Review:

Blood On Blood

(RUNNING WILD)

Was soll man denn zu einer neuen RUNNING WILD noch groß schreiben? Dass Rolf unbeirrbar seinen Weg geht? Weiß man. Dass Veränderungen eher im Detail stattfinden? Auch keine Überraschung. Dass es sich trotzdem nicht mehr anhört wie 1989? Natürlich! Dass sich am Sound wieder einmal die Geister scheiden werden? Geschenkt.

Trotzdem ist jeder gespannt wie ein Flitzebogen, und das zeigt, welche Relevanz RUNNING WILD auch 2021 noch haben. Natürlich ist es Kokolores, wenn Rolf den Status seiner Band mit GUNS N‘ ROSES oder METALLICA vergleicht. Auch kann man beim besten Willen nicht sagen, dass „Blood On Blood“ das beste Album im umfangreichen Oeuvre der Hamburger Freibeuter ist. Was man hingegen nachvollziehen kann, wenn Rolf von einem seiner abwechslungsreichsten Alben spricht.

Arbeiten wir uns mal von unten nach oben durch das Album durch: „Say Your Prayers“ und „Wild & Free“ sind ziemlich unspektakuläre Rocker, die zwar nicht weh tun, aber vermutlich ist Rolf in der Lage, solche Songs in fünf Minuten zu komponieren. Versteht mich nicht falsch, das hat natürlich alles Hand und Fuß, wurde in der Vergangenheit aber schon viel besser vom Chef selbst gebracht. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch „Wings Of Fire“. Aber da ist dann etwas mehr Dampf unterm Kessel, und schon macht das Ganze bedeutend mehr Laune. Der Chorus könnte live schon gut abgehen. Auch „Wild, Wild Nights“ wildert in der „Lonewolf“ / „Raw Ride“-Kiste, verbindet das aber mit einem partykompatiblen Chorus. Kann man machen. Der große Ausreißer heißt auf diesem Album „One Night, One Day“: Ich bin ehrlich unschlüssig, ob ich das Stück geil oder Käse finden soll. Ich steh‘ ja auf Kitsch, und mit irisch angehauchten Melodien hat man mich auch meistens an der Kette, ist aber halt auch sehr schunkelig. Nichtsdestotrotz gibt es zur Freude des Autors auch eine ganze Handvoll Songs ohne großes „Aber“. Angefangen beim treibenden Opener „Blood On Blood“ über „Diamonds & Pearls“, welches einem Speedsong näher kommt als alles seit „Libertalia“, dem pumpenden und schon bekannten „Crossing The Blades“ hin zum „Black Hand Inn“-Prequel „The Shellback“. Selbiges ist zwar auch recht entspannt ausgefallen, begeistert aber dennoch mit den unvergleichlichen Melodien und einem erhabenen Chorus. Bleibt noch der episch lange Abschluss mit „The Iron Times (1618-1648)“. Diesen kann man auch als gelungen bezeichnen, und er reiht sich irgendwo zwischen „War & Peace“ und „The Ghost“ in die RUNNING WILD-Historie ein.

Im Endeffekt sehe ich „Blood On Blood“ auf Augenhöhe mit dem Vorgänger „Rapid Foray“, was „Blood On Blood“ zu einem weiteren guten Album macht. Aber auch in 20 Jahren wird man, wenn es um die großen RUNNING WILD-Klassiker geht, andere Alben nennen.

 

Blood On Blood


Cover - Blood On Blood Band:

RUNNING WILD


Genre: Heavy Metal
Tracks: 10
Länge: 56:10 (CD)
Label: SPV
Vertrieb: Steamhammer