Interview:

2005-04-17 Domain

Band anzeigen
Die aktuelle Langrille von DOMAIN "Last Days Of Utopia" ist ohne Zweifel das bisher beste Werk der Band überhaupt. Seit der Reunion von 2001 haben sich die Mannen um Bandleader Axel "Ironfinger" Ritt immer stärker vom Hardrock hin zu eher melodischen Metal mit komplex-epischen Songstrukturen entwickelt. Auf der neuen CD sind die Jungs noch etwas weiter gegangen und haben ihren Sound eine ganze Ecke mehr in die symphonisch-epische Richtung mit sogar progressiven Elementen entwickelt. Dies wirft natürlich eine Menge Fragen auf, die uns "Workaholic" Axel aber äußerst ausführlich und unterhaltsam beantwortete.Interview
Zunächst mal mein Kompliment an Euch für die neue CD ist nach meiner bescheidenen Meinung die mit Abstand beste Platte von DOMAIN - würdet ihr mir da zustimmen oder wie seht ihr das


Vielen Dank für die lobenden Worte. Auch wenn es ein furchtbar abgedroschenes Klischee ist, aber innerhalb der Band herrscht die gleiche Meinung. Die viele Arbeit und die Unmengen an Herzblut, welche wir in die Platte investiert haben, hat sich bezahlt gemacht.


Mit diesem neuen Album habt ihr auch das bisherige Label gewechselt, wo und in welchen Bereichen versprecht ihr euch da irgendeine Verbesserung und hätte sich das neue Konzept mit dem bisherigen Partner so nicht verwirklichen lassen?




LMP war von Anfang an unser Wunschpartner für die weiterführende Zusammenarbeit. Wir hatten mehrere Angebote von verschiedenen Companies, aber Limb´s Kompetenz und Erfahrungswerte im Bereich des epischen Melodic-Metal waren genau die Punkte, von denen wir profitieren konnten. Wir haben im Band-Vorfeld beschlossen, unseren eingeschlagenen Weg vom "Bombast-Metal" hin zum Symphonic-Epic-Metal" im Stile von "Blind Guardian" und "Rhapsody" konsequent weiter zu führen und in diesem Bereich gibt es einfach keine bessere Wahl als Limb.



Zudem hatte ich von Anfang an ein subjektiv sehr gutes Gefühl was Limb´s Persönlichkeit angeht. Wir hatten uns nur knapp zweimal in den letzten Jahren gesehen, aber ich habe viele Übereinstimmungen zwischen ihm und mir was "Denke" und "Chemie" angeht gefunden, ein Fakt der in dieser Haifisch-Branche wirklich extrem selten ist. Zudem haben wir eine ähnliche Art der Kommunikation im Allgemeinen. So etwas ist eine sehr gute Basis für eine viel versprechende Zusammenarbeit. Ein Deal funktioniert immer nur dann, wenn beide Seiten sich wohl fühlen und ab einem bestimmten Punkt entscheidet nur noch die persönliche Sympathie.



"Last Days Of Utopia" ist auch das erste Konzeptalbum eurer Kariere wie kam es denn dazu?



Die Idee, bzw. die Story stammt aus der Feder unseres Sängers Carsten. Carsten liegt mir seit ca. 2 Jahren in den Ohren dass er gerne ein Konzeptalbum machen möchte. Die Geschichte dazu hätte er schon, das Ganze müsste "nur noch" vertont werden ;-)
Normalerweise stehe ich Konzeptalben immer sehr skeptisch gegenüber, da das Vertonen einer Geschichte zuweilen langatmige Passagen beinhaltet, die nur im konzeptionellen Zusammenhang ein gewisses Maß an Entertaiment bieten. Daher stimmte ich der Idee nur unter der Bedingung zu, dass jeder Song für sich alleine gesehen, stark genug ist ein Publikum zu unterhalten. Zudem musste es bei aller songlichen und soundlichen Weiterentwicklung ein klassisches DOMAIN-Album werden. Carsten war jedoch der gleichen Meinung, so stand der Umsetzung seiner Idee nichts mehr im Weg.


Um was geht es in der Geschichte denn genau?



Unser Protagonist bricht zu neuen Ufern auf um sein Glück in einem entfernten Land zu versuchen. Unterwegs kentert sein Schiff und er wird an die Küste eines ihm unbekannten Landes gespült. Er findet eine nahezu vollkommene Gesellschaft vor, welche die barbarischen Eigenschaften der menschlichen Rasse lange hinter sich gelassen hat. Er wird freudig aufgenommen, verliebt sich und wird ein Bestandteil der Harmonie an sich. Jedoch flammen durch seine Einflüsse unbewusst alte Verhaltensmuster wieder neu auf, das harmonische Gefüge wird zerstört und nach einer aufkeimenden Rebellion versinkt das Paradies in den Fluten des Ozeans.


