerbrechlich, versprüht dieser Mann eine positive Energie die einfach jeden mitreißt. Das Publikum wird stets miteinbezogen und zum mitmachen animiert. Eine echte Ruhepause gönnt man sich fast nicht, denn selbst die Balladen sprühen geradezu vor Intensität


"Wenn ihr eine House Party haben wollt, müsst ihr zwei Bedingungen erfüllen", sagt er nach ungefähr anderthalb Stunden: "Erstens brauchen wir eine Musik, die ´Rising´ ist. Und zweitens müsst ihr euren deutschen A... hochkriegen." (Das blickten dann sogar die wenigen Sitzplatzschw... auf der Seitentribüne). Aber Springsteen fetzte nicht nur durchs Set, das übrigends viele Titel seines jüngsten Albums über die Terroranschläge vom 11. September ("Waiting On A Sunny Day", "Mary´s Place", "My City Of Ruins") im Programm hatte. Zwischen den schnellen Songs mit den durchschlagenden Beats streute er akustische Soloparts ein, die Mitmusiker wie Publikum etwas verschnaufen ließen so daß seine Texte mit feinsinnigen und genauen Beobachtungen des Lebens auch in den Vordergrund treten konnten.


Über den leeren Himmel nach den Anschlägen ("Empty Sky"), sang er in einer dieser akustisch-poetischen Pausen noch eindringlicher als auf der CD, und später noch einmal über seine in Ruinen gelegte Stadt - die Worte "may you rise again" werden erst flehentlich, dann beschwörend, dann fordernd mit allen Mitteln gesteigert. Man kann nun wirklich nicht alles gutheißen, was die Vereinigten Staaten zur Zeit so in der Weltpolitik vom Stapel lassen, aber auch hier merkte man, der 11. September hat dieses Land und seine Bewohner weit mehr verändert, als wir hier in Europa es dachten und wahrgenommen haben. Springsteens Verarbeitung der Ereignisse ließen den Zuhörern teilweise kalte Schauer über den Rücken jagen.


Dazu gab es eine E-Street Band in Bestform, die nach wie vor Live eine Bank ist. Vor allem Saxofonist Clarence Clemons setzt immer wieder Akzente, die ihn zum Publikumsliebling avancieren ließen und er bekam mehr als einmal verdienten Szenenapplaus. Gitarrist Little Steven, wie immer mit Kopftuch, fungierte als eine Art Zeremonienmeister im Hintergrund, Kollege Nils Lofgren zupfte schnörkellos und geradeaus, Schlagzeuger Max Weinberg und Bassist Garry Tallent sorgten für eine grundsolide Rhythmusarbeit. Hammondmäßige Keys und Klavier runden dann den Sound perfekt ab. Bestes Beispiel für das hervorragende Zusammenspiel innerhalb der Gruppe ist die beinahe schon jazzige Version von "Spirits in The Night" - war einfach der Wahnsinn.


Zwischendurch gab es immer wieder mal spontan wirkende Improvisationen. Bei der vorletzten Zugabe jammen Band und Springsteen unvermutet in den Soul-Klassiker "People Get Ready" hinüber - 35.000 machen mit und manch alter Herr (oder Dame) kommt unvermittelt ins schwitzen. Mit einem fast 10-minütigen "Dancing In The Dark" endet dann ein spitzenmäßiges Konzert im tosenden Beifallsgewitter - selbst meinereiner (hardy) der mit etwas gemischten Gefühlen, (aufgrund fehlender heavyness) dieses Konzert besuchte, mußte sich eingestehen: Live ist Bruce Springsteen ein ganz Großer der Rockmusik ohne wenn und aber.



Playlist:

This Hard Land (Acoustic Soloautritt)

The Rising

Lonesome Day

No Surrender

Candy´s Room

Darlington County

Empty Sky

You´re Missing

Waiting on a Sunny Day

Spirit in the Night

Worlds Apart

Badlands

Out in the Street

Mary´s Place

The Promised Land

Racing in the Street

Into the Fire

Bobby Jean

Ramrod

Born to Run

Glory Days

My City of Ruins

Land of Hope and Dreams

Dancing in the Dark (hardy/maio)