Review:

Release Date

(Waltari)

Mit ihrem gerade mal knapp ein Jahr alten Hammer "Blood Sample" haben die lustigen Finnen ein echtes Highlight ihrer Karriere abgeliefert und nahtlos an ihre 90er-Meisterwerke angeschlossen. Doch in meinen Augen ist der ebenfalls wieder überlange Nachfolger "Release Date" eine irgendwie halbgare Angelegenheit geworden. Der Wille von Kärtsy und Co., hier etwas düsterer und progressiver zu werden, geht nicht ganz auf. Meiner Meinung nach dürfen WALTARI stilistisch alles einbauen, was die Musikwelt hergibt, von Blastspeed-Black Metal über Trip Hop, House, Techno, Blues bis hin zu peruanischem Walzer, senegalesischer Volksmusik oder nepalesischem Grindcore, wenn es die Stücke erfordern und hergeben. Doch hier liegt das Problem von "Release Date": die meisten Songs klingen sehr sperrig, zu gewollt experimentell und über weite Strecken mehr wie eine allumfassende Jam-Session. Bereits der uninspirierte (und sogar - vermutlich ungewollt - an Fanta 4 erinnernde) Opener "Get Stamped" lässt eher die Nase rümpfen, wobei er gegen Ende noch ein cooles Break offenbart. "Big Sleep" gehört dann zu den stärksten Stücken des Albums, fährt einen erstklassigen Ohrwurm-Refrain auf und hätte auch auf "Blood Sample" eine gute Figur abgegeben. Das auf Aggro getrimmte "Let´s Puke Together" ist nett, aber auch nicht mehr, das über 36-minütige, aber hörergerecht unterteilte "Cityshamaani" gehört zwar einerseits zu den Highlights, kann aber kaum echte Akzente setzen und geht mit teils überlangen Elektronik-Passagen einen Tick zu weit. Auch "Hype" und "THD (Lehtinen)" wirken wie Überbleibsel früherer Großtaten und können kaum punkten. Auch das witzig betitelte "Sex In The Beergarden" kann mit dem wilden Herumgekreische kaum überzeugen. Am Ende bekommt man mit dem groovigen, etwas von SYSTEM OF A DOWN inspirierten "Wish I Could Heal" und dem zusammen mit der finnischen Ethno-Truppe VÄRTTINÄ aufgenommenen, elektronischen Bonustrack "Spokebone" (klasse!) noch zwei versöhnliche Songs zu hören, die das gesamte Album aber kaum retten. "Release Date" ist ganz sicher keine schlechte Scheibe, und vielleicht lege ich bei WALTARI meine Ansprüche generell zu hoch, aber eben genau die größte Fähigkeit der Band, aus einem riesigen Pool an Musik mitreißende, schlüssige und atemberaubende Hymnen zu kreieren, kommt hier zu kurz und endet über weite Strecken im Chaos und Songs mit wenig Wiedererkennungswert. Ich weiß nicht, ob´s nur mir so geht, aber ich habe diese Finnen schon deutlich stärker erlebt…

Release Date


Cover - Release Date Band:

Waltari


Genre: Crossover
Tracks: 13
Länge: 70:57 (CD)
Label: Dockyard 1
Vertrieb: Soulfood