Auf der limited Edition gibt´s glaube ich noch zwei weitere > Bonustracks - was sind dass denn für Songs und haben die so nichts > weiter mit dem Konzept zu tun?



Die beiden Bonus-Tracks haben inhaltlich keinen Bezug zum Konzept des Albums, es ist ein reines "Value-For-Money" für die Fans! Bei der ersten Nummer "Caught In The Flame" handelt es sich um eine Neuaufnahme der Klassikers von 1989. Wir spielen diese Nummer schon seit Jahres bei unseren Live-Shows und wollten die mittlerweile deutlich kraftvolle Version auch unseren Fans auf Platte präsentieren. Bei der zweiten Nummer "Head Above The Water" zollen wir einer ganzen Decade Tribut. Unser größter Hit "I Don´t Wanna Die" entstand Ende der Achtziger. Wir wollten darauf hin einen Titel komponieren der alle Attribute dieser Zeit in sich vereinigt, catchige Hooks, treibender Beat und Harmonies wohin das Ohr reicht. Ich glaube, es ist uns gelungen.



Das Artwork ist wie schon beim Vorgänger wirklich sehr gelungen, hattet ihr darauf irgendeinen Einfluss und wer hat sich hier letztlich als "Erschaffer" austoben dürfen?



Wir haben das fertige Cover-Artwork der Plattenfirma geliefert. Jason Juta aus England hat es exakt nach unseren Vorgaben gefertigt. Die Grundidee der visuellen Aufteilung stammt von Carsten, diese hat er nach Absprache mit uns an Jason weiter geleitet, welcher dann in ständiger Korrespondenz mit uns das endgültige Bild fertigte.



Was mich besonders begeistert hat sind die super gemachten Chöre bzw. Zweit/Drittstimmen, das war auf bisherigen Alben nicht so prägnant, habt ihr dass alles selber gesungen oder wer hat da noch mitgewirkt?



Nix Gäste, nix Sampler, hier singt der Künstler selbst ;-) 90% aller Chorstimmen, welche auf dem Album vertreten sind hat Carsten selber eingesungen, lediglich bei den "großen" Chören ist meine Stimme als Klangfarbe noch mit vertreten. Wir setzen uns dann im Studio zusammen, sprechen die harmonischen Möglichkeiten durch und nehmen alles auf was uns gefällt oder dem Song zuträglich ist. Live haben wir das Glück über 4 fähige Sänger zu verfügen, d.h. wir setzen die wichtigsten Stimmen auch live ohne jede Konserve um. Bei unseren Konzerten findest Du keine versteckten Sampler, keine Bandeinspielungen oder ähnliche künstlichen Hilfsmittel, auch hier, echte Handarbeit von echten! Musikern.


Erinnert mich schon ein wenig an AYREON oder STAR ONE Alben, kennt ihr diese Bands überhaupt bzw. hört ihr solche Sachen und habt ihr euch > von opulenten Rockopern dieser Art auch etwas inspirieren lassen?



Ich kenne Arjen noch aus seiner Vengeance-Zeit, man läuft sich alle 2 Jahre mal über den Weg, aber auf die Star One-Alben wurde ich nur durch unser wandelndes Musik-Lexikon ;-), unseren Sänger Carsten, aufmerksam. Ihn zusammen mit unserem Bassisten Jochen könntest Du als humanuide Datenbank vermieten, die Beiden zusammen kennen jede Band, jeden Musiker, jedes Release einer Scheibe, wer mit wem in welchem Hotelzimmer...nee, lassen wir das besser ;-))


Ich selber wüsste nicht mal welche Jahreszeit es ist, da ich das ganze Jahr im Studio verbringe und nur durch einen Blick aus dem Fenster weiß ob es Richtung Sommer oder Winter geht. Nein, im Ernst, es gab keinerlei Einflüsse von anderen Bands oder Projekten, allein schon weil niemanden kenne.


Bei den tollen Streicherarrangements bzw. den vielen bombastischen Keyboardparts - ist dies alles rein digital entstanden oder sind hier auch ein echtes Orchester bzw. analoge Synthies zum Einsatz gekommen?



Die klassische Aufnahmemethode eines Symphonie-Orchesters, bestehend aus der entsprechenden Raummikrophonierung und einer ausreichenden Zahl an Stützmikrophonen konnte aus Budgetgründen leider nicht realisiert werden. Die einzelnen Parts wurden jedoch von einem echten Orchester gespielt und von mir anschließend unter Zuhilfenahme der Studioperipherie für unsere Einsatzzwecke optimiert. Bzgl. der Synthies verfüge ich in meinem Studio über die nötige Peripherie an analogen Klassikern, sei es Moog, Prophet, Oberheim oder Hammonds, hier kommt immer genau das zum Einsatz was der Song benötigt.



