Review:

Grenzgänger

(EISREGEN)

Riechst du das? Dieses süßlich-faulige Aroma der allmählichen Verwesung. Ein Bouquet von Cadaverin, Leichenfäulnis und metallischem Odeur des Blutes. Das muss wohl die neue EISREGEN-Platte sein!

Die Thüringer sind fleißig und konstant. Fleißig, weil sie zum Jahresanfang mit „Grenzgänger“ ein Doppelalbum raushauen, dass 17 neue Songs enthält. 2021 erschien „Bitterböse“, ein Split mit der besetzungsgleichen Band GOATFUNERAL. 2020 hatte EISREGEN den Charterfolgs "Leblos" parat. Konstant, weil Album Nummer 16 „Grenzgänger“ den klassischen Mix aus grausamen Texten, lieblichen Melodien und Metal-Klängen enthält. Wobei hier und da auch ein Besinnen auf alte Tugenden der ersten Alben herauszuhören ist. „Blutkehle“ Roth und „Yantit“ Fimmel machen ihrem Ruf als das morbideste Musikerduo Deutschlands wieder alle Ehre und vertonen nekrophile Gräueltaten und Tötungsbeschreibungen in hellen Scharen.

Der Opener „Grenzgänger“ beinhaltet lieblichen Violinen-Klang. Streichereinsatz war bis 2006 in Form der Bratsche von Theresa „2T“ Trenks sehr typisch für den EISREGEN-Stil. Hierdurch erhält die Musik eine gewisse Melancholie und dem Songmaterial wird die Stimmung einer gruselig-sopranen Geschichtenerzählung aus der Barockzeit verleihen. "Grenzgänger“ handelt von dem deutschen Serienmörder Rudolf Pleil, der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aktiv war. „In Einzelteilen“ hat eine starke Death- und Grind-Note. Bei „Für den Kaiser“ erzählt ein Ich-Erzähler aus der Sicht eines Gladiators. „Als ich noch Kinder fraß“ startet langsam und (wen wundert`s) morbide, bald trümmert Drummer Yantit drauflos, und die Nummer stellt sich als durchaus Black-Metal-affin heraus. Es folgen das melodische „Vom Loch-in-der-Wand-Club“ und das tragende „Wiedergänger“, welches wir bereits als Vorab-Single kennen. Das Gothic-lastige „Wiedergänger“ erzählt eine Vampirgeschichte, der Track “Auf Galgengrund“ ist ein guter Black Metal-geschwängerter Song, der mit einem mitunter penetrantem Keyboard-Orgel-Sound versehen ist. Bei „Gegengift“ treffen sich Heavy-Gitarre samt Soli und groovender Bass mit der melancholisch-weichen Violine. CD Nummer eins endet mit der Neuaufnahme von „Stirb lächelnd“ aus dem Jahr 2000; hier wird eine Minute ordentlich geschrammelt. Albumteil zwei bietet den fünfteiligen Lieder-Zyklus „Ein Jahr im Leben des Todes“. „Kadaverfrühling“ ist recht langsam und wird von Klavierspiel getragen. Roth trägt das Lied erzählend und zum Teil mit cleanen Vocals vor, die dem Gesang von „Fuchs“ der APOKALYPTISCHEN REITER ähneln. Der „Kadaverfrühling“ geht direkt in den „Blutsommer“ über. Der Song hat gute schnelle Parts und bringt mit seiner kraftvollen Attitüde Abwechslung ins Spiel. Zu „Herbstleiche“ gibt’s Baladen-Töne: ein morbides Liebeslied. Auch beim klaren Gesang rollt Roths „R“. Es folgen „Wintersabbat“ und das düstere „Rigor Mortis“. Das Album "Grenzgänger" wurde im bandeigenen HcN-Studio von Drummer Ronny "Yantit" Fimmel aufgenommen und von Markus Stock in der Klangschmiede Studio E in Mellrichstadt abgemischt und gemastert. Im Mix ist die Stimme mächtig in Szene gesetzt.

„Grenzgänger“ ist eine gute und relativ abwechslungsreiche Platte. Es kommt aber, wie bei jedem EISREGEN-Album, irgendwann zu einem subjektiv-persönlichem Moment: nach einigen Liedern nervt mich das knarzend-rollende „rrrrrrrr“ von Sänger Roth.

EISREGEN gründeten sich 1995 in der thüringischen Kleinstadt Tambach-Dietharz. Ihre provokanten Texte zogen die Aufmerksamkeit der Bundesprüfstelle BPjM auf sich, welches zur Indizierung von drei Alben nach sich zog. Verkaufstechnisch war das natürlich ungünstig, führte aber auch zu einer großen Bekanntheit der Truppe. Das Album „Krebskolonie“ wurde nicht nur indiziert, sondern der „Liste B“ zugeordnet. Nach Einschätzung der Bundesprüfstelle sind die Texte also sogar strafrechtlich relevant. Das ist alles lange her und heutzutage dürfen EISREGEN ihre Alben verkaufen und bewerben. Ihren Themen sind EISREGEN aber treu geblieben. Anfänglich fühlten sich die Thüringer dem Black Metal verbunden, was sich musikalisch und optisch (mit Corpse-Paint) zeigte.

Vielleicht wird es wieder Zeit, diese Black Metal-Anteile weiter auszubauen! Wie man bei Tracks wie „Galgengrund“ hört, steht dies der Band sehr gut.

 



 

Grenzgänger


Cover - Grenzgänger Band:

EISREGEN


Genre: Black Metal
Tracks: 17
Länge: 63:3 (CD)
Label: Massacre Records
Vertrieb: Soulfood