Bei dem Track "In The Beginning " hat Axel im Mittelteil auch ein bekanntes klassisches Thema mal so geschwind miteingebaut wie ist er denn darauf gekommen steht ihr auf solche "Crossover" Geschichten und wie seid ihr gerade hier auf diese Idee gekommen?



Ich habe in den letzten Jahren meine Leidenschaft in der klassischen Musik gefunden, sie ist das letzte Refugium, wo sich die wirklich großen Meister in Sachen Harmonik und Arrangement-Kunst befinden. Nicht dass mich der Rock/Metal/Jazz-Bereich langweilen würde, aber meine persönlich letzte musische Herausforderung ist die Klassik. Hier merke ich endlich wieder, wo meine momentane kompositorische und handwerkliche Limitierung liegt, hier ist der Bereich, der mir vor Augen führt was ich noch alles lernen kann und muss, wobei meine persönliche Favoriten sich z.Zt. aus Tschaikowsky und Bach zusammen setzen. Das kleine Thema, welches ich in o.g. Titel eingebaut habe, stammt aus Tschaikowsky´s Nussknacker-Suite, eine kleine Ehrerbietung an einen Meister, dessen Klasse ich niemals auch nur ansatzweise erreichen werde.


Die Livedates zur aktuellen CD sind ja noch recht dünn gesät, kommt da noch mehr oder eventuell eine Support Tour oder ein paar Festivals im Sommer - wäre ja echt schade wenn diese tollen Songs nicht auch einem größeren Publikum zugänglich gemacht würden?


Neben unserer Europatour im April/Mai diesen Jahres plant unsere koreanische Plattenfirma uns für eine Asien-Tournee im August einfliegen zu lassen. Dies wäre ein weiterer Höhepunkt in unserer Karriere, haben DOMAIN doch tatsächlich noch nie in Asien gespielt.


Steht das Liveset denn schon - ihr spielt doch bestimmt das komplette Album oder etwa nicht?


Nein, wir haben mittlerweile 7 Studioalben auf dem Markt, da würde es keinen Sinn machen die komplette Spielzeit zu Gunsten eines einzigen Albums zu opfern. Wir werden einen Best-Of Querschnitt durch alle Schaffensperioden von DOMAIN spielen, so bekommt jeder Fan mindestens 2-3 Titel pro Abend, auf die er sich schon die ganze Zeit gefreut hat.


Ich bin ja auch Fan der ersten Stunde d.h. als ihr noch unter KINGDOM firmiert habt. Spielt ihr aus dieser Zeit denn überhaupt noch was z.B. den "Lost In The City" Gassenhauer?



Na logisch! Keine DOMAIN-Show ohne "Lost In The City" und "I Don´t Wanna Die"! Der Fan bekommt das was er hören möchte, "Give The People What They Want".


Es scheint fast so als hätten die Nebenaktivitäten von Leadsänger Carsten Schulz (singt ja auch noch bei EVIDENCE ONE) keine negativen Einflüsse in Punkto Songwriting auf die Band gehabt eher im Gegenteil . an was liegt das denn - kann es eventuell auch sein dass DOMAIN in erster Linie hauptsächlich ein Baby von Mastermind Axel Ritt geworden ist?



Wie alle Künstler, die an sich arbeiten, macht auch Carsten einen Entwicklungsprozess durch, der in nahezu allen Fällen die persönlichen Fähigkeiten des Künstlers erweitert bzw. festigt. Seine Effizienz hat sich optimiert und sein Ehrgeiz, ein wirklich brillantes Album zu kreieren, war größer denn je. Zudem war es seine Idee eine Konzeptalbum zu machen und er hat seine ganze Energie in eine möglichst große Varianz des Gesangs gesteckt. Wenn man mit dermaßen hohem Idealismus an eine Aufgabe heran geht hört man das natürlich im Endprodukt.


Was meine Person angeht ist bei mir eh "Hopfen und Malt verloren", ich befinde mich latent an der Grenze zur Besessenheit, was DOMAIN angeht. Ich gelte als Workaholic und würde man mich nicht manchmal mit Gewalt von der Arbeit abhalten wüsste ich wahrscheinlich schon nicht mal mehr mein Geburtsdatum.


Wollt ihr die beinahe schon etwas progressiv-monumentalere Ausrichtung auch auf der nächsten DOMAIN CD so beibehalten etwas mehr weg vom "reinen" Melodic Metal?


Wir fühlen uns alle sehr wohl in der momentanen Situation, daher liegt die Vermutung nahe dass auch das nächst Album die gleiche Ausrichtung erfahren wird.


Habt ihr schon ein paar repräsentative Reaktionen von euren Fans auf das neue Material bekommen, könnte mir denken, dass einigen der "Kurswechsel" doch etwas missfallen haben könnte oder täusche ich mich da?



Ich hatte ähnliche Befürchtungen, aber glücklicherweise ist dies nicht eingetreten. Die Weiterentwicklung der Band vom Bombast-Metal hin zum Symphonic-Epic-Metal wurde bisher fast ausnahmslos positiv aufgenommen, eine Tatsache mit der wir nicht rechnen konnten. Ich dachte wir würden die Fans und Kritiker deutlich mehr polarisieren, aber eine so hohe Zustimmung bzgl. unserer Entwicklung ist mehr als erfreulich.


Allerdings haben wir auch darauf geachtet, dass die typischen DOMAIN-Trademarks bzgl. Sound und Songwriting trotz der Weiterentwicklung der Band erhalten bleiben. Auch bei einer Erweiterung des persönlichen, künstlerischen Horizonts darf man dennoch nicht den Fan aus den Augen verlassen.



Seid ihr fußballtechnisch versiert - ihr wisst ja wir suchen ständig neue Gegner für unser wöchentliches Bundesligatippspiel, für welche Clubs schlagen denn eure Herzen?


Nun, ich als gebürtiger Kölner habe natürlich im Moment noch die "Zweitliga-Karte" im Gepäck, aber das wird sich ja wohl schon in der nächsten Saison ändern. Um dann in der übernächsten Saison wieder in der zweiten Liga zu enden...



Unsere Interesse für Fussball ist eher rudimentärer Natur, wenn Fußball läuft, schauen wir mit, aber eine Probe lassen wir deshalb nicht ausfallen ;-)


Band und Albummäßig was hört ihr denn gerade so aktuell für angesagte Sachen und Stilrichtungen - kramt ihr eventuell auch mal gerne wieder ganz alte Schoten heraus und falls ja was sind dass denn für Platten oder CD´s?



Oh je, wieder eine Frage zu aktuellen Themen… Hier muss ich Dich leider enttäuschen, es gibt immer wieder mal die eine oder andere Produktion, die mich aufhorchen lässt, aber insgesamt gesehen fließt die Mehrzahl der neuen Alben an mir vorbei ohne wahrgenommen zu werden. Sollte eine Band ein Standvermögen über mehrere Jahre haben, werde ich sie auch irgendwann kennen lernen, aber die Homerecording-Schnellschüsse aus der Hüfte oder gar Trend-Kasperletheater erreicht mich nicht.



In sämtlichen Magazinen beschweren sich zuletzt immer wieder einige Vertreter der ach so tolerante Metalszene über den Ausverkauf an den Mainstream d.h. es wird lamentiert dass da plötzlich Bands wie NIGHTWISH, EDGUY, MANOWAR oder auch WITHIN TEMPTATION in den vorderen Charts bzw. Top Of The Pops auftauchen und damit auch ein völlig anderes Nichtfan Publikum auf den Konzerten zu finden ist - was ist denn eure Meinung zu doch ziemlich engstirnigen Sicht der Dinge?



Es ist der verständliche Wunsch des Fans einer "heimeligen" in sich selbst abgeschlossenen Szene anzugehören, die sich dem Mainstream und dem damit verbundenen Ausverkauf eines Zeitgeistes verwehrt. Sobald das, was man selber entdeckt hat und mit dem man sich identifiziert, dem Massengeschmack angepasst wird, verliert es an Wertigkeit. Diese Sicht des Fans kann ich gut nachvollziehen, ist aber dennoch eine zutiefst subjektive Sichtweise.


Gebt dem Metal eine wirtschaftliche Chance, nur indem man sich als Kaufkraft präsentiert, kann man z.B. Druck auf die katastrophale Medienlandschaft in Deutschland ausüben, die sich immer mit dem Argument der Wirtschaftlichkeit aus jeder Verantwortung heraus windet.


Habt ihr schon dass neue JUDAS PRIEST Werk mittlerweile schon anhören können, was haltet ihr davon oder spielen Halford & Co. nicht so mehr so die musikalische Rolle für euch?



Ich habe mir das Album gekauft und sage: "Klassenziel knapp erreicht". Natürlich haben Männer jenseits der 50 nicht mehr soviel Pfeffer im Arsch wie junge Hüpfer um die 20 und Papa Rob quält sich schon ein wenig hier und da, aber alles in allem (Zitat Erdmann Lange, Keyboarder DOMAIN) eine "veritable Scharade".


Domain_1 Domain_2 Domain_3 Domain_4 Domain_5